Generationengerechtigkeit ein Fall für die GFF?

Hallo,

beim Hören der aktuellen Folge habe ich mich gefragt, ob nach der Argumentation des Verfassungsgerichts bezüglich des Klimas nicht auch die Investitionen in die Infrastruktur und damit die Freiheit zukünftiger Generationen diese zu nutzen vor dem Verfassubgsgericht einklagbar sind.

Das Gericht hat ja argumentiert, dass die Freiheit zukünftiger Generationen durch das Nichthandeln im Jetzt eingeschränkt wird. Bezogen auf die Infrastruktur könnte man z.B. davon ausgehen das das Recht auf die freie Berufswahl und Bildung zukünftiger Generationen durch den Mangel eines stabilen Breitbandnetzes an jeder Milchkanne eingeschränkt wird. Dies würde auch die freie Wahl des Wohnortes einschränken. Gleiches gilt für den Netzausbau der Bahn und im Stromsektor. Ein schleppender Ausbau in diesen Bereichen würde die freie Wahl des Wohnortes einschränken, da Wohn und Industriezentren nur noch in der direkten Nähe zu Produzenten erneuerbarer Energie entstehen dürften. Zugegeben das letzte Beispiel ist ein wenig konstruiert, aber ich bin mir sicher, wenn man den Gedanken mal weiter verfolgt gibt es bestimmt noch einige Ansatzpunkte.

Finanziell gesehen müssen sich folgende Generationen ja auch einschränken, weil sie die Schäden durch die Verschleppung heute teuer ersetzen müssen und damit Geld für andere wichtige Dinge fehlt.

Daher werfe ich mal die Frage in den Raum ob es sich nicht lohnen könnte mal über eine Verfassungsklage zu dem Thema nach zu denken? Selbst wenn das Gericht wie im aktuellen Fall nur klarstellt, dass die Politik nicht einfach zum Schutze ihres eigenen vermeintlich etwas älteren in diesem „Neuland“ eher unbewandertem Klientel die Augen vor den zukünftigen Problemen verschließen darf. Denn dann wäre unserer Generation ja bereits geholfen.

Vielen Dank für eure Arbeit und ich freue mich bereits auf die nächste Folge.

Viele Grüße,
Alex

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Der Gedanke ist grundsätzlich sympathisch und wird auch schon an einigen anderen Stellen diskutiert. Interessant wird sein, ob auch andere Gerichtsbarkeiten die Begründung der „intertemporalen Freiheitssicherung“ aufgreifen und wie sich hier die Rechtsprechung verhalten wird.

Wenn du konkret auf die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde hinauswillst, dann ist von (mind.) einer einzelnen Person zu begründen, weshalb man in seinen Grundrechten bzw. grundrechtsgleichen Rechten eingeschränkt wird (gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit). Es muss also ganz konkret gemacht werden, wogegen sich die Beschwerde richtet (die Beispiele scheinen mir doch sehr allgemein zu sein).
Auch hier im Forum wurde das schon häufiger im Kontext von Corona/Pandemiebekämpfung diskutiert: Es gibt keine Möglichkeit, für eine bestimmte Art von Politik zu klagen, weil die Politik angeblich nicht handelt. „Angeblich“ deswegen, weil es eine Frage der Interpretation und der eigenen Wertehaltungen und Einstellungen ist.

Ein hoffentlich konkreteres Beispiel, über das m. E. leider viel zu selten gesprochen und das wahrscheinlich auch im kommenden Wahlkampf keine Rolle spielen wird, ist die Rentenpolitik/Alterssicherung. Ist aber eigentlich auch nicht verwunderlich, die Interessen junger Menschen werden seit jeher systematisch nicht berücksichtigt oder als (gerade) nicht so wichtig diskreditiert… In diesem Bereich, so scheint mir, ist durch den Beschluss des BVerfG ein möglicher Spielraum eröffnet worden.

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass man entsprechende Fälle relativ schnell findet. Hier ist mal ein Beispiel wo ein Fotograf seine Bilder schneller per Pferd als mit dem Internet zur Druckerei bekommt:

https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/pferd-internet-daten-transfer-wettbewerb-schmallenberg-100.html

Und das ist leider kein Einzelfall. Solche Fälle sind schon öfter durch die Medien gegangen. Mittelständische deutsche Firmen wie z.B. Maschinenbauer können ihre CAD Daten nicht mit Kundenteilen, weil sie kein Netz haben. Freie Programmierer können nicht arbeiten weil sie keinen Zugriff auf die Projekte bekommen. Das heißt faktisch können sie entweder nicht an ihrem Wohnort bleiben oder ihren Beruf nicht ausüben.

Leider bin ich kein Jurist daher ging es mir eher um das Gedankenexperiment. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ein findiger Jurist der das Thema aufnimmt eine gute Begründung findet. Selbst wenn die Beschwerde am Ende abgelehnt würde, würde die Medienwirksamkeit sicherlich helfen. Außerdem sollte eh mal an höchster Stelle erörtert werden ob ein adäquater Internetanschluss in einer angemessenen Zeit nicht ein Grundrecht sein sollte. Ich meine bis 2025 muss jeder min. 50 MBit bekommen. Was ein Quatsch. 1 GBit ist jetzt schon möglich. Also müssen ab sofortbei jeder Baumaßnahme entsprechende Leitungen vor gesehen werden damit nicht in 3 Jahren die frischen 50 MBit schon wieder hinterher hängen.

PS: ein konkretes Beispiel hab ich doch noch. Eine Freundin ist zwecks Corona derzeit gezwungen ihre Onlinevorlesungen auf dem Bauernhof ihrer Eltern zu verfolgen. Macht dort eine weitere Person das Internet an, kann sie ihre Bildung nicht wahrnehmen. Und da reden wir über Erwachsenenbildung. Was wäre denn wenn sie jetzt noch Schulpflichtige Geschwister hätte, die auch alle ihren Unterricht über Zoom kriegen? Für mich folgt daraus klar, dass ein Staat der ein Grundrecht auf Bildung festlegt auch einen Anspruch auf ein Netz das diesen auch erfüllen kann festlegen muss. Und wir müssen weg kommen von diesem aber das ist ja gerade eine besondere Situation bla bla. Unsere Netze müssen wieder weniger vom Markt bestimmt werden und auch das Vorhalten einer Reserve eingeplant werden. Nur weil etwas am billigsten ist und gerade so noch tragbar ist, heißt das nicht das die Lösung in Ordnung ist. Wie sich das auswirkt sehen wir aktuell in den Krankenhäusern und Gesundheitsämtern. Im Normalfall kann man das mit der Stammbesetzung schaffen aber sobald mal was passiert brauch mal halt mal die 20% Reservekapazitäten und wenn man die zu Normalzeiten mitbezahlt ist das eben so und die Leute machen ihren Job vielleicht auch mal wieder gerne.

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