Gendern verbieten - verfassungsgemäß?

Wie gesagt, es geht nicht um Universitäten und Presse, sondern um die Verwaltung. Also zum Beispiel darum, wie das Jobcenter oder das Bürgerbüro die Menschen anspricht.

Die Durchsetzung ist verhältnismäßig simpel:
Es gibt eine klare Dienstanweisung, die das Gendern verbietet, vom zuständigen Ministerium an alle untergeordneten Behörden.
Ein Mitarbeiter, der dann in der Außenkommunikation dennoch gendert, kann das volle Register der Disziplinarstrafen auslösen, in erster Linie wohl Verweise, Beförderungssperren und im schlimmsten Fall die Entfernung aus dem Dienst (das dürfte realistisch wohl nur bei viel, viel, vielfacher Wiederholung drohen…)

Interessanter wird es tatsächlich in der Schule. Die Lehrer sind Empfänger von Dienstanweisungen, die Schüler jedoch nicht. Daher kann der Staat den Lehrern zwar das Gendern verbieten, den Schülern jedoch eher nicht. Wenn die üblichen, vom Duden akzeptierten Gender-Formen verwendet werden und der Lehrer dies dennoch als Fehler markiert, fände ich es sehr interessant, zu sehen, wie die Gerichte das bewerten. Meines Erachtens wäre die Schule hier übergriffig, eben weil die Schüler nicht Empfänger von Dienstanweisungen sind.

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Mein Vorschlag dazu: Wir bitten die deutschen Sprachwissenschaftler, unsexualisierte Bezeichnungen für die drei Genera einzuführen (z.B. maskuliner Genus → singulativer Genus, femininer Genus → abstraktiver Genus, neutraler Genus → kontinuativer Genus; eigener, linguistisch-laienhafter Vorschlag angelehnt an https://www.frauenbeauftragte.uni-muenchen.de/frauenbeauftr/berichte/berichte_veranstalt/handreichung2007.pdf).

Dann kann der Unterschied zwischen Genus und Sexus nicht mehr unabsichtlich oder absichtlich missverstanden werden und ist damit auch nicht mehr Thema der Gender-Debatte.

Übrigens, mein Highlight zur Sinnhaftigkeit der Genera (wobei „die Erbe“ mittelhochdeutsch für „die Erbschaft“ gewesen sein soll, ich konnte dafür aber keinen Nachweis finden):
„Der Erbe macht die Erbe, weiß aber noch nicht genau, worin das Erbe eigentlich besteht.“

Das umfasst allerdings nur Streitgegenstände rund um Formen wie "Direktor/-in" – das ist die Hauptdiskrepanz zwischen dem Rat der deutschen Rechtschreibung und dem Duden. Kritischer wird es wohl bei *, :, _ etc. :wink:

Naja, es wird erwartet bzw. gefordert, dass in einer (nicht-fremdsprachlichen) Klassenarbeit in modernem Standarddeutsch geantwortet wird und nicht etwa in regionalem Dialekt, in Mittelhochdeutsch oder in einer sonstigen Abkehr vom Standarddeutsch. Jegliche Abkehr vom Standarddeutsch muss immer den gleichen unwillkürlichen Einfluss auf die schulische Bewertung haben.

Den Link braucht man eigentlich nicht anzuklicken. Der Grundtenor des Videos ist: Gendern wird sich nicht durchsetzen, weil es zu uneinheitlich ist und man Fälle konstruieren kann, in denen es zu Widersprüchen kommt.

Das solche Argumentationen herangezogen werden, zeigt einfach nur wie unfassbar hilflos alle echten Gegner von Gendern sind. Und natürlich wie diese längst entschiedene Entwicklung von Politiker**innen, Youtuber*innen usw. ausgeschlachtet wird

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Stimmt, aber nur zu Einordnung, es wurden diverse Beiträge zum Gendern in diesen Thread verschoben, daher ist das jetzt hier halt ein Sammelbecken für alle Aspekte dieses Themas.

Und was mich persönlich noch mehr interessieren würde, als das „Wie?“ eines Verbotes, ist die Frage nach dem „Warum?“. Wir glauben in einer liberalen Gesellschaft zu leben, die es aber nicht aushält, wenn Menschen, mit guten Absichten, statt „Polizistinnen und Polizisten“ das schnellere „Polizist*innen“ sagen. Ernsthaft?

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Im Alltag ganz banale Aspekte:

Ich hatte in der Beratung eine junge Frau, die ihren Beruf mit „Zimmermann“ angab.
Meine Frage war dann, wie gender ich das? Zimmerfrau impliziert eine völlig andere Berufssparte.
Die junge Dame sagt, sie habe Zimmermann gelernt, das steht auf dem Gesellembrief, jeder kann damit was anfangen, also will sie als Zimmermann betitelt werden.
Klare Ansage.
Zeigt aber, das die deutsche Sprache ihre Gender-Tücken hat. Und nicht jeder mit Gewalt gegendert werden will. So meine Erfahrung.

Aber wer will überhaupt mit Gewalt gendern…?

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Dazu gibt es einen Text von Stefan Kuzmany im Spiegel, von dem ich hoffe, dass er eine Satire ist:

Generell fällt mir auf, dass der Begriff „Gendern“ von verschiedener Seite recht undifferenziert benutzt wird. Oft bleibt unklar, was damit genau gemeint ist: Geht es a) um eine geschlechtssensible Sprache im Allgemeinen (z. B. „Studierende“ statt „Studenten“ oder „Zuhörerinnen und Zuhörer“ statt „Zuhörer“ oder b) um die Verwendung von Sonderzeichen mitten in Worten („Student_innen“, „Zuhörer*innen“, „Ärzt:innen“)?
Letzteres lässt sich vermutlich für den Behörden, Schulen etc. verbieten, auch mit Verweis auf den Rat für deutsche Rechtschreibung. Aber zu Ersterem fordert der Rat sogar selbst auf.

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Danke erstmal für den Link. :slight_smile:

Zitat aus dem Artikel:

Zur Klärung von Zweifelsfällen kommen Aufnahmegeräte in allen bayerischen Amtsstuben und Klassenzimmern zum Einsatz, deren Aufzeichnungen im mutmaßlichen Genderfall ausgewertet werden.

Klingt für mich klar nach einem Leak aus der bayrischen Staatskanzlei. :wink:

Formal wohl wenige. Ist eher der innere Druck, es korrekt im Gendersinne zu nachen, was einen vor solche Hürden führt

Noch ein Hinweis für alle, denen intensives Nutzen der Genderschreibweise im Lesefluss von Artikeln und Texten stört. Es gibt eine Browser Erweiterung namens Binnen-I be gone, welche Genderzeichen, Doppelnennungen und Partizip- und Passivkonstruktionen automatisch durch das generische Maskulinum ersetzt.
Das funktioniert quasi perfekt und ist insbesondere für Menschen mit Lese-Rechtschreibschwäche wie mich ein Segen und ebenso wie ein Addblocker nicht mehr wegzudenken.

Vielleicht gibt es auch eine Gender-Erweiterung, die automatisch Texte gendert, das wäre dann für alle Befürworter etwas.

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In Bayern geht das einfacher! :thinking:

„Holetschek geht davon aus, „dass die Kultusministerin das jetzt sehr schnell umsetzt“. Ob zum neuen Schuljahr oder schon vorher, wisse er nicht. Aber das Verbot lasse sich ja mit einem Schreiben oder einer Bekanntmachung in die Verwaltung einspeisen, „möglichst unbürokratisch“. Söder habe seine Aussage getroffen. „An sich kann sich jetzt schon jeder daran halten.“

Ja, das ist kein Bericht!
Das ist eine Glosse.
Das ist keineswegs so beschlossen.
Na ja, jedenfalls noch nicht.

Überschrieben ist es als „Kommentar“ - aber es ist eben kein typischer Spiegel-Kommentar. Das Augenzwinkern bei meiner „Hoffnung“, dass es sich um Satire handelt, war offenbar nicht deutlich genug…

Und damit macht es sich die CSU sehr leicht, den die ist von den freien Wählern und wurde selbst von der Regierungserklärung überrascht.
Ich freue mich auf die nächsten fünf Jahre, wenn sich Söder und Aiwanger bei jeder Gelegenheit gegenseitig in die Suppe spucken.
In Bayern ist die Ankündigung aber eh wichtiger als die Umsetzung. Solange alles so bleibt wie es schon immer war, sind alle zufrieden. Und ob, wie jetzt, Gendersternchen als Fehler markiert, aber nicht gezählt werden, oder tatsächlich Minuspunkte vergeben werden - sobald es das eigene Kind trifft, ist man doch froh, wenn die Bildungsministerin das nach bayerischer Manier einfach ausgesessen hat.

Insgesamt taucht für mich das Thema Gendern nur noch auf, wenn irgendein Konservativer mal wieder aufs Titelblatt will.

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mir scheint das Video etwas einseitig. Mit teils technokratischen Argumenten, an den Haaren herbei gezogenen Negativbeispielen und cherry picking bei der Experten-Auswahl.

Damit das nicht so stehenbleibt, möchte ich folgende Kritik ergänzen:

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Danke für den Link.
Mit der Kombination aus dem Video und dem Text hat man glaube ich eine gute Diskussionsbasis.

Phettberg ist und bleibt mein Favorit, einfach mal hier im Forum suchen :smiling_face: