"Geld sparen mit VPN" - Ökonomische Folgen

Moin,

es passt hier nur bedingt, aber auf die Frage kam ich, weil ich in der Lage in den letzten Monaten öfter VPN-Werbung mit dem Argument gehört habe, man könne damit bares Geld sparen: Einfach per VPN vermeintlich aus Land X heraus ein Abo abschließen oder ein Hotel buchen, in dem die Preise günstiger sind als in D.

Mich hat das ins Nachdenken gebracht: Was sind die Folgen für die Menschen in den Ländern, in denen wir vorgeben, uns zu befinden, und ist es eventuell ethisch problematisch, VPN so zu nutzen?

Schließlich gibt es diese Preisdiskriminierung nach Ländern in marktwirtschaftlicher Logik (hier lege ich mein nur rudimentäres Wissen in klassischer VWL zugrunde, gern verbessern!) aus dem Grunde, dass dort ein bestimmtes Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage herrscht. Wird nun durch zahlungskräftige Westeuropäer die Nachfrage erhöht, verschiebt sich das Gleichgewicht in Richtung höherer Preise. D.h. wir treten in Konkurrenz mit den Menschen in ggf. - oder höchstwahrscheinlich - ärmeren Ländern um diese Güter. Mir stellt sich da die Frage, ob das nicht eine unfaire Konkurrenz ist, da sie die Preise für Menschen in ärmeren Ländern nach oben treibt, die diese Möglichkeiten nicht haben.

Zwar kann man hier einwenden, die Nutzung von VPNs stelle - konsequent zu Ende gedacht - nur den „natürlichen“ Zustand wieder her, der ohne Preisdiskriminierung nach Ländergrenzen herrschen würde. Dies greift jedoch meines Erachtens zu kurz; die nationalen Grenzen und mit ihnen oft willkürlich erscheinende Unterschiede in den Lebensumständen bestehen nun einmal. Hier einen „freien“, globalen Markt mit formaler Gleichheit aller Teilnehmenden auf diese Weise herzustellen, scheint mir doch eher nur theoretisch zum Vorteil aller zu sein. Praktisch führt es zu einem Hardcore-kapitalistischen Wettkampf mit erwartbarem Ausgang. Als Vergleich taugt vielleicht der Freihandel: Nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile von Ricardo (und häufig auch praktisch) ist der zu aller Seiten Vorteil, doch eine abrupte Öffnung lokaler/regionaler Märkte mit der Holzhammermethode ohne Rücksicht auf tradierte und gewachsene Strukturen hat auch schon häufig viel Schaden angerichtet.

Habt ihr dazu Gedanken? Bei einer Google-Recherche konnte ich leider nichts finden.

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Ich denke, entscheidend ist die Menge, die das macht.
So lange ein paar Nerds ihr Spotify-Abo in irgendeinem afrikanischen Staat abschließen, um ein paar Euro zu sparen, bringt das keine Kalkulation durcheinander.
Problematisch wird es, wenn viele aus reichen Ländern das machen und die Quersubventionierung nicht mehr funktioniert.
Dann müsste Spotify reagieren. Und das könnten sie auch:
Aus welchem Land kommt das Zahlungsmittel?
Aus welchem Land stammt die IP, wenn sie eindeutig ist (nur wenige nutzen immer VPN)?
Welche Musik wird gestreamt? In Europa sind andere Songs angesagt als in Afrika oder den USA.
Ich sehe hier also kein Problem, das nicht von Betreiberseite verhindert werden könnte, wenn es gewollt wäre.
Fatal wäre ein Beschluss z. B. der EU, dass in einem globalen Markt Spotify uns auch die Freiheit geben muss, überall mit vertretbarem Aufwand unsere Verträge abschließen zu dürfen. Dann müsste Spotify einheitliche Preise festsetzen, was dann zu Lasten der Entwicklungsländer ginge.

Spotify nur als Beispiel

Danke, ergibt alles Sinn. Momentan wird das jedenfalls in meiner Bubble (nicht Nerds) zunehmend bekannt, bleibt zu beobachten, wie sich das weiter entwickelt.

Das mag für körperliche Sachen und persönlich erbrachte Dienstleistungen Richtig sein, aber die Güter, bei denen Geld durch die Nutzung von VPN gespart werden können, sind in aller Regel andere. Daher: Es sind keine Sachen (weil der Versand den Preisvorteil zu Nichte machen würde) und keine persönlich erbrachten Dienstleistungen (weil diese oft die Anwesenheit vor Ort verlangen).

Geld sparen mit VPN funktioniert i.d.R. nur bei massenhaft erbrachten elektronischen Dienstleistungen (Lizenzerwerben z.B. bei Steam oder Bereitstellung von Angeboten wie Netflix) oder international angebotenen Dienstleistungen (z.B. Flugbuchungen). Die Logik von Angebot und Nachfrage bestimmt hier in aller Regel nur begrenzt den Preis.

Die Preissetzung von Steam, Netflix oder einer Fluggesellschaft folgt eher der Logik, ein Maximum an Einnahmen zu generieren, daher wird die gleiche Dienstleistung in einem Land mit hohem Durchschnittseinkommen teurer angeboten als in einem Land mit niedrigem Durchschnittseinkommen. Denn würde Steam z.B. in der Türkei die - umgerechnet - gleichen Preise verlangen wie in der Schweiz könnte sich das Spiel in der Türkei niemand leisten. Siehe z.B. hier die Preise bei Steam nach Ländern am Beispiel des aktuell sehr populären Starfield. Während man in der Türkei umgerechnet 31 Euro zahlt, zahlt man in der Schweiz 83 Euro. Das hat nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun, daher: Zusätzliche Nachfrage in der Türkei führt nicht zu einem höheren Preis in der Türkei.

Natürlich kann man argumentieren, dass teilweise eine Mischkalkulation stattfindet, daher z.B. ein Flugticket im Ausland so günstig verkauft wird, dass es wirtschaftlich kaum vertretbar wäre, wenn alle Tickets zu diesem Preis verkauft würden. Aber in der Realität dürfte es selten der Fall sein, dass eine Dienstleistung im Ausland zu „ruinösen Preisen“ angeboten wird…

Und wie @der_Matti korrekt sagt steht es Unternehmen grundsätzlich frei, Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Denn natürlich könnten die Unternehmen die Preise auch an die Zahlungswährung oder das Land des Kontos anknüpfen.

Tatsächlich gehe ich aber fast davon aus, dass es die Unternehmen einfach nicht juckt - denn wer so preissensibel ist, dass er VPN nutzt, um zu sparen, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit den vollen Preis im eigenen Land gar nicht zahlen wollen - und so gilt auch hier: Lieber ein Verkauf mit geringem Gewinn als gar kein Verkauf. Ich denke nicht, dass z.B. Steam realistisch davon ausgeht, dass jeder, der z.B. Starfield jetzt für 32 Euro in der Türkei kauft, das Spiel für 70 Euro in Europa kaufen würde… Steam weiß sehr gut, dass ein großer Teil derjenigen, die jetzt VPN zum Kauf einsetzen, andernfalls eher ein Jahr warten würde, bis der Titel auch hier für den Preis erhältlich ist…

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Wenn das so stimmt, wieso hat man dann jahrzehntelang Schüler, die Videospiele untereinander getauscht und damit illiegal kopiert haben, verfolgt? Die hatten auch nie das Geld um die Spiele selbst zu kaufen. Ich glaube Du machst es Dir hier zu einfach. Die Industrie wird auch hier gegen vorgehen, sie hat nur aktuell ob der benutzten Technik wenig Spielraum.

Ich glaub du vergleichst hier gerade etwas Äpfel mit Birnen. Im einen Fall erhält der Hersteller ja immer noch zumindest etwas Geld und im anderen Fall bekommt er gar kein Geld und verliert nur potentielle Kunden.
Letztlich kommt es bei der Sache mit den VPNs denke ich halt darauf an, wie viele das machen. Machen es zu viele werden Spotify & Co entweder noch deutlich aktiver dagegen vorgehen oder theoretisch, wenn sie merken, dass es in den „ärmeren Ländern“ auf einmal eine hohe Nachfrage gibt, würden sie dort die Preise steigern und hier die Preise senken. Und so würden sich die Preise immer weiter angleichen.

Und genau darum ging es ja @tacuissem , nämlich dass die Preise in Ländern, die viel niedrigeres Einkommsniveau haben, am Ende die Zeche zahlen müssen.

Wie ich ausgeführt habe, würde der Anbieter prüfen, ob es nicht Wege gibt, den Kauf im anderen Land zu erschweren oder gar zu verhindern.
So wie netflix zu Beginn Freunden (oder auch sich völlig Fremden) gestattet hat, ihre Accounts zu teilen und jetzt einen Riegel vorgeschoben hat.
Wir reden von digitalen Gütern. Wenn die Kosten gedeckt sind, ist jeder zusätzliche Kunde eine Einnahme, solange der Servertraffic gedeckt ist.
Insofern wird immer zuerst gesehen werden, ob man den Markt nicht irgendwie halten kann, bevor man ihn mit Preiserhöhungen verschreckt.
Edit: anders wäre es natürlich bei Flugreisen oder Hotelbuchungen. Hier weiß ich nicht, inwiefern das valide ist. Die sind auch so schon oft spottbillig. Und nein, ich kann mir ehrlich nicht vorstellen, dass hier Portale verschiedene Preislisten unterhalten.

Um dazu mal ein Beispiel zu bringen: Steam macht das bereits. Also abgesehen davon, dass die Nutzerbedingungen mit permanenter Accountsperre drohen, wenn mittels VPN günstige Preise erschlichen werden (ob das juristisch durchgehen würde, darf jedoch bezweifelt werden), verlangt Steam auch ein inländisches Konto für den Kauf in einer bestimmten Währung. Will ich also mit türkischen Lire kaufen, weil die gerade so schön schwach ist, brauche ich also neben dem VPN auch ein Konto bei einer türkischen Bank (und muss permanent damit rechnen, in einen Rechtsstreit mit Steam zu geraten, eine oft mehrere tausend Euro teure Spiele-Datenbank zu verlieren ist ein ziemlich großes Risiko…).

Wie @riodoro schon anmerkt, ist das ein anderer Fall, da hier gar nichts gezahlt wird, es also für den Anbieter in jedem Fall ein Verlustgeschäft ist (Verlust potenzieller Käuferschaft ohne jeden Gewinn).
Dazu kommt, dass die Rechtslage in Deutschland (und teilweise auch den USA) extrem Urheberfreundlich ausgestaltet war und ist, sodass Abmahnungen und Zivilklagen gegen Kopierer einfach sehr lohnenswert waren und leider immer noch sind. Das sieht bei der VPN-Problematik ganz anders aus, weil die Urheber hier nicht das scharfe Schwert des Urheberrechts auf ihrer Seite haben.

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Dass Angebot und Nachfrage - mit den üblichen Einschränkungen - hier nicht den Preis bestimmen würden, begründest Du meines Erachtens nicht wirklich überzeugend. Hinter dieser Beschreibung:

steckt doch nichts anderes als das Marktgleichgewicht aufgrund von Angebot und Nachfrage. Erhöhte Nachfrage auf Basis von Preis X ist für die Unternehmen ein Signal, dass bei Preis X+1 die Nachfrage ausreichen würde, um die Gewinnmarge zu erhöhen. Auch das Anbieten „zu“ geringer Preise, um überhaupt einen Markt bestreiten zu können, gewissermaßen „einen Fuß in der Tür zu haben“, folgt den üblichen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten.

Es stimmt natürlich, dass bei digitalen Gütern die Marginalkosten pro weiterer Einheit für die Anbieter normalerweise geringer sind als bei physischen Gütern. Sie werden aber trotzdem die Preise erhöhen, wenn sie es können, um den Gewinn zu maximieren.*

Dass das (noch) kein massenhaftes Phänomen ist, sodass es praktisch wohl noch wenig relevant ist, da stimme ich @der_Matti zu. Mittel (mE sich juristische), um das zu verhindern, haben die Unternehmen, ggf. erhöhen sie aber lieber still und leise die Preise in ärmeren Ländern, statt schlechte PR in reichen Ländern zu riskieren, weil sie Länderkontrollen durchführen.

Zudem habe ich auch schon bei Flugreisen und Hotels Influencer gesehen, die VPNs nutzen und für eben diesen Zweck bewerben.

*Etwas OT: die Kosten der Unternehmen sind für die Preisgestaltung nach meinem Verständnis nur über die Kette Wettbewerb - abwandernde Nachfrage - Preisdruck relevant, d.h. die unmittelbar preisgestaltenden Faktoren bleiben Angebot und Nachfrage. Daher sind auch Diskussionen um „ungerechtfertigte“ Preise aus ökonomischer Sicht immer etwas merkwürdig, mögen sie aus moralischer/wirtschaftsethischer Perspektive auch völlig schlüssig sein.

Jedes „geschickt“ operierende Unternehmen wird seine Preise erhöhen, wenn es dadurch seine Gewinn erhöhen kann. Aber wenn bei höheren Preisen die Konkurrenz günstiger ist oder die Nachfrage einbricht, führen höhere Preise eher zu weniger Gewinn.
In dieser - für Unternehmen sicher nicht immer ganz einfach zu prognostizierbaren - Konstellation einmal mal „aus dem Bauch heraus“ das Verhalten von VPN-Nutzer:innen als einzigen oder zumindest entscheidenden Faktor anzusehen, halte ich für reine Spekulation. Zumindest müsste das zu anderen Faktoren ins Verhältnis gesetzt werden, etwa zur Anzahl der durchaus kaufkräftigen potenziellen Kund:innen auch in ärmeren Ländern. Ich glaube auch, dass die jeweilgen Unternehmen das (mit) am besten im Blick haben und durchaus in der Lage sind, entsprechend auf Veränderungen zu reagiren.

Ich persönlich würde stets differenzieren zwischen „Angebot und Nachfrage“ bei begrenzten Gütern (Sachen, persönlich erbrachten Dienstleistungen) und unbegrenzten Gütern (z.B. Lizenzen). Durch VPN Vorteile hat man in aller Regel vor allem bei Letzterem.

Der Unterschied ist einfach:

Wenn es ein begrenztes Angebot gibt, hat das Verhalten anderer Kunden einen maßgeblichen Einfluss auf den Preis. Daher: Wenn ein Programmierer 1.000 Arbeitsleistungen erbringen kann, und 1.000 Menschen bereit sind, über 2.000 Euro für eine solche Arbeitsleistung zu zahlen, wird der Preis bei über 2.000 Euro liegen. Gibt es plötzlich 1.000 Menschen, die bereit sind, 3.000 Euro zu zahlen, wird der Preis ganz schnell bei 3.000 Euro liegen. Es ist letztlich das Versteigerungsprinzip in einer größeren Skalierung.

Wenn es ein unbegrenztes Angebot gibt, hat das Verhalten anderer Käufer nur wenig Einfluss auf den Preis. Das Unternehmen wird den Preis stets so ansetzen, dass ein Maximum an Einnahmen generiert wird. Verkauf der Programmierer automatisierte Dienstleistungen (z.B. Lizenzen), würde der Verkaufspreis sich ganz schnell den variablen Kosten bis auf wenige Prozent annähern, weil der Verkauf von Millionen Stück mit einer Gewinnspanne von 50 Euro immer noch vorteilhafter wäre, als der Verkauf von 1.000 Stück mit einer Gewinnspanne von jeweils z.B. 3.000, selbst wenn es 1.000 Menschen gäbe, die bereit wären, 3.000 Euro zu zahlen.

Bei unbegrenzten Vorräten liegt keine „echte“ Begrenzung auf der Angebotsseite vor, sondern lediglich eine künstliche Verknappung. Wenn das Prinzip von Angebot und Nachfrage von begrenzten Gütern auf unbegrenzte Güter angewandt wird, mag das in der Theorie korrekt sein, hat in der Praxis aber oft keine oder nahezu keine Auswirkung (ja, wenn mehr Kunden bereit sind, mehr zu zahlen, verschiebt sich der „optimale Preis“ auf der Kurve minimal nach oben, aber eben nicht massiv…). Der Effekt von Angebot und Nachfrage ist daher bei begrenzten Gütern einfach massiv weniger ausgeprägt.

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Ich find die Unterscheidung zwischen rivalen (d.h. zeitgleich nur von einer begrenzten Personenzahl nutzbaren) und non-rivalen Gütern schon essenziell und hilfreich, aber impliziert das weitgehende Fehlen von angebotsseitigen Einflüssen auf den Preis nicht gerade, dass die Nachfrage, also das - in welcher Form auch immer - beim Anbieter ankommende Signal der Zahlungsbereitschaft, hier besonders viel Gewicht hat?

Es bleibt doch so: Der Gewinn ergibt sich aus: (Preis - Kosten)/Einheit x Anzahl verkaufter Einheiten. Da wir hier vereinfacht die Marginalkosten = 0 setzen können, kann ich das Produkt durch Erhöhung jedes der beiden Faktoren Preis pro Einheit und Anzahl verkaufter Einheiten maximieren. Allerdings verringert eine Preiserhöhung die Zahl der verkauften Einheiten, nicht weil Abnehmer mangels verfügbarer Einheiten „verdrängt“ würden, sondern weil ihre Zahlungsbereitschaft nicht so hoch ist.
Kommen nun Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft auf den Markt (VPN-Nutzer werden vereinfacht den verlangten Preis auf dem Zielmarkt zahlen, solange er unter dem Preis auf dem Herkunftsmarkt liegt [VPN-Kosten ausgeklammert]) und kommt ein entsprechendes Signal beim Anbieter an, kann sich die Preiserhöhung lohnen, obwohl „einheimische“, weniger zahlungsbereite Kunden abspringen.

Dieser Effekt würde nur eintreten, wenn der Anteil ausländischer Kunden extrem groß wird. Davon ist jedoch nicht auszugehen. Der Anteil derjenigen, die versiert und interessiert genug sind, VPN zu nutzen, um günstigere Preise zu bekommen, dürfte im niedrigen einstelligen Prozentbereich, vielleicht sogar im Promillebereich liegen. Und das wird sich so schnell auch nicht ändern, sowohl wegen technischer Komplexität als auch wegen rechtlicher Ängste.

Eine Anhebung der Preise z.B. in Argentinien, weil so viele Ausländer dort digitale Dienstleistungen erwerben, würde den argentinischen Markt für den Anbieter massiv beschränken, weil dann eben die eigentlich dort ansässigen Marktteilnehmer nicht mehr optimal bedient werden könnten. Das macht kein Unternehmen. Bevor ein Unternehmen in einem günstigen Land die Preise anhebt, um VPN-Rabatte für ungünstige Länder weniger ertragreich zu machen, würde das Unternehmen eher gezielt gegen VPN-Nutzung vorgehen, z.B. darüber, dass ein inländisches Konto bzw. eine inländische Kreditkarte (u.U. samt inländischer Anschrift) verlangt wird. Steam macht dies beispielsweise schon so, andere Dienstleister werden es auf Kurz oder Lang auch machen. Und spätestens dann ist der Kundenkreis potenzieller VPN-Rabatt-Erschleicher so klein, dass er völlig irrelevant wird…

Die Preise im Zielland zu erhöhen ist definitiv kein sinnvolles Mittel. Die Preise im Zielland werden durch die dortige statistische Kaufkraft ermittelt, nicht durch Angebot und Nachfrage. Desto höher die relative Kaufkraft in einem Land, desto höher werden die Preise ausfallen. Dass dem auch Angebot und Nachfrage im engeren Sinne zu Grunde liegt, ändert daran erst einmal nichts.

Danke für das konkrete Beispiel mit Steam, das gibt uns vielleicht einen Anhaltspunkt dafür, was empirisch passiert.
Denn rein konzeptionell scheint mir nicht ausgemacht, wofür sich Anbieter entscheiden würden, wenn ein wesentlicher Anteil der Kunden VPN nutzt (ich scheine das Potenzial hier deutlich größer einzuschätzen als du; technisch komplex scheint es mir nicht wirklich und potenzielle VPN-Kunden mit diesem „Bedarf“ finden sich in allen Ländern mit ausreichend hohem Preisniveau, da könnte einiges zusammen kommen).

Option 1: Sie könnten wie von Dir angenommen Maßnahmen gegen die „Erschleichung“ günstiger Preise mit VPN ergreifen. Das verursacht aber auch Kosten, schlägt sich ggf. auf die Nutzerfreundlichkeit nieder und kann schlechte PR sein. Vor allem aber verlieren sie den Teil der Kunden, dessen Zahlungsbereitschaft irgendwo zwischen dem Preisniveau von Land A (Herkunftsland des Kunden) und Land B (VPN-Zielland) liegt, da diese nun kein ihrer Zahlungsbereitschaft entsprechendes Angebot mehr finden.

Option 2: Sie erhöhen die Preise in Land B, verlieren dadurch Kunden dort, schöpfen die Zahlungsbereitschaft der VPN-Kunden und der zahlungskräftigeren B-Kunden aber besser aus.

Option 3: Sie senken den Preis in Land A, gewinnen so ggf. A-Neukunden und bewegen einige VPN-Kunden, wieder zum komfortableren A-Angebotv zurückzukehren. Letzteres ist aber eher unwahrscheinlich, solange die Preisdifferenz zwischen A und B wirklich signifikant ist, da der Preis von B (ggf. zuzüglich VPN-Kosten) so wohl auch nicht erreicht wird und die Menschen zudem „wechselfaul“ sind.

Jedes Unternehmen wird im Allgemeinen von diesen Optionen diejenige wählen, die insgesamt(!) den größten Profit bringt. Das kann ggf. Option 2 sein, auch wenn in Land B viele Kunden verloren gehen, solange dies durch VPN-Kunden aufgefangen wird.

Dass es dafür einer gewissen Menge an VPN-Kunden bräuchte, die wohl noch nicht erreicht ist, find ich plausibel. Wie man das für die Zukunft einschätzt, hängt wohl v.a. davon ab, wie groß man das Potenzial dieser VPN-Strategie einschätzt und welche Annahmen man dazu trifft, was die Anbieter über ihre Kunden wissen und was sie auch interessiert. Meine Erachtens interessiert sie vor allem alles, was etwas über die Zahlungsbereitschaft verrät, darüber hinaus dürfte den Unternehmen zB der Wohnsitz der Kunden recht egal sein (mgl. juristische Aspekte außen vor), weshalb ich diese Einschätzung

nicht teile. Gerade das macht ein Unternehmen nämlich, wenn es davon ausgehen kann, mit den VPN-Kunden entsprechend mehr Geld zu verdienen als ihm durch verlorene wirklich dort ansässige Kunden entgeht (aber: dafür gibt’s wohl in der Regel zu wenige VPN-Kunden).

Insgesamt find ich meine Frage theoretisch mit den Antworten hier ganz gut beleuchtet, interessieren würde mich jetzt die Empirie: Wie viele Menschen nutzen VPN schon so und für welche Güter? Gibt es typische Herkunfts- und Zielländer, zeigen sich hier Muster? Nutzen die Anbieter vornehmlich technische Maßnahmen, um das zu beschränken? Was wissen sie über ihre Kunden?
Außerdem: Gibt es juristische Motive für Anbieter, dies zu unterbinden?