Rein aus Neugier, welche Punkte würdest Du denn aus dem Baurecht streichen?
Ich vergleiche mal konkret die Wohnung, in der ich aufgewachsen bin (BJ1967, Großwohnsiedlung am Stadtrand von Nürnberg) mit derjenigen die wir 2018 als Neubau gekauft haben (BJ2019, Zentrum einer Mittelstadt mit 75k Einwohnern).
Im Vergleich zu der '67er Wohnung haben wir folgendes „mehr“ bekommen:
- Generell mehr Fläche, damit die Wohnung samt Fluren barrierefrei ist.
- Einen Aufzug bei nur zwei Stockwerken.
- Wärmedämmung
- Blower Door Test
- Lüftungsanlage
- (Größere und Bodentiefe Fenster, das ist vermutlich nicht vorgeschrieben?)
- Bodentiefe (barrierefreie) Dusche
- Ebenerdiger (barrierefreier) Übergang zum Balkon
Die Liste ist bestimmt nicht vollständig aber mal an der kurzen Liste orientiert, worauf würde ich denn verzichten?
- Mit engeren Fluren und einem kleineren Badezimmer könnte ich leben
- Aufzug für die Einkäufe und den Kinderwagen hätte ich schon ganz gerne
- Wärmedämmung, muss im Winter sein, auch wenn es dann im Sommer für’n Arsch ist
- Blower Door Test, muss auch sein, sonst „geben sich die Bauarbeiter beim Bau keine Mühe“
- Lüftungsanlage, muss auch sein, für die neuen Sommer besser Klimanalage
- Größere Fensterfläche? Könnte ich verzichten, aber die kommen vermutlich sowieso nicht aus dem Baurecht
- Bodentiefe (barrierefreie) Dusche? Muss nicht sein
- Ebenerdiger (barrierefreier) Übergang zum Balkon? Muss nicht sein
In meiner Liste sind jetzt hauptsächlich Punkte aus der Barrierefreiheit drin. Auch wenn barrierefreies Bauen den Wohnraum teurer macht, so denke ich sollten wir dennoch nicht darauf verzichten, bis mal ca. 1/3 des Bestandes barrierefrei ist.
In Zukunft wird das Baurecht noch schärfer werden. Eine Wärmepumpe kostet im Vergleich zur Gastherme das fünffache (€ 6.000 zu € 30.000) und Solarkollektoren (€ 15.000) werden auch noch dazu kommen.
Aber auf den Quadratmeter umgerechnet wären das bei einem EFH mit 150qm auch „nur“ € 260,-/qm mehr. Das Wohnen wird also nicht durch Baukosten teuer, sondern durch Bodenpreis, Spekulation und Handwerkermangel.
Zur Veranschaulichung:
Wir haben damals ca. € 3.500 pro Quadratmeter bezahlt und schon damals habe ich den Preis für Spekulationsgetrieben gehalten. Zum Vergleich: 2018 konnte man in Stuttgart in guter Lage (20 Gehminuten von der U-Bahn, Stadtrand) für € 6.500 pro Quadratmeter kaufen.
Mein Bekannter, der Geschäftsführer unserer Immobilienverwaltung, hat mir gezwitschert, dass in einem geplanten Neubaugebiet für 2025 (da steht jetzt noch ein Forst) in unserer Mittelstadt mit einem Verkaufspreis von € 6.000 pro Quadratmeter gerechnet wird. Das wäre ein Anstieg um 70% in 7 Jahren. Der kommt meiner Ansicht nach nicht aus dem Baurecht.