Frankreich ist weniger frei als Deutschland

Bei allen Freiheitsindizes wird Frankreich deutlich hinter Deutschland geführt.
Hier zum Beispiel der Freedom in the World 2021 Katalog:

Deutschland kriegt auch nur einen Score von 93/100 - Platz 20.
Frankreich liegt bei 90 - sogar noch hinter Spanien!

Ich möchte damit nicht sagen, dass Frankreich und Deutschland unfreie Staaten sind. Sie sind immer unter den Top30. Aber zu den freiesten Staaten kann man beide - und erst recht nicht Frankreich- zählen. Das liegt nicht am Tempolimit oder nicht - aber es klang so in der Lage als ob beide Staaten extrem frei wären. Da widerspreche ich und vermutlich alle die aus Gründen des Wunsches zu mehr Freiheit bestimmte Parteien wählen - wie z.B. die Ciudadanos in Spanien oder Parti Radikal in Frankreich.

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Also eine solche Liste macht keinen Sinn.

Schlicht weil nicht dabei steht was, wie und warum bewertet wird.

Ich kann zumindest schonmal sagen, dass Tempolimit jedenfalls nicht dabei bewertet wird, denn Schweden hat 100/100 und durchgängig Tempolimit.

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Das stimmt zwar nicht ganz. Ganz am Ende des Artikels gibt es einen Link zur Methodologie:

https://freedomhouse.org/reports/freedom-world/freedom-world-research-methodology

Aber die ist trotzdem von fragwürdiger Objektivität. Ich meine nicht, dass schlechte Kriterien ausgewählt werden, aber dass man einfach keine objektive eindimensionale „Freiheitsskala“ aufstellen kann, schon weil es verschiedene Freiheitsbegriffe gibt, die sich teilweise gegenseitig widersprechen.

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die verlinkte Freheitsskala ist ja nicht die einzige. Es gibt zig Freiheitsindize - und die kommen alle auf ähnliche Ergebnisse trotz unterschiedlicher Methodologie.

Deutschland ist nicht unter den freiesten Ländern der Welt, wenn man es nach objektiven Kriterien untersucht - und Frankreich ist noch schlechter. Jammern auf hohem Niveau - aber das Jammern ist nichtsdestotrotz angemessen.
Gut, dass es Parteien und Gesellschaften gibt, die für mehr Freiheit kämpfen.

@lib Das ist ein spannender Index! Vielen Dank für das Aufstöbern. Hier kann man die detaillierte Auswertung für Deutschland (94/100 Punkte) lesen und nachvollziehen, wo die sechs Punkte von 100 abhanden gekommen sind:

  • Frage B4 (Migrant*innen im Bundestag unterrepräsentiert; Einbürgerungsrate gering),
  • Frage D2 (Kopftuchverbot und verbreiteter Antisemitismus schränken Religionsfreiheit ein),
  • Frage D4 (Überwachung von Messengern, Voratsdatenspeicherung),
  • Frage F4 (Gefahr durch rechtsextreme Gewalt, z.B. wird Walther Lübcke erwähnt),
  • Frage F4 (Umgang mit Migrant*innen, Abschiebungen, Gender Pay gap, Diskrimierung von LGBT+ - Menschen durch Ausschluss als Blutspender),
  • Frage G4 (Menschenhandel, Zwangsarbeit und Ausbeutung durch Sexarbeit existieren und betreffen insbesondere Menschen aus Osteuropa, Asien und Afrika).

Nun kann man sich die Frage stellen, welchen Parteien man am ehesten zutraut, diese Dinge anzugehen.

Die detaillierte Auswertung für Frankreich von 2022 (90/100 Punkte) ist noch nicht online, aber hier findet man sie für 2021. Wer mag, kann das gerne vergleichen, aber auf den ersten Blick scheinen zu den in Deutschland monierten Punkten in Frankreich noch Polizeigewalt, ein Justizskandal auf Regierungsebene, strukturelle Diskriminierung wegen der Hautfarbe, Erfolge rechtsextremer Parteien und Einschränkungen der Versammlungsfreiheit anlässlich Covid zu Punktabzügen im Freiheitsindex zu führen.

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Da hoffe ich, dass Norwegen die Menschenrechte angesprochen hat, als Habeck dort wegen Erdgas-Geschäften angefragt hat :blush:

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Die genannte Mängelliste empfinde ich als so gravierend, dass ich auch Deutschland nicht als besonders frei sehe - so wie die Indizes auch.
Ich wollte hier auch gar keine Diskussion darüber beginnen welche Parteien denn Deutschland „freier“ machen könnte.
Interessant finde ich, dass der Mord durch russische Agenten im Berliner Tierpark nicht in die Wertung eingeht. Aber gut - auch in Frankreich gab es 2013 und 2016 Morde in Paris und Normandy.

Ich hatte mich nur an der Formulierung gestört, die nahelegt, dass Deutschland und Frankreich extrem freie Gesellschaften hätten - und das ist anhand dieser (relativ objektiven) Kriterien nicht der Fall. Zumindest finde ich das „nicht unter den Top 15 Staaten“ ein Armutszeugnis für die Freiheit Deutschlands und Frankreichs ist.
Im übrigen - und da wäre ich auf Input gespannt - ist mir aufgefallen, dass der Freiheitsindex relativ gut mit dem BIP pro Kopf korreliert. Vielleicht ist eine starke Wirtschaft ein Weg zu mehr Freiheit. Oder erwächst eine starke Wirtschaft aus mehr Freiheit?

93/100 Punkten heißt also für Sie „nicht besonders frei“?

Als Unternehmer hat so eine Sicht natürlich Vorteile. Denn wenn man Deutschland und Frankreich schon als nicht besonders frei einschätzt, dann sind Handel und Produktion in bzw. mit Diktaturen auch nicht so problematisch.

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Ob ein Produkt am Ende moralisch hergestellt ist oder nicht sollte der Käufer entscheiden.
Ich empfände es jedenfalls als problematisch wenn beispielsweise der deutsche Staat anweist dass alle aus Russland stammenden Aluminiumteile für die Karosserieproduktion der Teslas aus Grünheide zurück zu Putin gesendet werden müssen, nur weil diese aus einem diktatorischen Staat kommen.
Es steht Ihnen aber als potenzieller Kunde frei die Teslas made in Germany aus demselben Grunde zu boykottieren.

Zur Zeit wäre es gut wenn so wenig wie möglich mit Russland gehandelt würde, weniger weil es eine Diktatur ist, sondern weil es einen brutalen Angriffskrieg in der Ukraine führt.

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Sorry, mit dem Argument könnte man auch Sklaven wieder erlauben, der Käufer muss ja keine Sklavenprodukte kaufen. Also für mich ist das Argument absolut haltlos.

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Streng genommen zwingt dich die quasi-steuergleiche GEZ die WM mitzufinanzieren, die meines Erachtens nach auch unter Einsatz von Sklavenarbeit zustande gebracht wird.
Die Frage ist doch, wieviel Eigenverantwortung wir von Unternehmen und Kunden für ESG-Verantwortung staatlich verpflichtend machen wollen. Ich würde sagen nichts auf Seiten der Unternehmen aber Transparenzpflichten, so dass Kunden selbständig entscheiden können.

Dieses Argument sticht leider gar nicht, weil Du als Verbraucher ja gar nicht in der Lage bist, dir die nötigen Informationen für eine abgewogene Entscheidung zu besorgen.

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Da ist es wieder, das Narrativ der Einzelverantwortung, mit dem Unternehmen sehr erfolgreich ihre Verantwortung auslagern und sich selber vor der selbigen drücken. In platt ausgedrückt: „Die anderen sind schuld“. Dabei wird nur sehr gerne verdrängt, dass Verbrauchende oft gar keine Auswahl mehr haben und die Frage einer Auswahlentscheidung nicht mehr möglich ist.

Genau das ist eine Entscheidung, die auf Basis unserer demokratischen Strukturen frei getroffen werden kann. Genau so wie auch viele andere Vorgaben die die unternehmerische Freiheit eingreifen und diese reglementieren. Das mag zwar stören, aber ist nichts was dazu führt, dass die Gesellschaft weniger frei ist. Ihre Argumentation führt letztlich dazu, dass einige Gesellschaften auf Kosten anderer freier sein können. Genau das sollte aber auch berücksichtigt werden, damit es gar nicht erst dazu kommt.

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und deshalb wäre ich durch Transparenzpflichten dafür den Verbraucher zu informieren - aber nicht zu bevormunden durch staatliche Stellen.
Im übrigen empfinde ich es schon als sehr transparent- auf jedem Teil was man so üblicherweise in der Hand hält steht doch „made in XY“ drauf - bis auf wenige Ausnahmen. Auch auf den Aluminiumkarossen für Tesla, die mussten nämlich auch durch den Zoll.

Während ich ausdrücklich nicht sagen will, dass wir an genannten Punkten nicht arbeiten sollten und müssten, finde ich es trotzdem weltfremd, Deutschland deshalb als nicht-freies Land zu bezeichnen. Das empfinde ich als meckern auf ziemlich hohem Niveau.
So als würde man ein Haus mit Garten als „armseligen Grundbesitz“ bezeichnen, weil man keinen Platz für ein eigenes Gemüsebeet hat.

Ich finde die in der Lage getätigte Aussage über Freiheit in Deutschland im internationalen Vergleich demnach völlig gerechtfertigt.

Übrigens:
In Schweden (Freiheit 100/100 nach o.g. Index) herrscht starke Regulation des Alkoholkonsums. Was würden große Teile der deutschen Bevölkerung wohl zu ihrer Freiheit sagen, wenn wir (medizinisch völlig berechtigt) solche Regeln auch in Deutschland einführen würden?
Meine Prognose: Wir hätten sofort aufgeregte Bier- und Weinliebhaber auf den Straßen, die gegen die Genussdiktatur revoltieren.

Soll heißen: Freiheitsempfinden ist auch subjektiv. Solche Freiheits-Indizes hinken also immer automatisch.

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Du meinst so Dinge wie das Lieferkettengesetz :joy:

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Dass mehr Eingriff in die Freiheit nicht zu weniger Freiheit führen soll erscheint mir dann doch unlogisch.

genau - hohes Niveau aber bei weitem nicht Weltspitze. In der Lage kam es rüber als ob es wenige Länder (wenn überhaupt) gäbe, die freier sind als Deutschland und Frankreich - und das ist nicht nur anhand dieser Indize nicht belegbar sondern auch anhand des hohen Wählerwunsches nach „mehr Freiheit“.
Diesen Menschen zu sagen „ihr braucht nicht mehr Freiheit, ihr seid schon frei“ halte ich für eine unnötigen Arroganz, die den Wähler in seinen Wünschen und Sorgen nicht ernst nimmt.
Man kann ja anderer Meinung sein - aber wenn viele Menschen ihre Freiheit bedroht sehen sollte man da nicht drüber hinweggehen sondern lieber die Gründe analysieren.

Schweden hat keine Regulation des Alkoholkonsums sondern eine Regulation von Ort und Zeit des Alkoholverkaufs. Wer will kann sich in Schweden genauso ins Delirium saufen wie in Deutschland.
Es ist also eher vergleichbar mit der Regulation von Tabakverkauf.

Ah, der leise PR Agent versucht wieder negative Stimmung zu machen, für Leute wie den Lib hab ich schon vor längerem noch mehr Zahlen rausgesucht damit ich nicht immer wieder alles von vorn schreiben muss u.a. der link.
Auch die Steuereinnahmen 2021 habe ich auf der Seite des Bundesfinanzministeriums geprüft… die Steuereinnahmen sind schon wieder höher als 2019 also hat der Neoliberalismus mal wieder gesiegt:

Ich persönlich, kann nicht nachvollziehen wieso einige hier ständig das Jammer Märchen, uns geht es so schlecht auspacken…

ja es könnte uns auch irgendwann schlecht gehen, aber momentan ist das nicht in den Zahlen zu finden…

https://herzausfels.de/2022/01/27/geht-es-uns-in-de-wirklich-schlecht/

Wir lassen also weiter irgendwo auf der Welt ausbeuten, nur um es den Trugschluss von unserer Freiheit aufrechtzuerhalten? Sorry, aber gewisse Eingriffe sind nun mal notwendig und Beschneiden sogar nicht mal die Freiheit. Ich könnte weiter ein Auto kaufen, um bei ihrem Beispiel zu bleiben, nur eben eines was sauber produziert wurde.

Zu der Transparenzidee: Hat nicht gerade die Partei, die sich so für die vermeintliche Freiheit ausspricht ein Problem damit, dass es durch staatliche Vorgaben passieren soll? Anders klappt es aber offensichtlich nicht. Und wieso dann nicht gleich manche wirklich nicht gewillten Dinge verbieten? Dann hat man auch weniger Bürokratie, die ja quasi genau so schlimm ist wie Verbote.