Gewalt von Einsatzkräften

Das möchte ich mal etwas abschwächen.
Die meisten Einsätze verlaufen deeskalierend. Auch, weil die eingesetzten Polizisten einen guten Job machen. Das ist aber dann, richtigerweise, keinen Instapost und keine Schlagzeile wert.
Dennoch, ja, müssen natürlich Fälle aufgearbeitet werden, die nicht so verlaufen.
Im obigen Fall muss natürlich auch die Frage geklärt werden, wieso das so eskalierte. Eine Vorgeschichte muss es ja gegeben haben. Man schickt nicht so viele Polizisten, weil die Nachbarn einen Ehestreit melden.
Und ja, hier muss nachgebessert werden mit einer unabhängigen Instanz. So lange die Polizei das selbst regelt, wird es natürlich ad acta gelegt und nichts passiert.

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Es hört dann auf eine Ordnungswidrigkeit zu sein, wenn man den gezündeten Böller auf einen Polizisten wirft (so zumindest behauptet es der verlinkten Artikel). Ich will mir nicht anmaßen zu beurteilen, wie man hier hätte reagieren können. Ist im Nachhinein immer so eine Sache. Aber, dass man sowas ernst nimmt kann ich gut verstehen.

Zum einen ist das erstmal die Darstellung der Polizei, die leider einen Track-Record hat, in ihren Darstellungen die Wahrheit arg zu strapazieren, was so etwas angeht. Und zum anderen – wenn keine Polizisten da grundlos in unfriedlicher Aufmachung auflaufen, können sie auch nicht beworfen werden.

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Für einige Bereiche stimmt das sicherlich. Dennoch gehört eine Sicherung von Kapitalinteressen zu polizeilichen Aufgaben. Gerade im Bereich Armutskriminalität setzt die Polizei einen Einbrecher halt eher fest, anstatt der Person genug zu essen zu geben, um ein etwas plattes Beispiel zu nehmen.

Oder viele Beispiele rund um den Hambacher Forst.

Wie sieht dann die Lösung aus?

Danke für den Hinweis, wieder was gelernt. :slight_smile:

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Da möchte ich gerne unterscheiden.
Nachdem ich Augenzeuge und Ersthelfer bei einem schweren Unfall war habe ich mich mit verschiedenen Rettungskräften von Feuerwehr und Rettungsdienst unterhalten.
Diese meinten, wenn sie zu einem Einsatz kommen ist die Dynamik der Ereignisse beendet. Sie finden einen Endzustand vor. So etwas sei leichter zu verkraften als Teil oder Augenzeuge solcher Ereignisse zu sein.

Was ich damit sagen will ist, dass die Polizisten*innen Teil des Ereignisses sind und dass deshalb eine andere/stärkere psychische Belastung auf ihnen ruht.
Des weiteren befürchte ich (ohne nähere Erkenntnisse zu haben), dass das Angebot für psychologische Betreuung bei der Polizei ebenso mangelhaft ist, wie im Rest der Bevölkerung.
Es ist aber extrem wichtig Konfliktsituationen, vor allem wenn man sich nicht so verhalten hat wie man das selbst für richtig hält, aufzuarbeiten.

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Interessanterweise wurden und werden die Bodycams in Deutschland ja nicht dafür angeschafft, um mögliches Fehlverhalten der Beamt:innen aufzuklären – sondern um Angriffe gegen Polizeibeamt:innen durch Abschreckung zu verhindern sowie besser zu dokumentieren. In Thüringen etwa soll der Einsatz von Bodycams in Wohnungen nicht erlaubt sein, unter anderem gab es auch – paradoxerweise – Widerstand wegen des Eingriffs in die Bürgerrechte. Folglich kann hier auch kein Fehlverhalten aufgeklärt werden.

Dabei wäre es vielleicht gerade in solchen Bereichen sinnvoll, wenn Bodycams filmen würden: Der von Alex beschriebene Fall wäre in der Öffentlichkeit schließlich kaum unbemerkt geblieben und wäre vermutlich von mehreren Passant:innen gefilmt geworden.

Generell bin ich ja ein großer Fan der britischen Polizei. Da ist zwar auch nicht alles super, aber es gibt eine unabhängige Aufsichtsbehörde, die erst kürzlich den Londoner Metropolitan Police Service unter „Spezialmaßnahmen“ gestellt hat. In einem anderen Fall wurde grobes Fehlverhalten festgestellt, als die Londoner Polizei einen Taser gegen ein zehnjähriges Mädchen eingesetzt hatte. Die Londoner Polizei selbst konnte zuvor kein Fehlverhalten feststellen.

Außerdem tragen Polizeibeamt:innen normalerweise keine Schusswaffen oder Taser, sondern nur Schlagstock und Pfefferspray. Schusswaffen tragen ausschließlich sogenannte „Authorised Firearms Officers“ (AFOs), die meistens zu dritt in sogenannten „Armed Response Vehicles“ (ARVs) im Einsatz sind. Die Fortbildung zum AFO ist freiwillig. Ebenso gibt es noch „Taser Officer“, die dann ausschließlich Taser, aber keine Schusswaffen tragen.

Zusätzlich gibt es noch höherqualifizierte „Specialist Firearms Officer“ (SFOs) und „Counter Terrorist Specialist Firearms Officer“ (CTSFO), die vergleichbar mit den deutschen SEKs sind. Außerdem darf in Großbritannien auch die Armee im Inland eingesetzt werden, daher gibt es auch Einheiten des Special Air Service, die im Terrorfall zum Einsatz kommen.

Der Unterschied zum deutschen Modell, in dem alle Polizist:innen bewaffnet sind, ist offensichtlich: Waffen trägt nur, wer das auch wirklich möchte. Darüber hinaus kommen bewaffnete (sowie dann deutlich besser ausgebildete) Beamt:innen auch nur dann zum Einsatz, wenn das wirklich erforderlich ist. Situationen wie die oben geschilderte sollten dann zumindest in der Theorie nicht oder seltener vorkommen.

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Vielleicht könnte man das Thema noch mal in der Lage aufrgreifen.

Das Thema Bodycams muss generell stärker diskutiert werden.

Wenn die Einsatzkräfte vor Ort die Entscheidungsgewalt darüber haben, ob die Bodycam eingeschaltet ist oder nicht, und gleichzeitig das Filmen von (nicht-öffentlichen) Polizeieinsätzen für verboten gehalten wird, ergibt sich daraus eine massive Waffenungleichheit.

Der ausdrückliche Zweck der Bodycams umfasst laut § 15c PolG NRW gerade nicht den Schutz der Bürger vor falschem Verhalten der Polizei - das traut sich natürlich kein Politiker, in ein Gesetz zu schreiben, sonst lamentieren die Polizeigewerkschaften sofort wieder was von „Generalverdacht“ (der Generalverdacht gegenüber dem Bürger hingegen ist natürlich nie ein Problem…).

Ich vertrete hier klar den Grundsatz: Wenn wir Bodycams erlauben, dann nur unter der Voraussetzung der Waffengleichheit, daher: Die Rechtsgrundlagen für Bodycams dürfen nicht so ausgestaltet sein, dass die Rechtsstellung der Polizei bei Fehlverhalten der Bürger massiv gestärkt wird, bei Fehlverhalten der Polizei aber keinerlei Vorteil durch die Bodycams besteht, weil die Polizei selbst bestimmen kann, ob und wann sie die Cam einschaltet.

Meines Erachtens sollten Bodycams daher tatsächlich verpflichtend eingeschaltet sein und eine „Fehlfunktion“, wie sie z.B. in den USA zufällig gerade immer in Fällen vorkommt, in denen große Verdachtsmomente gegenüber der Polizei bestehen, sollte zu erheblichen dienstrechtlichen Konsequenzen führen. Daher: Die Polizei sollte die Pflicht und Möglichkeit haben, über Bodycams den Beweis zu erbringen, dass sie korrekt gehandelt hat.

Die Aufnahmen auf Bodycams sollten idealerweise zudem in einer Art verschlüsselt sein, die ein Auslesen oder eine Manipulation/Löschung durch den Beamten selbst nicht ermöglichen. Nur wenn etwas rechtserhebliches geschehen ist sollte die Cam durch polizei-unabhängige Stellen ausgewertet werden, sodass auch keine Datensammlung durch den Staat (oder Manipulation/Löschung während der Auswertung) anfällt. Aufnahmen sollten nach spätestens zwei Wochen automatisch gelöscht werden.

Unter derartigen Voraussetzungen bin ich durchaus offen für das Konzept der Bodycams, aber ich fürchte, die Polizei würde derartige Konditionen strikt ablehnen (und da sollte man sich fragen: warum?).

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Ich bin da grad etwas zwiegespalten.
Das die Polizei sich ausnahmslos an geltendes Recht halten muss und es keinen Machtmissbrauch geben darf, da sind wir uns sicher alle einig.
Das auch Polizisten/innen Menschen sind, die Fehler machen, in bestimmten Situationen überreagieren und dann Konsequenzen tragen müssen, ist auch nachvollziehbar.
Doch was ist das Ziel z.b. von Bodycams genau?

  1. Das Fehlverhalten von Polizeibeamten festhalten zu können, um dieses dann bestrafen zu können?
  2. Fehlverhalten primär zu analysieren, um daraus Konsequenzen für Ausbildung und Personalauswahl bei der Polizei ableiten zu können.

Idealerweise eine Mischung aus beidem.

Wenn es nur (!) um Punkt 1 Bestrafung geht, würde ich mir als junger Mensch wohl sehr gut überlegen, ob ich zur Polizei gehe um mir diesen Druck antue.
Offenbar ist unsere Gesellschaft ja nicht soweit, das wir ohne Polizei auskommen.

Der Druck dass strafbares Verhalten Strafen nach sich ziehen kann ist doch eigentlich der Normalfall. Das geht uns allen so. Das Problem ist doch, dass über strafbares Verhalten im Polizeidienst ein großer Schleier des nicht-wissen-wollens liegt.
Ziel der Entschleierung ist, dass die weitgehende Folgenlosigkeit als Anreiz für strafbares Verhalten reduziert werden soll. Abhalten sollte das also nur Anwärter, die strafbares Verhalten planen. Und die sollten ehrlich gesagt nicht Polizisten werden.

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Das Thema, wie mit Fehlverhalten bei der Polizei umgegangen werden muss, hatten wir ja schon häufiger. Ich vertrete da auch den Standpunkt, dass es natürlich nicht darum gehen sollte, jeden kleinen Fehler mit unverhältnismäßigen Konsequenzen zu belegen.

Das primäre Ziel, Fehlverhalten zu erkennen, ist natürlich, dafür Sorge zu tragen, dass diese Fehlverhalten bei demjenigen, der es begangen hat, aber auch bei allen anderen Polizisten abzustellen. Wie hart die Bestrafung für ein konkretes Fehlverhalten sein sollte hängt natürlich - wie auch im Strafrecht immer - vom Grad des Verschuldens ab. Ein böswilliges Fehlverhalten, welches auf deutliche Defizite in der Charakterbildung (oder gar kriminelle Energie) deutet, muss natürlich schnell zum Ausschluss aus dem Polizeidienst führen, zumindest aber dazu, dass der betreffende Beamte in einem Bereich eingesetzt wird, in dem er keinen Schaden anrichten kann (besser kein Polizist als ein definitiv ungeeigneter Polizist…). Ein Fehlverhalten aus Verkennung der rechtlichen oder tatsächlichen Situation (dh. z.B. klassische Überreaktionen) sollte natürlich nur zu verhältnismäßigen Reaktionen führen (die sich im Widerholungsfall ebenso natürlich steigern…).

Und natürlich kann man von Bodycams gewonnenes Material sehr gut in der Ausbildung einsetzen, sowohl wenn Fehler der Beamten aufgezeigt werden sollen, als auch, wenn klassische Gefahrensituationen vorgeführt werden sollen, die z.B. zum gerechtfertigten, aber vielleicht doch vermeidbaren Einsatz unmittelbaren Zwangs geführt haben (insbesondere, wenn dadurch Menschen zu Tode kamen).

Es geht mir daher eindeutig nicht nur um die Bestrafung von Polizisten - es geht mir darum, dass die derzeitige Regelung in NRW dadurch, dass die Beamten völlig frei darin sind, zu entscheiden, ob sie die Bodycam nutzen, die Bestrafung von Polizisten gerade nicht verfolgt wird, sondern nur alle anderen Ziele. Daher sage ich eben: Wenn schon Body Cams, dann müssen diese auch zum Nachweis von Polizei-Fehlverhalten sinnvoll sein können. Dieser Punkt darf nicht durch Regelungen wie in NRW ausgeschlossen sein.

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