Föderalismus neu konzipieren?

Hallo zusammen. Ich frage mich wo der Föderalismus seine Grenzen hat. Ja, die Grundidee ist gut. Nun haben wir nicht zuletzt bei den Themen Corona oder auch Bildung immer wieder aufs Neues feststellen müssen, dass der Föderalismus entweder Komplexität mit sich bringt oder Ergebnisse erzielt, welche fragwürdig sind, gerade bei der Bildung. Jetzt lese ich, dass das Saarland vor der Pleite steht. Ich glaube, dass Saarland kann man sich „sparen“. Genau wie Hamburg und Bremen ggf. auch Berlin. Heißt weniger Minister, weniger Dienstwagen, weniger Stäbe, weniger Wahlen etc. Ich halte das für zeitgemäß. Föderalismus muss meines Erachtens neu aufgestellt werden. Was denkt Ihr? LG Marco

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Zentralismus ist nicht automatisch effizienter/besser, nur weil der Föderalismus Probleme hat. Ich sehe um ehrlich zu sein nicht, dass, um bei deinem Beispiel zu bleiben, aus einem zentraleren Schulsystem automatisch ein besseres folgt. Wieso sollte auf Bundesebene da mehr bzw besser gehandelt werden als auf Ebene der verschiedenen Länder?
Außerdem ist der Föderalismus ja auch ein Abwehrmechanismus gegen einen übermäßig durchregierenden Zentralstaat. Es ist also bis zu einem gewissen Grad Absicht, dass er komplexere Prozesse erzeugt.

Man könnte theoretisch Bundesländer zusammenlegen/neu aufteilen, aber dafür wäre ein Volksentscheid notwendig.

Eine Zusammenlegung ist für mich mehr als sinnvoll, insbesonders bei den „Zwergenstaaten“. Und ja, Zentralismus auf Zwang kann nicht das Ziel sein. Aber ein Chaos wie bei Corona, möchte ich nicht noch mal erleben. Ich bin beruflich in ganz Deustchland unterwegs und bei jeder innerdeutschen Grenzüberschreitung, galten andere Regeln. Und es kann ja nicht sein, dass Peter aus München besser Chancen auf einen Studienplatz hat, als Paul aus Bochum, bei gleicher Abi-Note.

Gerade in der Bildung kann man sich ja auf gemeinsame Standards und auch zentrale Abschlussprüfungen einigen, die eine bessere Vergleichbarkeit gewährleisten. Das ist nichts was man im Föderalismus nicht hinbekommen könnte, man muss es nur wollen.

Der Föderalismus hat ganz eindeutig seine Stärken. Insbesondere im Umgang mit Krisen, dieser Umgang muss nur abgestimmt erfolgen und daran scheitert es ja meistens.

Die Zusammenlegung von Bundesländern war schon immer ein Thema, genauso wie auch regional immer wieder diskutiert wird Kommunen neu zu ordnen. Daraus können sich natürlich Synergien ergeben, allerdings kriegt man historisch gewachsene Strukturen nicht so schnell aus den Menschen raus.

„Komplexer“ ist ein Euphemismus dafür das sehr vieles kaum funktioniert? Es würde alles viel besser laufen wenn die Bundesländer Handlungsspielraum hätten, aber für selbst sowas wie Tempo30 in Berlin muss man warten auf einem Gesetz auf Bundesebene (i.e. Sankt Nimmerlein)… :person_facepalming:

Ich denke auch nicht, dass es eine Mehrheit dafür gibt, um Deutschland so zu organisieren wie Frankreich. Die Bundesländer sind so unterschiedlich, dass selbst von ‚Deutschland‘ zu reden oft ein Stretch ist.

Wie schon geschrieben wurde, sollten auch meiner Meinung nach einige Befugnisse des Bundes und der Länder jeweils nochmal geprüft werden, ob es wirklich sinnvoll ist, wie es aktuell gestaltet ist - Beispiel: Bildung.

Wenn man dieses Thema allerdings aufspannt, sollte man die Neugliederung (zu der es im GG ja einige Male Änderungen gab, die auch sehr interessant sind) so gestalten, dass der Förderalismus gestärkt wird. Hierzu sind mir ein paar Punkte eingefallen:

  1. Jedes Bundesland sollte ungefähr die gleiche Einwohnerschaft haben, da ansonsten ein Bremer 27mal mehr Stimmgewicht im Bundesrat besitzt als ein Nordrhein-Westphale. Hier entsteht und Ungerechtigkeitsgefühl, was behoben werden sollte.
  2. In jedem Bundesland sollte eine ähnliche wirtschaftliche Zentralregion liegen, da ansonsten durch die Eroberungen Bayerns von Franken in geraumer Vorzeit ein Bundesland wie Bayern gleich zwei Wirtschaftszentren besitzt und es zu einem stellenweise sehr arroganten Verhalten gepaart mit Überheblichkeit durch finanzielle Ausgleiche der Bundesländer kommt. Diese Rankingvergleiche unter den Bundesländern, die sich auf Zahlen stützen, die man nicht adäquat in reinen absoluten Zahlen vergleichen kann, sind auch eher gesellschaftlichen spaltend und schwächen somit den gesamten Staat.

Wenn man alleine schon diese beiden Punkte kombiniert und dann noch die sprachlichen und kulturellen Eigenheiten von Regionen betrachtet, kommt man ziemlich genau auf 9 Bundesländer, die diese Kriterien gut erfüllen würden. (circa 5,3 Millionen Einwohner bis 10,2 Millionen Einwohner) Sicherlich kann man das noch genauer ausgestalten und nochmals besser ausgleichen usw., aber wenn dort ein Wille wäre, könnte man den Förderalismus schon alleine durch eine Neugliederung stärken.

Das danach der Aufbau des Bundesrates auf dem Prüfstand gehört, ist für mich eine logische Konsequenz, denn aktuell haben nicht wenige das Gefühl, dass durch den Bundesrat eine CDU/CSU+SPD+Grüne+FDP-Koalition über Konsent reagiert.

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Sollen die Länder jetzt mehr oder weniger Spielraum haben? Also ich bezog mich auf den Ursprungspost, der den Föderalismus gegen einen zentraleren Ansatz tauschen will und du sagst jetzt, der Bund habe zu viel* Einfluss?! Das geht nicht ganz auf. Die Ursache für einen eventuellen mangelnden Handlungsspielraum einzelner Bundesländer kann rein logisch nicht zu viel Föderalismus sein, sondern wenn überhaupt, zu wenig. Ich verstehe daher nicht so ganz, was du an meinem Beitrag konkret kritisieren willst.