Gendern in der Lage der Nation

Interessanter Artikel:

Mir war gar nicht bewusst, dass man Schauspielerinnen im Englischen nicht mehr als „actress“, sondern als „actor“ bezeichnet.

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Sprich mal mit männlichen Erziehern. Die kriegen regelmäßig von den Eltern verboten, die Kinder zu wickeln, weil Männer ja grundsätzlich potenzielle Sexualverbrecher sind…

Welches ist denn das genaue Argument hinter dem Mansplaning-Totschläger? Das wäre ausformuliert zumindest noch interessant.
Tut mir Leid, wenn du öfter auf ad hominems gestoßen wirst. Vielleicht wäre es dann auch mal an der Zeit, den eigenen Diskussionsstil zu reflektieren. Ich behalte es mir jedenfalls vor, das auch entsprechend zu bennenen, und deine Twitter-Keule ist nun mal eins wie aus dem Lehrbuch. Leicht nachweisbar, indem man sich vorstellt, mein Beitrag wäre von einer Frau verfasst worden. Dann würde dein Hebel trotz identischem Inhalt nicht mehr funktionieren. Weitergeführt erwächst daraus ja sogar die Konsequenz, dass sich Positionen innerhalb eines relativ breiten Meinungsspektrums als Träger der ‚falschen‘ biologisch-genetischen Merkmale ohne grundsätzliche Zweifel an der eigenen Aufrichtigkeit gar nicht mehr einnehmen lassen.
Ich fühle mich da auch weniger persönlich angegriffen, keine Bange. Aber das ist auch keine Basis, auf der ich noch eine offene und zielführende Diskussion führen kann.

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Hier muss man differenzieren.

Erzieher*in ist ein Care-Job, der gesellschaftlich weiblich gelesen wird. Dein Beispiel zeigt sehr schön, dass Sexismus eben alle verletzt und diskriminiert (und es geht hier nicht um einen umgekehrten Sexismus gegen Männer). Der männliche Erzieher wird in einem Care-Job als falsch platziert gedeutet aufgrund vorherrschender Genderstereotype und Rollenzuweisungen. Schlimmer noch, der Mann wird als potentieller Täter angesehen aufgrund dieser Fehlplatzierung.

Unabhängig davon muss man aber dennoch anerkennen, dass, strukturell betrachtet, der weiße, christliche, heterosexuelle, nicht-behinderte Mann die gesellschaftliche Default-Einstellung und wie gesagt strukturell privilegiert ist. Das heißt nicht, dass individuell betrachtet, Menschen, die in diese Kategorie
fallen, alle ihr bestes Leben leben und reich und erfolgreich sind etc. und überhaupt keine Probleme haben.

Der Erzieher, von dem du sprachst, erlebt z.B. eine Benachteiligung, da er sich den vorgegebenen Genderrollen nicht unterworfen hat.
Und ich glaube nicht, dass die „Männer“-Lobby für Erzieher kämpft.

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Wie wäre es denn, einfach das generische Femininum einzuführen und Männer mit „Frau“ anzusprechen?
Meine Frage ist ein wenig provokativ. Denn immer, wenn es in Diskussionen eben darum ging, die männliche Form durch die weibliche zu ersetzen, habe ich das Gefühl, dass leider gerade männlich zu lesende Personen Schnappatmung bekommen. Aber die Männer wären doch mitgemeint! Und tatsächlich wäre diese Art der „Mitnennung“ in diesem Fall die logischere Variante, da in den meisten weiblichen Formen die männliche tatsächlich integriert ist.

Was Sie fordern mag für Sie wie eine logische und gerechte Variante der Lösung des „Problems“ erscheinen. Eine wirklich gleichberechtigte Sprache, die nicht nur männlich und weiblich, sondern auch Formen jenseits der Binarität gerecht würde, müsste aber eine Ausdrucksform finden, die weder klar männlich noch weiblich zu lesen ist. Warum?

Menschen werden im Alltag als Männer oder Frauen wahrgenommen. Ihr Vorschlag würde nur funktionieren, wenn wir gesellschaftlich so weit wären, dass es keine wahrgenommene Genderdifferenz gäbe und Menschen nicht mehr in dem binären System von männlich-weiblich denken. Da dies nicht der Fall ist, verfestigt die reine „männliche“ Ansprache die Vorstellung davon, dass es männlich-weiblich gibt. Schlimmer noch, sie verfestigt die Vorstellung davon, dass „Mann“ die Default-Einstellung ist und „Frau“ die Abweichung. Es gibt einige Studien, die sich damit beschäftigen, dass das generische Maskulinum eben nur als pseudo-neutral gewertet werden kann. Einen Überblick darüber verschafft u.a. Kotthoff, Helga/Nübling, Damaris: Genderlinguistik. Eine Einführung in Sprache, Gespräch und Geschlecht. Tübingen 2018.

Zudem würde man mit der „Vermännlichung“ der Sprache der Gleichberechtigung einen Bärendienst erweisen. Sprachlich negiert man dadurch die Existenz von Genderidentitäten nebst der männlichen Form. Genderidentitäten, die innerhalb der gegenwärtigen Gesellschaft aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu ebenjenen von Diskriminierung wie Sexismus, struktureller Misogynie und Transphobie u.a. betroffen sind, wird die sprachliche Grundlage genommen, ihre Diskriminierung zu verbalisieren und anzuklagen.

Vgl. hierzu die Strategie eines strategischen Essentialismus nach Gayatri Chakravorty Spivak: bestehende Ungleichheiten zwischen den Gendern sollen durch einen strategischen Essentialismus bekämpft werden. Diese Ansicht basiert auf der Annahme, dass bestehende Kategorien, durch die Diskriminierung entsteht, nicht einfach aufgelöst werden können, da die Diskriminierung weiterhin geschieht, durch die Auflösung der Kategorien aber nicht mehr benennbar ist. Die Situation, dass „Frauen“ bspw. gesellschaftlich in einem hierarchisierten Verhältnis diskriminiert werden, muss kritisiert werden können. Deswegen müssen nach dieser Ansicht kategoriale Zuschreibungen benutzt werden können, die jedoch aufgeweicht werden müssen. Wenn nur weiterhin mit diesen Kategorien gearbeitet wird, ohne sie zu dekonstruieren und ohne das Ziel, sich dieser zu entledigen, bleibt man innerhalb dieses Kategorisierungsmechanismus.

Zu dem Aspekt der Vereinfachung: dies könnte man auch mit der Einführung von alternativem Pronomen und Endungen bewerkstelligen, die nicht auf Männlichkeit oder Weiblichkeit referieren. Aber wie oben geschildert: von der Überwindung genderspezifischer Zugehörigkeiten (auch sprachlich) sind wir, aus guten Gründen, noch weit entfernt.

Sowas können Eltern nicht verbieten. Sie können sich nur eine andere KITA suchen oder sich selber um die Kindererziehung kümmern.

Hehe hätteste gern gehabt aber in meinem kommentar steht nichts von selbsterfahrung. Also kein grund meine frage zu personalisieren ;).

Das absprechen legitimer wahrnehmung findet auch in anderen geschlechtsneutralen kontexten statt, klassismus, rassismus und in extremformen im gaslighting. Bspw deutet dein Begriffsverwendung auf eine gewisee Nähe zum Bildunsgbürgertum hin. Auch daraus könnte ich eine klassistische Herablassung ableiten. Ohne mich dabei auf das Geschlecht zu beziehen.

Das absprechen der wahrnehmung ist halt immer scheiße nur manchmal liegt es halt ob bewusst oder unbewusst in einer spezifischen Machtstruktur die internalisiert wird durch die entsprechende sozialisation. Das der eigene Habitus als komponente der eigenen Identität begriffwn wird ist ein problem ohne dessen reflektion man sein verhalten nicht ändern kann. Sozialisation etc sind strukturell bedingt, man muss kein schlechter mensch sein um mansplaining zu betreiben.

ja, der wurde viel diskutiert unter anderem auch im selben Blatt von Anatol Stefanowitsch:

[quote]
Zu dem Aspekt der Vereinfachung: dies könnte man auch mit der Einführung von alternativem Pronomen und Endungen bewerkstelligen, die nicht auf Männlichkeit oder Weiblichkeit referieren.[/quote]
Sprache kann man in freiheitlichen Gesellschaften (zum Glück) nicht so einfach künstlich ändern.

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Gibt es für diesen schrecklichen Begriff keine Übersetzung?

Und ja, „normale“ Menschen haben es leichter!
Und normal bedeutet in Deutschland: weiß sowie männlich oder weiblich.
Entspricht man nicht der Norm (zu dick/dünn, schlau/dumm, groß/klein etc.) hat man es im Allgemeinen schwerer.
Das fängt im Kindergarten an und hört auf dem Sterbebett auf. Ist das schlimm? Nein, denn es ist menschlich!

In unserem Kindergarten waren die Eltern froh, dass es einen Erzieher als Gegenpart zu den Erzieherinnen gab.

außer bei einer Rechtschreibreform ^^

Außerdem was ist genau jetzt die Unterscheidung zwischen natürlich und künstlich ? Das es bei inklusiver Sprache sehr stark um Selbstbezeichnungen geht, kann man schwerlich argumentieren, dass dies künstlich oder vom Staat aus passiert. Viele dieser Konzepte und Ausdrücke haben sich in einem aktivistischen Kontext entwickelt, dass dies in Teilen von staatlicher oder wirtschaftlicher Seite aufgenommen wird spiegelt nichts anderes als die Veränderung der Sprache im zeitlichen Kontext wieder.

Diskriminierung ist menschlich und daher notwendiger teil des Lebens?

Ich glaube da würde ich Dir in der Bewertung entschieden widersprechen.
Die Diagnose stimmt: Nicht der Norm zu entsprechend macht es den Menschen schwierig sich unbeschwert in unserer Gesellschaft zu bewegen.
Das geht von Tuscheln und Augenbraue heben, über Ausgrenzung hin zu verbaler und körperlicher Gewalt.

Das zu erkennen ist ein wichtiger erster Schritt. Als weiteren Schritt wünsche ich mir von möglichst vielen Personen in unserer Gesellschaft, gerade den privilegierten, der Norm entsprechenden, dass sie sich bemühen dieses Verhalten bei sich zu reduzieren und in ihrer Umgebung dagegen vorzugehen.

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Vielen Dank für die sachlichen Ausführgen. Ich habe gar nicht hinterfragt, ob es im Englischen nicht vielleicht auch zur Reproduktion von Stereotypen kommt.

Ob das wirklich so ist, wissen wir in der Tat nicht. Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass es sich bei der Debatte um dieses mutmaßliche Problem in der anglophonen Welt um ein Nieschenthema handelt.

Moralisch genießen die femininen Formen ja soetwas wie Bestandsschutz und ich kann verstehen, dass manche sich zunächst sogar durch deren Abschaffung diskriminiert fühlen würden. Schaut man sich aber an, woher diese Formen eigentlich kommen, dann können sie alleine schon desewegen nicht mehr von jemandem benutzt werden, der sich ernsthaft für eine gendergerechte Sprache einsetzt. Sie reduzieren eine Frau nämlich lediglich auf die Tätigkeit des Ehemannes.

Das ist mir bis vor Kurzem auch völlig neu gewesen, bis ich ausgerechnet auf Wikipedia davon gelesen habe. Zufällig bin ich danach auf eine Erzählung gestoßen, wo ein älterer Herr davon berichtet hat, wie seine Ur-Großmutter noch stolz darauf war, als „Frau Wachtmeisterin“ angesprochen zu werden. Diese titulierende Bezeichnung hat aber keine andere Ursache, als die Eheliche Beziehung dieser Frau zum Wachtmeister.

Das halte ich für ein weiteres, starkes Argument, die weiblichen Formen gänzlich abzuschaffen. Alternativ könnte man aber ja auch wieder zurück zu den Wurzeln gehen und einfach den Ehepartner mit dem Suffix -in kennzeichnen und auch „Frau“ ebenso zu verwenden. Dann wäre Angela Merkel der Herr Bundeskanzler (ohnehin meine Forderung) und ihr Partner die neue Frau Bundeskanzlerin. Somit würden Geschlecht und Bezeichnung vollständig voneinander getrennt.

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Ich verstehe deine Argumente, ich finde sie auch gar nicht schlecht, aber ich denke, das wäre eine so starke Veränderung, dass sie in nächster Zukunft einfach völlig unrealistisch ist.
Auf der anderen Seite: Was weiß ich schon, was die Zukunft bringt.

Wenn wir allerdings schon bei dem Plan sind, die Sprache völlig umzukrempeln, wäre vielleicht ein noch besserer Vorschlag, eine neue, historisch unbeleckte Form einzuführen, von der sich alle gleich gemeint fühlen sollen. Das hätte aber natürlich wieder den Nachteil, dass vielleicht versteckt die Stereotype weitergetragen werden, wie ich vorher schrieb.

Die Idee, „Frau“ und „-in“ als Bezeichnung für „den Partner von“ zu verwenden, finde ich hingegen nicht gut:
Die Information ist doch heute völlig überholt, als dass wir speziell dafür grammatische Formen brauchen. Das heutige vorherrschende Menschenbild beinhaltet doch, dass Menschen für sich selbst stehen können und nicht nur das Anhängsel eines wichtigeren Menschen sind. Da fände ich konsequenter, diese Form völlig abzuschaffen und eine tatsächlich geschlechtsneutrale (siehe oben) Form zu nehmen.

Ich glaube, Du hast das Problem nicht verstanden…

Die Diskriminierung von Frauen ist auch rein rechtlich nicht gestattet!
Sie geschieht trotzdem!

Du hättest Recht, wenn wir in Deutschland ein Überangebot an KITA-Erziehern und Plätzen hätten und männliche Erzieher daher auf dem Arbeitsmarkt das Nachsehen hätten. Stattdessen müssen Eltern teilweise über ein Jahr auf einen KITA-Platz warten und können sich gar nicht leisten 50% der deutschen Bevölkerung als Erzieher für ihre Kinder einfach auszuschließen. Wenn sie so ticken, müssen ihre Kinder halt selber betreuen oder die eigenen Eltern damit beauftragen.

Das ist auch wieder Theorie und Praxis… In der Theorie hast Du Recht. In der Praxis sind die männlichen Erzieher aber so sehr in der Minderheit, dass es genügend Fälle gibt wo die Kitas auf den Wunsch der Eltern eingehen.

Bitte Gendern konsequent beibehalten.
In der letzten Lage der Nation wurden Gefährderinnen und Terroristinnen massiv benachteiligt, weil sie keine würdigung erfahren haben.

Ich wünsche mir beim nächsten Mal bitte „Menschen, die Terror verbreiten“.

Bitte konsequent bleiben, liebes Lage Team.

Viele Grüße_Innen
Sesso

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Es geht mir genauso. Vielen Dank für den Kommentar.