Femizide/Gewalt gegen Frauen LdN 361

Auch das dürfte stimmen. Aber das würde den Effekt doch sogar noch verstärken. Würden sich diese Frauen auch noch trennen, dann hätten wir ja noch höheren Anteil an Taten mit ausgeprägter Abhängigkeit.

Meine Aussage zum Thema Augenhöhe und Abhängigkeit ist übrigens nicht ein Gefühl meinerseits, sondern ein Sinngemäßes Zitat aus einem Interview mit einer Expertin welches ich vor längerer Zeit mal gehört habe.
Aber wenn man hört, dass 60% der Täter bereits polizeilich auffällig waren, dann ist doch vor allem in Anbetracht, dass Gewalt in Beziehungen nicht immer angezeigt wird davon auszugehen, dass hier sehr wohl ein signifikant höheres Risiko in bestimmten Beziehungen liegt als in anderen Beziehungen.

So wurde z.B. mal berichtet, dass eine Frau die den Partner bereits bei ersten Gewalttätigkeiten verlässt ein sehr viel geringeres Risiko habe bei der anschließenden Trennung als eine die Gewalt lange hinnimmt und sich erst spät trennt.
Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber alles was ich bisher lese und höre zeigt doch, dass das individuelle Risiko sehr wohl extrem unterschiedlich ist. Ein Punkt der bei der Verhinderung solcher Taten ja durchaus relevant sein dürfte.

Ich meine die Zahlen, wie viele Femizide geschehen und wie viel Gewalt es gibt.

Die stelle ich doch nicht in Frage. Ich stelle in Frage, dass es eine Mehrheit gibt die noch denkt der Mann hätte das Recht über seine Frau zu bestimmen. Hier sehe ich eher bestimmte Strömungen die so denken. Zahlenmäßig klein, aber natürlich groß genug um Potential für Taten zu bieten.

Was ich hier nicht tue ist das Problem in Frage zu stellen. Egal ob 10, 100 oder wie zuletzt 150 Morde im Jahr, jeder ist einer zu viel. Und schuld an den Taten ist nicht die Frau sondern natürlich der Mann. Und ja, auch wie Männer sozialisiert werden begünstigt das noch immer. Hier gibt es weiterhin Handlungsbedarf.
Eine offensichtliche Einstellung der Mehrheit (selbst der Mehrheit unter Männern) der Mann dürfe über Frauen bestimmen sehe ich aber eben nicht. Es sind wohl subtilere Teile der Erziehung die dazu führen, dass einzelne daraus dieses Denken ableiten. Das macht ein Umdenken sogar eher schwerer.

Bei 0,05% Tötungen, ich nehme die Zahl jetzt mal als gegeben hin, braucht es doch gar keine Mehrheit. Wenn jeder 1000. Macho seine Frau irgendwann tötet, sind wir bei der Hälfte der in einer Beziehung lebenden Männer. Wobei ich „jeder 1000.“ schon eine krasse Vorstellung finde.

Die Zahl die ich genannt habe ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau in einem Jahr vom Partner getötet wird.

Bei 20 Mio Paare gibt es auch 20 Mio Frauen

Ich glaub 50 ist zu optimistisch, ich rate mal der Durchschnitt ist niedriger, hab aber keine Zahlen.

Aber unabhängig davon glaub ich, dass deine Statistik besser ist, als zu sagen alle 3 Tage wird eine Frau von ihrem Partner ermordet.

Ein Problem, was ich sehe, es wird immer einen gewissen Anteil an Leuten mit starken psychischen Problemen geben. Dann wird es vermutlich Täter geben, die nicht aus irgendwelchen Vorstellungen von Rollenbildern handeln, sondern aus Eifersucht oder Verzweiflung. Das heißt, dann bekommt die Frage, wie viele Taten wären nicht passiert, wenn der Täter kein Sexist gewesen wäre? Das ist vermutlich eine sehr schwer zu beantwortende Frage.

Genau hier hat mir allerdings im Podcast etwas gefehlt. So wie die Zahlen präsentiert wurden, haben sie zumindest nach meiner subjektiven Wahrnehmung nämlich nicht für sich gesprochen. Konkret:
Weder die Nennung der absoluten Zahlen (100 Tötungen in Deutschland pro Jahr) noch die Aussage, dass das einem Femizid alle 3 Tage entspricht sind so ohne weiteres greifbar. Ein grob ähnliches Problem habe ich hier [1] mal beschrieben. Damit ich damit etwas anfangen kann, muss ich die Zahl sinnvoll ins Verhältnis setzen. Z.B. zur Bevölkerung oder zu anderen Ländern, anderen Gewalttaten o.ä. Aus meiner Sicht sehr gelungen wird das z.B. im entsprechenden Wikipedia Artikel gemacht [2]. Gerade der europäische Vergleich zeigt deutlich wie (schlecht) Deutschland hier dasteht.

[1]

[2]

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Äh ja klar, Brainfart. Ist korrigiert.

Eifersucht hat schon mit Rollenbildern zu tun, würde ich mal behaupten. Man kann nicht eifersüchtig sein, wenn man nicht das Gefühl hat, dass einem etwas gehört/zusteht. Und dass die Täter der Meinung sind, die angemessene Reaktion auf Eifersucht/Verzweiflung sei Gewalt, hat definitiv etwas mit Rollenbildern zu tun.

Dem würde ich widersprechen. Eine Frau die Eifersüchtig ist, wenn ihr Mann mit einer anderen Frau redet hat ja wohl nicht automatisch das Rollenbild, dass Frauen besser sind als Männer und die Männer deswegen alle das Eigentum ihrer Frauen sind. Stattdessen ist Eifersucht ein natürliches Gefühl. Natürlich gibt das Niemanden das Recht, jemand anderen deswegen umzubringen.

Ich finde aber das ist eine vollkommene Verkennenung wie Gefühle funktionieren zu sagen Eifersucht basiert auf falschen Rollenbildern. Da wird „Backwards from the conclusion“ gearbeitet: Männer tragen alle ein sexistisches Gedankengut in sich und deshalb ist per Definition alles was Männer machen sexistisch. Das ist weder richtig, noch ist es sinnvoll, um das eigentliche Problem zu bekämpfen.

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Ich habe nie behauptet, dass Eifersucht ohne diese Rollenbilder nicht existieren würde. Dennoch kann unsere Vortellung z. B. von monogamen Beziehungen als Ideal durchaus dazu führen, dass Gefühle von Eifersucht sich stärker ausprägen.

Ich bitte darum, keine Strohmänner meiner Aussagen aufzubauen.

Ich finde das Thema nicht sooooo einfach wie es auf den ersten Blick wirkt… Natürlich haben wir als Gesellschaft ein Problem mit Gleichstellung.
Aber um das zu bekämpfen muss man eben beide Seiten anfassen. Es wurde ja beispielsweise beschrieben, dass Femizide oft nach Trennungen stattfinden.
Die andere Seite ist aber eben, dass die Rechtssprechung hier im Gegensatz zu anderen EU-Ländern noch um Jahrzehnte zurück ist. Bin selber gerade Single-Dad in Trennung und sehe da bei anderen Männern, was da für Schicksale hinter stehen, die einigen Leben komplett ruinieren. Daher glaube ich nicht, dass das unbedingt damit zusammenhängen muss, dass man Frauen irgendwie beherrschen will. Es ist einfach eine extreme Form von Kontrollverlust. Ja, Männer werden da oft gewalttätig (und das ist durch nichts zu entschuldigen), aber die Selbstmordrate bei Männern vervierfacht sich auch nach einer Trennung
Es gibt noch zu viele Anreize die dafür sprechen, dass die Frau bei einer Trennung die Kids behält und nicht, oder nur weniger arbeitet und umgekehrt.

Wir müssen die Frauenrechte stärken. Aber teilweise macht man das auch dadurch, dass man Anreize für Männer erhöht Carearbeit zu übernehmen.

Ich wäre liebend gerne „Hausmann“ - leider ist das in dieser Gesellschaft fast unmöglich.

lg

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Wenn ich das was ich bisher gehört und gelesen habe richtig verstehe sind diese Fälle aber ohnehin nur für einen verschwindend geringen Teil an Femiziden verantwortlich.

Daher ist das sicherlich ein wichtiges Thema, welches aber entkoppelt von einer Diskussion über Femizide diskutiert werden muss.

Ein eng verwobenes Thema dagegen wäre Gewalt in Beziehungen. Wie verhindert man diese (damit womöglich auch spätere Femizide) wie kann diese als Indikator für erhöhte Gefahr Grundlage für präventive Maßnahmen sein, etc.

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Nicht schwer zu finden. Auch für alle anderen offiziellen Zahlen.

Die 17 - eingetragene Lebenspartnerschaften.

Nichts für ungut, aber das Wort „gleichgeschlechtlich“ kommt in dieser Quelle nicht einmal vor…

Laut Wikipedia gibt es keine repräsentativen Studien zum dem Thema in Deutschland.

Es gibt ja einen Unterschied zwischen dem Ideal monogamer Beziehungen und dem Rollenbild, dass Männer etwas besseres seien. Es kann ja auch monogame Beziehungen geben, bei denen sich beide Partner als komplett ebenbürtig ansehen und trotzdem eifersüchtig sind. Also das Ideal einer monogamen Beziehung ist erst mal unabhängig von Rollenbildern.

Letztlich denke ich führen immer eine Reihe von Faktoren dazu, dass jemand einen Mord begeht und eigentlich nie nur ein einzelner Faktor. Und klar kann die Kombination aus falschen Rollenbildern und Eifersucht sehr giftig sein. Was ich vorher nur sagen wollte, ist, dass Eifersucht auch in Kombination mit anderen Faktoren dazu führen kann, dass jemand einen Mord begeht.

Und wenn wir die Anzahl an Morden in Partnerschaften reduzieren wollen, sollten wir halt auch versuchen genau zu analysieren, woher diese stammen und nicht einfach nur sagen, das liegt alles an falschen Rollenbildern.

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Dann bitte ich um eine Erläuterung des von @riodoro zitierten Abschnittes:

Offenbar habe ich ihn komplett falsch verstanden. Für mich klingt das nach „Das Rollenbild, dass mir etwas (hier: die Partnerin oder zumindest ihre Aufmerksamkeit) gehört/zusteht, ist eine Voraussetzung für Eifersucht“.

Ich glaube, wir haben hier ein begriffliches Missverständnis. Für dich scheint „Rollenbild“ vor allem damit assoziiert zu sein, dass Männer aufgewertet werden. Ich verstehe unter Rollenbild allgemein die Erwartungen, die in der Gesellschaft an Männer/Frauen gestellt werden, und dann fällt die Rolle des:der Ehepartner:in in diese Kategorie.

Nein, es wird in jeglicher zwischenmenschlicher Beziehung wohl gewisse Erwartungshaltungen geben, aber im Unterschied, wie eine Gesellschaft diese betrachtet (und zum Beispiel die Ehe sagt aktiv: Ja, diese Erwartungshaltung ist gerechtfertigt und natürlich), entscheidet sich, ob Eifersuchtsgefühle dadurch befeuert oder ihnen entgegengewirkt wird.

Eifersucht kann es auch dann geben, wenn man wenig Selbstbewusstsein hat oder den Partner überhöht und ständig Angst hat, nicht genug zu sein. Im Grunde ist auch das ein Besitzdenken, denn darauf aufbauen besteht eine Furcht, dass der Partner einem jederzeit weggenommen werden könnte. Auch das kann zu Gewalt in der Beziehung führen, wenn man den Partner von allen potenziellen Verlockungen versucht fernzuhalten und aufgrund der Eifersucht versucht, Kontrolle auszuüben.

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wird übrigens von BKA Zahlen gesprochen, nach denen 75% der Tötungen in Partnerschaften an Frauen verübt wurden. Wer wie ich Probleme hat das mit den 90% aus dem Podcast überein zu bringen, für den hier die Erklärung:
Zum einen ist die Datenbasis für die Aussage im Podcast 2021, während Wikipedia Zahlen von 2019 zitiert. Möglich, dass im Jahr 2021 auch noch ein Corona-Effekt mitspielt.
Noch stärker fällt allerdings ins Gewicht, dass im von Wikipedia verwendeten Wert der BKA-Statistik vollendete und versuchte Tötungen, in der Zahl im Podcast aber nur vollendete Tötungen mit berücksichtigt werden. Das kann man recht gut anhand des vollständigen Datensatzes vom BKA nachvollziehen [1].
Auch wenn das am qualitativen Trend nichts ändert, sollte man es für die Interpretation der Zahlen berücksichtigen.

[1]

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Danke für die Quelle. Vermutlich möchtest Du damit kritisieren, dass ich mir nicht die Mühe gemacht habe diese Zahlen selbst zu suchen. Die Antwort darauf ist realtiv einfach: Weil sich mich nicht weiterbringen. Die Statistik alleine nützt nichts, sie muss im Hinblick auf bestimmte Fragestellungen ausgewertet werden. So alleine wirft sie lediglich mehr Fragen auf als bisher.
Die eingetragene Lebenspartnerschaften machen 0,3 % der Opfer aus. Ist das viel? Muss man erst nachsehen wie diese Zahl einzuordnen ist. Das ist nicht schwer, aber kostet Zeit. Und das muss man mit vielen Zahlen machen.
So gelingt es mir z. B. nicht die 90 % zu 10 % anhand Deiner Quelle zu finden. Da sind es 78 von insgesamt 390 „Mord u. Totschlag ohne Totschlag auf Verlangen“ (was genau heißt das?). Das sind 20 % und es ist nicht jeder 3. Tag ein Feminzid, sondern jeder Tag.

Genau weil ich mir bewußt bin, dass da in der Auswertung richtig, richtig viel nicht zwingend Arbeit, aber Einarbeitung notwendig ist, habe ich es selbst nicht in Angriff genommen. Und ich habe den Eindruck, dass da auch bisher noch nicht so genau hingeguckt wurde. Sonst gäbe es viel mehr Querverweise, Beziehungen, Einordnungen usw. und damit viel weniger Fragen u. a. hier im Forum.

S. 16:
„Die Anzahl der Opfer bei vollendetem Mord und Totschlag lag bei 142,
davon 126 weibliche und 16 männliche.“
Damit kommt man auf 89% zu 11%
Hier gilt also dieselbe Logik wie von mir oben beschrieben. Nur die vollendeten Morde und Totschläge werden gezählt (Versuchte nicht).