Eskalation im Nahen Osten?

Belegen ist hier immer schwierig (für beide Seiten!), da wir eben nur die „stattgefundene Realität“ und eine „hypothetische Alternative“ haben, wir aber nie wissen können, wie diese hypothetische Alternative konkret ausgesehen hätte.

Es ist jedenfalls unzweifelhaft so, dass gerade bei einer Bodeninvasion auch viele Soldaten Israels sterben würden, ebenso, wie es unzweifelhaft ist, dass eine Eskalation wie die Bombardierung der Hizbollah-Stellungen erstmal zu mehr Raketenabschüssen führen. Das müsste langfristig ausgeglichen werden, dazu müsste nachweisbar sein, dass die Hizbollah nach einer militärischen Intervention weniger Raketen schießt als in den „ruhigen Zeiten“ außerhalb von konkreten Eskalationen. Das erscheint mir sehr zweifelhaft (zumal Israel in Zeiten ohne Eskalation i.d.R. in der Lage ist, den Großteil der Raketen abzufangen).

Das ist wieder das besagte „Auge-um-Auge“-Denken. Klar kann man das machen, aber wir reden bei der Hizbollah eben über Extremisten, über Fanatiker. Die werden nicht weniger fanatisch, wenn deren Anführer sterben, sondern eher noch fanatischer. Angriffe auf Waffenlager und Raketenabschussstellungen machen da mehr Sinn, denn jede Rakete der Hizbollah, die am Boden im Libanon zerstört wird, ist sicherlich eine, die nicht auf Israel abgefeuert wird. Andererseits hat die Hizbollah eine sechsstellige Zahl von Raketen, daher: Es wird wohl nicht möglich sein, so viele Raketen zu zerstören, dass die Hizbollah nicht so viele Raketen zur Verfügung hat, wie sie abschießen möchte.

Das ist natürlich eine Hoffnung, aber derartige Hoffnungen haben sich in der Vergangenheit eher nicht bewahrheitet. Raketen abfeuern kann jeder Depp, ein Machtvakuum führt oft eher zu noch größeren Eskalationen, weil sich in einem Machtvakuum in der Regel die rücksichtslosesten Stimmen gegen die Friedfertigeren durchsetzen. Ich bin daher ausgesprochen skeptisch, dass die Tötung von Führungsfiguren ernsthaft die Situation verbessert. Die Hizbollah geht dadurch vielleicht weniger professionell, aber dafür noch brutaler vor, weil sie sich wiederum rächen will.

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Die Hezbollah hat immer wieder betont, dass sie ihre Raketenattacken sofort einstellen würden, wenn es eine Waffenruhe in Gaza gibt. Israel hingegen ist weder dazu bereit eine Waffenruhe in Gaza, noch mit der Hizbollah zu akzeptieren:

Ob das „für immer“ halten würde bezweifle ich auch, aber wenn erstmal keine Raketen mehr fliegen kann man ja vielleicht mal anfangen an einem echten Frieden zu arbeiten.

Richtig und diese Strömung wird höchstwahrscheinlich von Hashem Safieddine angeführt, der wiederum noch militanter und israelfeindlicher ist als Nasrallah es war.

Weil hier immer die Erwartung an Israel geht. Warum kann nicht Hizbollah damit reagieren: „Heh, sorry. Wir glaube, wir haben uns alle auf dem falschen Fuß erwischt. Wir werden sämtliche militärisch-terroristischen Aktionen einstellen und wollen jetzt mal gründlich, intern über unsere Rolle in der Region nachdenken. Um diesen - vielleicht mit internationalen Demokratie NGO’s moderierten - Diskussionsprozess in Ruhe führen zu können, wären wir an einer formalen Waffenruhe interessiert.“

Finde, das klänge doch mal sympathisch.

Weil das leben kein Wunschkonzert ist und es genauso wahrscheinlich ist, dass die Hizbollah ihre Verbündeten in Palästina aufgibt wie wir unsere Verbündeten in der Ukraine. Wenn Israel Frieden will könnten sie ihn morgen haben, indem sie einfach den Plan zur Waffenruhe in Gaza von Joe Biden annehmen. Warum sie das nicht tun kannst du hier im Thread nachlesen. Deutschland hätte die Möglichkeiten Druck aufzubauen gegenüber Israel, bei der Hizbollah sehe ich keinen solchen Hebel.

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… Im Gegenteil, sowohl das aktuelle Schweigen der Verbündeten zu Nasrallahs Tod ist auffallend, als auch das Ausbleiben einer Antwort. Man schießt ein paar Alibi-Raketen auf Ziele wie Tel Aviv, bei denen man sich sicher sein kann, dass sie abgefangen werden.

Generell zeigt sich vor allem eines: Die israelische Strategie erzeugt keine Gegenantwort. Die Hamas und der Iran haben den Schlag auf Hanijah nicht beantwortet und die Hesbollah hat weder auf den Pager-Angriff, noch bislang auf das Ableben von Nasrallah oder Aqil reagiert.

Entweder der Iran steht momentan auf der Bremse und scheut eine Ausweitung des Konflikts, oder Hamas und Hesbollah gehen die Puste aus. Im Interview mir CNN hat Pezeshkian mit keinem Wort einen Gegenangriff der Hesbollah in Aussicht gestellt, obwohl er mehrfach gefragt wurde. Der Iran hat Hesbollah zwar hochgerüstet, aber offenbar war man der Auffassung, dass sie im Falle eines israelisch-iranischen Kriegs als erste Front dienen, nicht dass sie das ganze Waffenarsenal in ihrem eigenen Krieg einsetzen.

Ich würde nicht ausschließen, dass sich für Israel momentan im Libanon eine Gelegenheit bietet, ein neues Kräfteverhältnis herzustellen. Nasrallah konnte nicht mehr gesichtswahrend von seinem Kurs abkehren. Aber jemand neues, aus der Position überwältigender Schwäche? Hesbollah ist mittlerweile auch bewusst, dass sie vom Mossad durchsetzt wurden und niemand mehr sicher ist. Nicht dass sie am eigenen Leben hängen, aber rein taktisch operativ sind sie aktuell in einer ungewohnt ausweglosen Lage, weil Israel sie zerdrückt und der Iran sich vornehm zurückzieht.

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Wenn man „Grund“ versteht als „warum die Hisbollah selbst findet, dass sie das machen sollte“, kann man auch einfach sagen: weil sie einen islamischen Staat errichten und Israel vernichten will - also hat sie immer einen Grund, Israel anzugreifen. Wenn man allerdings unter „Grund“ versteht, ob es irgendeine Rechtfertigung für den militärischen Angriff eine irregulären Armee auf ein Nachbarland gibt, lautet die Antwort ganz klar: Nein.

Aber das ist ja das „Schöne“ an den Debatten hier: Die Bewertungsebene wird nach Belieben gewechselt. Solange man Israel rechtlich etwas vorwerfen kann, geht es eben ums Völkerrecht - auch wenn es nichts mit dem konkreten Gegenstand zu tun hat (wie etwa die „Siedlungspolitik“ mit den Angriffen der Hisbollah). Und wenn das Vorgehen Israels rechtlich einwandfrei ist, wechselt man eben blitzschnell auf eine andere Bewertungsebene und wirft Israel vor, sein Handeln sei halt einfach militärisch, politisch oder strategisch falsch. Die Prämisse ist dabei klar gesetzt und wird ja auch von einigen hier glasklar so formuliert: Israel will einfach nur Töten und „Frieden“ kann es eben nur haben, wenn es nichts dagegen unternimmt, von anderen angegriffen zu werden. Dabei werden Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung systematisch bagatellisiert und israelische Angriffe auf eindeutig militärische Ziele zu gezielten Angriffen auf Zivilisten umgedeutet. So weit so „normal“ in Deutschland knapp ein Jahr nach dem 7.Oktober.

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Leider ist eine Diskussion mit dir zwecklos, weil du deinen Diskussionsgegnern permanent stets das Schlechteste unterstellst. Jeder, der eine andere Meinung vertritt, tut das, weil er Israel hasst, und hinter jeder Argumentation witterst du einen verborgenen Israelhass als Begründung.

Wenn man die Welt so sehen will, funktioniert das eben ganz Prima. Es ist nur keine Art, wie Demokraten miteinander diskutieren sollten. Demokraten sollten die Meinung der jeweils anderen respektieren und zugestehen, dass die jeweils anderen auch das Beste wollen, aber eben denken, dass dies auf einem anderen Weg erreicht werden kann. Diese Unterstellungen, dass die jeweils andere Seite nicht „das Beste“ wolle, sondern eigentlich etwas Böses („Das Land zerstören“ oder eben hier „Gegen Israel hetzen!“), sollte man sich für Antidemokraten aufheben. Das war mal der demokratische Konsens.

Wie schon öfter gesagt: Ich verstehe deine Position. Ich gestehe dir auch zu, dass du das Beste für Israel und den ganzen Nahen Osten willst. Ich denke nur, dass du es auf einem völlig falschen Weg erreichen willst, wenn du den Kurs der rechtsextremen israelischen Regierung mitträgst und den Siedlungsbau nicht als Fortsetzung der Nakba und damit einen riesigen Stachel im Fleisch der arabischen Bevölkerung siehst, sondern es dir einfach machst, indem du alles auf „Das sind halt Antisemitien, die wollen halt Israel vernichten“ reduzierst, weshalb „der Siedlungsbau“ nichts mit dem Konflikt zu tun habe. Bei dieser Wertung unterscheiden wir uns einfach - und das ist okay.

Wie gesagt, ich halte deine Meinung für falsch, gestehe dir aber zu, dass du keine bösen Absichten verfolgst. Diesen Respekt unter Demokraten verwehrst du deinen Diskussionsgegnern grundsätzlich, indem du, wie in deinem letzten Beitrag, immer wieder etwaige böse Motivationen direkt oder indirekt unterstellst. Und das finde ich hoch-problematisch, das macht jede Diskussion mit dir zu diesem Thema geradezu unerträglich.

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Bitte zitierte mir auch nur einen Beitrag in diesem thread, in dem die Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung „systematisch bagatellisiert“ werden. Genauso wenig wurde hier behauptet, dass Israel im Libanon gezielt Zivilist:innen angreift. Ich muss mich da @Daniel_K anschließen, wer ohne Grund mit solchen Vorwürfen um sich wirft trägt nichts zu einer produktiven Diskussion bei.

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Das könnte man umgekehrt an dich zurück geben. Du bist gut darin in vielen Worten anderen zu erklären warum deren Meinung falsch ist, aber du erkennst nicht dass du genauso argumentierst für Libanon und Palästinenser. Ich finde da sollte von dir und @farlos auch mal etwas weniger Finger zeigen auf andere statt finden, da ihr auch extrem absolut argumentiert.

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Du hast den Punkt hier nicht verstanden:

Es ist in Ordnung, zu sagen, dass man die Meinung eines anderen falsch findet.
Es ist nicht in Ordnung, eine „feindliche“ Motivation hinter dieser Meinung statuieren.

Wenn jemand z.B. sagt, dass er für weniger Migration ist, ist es völlig korrekt, zu sagen: „Das finde ich falsch, ich lehne deine Meinung ab, ich denke, Migration ist nicht das Problem, für das du sie hälst!“, aber es wäre falsch, dieser Person direkt zu unterstellen: „Du bist doch nur gegen Migration weil du Rassist bist und Ausländer hasst!“. Denn es gibt natürlich auch innerhalb des demokratischen Spektrums Gründe, aus denen man Migration ablehnen kann, ohne, dass man dadurch direkt zum Nazi wird.

Gleiches gilt hier: Es gibt Gründe, das Vorgehen Israels zu kritisieren - einige davon sind definitiv Antisemitisch, aber es gibt auch Gründe, die definitiv nicht antisemitisch sind. Die israelische Linke kritisiert das Vorgehen der Netanyahu-Regierung ebenso und es wäre ein klassischer antidemokratischer Move, wenn man diesen nun direkt unterstellt, „Vaterlandsverräter“ zu sein (wie damals im Vietnam-Krieg die Kriegsgegner diskreditiert wurden). Ebenso ist es falsch, jedem, der den Kurs der israelischen Regierung kritisiert, indirekt Antisemitismus zu unterstellen, indem man zwischen den Zeilen klar andeutet, dass diese Leute aus irgendwelchen bösartigen Motivationen („Israelhass“, „Antisemitismus“) handeln würden.

Der demokratische Konsens ist, dem Diskussionsgegner, sofern er im Lager der Demokratie und Menschenrechte steht, zuzugestehen, dass er auch das Beste für alle Beteiligten will, wenn auch auf einem ganz anderen Weg. Daher: Ich als eher Linker lehne die Politik der FDP oder auch der CDU nahezu vollständig ab, aber ich unterstelle ihnen nicht, „das Land zerstören zu wollen“ - ich glaube ihnen, dass sie tatsächlich denken, dass ihre Politik dem Land als Ganzen dienen würden, auch wenn ich bezweifle, dass ihre Politik dieses Ziel erreichen würde. Das ist der demokratische Konsens.

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Aber genau das tust du doch immer wieder, wenn du anderen völlig grundlos Sympathien oder Parteinahme für Rechtsextreme unterstellst.

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Ist es denn falsch, dass du einseitig Partei für die rechtsextreme israelische Regierung ergreifst? Vergiss nicht, das deutsche Äquivalent wäre eine CDU/AfD/Dritte Weg Regierung, …

Ich glaube, es sind mal wieder dieselben Positionen ausgetauscht worden und wir sind wieder an dem Punkt, an dem die Diskussion in persönliche Unterstellungen abgleitet.

Ich würde vorschlagen, dass die Moderation diese Diskussion schließt und auch keine neue mehr zu diesem Themenkomplex zulässt, der Nahostkonflikt ist ein Malstrom des Hasses und der Gewalt, der sich schlussendlich jeglicher rationalen Diskussion und Analyse entzieht.

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Ja. Und wenn du meine tatsächlichen Äußerungen über diese Regierung gelesen hättest, hättest du das auch nicht gefragt.

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…das tut @Flixbus in keinem Beitrag. Er steht lediglich für das Selbstverteidigungsrecht Israels ein. Israel wurde von Hamas und völlig grundlos von Hisbollah angegriffen. Die Reaktion ist verständlich und hat nichts mit der Regierung zu tun. …

Ich würde mir auch eine Diskussion wünschen die ähnlich wie anderen Themen aus unterschiedlichen Perspektiven Entwicklungen nachzeichnet und unterschiedliche Handlungsoptionen verschiedener Akteure beleuchtet, anstatt sich auf die allseits bekannte Bewertung eines Akteure zu fokussieren. Aber ich habe auch meine Zweifel ob das hier bei diesem Thema gerade möglich ist.

In diesem Sinne kann ich etwa die neuste Episode von Ronzheimer empfehlen Spezial: Israels Bodenoffensive im Libanon. Mit Peter Neumann - RONZHEIMER. - Podcast

Also, ich mach dann mal hier zu.
Natürlich soll das, was im Nahen Osten vor sich geht, besprochen werden.
Aber es bringt nichts, wenn ihr immer wieder die ewig gleiche Diskussion beginnt.
Ihr werdet euch insoweit offensichtlich nicht gegenseitig überzeugen oder einigen.
Ich verweise für diese Art der Diskussion auf die bisherigen Threads zu Gaza/Israel.

Wenn jemand die Entwicklungen im Nahen Osten thematisieren möchte, ohne direkt wieder auf die Frage „Hat Israel das Recht dazu?“ zurückzukommen, seid ihr herzlich eingeladen, einen neuen Thread zu öffnen/einen neuen Themenvorschlag zu machen.

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