Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung - Umsetzung?!

Im Herbst 2019 haben Bundestag und Bundesrat eine weitreichende Reform des Gesetzes zur Ausbildung von PsychotherapeutInnen (Psychotherapeutengesetz / PsychThG) beschlossen, die seit dem 1. September 2020 mit zwölfjähriger Übergangsfrist gültig ist. Mit der Reform wird die Ausbildung von Psychotherapeut/innen grundlegend umgestellt.
Vorallem sollen dabei die Rahmbedingungen der Weiterbildung verbessert werden, insbesordere die Vergütung, siehe dazu einen anderen Themenvorschlag PsychotherapeutInnen Ausbildung

Derzeit sind in diesem Zusammenhang allerdings entscheidende Aspekte noch ungeklärt – so etwa die Anpassung des Heilberufekammergesetzes, die Durchführung der Approbationsprüfungen, die Einrichtung von Weiterbildungsstätten… und insbesondere die Finanzierung der stationären und ambulanten Stellen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung (PiW). Die konkreten Bedingungen für zukünftige PiWs stehen daher noch nicht fest und sorgen für große Verunsicherung auf allen Ebenen (Studierende, Auszubildene, Ausbildungsinstitute, Psychotheraputenkammern…)

Fragen an die Lage und das Forum:
Wie kann noch besser Aufmerksamkeit der Politik auf die Probleme bei der Umsetzung der gut gemeinten Reform gelenkt werden?

Wer muss in Verantwortung gezogen werden, wenn es um die Klärung der Fianzierung geht? Ohne Geld funktioniert die Umsetzung nicht und niemand scheint sich verantwortlich zu fühlen. Letztlich scheint das Geld von den Ländern oder dem Bund kommen zu müssen.
Wie kann man eine gute Reform gut einführen und umsetzen, damit nicht im Nachhinein Ausbesserungen gemacht werden müssen, die alles wieder über den Haufen werfen?

Stellungnahmen aus dem PiA Politik Treffen (ein Forum, das sich für die Verbesserung der Ausbildungsqualität und der Ausbildungsbedingungen von Psychotherapeuten/-innen einsetzt):
https://piapolitik.de/unsere-empfehlungen-zur-reform-des-psychthg/

"Die Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer NRW begrüßt die Absicht der
Bundesregierung zwanzig Jahre nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes
(PsychThG) den aktuellen Entwicklungen in der Versorgung von Menschen mit psychi-
schen Erkrankungen Rechnung zu tragen.
Die Kammerversammlung der PTK NRW bittet den Gesetzgeber, folgende Änderungs-
vorschläge in der weiteren Beratung des Gesetzes zu berücksichtigen und so den vorge-
legten Gesetzesentwurf weiter zu verbessern:

  1. Finanzierung der Weiterbildung: Alle Bestandteile der zukünftigen Weiterbildung
    sind zu finanzieren und eine angemessene Vergütung der mind. 2.500 Psychothera-
    peut*innen in Weiterbildung (PiW) jährlich zu gewährleisten. Mit der bisher vorgese-
    henen Regelung zur Finanzierung der ambulanten Weiterbildung entsteht jedoch eine
    „Finanzierungslücke“. Die Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer
    NRW schlägt deshalb vor, eine gesetzliche verankerte Förderung der ambulanten
    Weiterbildung aus Mitteln mehrerer beteiligter Kostenträger auf Bundesebene vorzu-
    sehen."

kompliziert zu lesendes Gutachten zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von Rechtsanwalt Dr. jur. Rainer Hess:

Einstieg, worum gehts:

9 „Gefällt mir“

Auch von mir der große Wunsch, dass das Thema aufgerollt wird, da aktuell Weichen gestellt werden (bzw. dies eben in der Verantwortungsdiffusion unterzugehen scheint). Danke an die „Vorrednerin“ fürs ausgearbeitete Einbringen des Themas.

Ergänzend:
Mit der Änderung des §117 SGB V in 2019, bei der die Formulierung „angemessene Vergütung“ gestrichen(!) wurde, sieht die gesetzliche Regelung zur Vergütung der Leistungen in der Aus- und Weiterbildung vor, dass 40% der Vergütung der Leistungen (aus dem ambulanten Ausbildungsabschnitt) an die Ausbildungs- bzw. Weiterbildungsteilnehmerinnen weitergeleitet werden müssen. Seither gibt es nur noch in den Heilberufekammergesetzen und den Weiterbildungsordnungen der Länder die Regelung, dass die Weiterbildung „in Berufstätigkeit bei angemessener Vergütung“ erfolgen muss.
Aktuell liegt wohl ein Entwurf der BptK und Landeskammern beim BGM.
Denn es muss eine angemessene Vergütung in der Anstellung UND Deckung der Kosten für die Organisation der Ambulanz gewährleistet sein und zudem die Finanzierung der erforderlichen Theorie, der Supervision und Selbsterfahrung. Hochrechnungen zu den Kosten der Weiterbildung kommen momentan aber zu dem Ergebnis, dass unter den derzeitigen Bedingungen ein Defizit von ca. 20€/amb. Therapiestunde besteht, ausgehend von 20 zu leistenden Therapiestunden/Woche, wenn man eine Anstellung gem. TVöD13, inkl. der Theorie, Supervision und Selbsterfahrung, für die Psychotherapeut
innen in Weiterbildung (PtW) finanzieren will.

Bzgl. der Frage der Finanzierung werden nun auf Landesebene mit den Krankenkassen Verhandlungen über die Vergütungen entstehen bzw. haben bereits begonnen - auch diese scheinen also irgendwie miteinbezogen werden zu sollen, werden sich aber sicherlich für nicht zuständig erklären. Leider ohne Absehbarkeit, wann und welches Ergebnis dabei entsteht.

Mir scheint, dass die Reform, die längst überfällige Änderungen umsetzen sollte, aktuell richtig gegen die Wand zu fahren droht: Psychologiestudierende ziehen ihr Studium in die Länge, weil absolut unklar ist, unter welchen Bedingungen die Weiterbildung nach der neuen Reform stehen wird. Und zahlreiche aktuell ausbildende Institute planen wohl vorerst keine Beantragung des Status als Weiterbildungsstätte für nach der Reform, da die Finanzierung SO unklar ist.
(Die Bedarfslage/Wartezeiten auf Psychotherapieplätze sind ja dann nochmal ein extra Thema für sich, auch wenn es diesem hier nochmals mehr Brisanz verleiht).

Mir persönlich ist vor allem unklar: Wer wäre überhaupt sinnvollerweise zuständig und addressierbar für die Klärung der Finanzierung?

6 „Gefällt mir“

Sehr interessantes Thema! Da verliert man ja wirklich an allen Ecken den Überblick.

3 „Gefällt mir“

s. dazu auch / 2021

4 „Gefällt mir“

Danke fürs Zusammenführen. Ja, das Thema rumort schon eine Weile, z.T. wohl auch hier im Forum.
Die Rasterpsychotherapie hat aber denke ich vergleichsweise wenig mit dem PsychThAusbRef-Gesetz zu tun (mittlerer verlinkter Beitrag). Oder irre ich mich?

4 „Gefällt mir“

Oh wie schön, dass es zu diesem Thema hier schon Beiträge gibt! Danke euch für die Ausführungen!!

Wir sind jetzt in Berlin der erste Jahrgang, der im neuen Master mit dem Schwerpunkt „klinische Psychologie und Psychotherapie“ studiert - mit dem Ziel, anschließend die Approbation zu machen, gefolgt von der reformierten Psychotherapeut*innen Ausbildung (so sie denn zustande kommt!).

Der Start des reformierten Masters war schon eine aufregende, holprige Kiste. […] Jetzt steigt die Verunsicherung und Ungewissheit, wie es für uns danach weitergeht. Teilweise wird uns schon nahegelegt, ‚einfach die Approbationsprüfung nicht zu machen, damit wir dann nach dem alten System die Ausbildung machen können‘. Denn wenn wir jetzt im September die Approbationsprüfung machen, droht uns, dass wir gar keine Psychotherapeut*innen Ausbildung machen können. Wenn die Reform nicht zu Stande kommt, können wir wahrscheinlich nicht einfach in die bestehende Ausbildung, da diese mit der Approbation endet (die wir ja aber dann schon hätten). Yippie, Deutsche Bürokratie-Logik.

Es gibt keine zuverlässigen Aussagen, wir wissen überhaupt nicht, woran wir sind, aber einfach dem alten ausbeuterischen System folgen, wollen wir nicht. Das macht …Frust. Aus der Not heraus wollen wir uns jetzt organisieren, politisch aktiv werden und auf die Probleme aufmerksam machen.

Es wäre sehr sehr cool, wenn ihr in der Lage von unserer Situation berichten könntet und uns damit helft, Aufmerksamkeit zu generieren.

Danke in jedem Fall schonmal fürs Lesen (und die ohnehin super tolle Arbeit!!!) :slight_smile:

5 „Gefällt mir“

Vielen Dank für den Themenvorschlag @Rici !!! Ich fände es auch richtig toll und wichtig, wenn ihr das Thema in die Lage aufnehmen könntet! Das ist auch gerade brandaktuell, weil soweit ich weiß seit letztem Jahr und spätestens diesen Herbst die ersten Masterabsolvent*innen auf Weiterbildungsplätze angewiesen sind. Gerade die Notwendigkeit, das Finanzierungsproblem zu lösen, muss unbedingt mehr an die Öffentlichkeit. Ich finde, die Verantwortung dafür liegt beim BMG, das sich in meiner Wahrnehmung ja 2019 so mit der Reform gebrüstet hat, für deren Scheitern es sich jetzt scheinbar nicht mehr verantwortlich fühlt.

Ich studiere ebenso als eine der ersten in dem Psychotherapie-Master nach der neuen Approbationsordnung. Wir hatten damals die Wahl, ob wir ins neue System wechseln. Viele Studis in Berlin haben das gemacht, weil sie auf weitaus bessere Weiterbildungsbedingungen gehofft haben (sozialrechtliche Absicherung, festes Gehalt, das nicht nur 1000€ beträgt, sondern der Qualifikation angemessen ist, etc.). Viele, ich eingeschlossen, mussten dafür den Bachelor noch um ein Jahr verlängern. Jetzt rechne ich damit, dass die meisten nach dem Master erstmal was anderes werden machen müssen, weil es einfach nicht genug oder insgesamt vermutlich kaum Weiterbildungsstätten geben wird und alles noch viel zu ungewiss und unplanbar ist. Die Sorge ist da, dass wir am Ende mit ähnlich schlechten Bedingungen dastehen werden wie die PiAs (Psychotherapeut*innen in Ausbildung) vor uns oder komplett ohne Weiterbildung. Es ist eine komplexe Situation (wie die Posts vor meinem schon zeigen), auch deshalb wäre es super, wenn die Lage das verständlich aufbereiten könnte.

Liebes Lage-Team,

Super wichtiges aber leider undurchsichtiges Thema. Wäre sehr dankbar, wenn ihr da mal drauf schauen könntet!

1 „Gefällt mir“

hier die Petition zum Thema der Finanzierung der Weiterbildung! Sie läuft noch bis Ende des Monats und es werden noch Unterschriften gebraucht, um die 50.000 zu erreichen!

https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2023/_03/_23/Petition_148151.html

1 „Gefällt mir“