Fechenheimer Wald (Insiderwissen)Warum schafft es Deutschland nicht, eine vom Aussterben bedrohte Art zu schützen?

Lieber Philip, Lieber Ulf,

ich schreibe Euch in Bezug auf den Fechenheimer Wald.
Lützerath steht ja aktuell als Symbol für den Klimawandel und die Versäumnisse Deutschlands.

Der Fechenheimer Wald sollte mMn diese Funktion in puncto Artenschutz bzw. Versagen in Bezug auf den Naturschutz erhalten.

Vielleicht wisst ihr es Alle.
Deutschland wird vom EuGH stetig auf seine unzureichenden Bemühungen in Bezug auf den Naturschutz hingewiesen und hier lohnt es sich definitiv ein Auge hinzuwerfen. Es passiert mir als Umweltgutachter permanent, dass Gesetze für den Straßenbau umgangen werden.

Kurz zum Sachverhalt im Fechenheimer Wald:
Paragraph 44 BNatSchG Heldbock (Cerambyx cerdo) vom Aussterben bedrohte Art existent.

Klage im Eilantrag am Dienstag vor dem VGH Kassel verhandelt worden. Seit Dienstag Räumung.

Zu eben diesem Eilantrag in Kassel wurde ich vom Auftraggeber mit einer der Stellungnahmen betraut.

Es lagen noch weitere beauftragte Gutachten vor, mit klarer wissenschaftlicher Beweislage, dass das Risiko für die vom Aussterben bedrohte Art sehr hoch sei bei Beginn der Räumung.

Die Gegenseite (Autobahn GmbH) hatte so eine schwache wissenschaftliche Datenlage mit ihrem Gegengutachten und dennoch haben die Richter:innen am Dienstag den Eilantrag abgelehnt.

Lützerath war „nur“ Symbol, hier in diesem Fall hätte man also noch etwas verhindern können.

Ich würde Euch bitten den Sachverhalt zu recherchieren, wo es geht vielleicht auch fachliche Stimmen zu Euch in den Podcast einzuladen und Euch generell dem Thema anzunehmen, da es meiner Meinung nach ein strukturelles juristisches Problem beinhaltet, das sich ändern muss.

  • Planfeststellungsverfahren liegen bis Baubeginn etliche Jahre (hier 2015) zurück. Bei vielen Baustellen in D sogar noch länger.
  • (!) Werden Arten nach Paragraph 44 BNatSchG gefunden, geht es vor Gericht bzw. bei den Anwälten oft so lange hin und her, bis man eine Grundlage gefunden hat, auf der man Bauprojekte (Gebäude, Straßen, Autobahnen, etc.) doch noch irgendwie durchwinken kann. (Ist nicht mein erster Fall. Das passiert permanent. Das letzte Mal mit der Mopsfledermaus.)
  • an die Qualität der Daten und der Erheber werden gesetzlich keine Forderungen gestellt.
    Leider auch nicht an das Monitoring (wie die Arten nachgewiesen werden sollen. Wichtiger Punkt, da man hier öfter hinfahren muss, zu verschiedenen Uhrzeiten, Jahreszeiten, etc. für jede Art sehr komplex und für den Laien daher schwierig zu greifen)
  • als Ausgleichsmaßnahmen werden oft Aspekte eingebracht und umgesetzt (Umsiedlung von Arten, Neupflanzungen von Bäumen, etc.) die keiner Nachbetreuung bedürfen und kein Monitoring beinhalten (und die in der Praxis so gut wie nie funktionieren, bzw. je nach Art unterschiedlich gut)

Bei all diesen Punkten gilt es, konkrete Formulierungen in den Gesetzen zu schaffen, damit sich Gerichte hier auf klare Definitionen stützen können in Zukunft.

Natur wird immer öfter politisch. Gesetzliche Lücken gilt es für die Zukunft zu ergänzen, wenn wir den Naturschutz und den Schutz der Artenvielfalt höher gewichten wollen.

Mit der Orga hier habe ich nichts zu tun, aber das PDF erklärt es ganz gut, was im Detail passiert ist.

Wenn die Ausnahme zur Regel wird, bleibt der Artenschutz auf der Strecke - Stopp A66 Riederwald (stopp-a66-riederwald.de)

Der neutrale Beobachter (Biologe) der derzeit mit der Polizei bei der Räumung tätig ist, berichtete mir gestern Morgen, dass grobe Vergehen existent sind bei der Sicherung der aktuell noch verbleibenden Brutbäume des Käfers und ich hoffe sehr, das Thema erscheint Euch so interessant, dass ihr tätig werdet.

Ausnahmeregelungen wie hier dürfen nicht zur Regel werden.
Es braucht juristischen und journalistischen Support.

Wer könnte das besser bedienen als ihr?
LG :deciduous_tree:

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