Ich habe gerade dieses Video geschaut, ab 20:24 kommt ein Punkt den ich ziemlich interessant finde, der auch für mich ein wenig klar macht, warum man in Osteuropa relativ einfach Stimmung gegen die EU machen kann.
Er behauptet dort, dass die wirtschaftlichen Gewinne der europäischen Integration zu einem sehr großen Teil nach Westeuropa (auch und vor allem Deutschland) abfließen und diese Abfluss sogar größer ist als die Subventionen die sie aus dem EU Topf bekommen.
Ungarn 7,2% des BIP als Dividendenabfluss und nur 4% als Subvention.
Tschechen 7,6% Dividende und nur 1,9% aus dem EU Topf.
Damit würden diese Staaten quasi zu den Hauptfinanzierern aufsteigen.
Nun macht der Ersteller und auch das Netzwerk dahinter (Visual Politik) nicht den Eindruck zur Rechtsaußen Bubbles zu gehören.
Vielleicht sollte die Lage auch mal solche Missverhältnisse aufnehmen um somit mehr Verständnis für die Positionen der Staaten zu erzeugen und so die Diskussion über Lösungen anzustoßen.
Hier werden zwei Dinge vermischt: Transferzahlungen der öffentlichen Haushalte zwischen den Staaten und private Kapitalströme. Das gegeneinander zu rechnen, macht sachlich keinen Sinn.
Konkret: Die Dividendenzahlungen ins Ausland sind das Ergebnis von Investitionen aus dem Ausland. Irgendwann hat jemand aus Deutschland, Frankreich, den USA, etc. mal Geld in Ungarn, Tschechien, etc. investiert und hat deswegen nun Eigentum, dessen Rendite der Ausländer einstreicht. Wen man nun fragt, was diese Länder im Gegenzug für das Abführen von Gewinnen ins Ausland bekommen, dann muss man nicht auf die Transferzahlungen aus dem EU-Ausland schauen, sondern auf den Wert der Investitionen aus dem Ausland.
Meine Mutter ist Polin und ich habe die Entwicklung Polens seit den 80ern von innen miterlebt.
Die Situation ist mittlerweile schon sehr gut, man fühlt sich stolz und groß, aber das Tal der Tränen war tief und lang. Anfang der 2010er Jahre war der Frust über den EU Beitritt schon gewaltig.
Sehr viele, mit Ausnahme des Bausektors und der Agrartechnologie eigentlich alle polnischen Firmen, sind mit dem Fall des Eisernen Vorhangs pleite gegangen und die Konkursmasse wurde von westlichen Investoren aufgekauft und saniert oder verramscht.
Mit dem EU Beitritt kam noch der Braindrain nach Großbritannien dazu, im Peak hatten 1,5 Millionen Polen (von 40M) ihr Land verlassen.
Es gibt praktisch keine polnische Kosmetik mehr, keine Zahnpasta, kein Deo, keine polnische Unterhaltungselektronik, etc. Auch der Handel wird von von westlichen Ketten wie Media-Markt, IKEA oder Auchan dominiert.
Aber die Zeiten haben sich geändert. Seit gefühlt 10 Jahren ist Polen im Aufschwung. Industrieexporte steigen und die Menschen spüren es an den Gehältern und dem Arbeitskräftemangel.
Vielleicht ist es ein bisschen größenwahnsinnig, aber die Polen fühlen sich tatsächlich wie die Hengste der EU
