Nicht ganz korrekt. Die Heizung zu tauschen, das ist kurzfristig kaum möglich (sowohl finanziell als auch aufgrund begrenzter Manpower). Was aber durchaus noch drin sein könnte, das ist der Einbau einer Brauchwasserwärmepumpe. Das ist eine Mini-Wärmepumpe mit Warmwasserspeicher, die relativ wenig kostet. Eine Teil des Erdgasverbrauchs kann man so ohne großen Eingriff in die Heizungsanlage ersetzen. Kommt dann noch eine PV dazu, kann man sein Warmwasser nahezu autark bereitstellen.
Nach dem Studium aller Aussagen hier erschließt sich mir folgendes nicht:
- bei richtiger Planung decken die langfristigen Lieferverträge der Lieferanten die langfristigen Lieferverträge der Kunden. Hier haben wir eine gewisse Preisbindung in beide Richtungen = keine Mehrkosten
- ein evtl. Mehrverbrauch muss durch kurzfristigen Einkauf gedeckt werden = Mehrkosten.
- den neuen Verträgen liegen die aktuellen Preise zugrunde = keine Mehrkosten.
- wo kommt also die Schieflage von Uniper her?
Russland hat seine Lieferungen gedrosselt. Also bekommen Uniper & Co nicht die Gasmenge, die sie bestellt haben.
Nicht ohne Grund gibt es nun überall diese Tracker: Energiepreise aktuell: So hart trifft die Krise Deutschland
Da sieht man schön, wie die Gaslieferungen aus Russland einbrechen ab Mitte Juni und zeitgleich ein rapider Anstieg des Erdgaspreises einsetzt (von ca. 17 ct/kWh auf aktuell über 30 ct/kWh).
Es gibt aktuell keine Mangel Situation. Problem sind die Börsenspekulationen
Das ist Quatsch mit Soße.
Momentan gibt es (wenigstens) zwei Sondereffekte: i) die verringerten Lieferungen aus Russland, ii) die angeordnete schnelle Befüllung der Gasspeicher
Dazwischen sitzen die europäischen Gasverbraucher.
Aufgrund der Saisonalität des Gasverbrauchs ist mit echter physischer Knappheit nur im Winter zu rechnen. Aber auch ein Bauer, der zu wenig Saatgut einlagern kann, um die nächste Aussaat zu sichern, erlebt Knappheit.
Das haben wir hier schon diskutiert Gas aus Russland: Bezahlen wir wie bestellt oder wie geliefert?
mit folgendem Argument.
Wenn jetzt Russland pro Jahr so viel liefert wie laut den Verträgen bestellt war ergibt sich eigentlich kein Mangel. Denn die Schwankungen in der Lieferung werden durch die Gasspeicher kompensiert. Daraus ergibt sich für mein Verständnis kein Grund weshalb Uniper in Schieflage geraten sein soll. Es sei denn die haben Preisspekulation betrieben.
Wenn die Politik die schnelle Befüllung der Gasspeicher anordnet müsste diese auch die Mehrkosten tragen. Diese politisch motivierten Mehrkosten auf den Verbraucher umzulegen ist definitiv nicht richtig und erklärt immer noch nicht warum Uniper sehr zeitnah zu den Beschränkungen und Maßnahmen in Schieflage geraten ist.
Dass Russland nur soviel liefert wie vertraglich vereinbart, auch wenn der europäische Gaspreis zusätzliche Lieferungen lohnend erscheinen lässt, das ist die Story vom letzten Jahr. Inzwischen wird auch das, was vereinbart war, nicht mehr geliefert. Ist auch nicht verwunderlich, denn dies ist ja fast der einzige wirkungsvolle Hebel, den Russland hat, um auf das unfreundliche Verhalten der Europäer zu antworten.
Nee, Physik
Die Grafik So viel Gas fließt von Russland nach Deutschland – nicht nur durch Nord Stream 1 zeigt dass bis Juni die Liefermenge noch nicht eingebrochen war.
Die ersten Meldungen über eine Schieflage gab es aber schon im Mai.
Noch 2021 berichtet Uniper selbst * Bereinigtes EBIT in Höhe von 614 Mio. € und bereinigter Konzernüberschuss in Höhe von 487 Mio. € deutlich über Vorjahreswerten
Quelle Uniper nach neun Monaten mit operativ starker Geschäftsentwicklung
Das passt irgendwie nicht richtig zusammen, bzw. die Argumentation ist nicht schlüssig.
Aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise gab es auf dem Markt alle möglichen Verwerfungen. Das auszubügeln ist aber weder Ziel noch juristische Begründung der Gasumlage.
Die Gasumlage ist kein Instrument, um strauchelnde Unternehmen zu retten, sondern dient einzig und allein der (teilweisen) Umlage der Kosten der Ersatzbeschaffung im Falle eines Wegfalls von vereinbarten Liefermengen. Für alles, was sonst noch auf dem Erdgasmarkt schief geht, bedarf es weiterer Instrumente, z. B. die Notkredite, die Uniper bereits erhalten hat.
Ich glaube, wir erleben gerade das komplette Scheitern von Kommunikation. Scheinbar hat bis auf ein paar Nerds niemand mitbekommen, was die Gasumlage ist und wozu sie eingeführt wird. Aber alle reden darüber.
Wieso sind die denn so stark gestiegen? Sicherlich nicht weil es weniger gefördertes Gas gab. Das sind doch größtenteil Mitnahmeeffekte des Krieges.
Es gab grob zwei Phasen:
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Phase: seit Sommer 21 steigt nach dem „Corona-Einbruch“ der Wirtschaft der Gasverbrauch in Europa wieder. Der größte Lieferant Russland fährt seine Lieferungen jedoch nicht hoch. Jenseits von Russland gibt es aber kaum Anbieter, die schnell mehr nach Europa liefern können. Aufgrund der allmählichen Verknappung steigen die Preise zunächst langsam, im Herbst/Winter dann sprunghaft an. Von Anfang 2021 bis September verdoppelt sich der Erdgaspreis von ~4 ct/kWh auf ~8 ct/kWh. Dann geht es über den Winter und mit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine hoch auf ~16 ct/kWh.
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Phase: Im Sommer 22 drosselt Russland seine Lieferungen deutlich. Von Mitte Juni bis heute steigt der Erdgaspreis dadurch von ~16 ct/kWh auf nunmehr 34 ct/kWh.
Dies ist logisch unmöglich. Der Erdgaspreis ist ja in Europa so absurd hoch, dass alles Gas, was nach Europa geliefert werden kann, bereits hier ankommt (außer aus Russland, natürlich). Wenn nun die Speicher besonders schnell gefüllt werden sollen, muss man dieses Erdgas den europäischen Verbrauchern wegnehmen. Das geschieht über den Preis. Wenn man dessen Effekt ausgleicht, indem man die Gasverbraucher für Mehrkosten entschädigt, dann wird sich die zum Befüllen der Speicher notwendige Verbrauchseinschränkung nicht einstellen.
Rein physikalisch war man im Heck der Titanic nie weiter von der Wasseroberfläche entfernt als kurz vor deren Untergang. Wer in dieser Situation bereit gewesen wäre, sehr viel Geld für einen Platz im Rettungsboot auszugeben, den hätte man aber wohl kaum der Spekulation bezichtigt.
Die Erklärung für die „Nichtnerds“ Gasumlage für eine stabile Energieversorgung | Bundesregierung
Das Fazit aus den Aussagen ist:
- die Entscheidungen der Politik hat den Beschaffungspreis für Gas erhöht.
- durch diesen erhöhten Beschaffungspreis kommen Versorger in Schieflage und müssen gerettet werden. Nicht alle sondern nur die die auch vorher schon Probleme hatten.
- um diese Rettung zu bezahlen machen wir eine Gasumlage wo jeder Verbraucher zusätzlich zum erhöhten Preis noch einen Obolus dazu bezahlen muss.
Dem widerspreche ich, denn kurz vor dem Untergang ist das Heck der Titanik erst noch mal richtig in die Höhe gestiegen, was durch die Buglastigkeit (Physik) des Schiffes bedingt war.
Dieses Beispiel ist Beispielhaft für die Art der Kommunikation bei diesem Thema
Erster Satz:
Durch weniger Gaslieferungen aus Russland müssen Importeure unter hohen Kosten Ersatz beschaffen – sie werden durch eine Umlage dabei unterstützt.
Damit ist doch alles gesagt.
Widerspricht der Aussage dass Russland weiterhin die vereinbarte Menge Gas liefert.
Dass die bestellten Mengen geliefert werden, das behauptet doch nicht einmal die russische Seite: Exclusive: Russia's Gazprom tells European buyers gas supply halt beyond its control | Reuters
DIese Überlegung berücksichtigt aber nicht das ganze Bild:
- Es dürfte mittlerweile jeder Verbraucher mitbekommen haben, das Gas gespart werden muss. Das allein sollte schon unabhängig vom Preis Auswirkungen auf den Verbrauch in einer (solidarischen) Gesellschaft haben.
- Menschen (und vorallem private Verbraucher) sind kein Homo-Oekonomicus. Keiner screent fortlaufend seinen Gas-Verbrauch und rechnet aus, wie viel er diesen Tag, diese Woche, diesen Monat etc. verbraucht hat, um zu überlegen, ob er sich das leisten kann oder will. Es werden 11 (manchmal 12) Abschläge gezahlt und am Ende kommt die Rechnung. Die kann man dann entweder zahlen oder vielfach auch nicht.
- Wenn private Haushalte alles auf das Nötigste reduziert haben, besteht kein wirklicher Raum mehr zusätzlich zu sparen. Preisänderungen (wie schon die Umlage) werden größtenteils einfach hingenommen, ohne das sich verbrauchsmäßig etwas ändert.
- Die Mehrkosten für einen Teil der Gesellschaft werden dazu führen, dass es zu einer erheblichen Verschiebung des verfügbaren Einkommens weg von „Gasverbrauchern“ kommt. 50% der Deutschen haben Glück, die anderen Pech. So sollte Politik m.E. nicht funktionieren.