Gas aus Russland: Bezahlen wir wie bestellt oder wie geliefert?

Moin!
Vorab: ich bin neu, habe wenig bis keine Forenerfahrung (beim Selbstschreiben jedenfalls) und möchte daher um (freundliche) Hinweise bitten, falls mein Vorgehen mit Erstellen eines neuen Themas in dieser Kategorie nicht richtig ist. Aber auch, falls die folgende Frage schon längst beantwortet wurde und ich einfach nicht in der Lage gewesen bin die Antwort (trotz Suche) zu finden.

Jetzt zu meiner Frage, kurz und auf den Punkt: Kann mir jemand beantworten (möglichst mit Quelle), ob Deutschland bzw. Uniper & Co. für das nicht erhaltene Gas ebenfalls Geld überweist? Oder wird nur das tatsächlich erhaltene Gas, sprich ca. 20% vom Maximum, bezahlt?

Wer mit diesem Thema keine Propaganda betreiben möchte, kann das schnell ergoogeln…
Die Wirtschaftswoche hat das schon im April untersucht…

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Quelle

Leider nicht ganz die Frage.

Dein Artikel beschreibt ja: nicht abgenommen, trotzdem Zahlungspflicht

Die Frage ist aber: nicht geliefert, trotzdem Zahlungspflicht?

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Danke für die Antwort. Tatsächlich war „Take-Or-Pay“ das Stichwort.

Interessant und traurig zugleich. Ich bin gespannt, wie damit in Zukunft umgegangen wird. Sowohl in Medien als auch Politik…

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Der Artikel schreibt es doch schon selbst: wenn irgendwann der Zustand erreicht sein sollte, dass Gazprom zwar liebend gern liefern würde, aber Europa nix mehr abnehmen will (und auch nicht muss, da die Versorgung anderweitig steht) und nur noch irgendwelche Verträge mit Take-or-Pay-Klauseln nerven, dann wird einfach ein Importverbot verhängt, das als höhere Gewalt die privatwirtschaftlichen Lieferverträge aushebelt. Problem gelöst! Russland kann da auch nix gegen tun, denn das einzige wirkliche Druckmittel das sie haben ist die Rohstoffabhängigkeit.

Aber wie @Olaf.K schon treffend anmerkte: Take-or-Pay geht hier entscheidend an der Frage vorbei. Denn der Sachverhalt momentan ist ja umgekehrt, der Abnehmer will abnehmen aber der Lieferant nicht liefern.

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Wenn es die geben sollte, müssen dann aber auch Klauseln in die andere Richtung vorhanden sein. Sprich, wenn Russland nicht die vertraglich vereinbarte Menge liefert wären sie auch schadenersatzpflichtig.

Sehe ich auch so. Spannend wäre tatsächlich eher, ob und ggf. wann Deutschland durch die Minderlieferungen aus Russland eine Art Sonderkündigsrecht gegenüber Russland bekommt.

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Die Frage ist interessant. Hier komme ich nochmal auf das Beispiel aus dem von @unkreativ gelieferten Artikel auf wiwo.de zurück. Denn wer definiert „Minderlieferung“? Wenn die Verträge der Unternehmen, wie Uniper, noch bis 2036 laufen und evtl. sogar bestimmte Liefervolumina beinhalten, dann könnte doch Gazprom bzw. Russland sagen: „Wir werden unsere vertraglichen Verpflichtungen erfüllen.“
Wenn sie die vertraglich vereinbarten Volumina erst in den Jahren 2030 - 2036 liefern und die nächsten acht Jahre Däumchen drehen, wäre doch auch alles „im grünen Bereich“ und Deutschland hängt im Vertrag fest, oder? Die technische Machbarkeit und die Glaubwürdigkeit russischer Aussagen dieser Tage sei nun erst einmal dahin gestellt…

Schlussendlich beantwortet aber auch dieses Gedankenspiel nicht die Frage, ob Wir/Deutschland bezahlen wie bestellt oder wie geliefert…

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Ich habe da keine Erkenntnisse oder Quellen, aber wenn wir wie bestellt bezahlen müssten, dann würde das auch die Schieflage der Gaslieferfirmen erklären. Denn die müssten ja für das z.Z. gelieferte Gas an den Kunden doppelt einkaufen.

Edit
Der Vertag

  • könnte die gesamte Gasliefermenge enthalten die bis 2036 geliefert werden muss. Für Schwankungen im Volumenstrom der Pipelines haben wir die Gasspeicher die das ausgleichen können.
  • Im Gegenzug würden die Gasfirmen einen gleichmäßigen monatlichen Abschlag bezahlen.

Bei dieser (Vertrags)Konstellation haben wir z.Z. ein Dilemma.

Edit2
Um das fehlende Gas später (in kürzerer Zeit) doch noch liefern zu können (der Volumenstrom von einer Pipeline ist begrenzt) ist vielleicht Nordstream 2 gebaut worden.

Edit 3
wenn wir dann in kurzer Zeit viel Gas abnehmen MÜSSEN haben wir auch wieder ein Problem „wohin damit“ bzw. „was damit machen“ wenn eine großflächige Umstellung schon stattgefunden hat.

Nein, die Verträge sehen Liefermengen pro Jahr vor und das steht auch in dem hier schon angesprochenen Artikel. Das lässt sich nicht einfach so einseitig in ein anderes Jahr verschieben. Von daher gilt weiterhin:

Vermutlich werden sich trotzdem noch (Schieds-) Gerichte mit dem aktuellen Gall beschäftigen, da ja eine Turbine fehlt und Gazprom sagt wir würden gerne mehr liefern aber ihr verhindert es. Aber auch das ist ein Fall höherer Gewalt, weil es nicht an den Vetragsparteien liegt, sondern an staatlichen Stellen. Also ist auch da gerade niemand zur doppelten Zahlung gezwungen. Von daher wird gerade an Russland bezahlt wie geliefert.

Von daher kann es auch so nicht

Vielmehr kommt das Problem daher, dass die großen Importeure nun die fehlenden Mengen anderweitig und zu deutlich gestiegenen Einkaufspreisen besorgen müssen, um ihre weiteren langfristigen Verträge mit z.B. Stadtwerken bedienen zu können. Dort sind die Preise aber nicht so ohne weiteres durchzureichen. Zudem ist beim Einkauf auch immer eine Sicherheit zu hinterlegen, deren Höhe vom Einkaufspreis abhängig ist. Allein durch gestiegene Preise am Spotmarkt ist diese auch angestiegen. Das Geld hat dann auch ein großer Importeur wir Uniper nicht mal so herumliegen, weshalb da z.B. zusätzliche Kredite notwendig wurden, was wiederum Zinszahlungen und damit Kosten bedeutet.

Noch kurz etwas zu diesem Punkt, weil er nicht korrekt ist. Zum einen wie oben gesagt lassen sich die Mengen nicht beliebig nach um Jahre hinten schieben. Zum anderen ist Nordstream2 vor allem ein politisches Projekt gewesen, um den Transit durch Osteuropa zu umgehen. Der bestehende Bedarf (und auch zukünftiger) wäre über bestehende Leitungen möglich gewesen.

Das lese ich nicht so. Zwar wurde im Artikel eine Liefermenge pro Jahr genannt, allerdings steht dort nicht, dass dies im Vertrag so vorgesehen ist. Ebenso steht dort auch nicht, dass ein Gesamtvolumen im Vertrag vereinbart ist, wenn man ehrlich ist. Ich denke es ist müßig über Inhalte von Verträgen zu diskutieren, die anscheinend sehr geheim gehalten werden.

Zu den Gerichtsverhandlungen stimme ich zu. Aber die Geschichte mit der Turbine ist eine kompliziertere, die vermutlich ein neues Thema füllen würde :wink:
Auch bin ich zwar kein Experte für staatliche Verflechtungen in Unternehmen. Aber ist Gazprom nicht ein staatliches Unternehmen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles so einfach ist. Daher sehe ich, unterm Strich, auch nicht, dass Deutschland nur für tatsächlich erhaltenes Gas zahlt…

Eine Anmerkung noch hierzu:

Passiert das nicht tatsächlich längst schon? Gazprom/Russland muss doch lediglich darauf achten, dass der Gasfluss nicht vollständig stoppt (mit Ausnahme von offiziellen Wartungen), da ansonsten laut dem im wiwo-Artikel zitierten Experten ein Sonderkündigungsrecht besteht.

Gazprom ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die vor dem Krieg auch in Deutschland gehandelt wurde. Damals hielt der Russische Staat 50% der Aktien (wahrscheinlich +1 Aktie, aufgeteilt auf 3 Holdings), gefolgt von der Bank of New York Mellon mit 27%. Der Rest war Streubesitz. Das kann sich in den letzten Monaten natürlich geändert haben.

Das ist aber üblich bei solchen Verträgen. Auch wenn das leider medial so verkürzt nicht mal reicht das sauber anzugeben. Leider habe ich auf die schnelle nichts neueres gefunden, aber vielleicht hilft das Dokument (https://www.r2b-energy.com/uploads/media/Optimierung_Gasbezug.pdf). Die Akteure / Verfassenden sind auf jeden Fall auch heute noch in der Energiewirtschaft aktiv, weshalb das damals keine Unsinn gewesen sein wird. Grundsätzlich hat sich seit dem auch an der Vertragsgestaltung nichts verändert und es wäre auch nicht sinnvoll die Menge nur für die 20-30 Jahre festzulegen. Die Abnehmende braucht ja auch eine Sicherheit über eine Menge, um den Verbrauch jedes Jahr zu decken.

Selbst wenn es mehrheitlich dem russischen Staat gehört ist es ein privatwirtschaftlich organisierter Konzern. Damit besteht kein Vertrag mit dem russischen Staat.

Wenn es dir nicht reicht, was ich bisher zur Praxis aus der Energiewirtschaft geschrieben habe, dann wird es schwer. Aber dann die Gegenfrage: Reiche doch bitte den Nachweis an uns, dass dafür bezahlt wird. Das geht nämlich aus dem Artikel nicht hervor und nur aus deinen Spekulationen.

Das Dokument ist interessant und ich stelle in keiner Weise die Erfahrung oder gar das Renommee der Verfasser in Frage. Interessanterweise wird aber auch von den Verfassern der Punkt angesprochen, dass es in Verträgen Mindestleistungspreise geben kann (siehe Seite 3, zweiter Absatz im Dokument)

Woher stammt deine Erfahrung zur Praxis aus der Energiebranche?
Gerne komme ich bei deiner Aufforderung wieder auf meine Eingangsfrage zurück: ich werde keinen Nachweis einreichen, dass für nicht geliefertes Gas bezahlt wird, da ich schlicht und ergreifend keinen habe. Andernfalls hätte ich das Thema gar nicht erst eröffnet und mir viel Kopfzerbrechen gespart. Auch habe ich darüber im Übrigen bislang nicht spekuliert, schon gar nicht im Hinblick auf den Artikel. Der Artikel kam, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt, als Antwort auf meine Frage. Der Artikel hat die Frage zwar nicht beantwortet, aber die Diskussion dafür ein wenig weiter geöffnet, was zu begrüßen ist :wink:

Weil ich in der Branche tätig bin.

Auch da steht auch, dass es auf ein Jahr bezogen ist und damit die Menge nicht so ohne weiteres nach hinten verschoben werden kann (wobei da genaugenommen erst mal nur Leistung und nicht Arbeit steht). Das war ja auch ein Teil deiner Frage.

Zu der Bezahlung. Bei Take or Pay geht es vor allem um die Sicherheit der Liefernden, dass sie ihr Investment stemmen können. Daher die langen Laufzeiten und Zahlungsverpflichtung, auch wenn nichts abgenommen wird. Andersherum ist es vertraglich aber so, dass wenn die Liefernden ihren Teil des Vertrages nicht erfüllen, dann ist auch nicht zu zahlen. Die Abnehmenden erhalten in dem Fall keine Leistung und da sie hier auch nicht daran Schuld sind (sie würden ja sehr gerne das Gas zu den günstigen Preisen abnehmen), ist auch keine Zahlungspflicht gegeben.

Rein rechtlich sollte es übrigens auch kein Problem sein nur das zu bezahlen, was geliefert wird. Es liegt bei den Lieferungen ja offensichtlich eine Schlechtleistung bzw. ein Mangel vor. Da ließe sich die Zahlung entsprechend mindern. Vermutlich kann man auch irgendwann den Vertrag kündigen (aber das will man eher nicht, weil wenig günstiges Gas ist besser als kein Gas). Selbst Schadensersatz wäre prinzipiell denkbar. Aber da wäre dann wieder die Frage ob Gazprom das zu verschulden hat oder ob es außerhalb ihrer Verantwortung liegt, dass nicht mehr Gas exportiert werden kann (Stichwort fehlende Genehmigung zum Import der Turbine). Aber spätestens da wären wir wieder bei Rechtsstreitigkeiten über Gerichte angekommen.