Das stimmt nicht ganz. Die Rechtlichen Grundlagen:
§ 4 Abs. 1 AsylbLG: „Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. […] Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.“
Der § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG: „Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerläßlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind.“
§ 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG:
„Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.“
§ 264 SGB V
Somit erhalten die meisten Asylbewerber während der ersten 18 Monate in Deutschland die Krankenhilfe. Wenige Bundesländer geben den Ausländern in diesem Zeitraum auch bereits eine vollständige Krankenversicherung.
Wenn der Ausländer zwischendurch untertaucht, beginnen diese 18 Monate von vorne. Bei den anderen prüft die Leistungsbehörde, ob während der 18 Monate die Dauer des Aufenthalts „rechtsmissbräuchlich verlängert“ wurde. Z. B.: Verzögerte Anträge auf Asyl, Gefängnisaufenthalte und die Verschleierung der Identität, führen dazu, dass diese Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind.
Ansonsten wird es natürlich noch komplizierter:
Leistungseinschränkungen, welche teilweise sogar die Krankenversorgung ausschließen (§ 1 Abs. 4 AsylbLG), oder zumindest die chronischen Erkrankungen ausschließt
was zählt alles zur Verlängerung des Aufenthalts? Da kann es oft mit der Leistungsbehörde zu streit kommen.
wie schnell arbeitet die Behörde (selten erfolgt die Umstellung pünktlich ab 18 Monaten)
Lebenspraktisch gesehen kommt noch dazu, dass Geflüchtete im Durchschnitt sehr viel jünger sind als die Eingesessenen, würden daher in den seltensten Fällen Zahnersatz brauchen, und das wird sich nicht ändern nach den 18 Monaten, welcher Status auch immer. Der Druck auf Zahnarzttermine und die Kosten von dieser Seite dürften vernachlässigbar sein. Merz spricht schneller als er denkt.
Der Faktenfinder der Tagesschau kam den schon nahe:
Beim raussuchen bin ich noch darüber gestolpert:
Wartezeiten im ländlichen Bereich seien auf die geringe Zahnarztdichte zurückzuführen. „Wer starke Schmerzen hat, wird aber immer bevorzugt behandelt“[…]ein gesetzlicher Anspruch auf Zahnersatz bestehe aber nur dann, wenn dieser „aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist“. Da sei etwa der Fall, wenn jemand auf der Flucht seine herausnehmbare Prothese verloren habe.
Ich finde das auch schwierig. Jetzt haben wieder absolute Scheinprobleme wie die Zahnarztbesuche von Geflüchteten die volle Aufmerksamkeit und Politiker vor Ort, die reale Probleme haben, werden gar nicht mehr gehört.
Wir müssen einsehen, dass wir uns diese Asylpolitik nicht mehr leisten können. Wenn wir ein höheres Sozialleistungsniveau anbieten, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Menschen versuchen, möglichst nach Deutschland zu kommen.
Dabei kann die Lösung nicht sein, Sozialleistungen zu kürzen, sondern sie europaweit einheitlich zu gestalten. Denn sie wären ja dann nicht nur bei Asylanträgen ein Problem, sondern vor allem bei der europaweiten Freizügigkeit.
Dazu Forderungen und Scheinlösungen in der Migrationsdebatte mit der immer glasklaren Gudula Geuter. Man denkt sich: wenn das F. Merz hören würde, müsste er sich doch schämen. Aber, er braucht ja keine Angst zu haben, dass die in dem Podcast auf den Tisch gelegten Irrtümer bzw. Falschaussagen an die Ohren der Mehrheit seiner Wähler kommen, denn diese Leute hören fundierte politische Info überhaupt nicht, sie bekommen aber die Sprüche von Merz mit, das reicht ihnen, die Botschaft ist massgeschneidert für den angepeilten Stand der politischen "Bildung"und dem dahinterstehenden Denkvermögen bzw. der Denkunlust.
Kann es Spass machen, in einer Partei zu sein, die nur deshalb gross ist, weil so viele Wähler sich so wenig Gedanken machen?
Ich bin Zahnärztin in einer ostdeutschen Großstadt.
Ich verstehe, wieso Menschen die Frage „warum muss ich das bezahlen stellen“. Ich arbeite in einem sozial schwachen Viertel und die Härtefallregel (die „Basic“ Zahnersatzversorgung wird von der Kasse komplett übernommen) greift für Sozialhilfeempfängerinnen und Menschen mit Einkommen bis ca. 1300Euro brutto (leicht verschiedenen je nach alleinerziehend, wieviel verdient Parterin etc)
Dann sitzen dort Patient*innen vor mir, die 40h die Woche seit 20 Jahren im Pflegeheim für 1400 Euro arbeiten und nun 1.200 Euro für Versorgungen zahlen, die Andere, welche noch keinen Euro an Krankenkassen oder Co gezahlt haben gratis bekommen. Das ist für Viele wirklich schwer zu verstehen. Gerade in Zeiten mit Inflation, Krieg in der Ukraine, explodierenden Mieten sehe ich die Gefahr einer sehr schnellen Radikalisierung, wenn man die Ängste dieser Menschen nicht Ernst nimmt. Ich denke es ist der falsche Weg das als „unterste Schublade“ oder das als reinen „Fremdenhass“ zu diffamieren.
Was ist daran schwer zu verstehen, dass jeder Mensch ein Recht auf ein funktionsfähiges Gebiss hat, weil das wirklich als Bestandteil der Menschenwürde gesehen wird? Und wenn Menschen am Existenzminimum leben ist doch absolut logisch, dass dann der Staat dafür aufkommen muss.
Dann hätte Merz nicht explizit Flüchtlinge nennen sollen, sondern generell „Transferleistungsempfänger“ - das wollte er aber nicht, denn damit würde er ja auch einen Teil der potenziellen Wählerschaft vergraulen. Flüchtlinge hingegen sind für populistische Politiker dankbare Sünderböcke, sie können schließlich selbst nicht wählen und wenn man den Wählern den Eindruck vermittelt, dass „die Flüchtlinge uns etwas wegnehmen“ kann man da halt prima Populismus betreiben.
Sorry, aber das ist die unterste Schublade und auch Rechtspopulismus, es anders zu umschreiben wäre ein unangebrachter Euphemismus.
Hier würde eine konstruktive, nicht sozialdarwinistische Politik schauen, wie man diesen Menschen helfen kann, deutlich über dem Existenzminimum zu landen, statt denjenigen, denen es noch schlechter geht, weil sie bereits am Existenzminimum leben, dieses Existenzminimum entziehen zu wollen.
Der Fairness halber könnte man natürlich erwähnen, dass die Regelung gleitend ist. Wer 1.400€ verdient, kann die „individuelle Härtefallregelung“ in Anspruch nehmen und die Krankenkasse berechnet, nachdem man einen Antrag gestellt hat, wie viele Prozent (statt Hundert) sie übernehmen muss.
Es ist das Aufmerksamkeitsdilemma unserer liberalen Demokratien: wir können nicht ignorieren, was Menschen absichtsvoll verletzt, in einer Demokratie zum Schutz der Demokratie nicht unwidersprochen lassen, was antidemokratisch ist – doch indem wir uns damit beschäftigen, machen wir es mächtiger. Man will das Spiel mit dem Trillern der Hundepfeife in Richtung reaktionärer Wähler nicht mitspielen, indem man genau diesen Ton mithilfe seiner eigenen Verbreitung amplifiziert. Unwidersprochen lassen kann man eine menschenfeindliche Aussage auch nicht, weil kein Widerspruch reale und negative Konsequenzen für die Personen hat, die es betrifft.
Sie schlägt z.B. für X/Twitter vor, statt der Beschäftigung mit der Aussage und der daraus folgenden Amplifizierung derselben z.B. einen klugen Text, der ein gegenteiliges Narrativ bedient, zu teilen. Eine Art „Voldemortisierung“, wie sie es nennt, also nur über Umwege darüber zu sprechen, um es nicht zu verstärken.
Was haltet ihr davon?
Und kann eine Zeitung sowas machen? Ich persönlich sehe z.B. in diesem Fall keinen Grund, warum die FAZ ein solches Zitat aus einer Welt-Sendung besprechen muss.
Es ist eben etwas anderes, ob irgendwer auf Ex-Twitter etwas sagt – eine Plattform, die aber mittlerweile sowieso deinen „klugen Text“ algorithmisch in die Bedeutungslosigkeit abwerten wird – oder der Vorsitzende der größten Oppositionspartei im Land.
Worauf willst du hinaus? Dass auch seriöse Medien jede abseitige Äußerung Merz’ aufgreifen sollen, wenn es deutlich mit dem Verweis versehen ist, dass es (gefährlicher) Unsinn ist?
Eine Lüge zu unterstellen, würde in dem Fall mMn schon zu weit gehen, weil man schwer beweisen kann, dass es nicht nur reine Unwissenheit war(, auch wenn ich persölich glaube, dass er in diesem Fall genau wusste, was er tut).
Daher gehört es in einer Demokratie schon zu den absoluten Essentials, dass die Medien ihm besonders viel Scheinwerferlicht geben, ebenso wie es sich für teilweise staatsnahe Medien wie die ÖR verbietet, hier einen Filter vorzuschalten.
Ich verstehe, dass das absolut unbefriedigend ist, aber der Preis der Demokratie ist es wohl auch, dass wenn die Opposition einen Populisten zu ihrem Anführer wählt, dieser seinen populistischen Unsinn verzapfen darf und die Medien darüber berichten müssen.
Ich sehe es wie du: man sollte die Leistungen für Flüchtlinge nicht kürzen, sondern beispielsweise die Härtefallregelung/Sozialleistungen ausweiten.
Und ja, Merz’ Aussage ist absolut rechtspopulistisch.
Ich wollte mit meinem Kommentar dafür sensibilisieren, dass die derzeitigen Regelungen definitiv Sozialneid hervorrufen. Die Angst vor sozialem Abstieg trotz Arbeit (v.a. im Niedriglohnsektor) muss als solche erkannt und bekämpft werden.
Fremdenhass und Radikalisierung sind nur das Resultat, wenn diese Menschen allein gelassen & nicht ernst genommen werden, was wiederum Politiker*innen wie Merz in die Karten spielt.