Gedanken zur Fernwärme

Hallo,

Vorneweg: ich bin kein Experte in diesem Thema.

Allerdings höre ich immer wieder, dass Fernwärme ausgebaut werden soll. Grundsätzlich mit Sicherheit gut. Allerdings stellen sich mir da ein paar Fragen, die teilweise gu großen Problemen führen:

Ich wohne in Saarbrücken, zuständig ist die Energie SaarLorLux. Bei uns läuft das so:

  1. man MUSS einen Vertrag mit diesem Energieanbieter machen. Ich habe keine Wahl, kann keinen anderen Anbieter wählen. Dadurch kann der Anbieter die Preise mehr oder weniger willkürlich gestalten. Anfang dieses Jahres hieß es dann 34(!) ct/kwh Arbeitspreis. Der Gaspreis war da achon auf ca 10 ct gefallen. Die Preisberechnungsformeln sind maximal intransperent. Man liefert sich einem Anbieter also völlig aus.

  2. Bei uns wird immer noch Gas verbrannt, um die Wärme zu erzeugen - Fernwärme ist also nicht automatisch co2-neutral. Wie kann sie überhaupt co2-neutral werden? Riesige Wärmepumpen? Solarkollektorenparks? Würde mich interessieren.

  3. Ein Verteilproblem: Jede Partei hat einen eigenen Anschluss, es wird die direkt verbrauchte Wärme abgerechnet. Klingt erstmal fair, ABER: Dachgeschoss und Erdgeschoss heizen viel mehr für die selbe Temperatur, weil die Kellerdecke oder das Dach als zusätzliche Außenwand hinzukommt. Die „sandwichlagen“ profitieren entsprechend jeweils mehr von der Wärme der anderen. Deshalb ist es bei Zentralheizungen üblich, einen Teil auf Quadratmeter und einen Taleil auf Verbrauch abzurechnen.

Gerade Punkt 1 macht eine so extreme Abhängigkeit, dass ich mich persönlich nicht für Fernwärme entscheiden würde. Wäre interessant, mehr zu erfahren, und ob eine Öffnung des Marktes geplant ist. Wie ist es mit CO2-neutralität, wenn das Kraftwerk fleißig verbrennt? Und sind andere Ideen zur Abrechnung geplant?

Wäre interessant, da mehr zu erfahren.

Hier in Hamburg wurde vor der (ich glaube) vorletzten Senats-Wahl viel über Fernwärme diskutiert. Bin aber in dem Thema nicht sehr weit drin, u.a. auch, weil ich dazu wenig öffentlichen Informationen gefunden habe (Wie entsteht hier die Fernwärme? Wie ist das Verbreitungsgebiet? Wie ist die Planung?).

Ja, Fernwärme entsteht heute oft durch Gas oder Kohle. Häufig aber auch durch Abwärme bei der Müllverbrennung. Und auch immer mehr durch Abwärme von „heißer“ industrieller Produktion. Außerdem kann Fernwärme m.W. auch durch Geothermie gespeist werden.

Dort, wo Fernwärme noch fossil entsteht, muss natürlich umgestellt werden. Ich vertraue darauf, dass das passiert, auch mit dem in Entstehung befindlichen zweiten Gesetz aus den Häusern Habeck und Geywitz (hab grad nicht drauf, wie das heißt). Daher macht es durchaus Sinn, sich auch dann schon an das Fernwärme anschließen zu lassen, wenn sie noch fossil entsteht.

Genau so wird bei uns die Fernwärme durch den Vermieter abgerechnet.

In Hamburg ist „Wärme Hamburg“ eine Marke der Hamburger Energiewerke GmbH, ein „privatwirtschaftlich organisierte“ Energieversorgungsunternehmens, das sich zu 100 % im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg befindet.

Exakt. Solche Monopole müssen in kommunaler Hand sein und zum Wohle der Allgemeinheit kostendeckend ohne besondere Gewinnabsicht betrieben werden. Sowas zu „privatisieren“ (= zu verscherbeln) und der Profitmaximierung zu unterwerfen ist im Grunde ein Verbrechen.

„Diskutiert“ ist gut. Es gab eine Volksinitiative, die Energienetze inkl. Fernwärme von Vattenfall zurückzukaufen, die das von der vorherigen CDU-geführten Regierung günstig erworben hatten. (Als die CDU nach 50 Jahren einmal den Bürgermeister stellen durfte und dann schnell praktisch das komplette Tafelsilber zu Dumpingpreisen an irgendwelche Konzerne verschleudert hat um damit kurzfristig ihre Haushaltslöcher zu stopfen.) Der entsprechende Volksentscheid – gegen den sich auch die mittlerweile wieder regierende SPD vehement entgegen stellte – wurde gewonnen, und deswegen gehört das Fernwärmenetz jetzt wieder einer städtischen Gesellschaft.

Richtig. Wie @TilRq geschrieben hat, sind u.a. auch Tiefengeothermie und Abwärme aus Müllverbrennung Optionen. Und vor allem ist der Vorteil: Das sind Investitionen, die die Fernwärmegesellschaft irgendwann tätigt, und dann kommt deine Wärme automatisch aus klimafreundlicheren Quellen, ohne dass du entweder deine Heizungsanlage vor Ende des normalen Leistungszyklus herausreißen musst oder die nächsten 20–30 Jahre an fossile Energieerzeugung gebunden bist.

1 „Gefällt mir“

Das mit der CO2-Neutralität scheint ja grundsätzlich möglich zu sein - da müsste imho viel Aufklärung betrieben werden. Da gibt es in den Medien wenig.

Gerade die Monopole der Energieunternehmen, dagegen müsste aber vorgegangen werden. Gibt es da Pläne? Weiß jemand was darüber? Ohne Markt in dem Feld würde ich persönlich eher von Fernwärme abraten. Aber so was wäre ja regelbar.

Bitte sich klar machen: wer in einem gut gedämmten Gebäude wohnt, bei dem werden die Leitungsverluste, die bei Fernwärme anfallen, bevor die Wärme überhaupt das Haus erreicht, vielleicht 50% des Wärmebedarfs ausmachen. Sprich: die Hälfte bezahlt man dafür, das Erdreich zu beheizen. Außer in dicht bebauten innerstädtischen Lagen sehe ich Fernwärme eher kritisch.

Äh, ja. Niemand will doch überall Fernwärme installieren. Dicht bebaute innerstädtische Lagen sind genau das, wo es evtl. schwierig wird mit dem Platz für Wärmepumpen, und da ist Fernwärme eben top. Selbstverständlich lohnt es sich nicht, kilometerweise Fernwärmeleitungen zu einsamen Gehöften zu verlegen.

Davon abgesehen sind Fernwärmeleitungen allerdings auch auf der kompletten Strecke bestens isoliert und haben garantiert keine 50% Wärmeverlust.

Zumindest in meiner Heimatstadt ist der Plan, große Wärmepumpen zu errichten, die ja effizienter als kleinere für MFH geschweige denn EFH arbeiten. Meinem Verständnis nach lässt sich das auch hervorragend mit Prozessabwärme kombinieren, diese kann mit Wärmepumpe auf eine noch höhere Temperatur gebracht werden. Könnte man dann vielleicht sogar mit einem Blockheizkraft Strom erzeugen und dessen Abwärme dann mit dem erzeugten Strom auf sehr hohe Temperaturen hochheizen?

Könnte man alles wär aber alles wenig sinnvoll. Bis auf die Nutzung der Prozessabwärme. Die wiederum scheitert häufig, weil die Abnehmer eine Garantie der Zulieferung möchten, und die Wärmelieferanten nicht bereit sind die zu geben.
Das Mittel der Wahl sind inzwischen Niedertemperaturnetze. Ein kleiner noch notwendiger Temperaturhub wird dann beim Nutzer ergänzt.
BHKW stehen auf der Blacklist. Schließlich werden die mit fossilen Brennstoffen betrieben. Jetzt bitte nix von Wasserstoff nachschieben.

Ich konnte hier in Jena auf dem Weg zur Arbeit lange die Verlegung von Fernwärmeleitungen verfolgen. „Bestens“ ist deren Isolation nicht, eher ein pragmatischer Kompromiss zwischen Dämmung und Außendurchmesser der Leitung.

In dem von dir verlinkten Dokument findest du ja einige Fälle mit Netzverlusten von über 30%. Und das ist der Stand von heute - das wird nicht besser werden in Zukunft. Das Problem ist, dass der Wärmeabnehmer mit dem Bedarf für die höchste Temperatur für alle anderen die Maximaltemperatur des Netzes mitbestimmt. Ein gut gedämmtes Gebäude bräuchte aber zum Heizen lediglich Vorlauftemperaturen unter 40° C - und nimmt auch viel weniger Wärme ab. Das Netz muss dennoch die hohe Temperatur bereitstellen und die damit verbundenen Leitungsverluste tragen, solange es noch einen einzigen Verbraucher gibt, der für sein Gebäude z. B. 70° C benötigt.

Eine mögliche Lösung wären „kalte“ Wärmenetze, die viel geringere Temperaturen liefern, welche dann vom jeweiligen Wärmekunden in eigenen Gebäude mittels einer Wärmepumpe auf Zieltemperatur gebracht werden. So könnte im Netz z. B. Wasser mit 30° C zirkulieren, was minimale Leitungsverluste zur Folge hätte. Aber das ist Zukunftsmusik - und erfordert bei jedem Abnehmer die Investition in eine Wärmepumpe.

Ja, aber der Median liegt bei 12%. Die vereinzelten jenseits der 30% sind vermutlich insbesondere diese hier:

Bisher war die ins Netz eingespeiste Wärme oft ein Nebenprodukt der Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle und entsprechend preisgünstig. Verluste spielten eine eher untergeordnete Rolle.

Und auch die sind weit entfernt von 50%.