Ab 2035 will ein Mannheimer Unternehmen als erster deutscher Gasversorger seine Gasverteilnetz abschalten:
Einige Gasheizungskäufer sind jetzt natürlich stinksauer. Ich habe da aber ehrlich gesagt nicht wirklich viel Verständnis mit solchen Leuten, die sich ein Haus kaufen und dann nicht verstehen, dass sie dadurch quasi zu einem Wohnungsunternehmer in klein werden und sich daher auch um wirtschaftliche und politische Aspekte kümmern müssen.
Stattdessen hören sich die O-Töne so an, als hätte man noch nie etwas von CO2-Preis und Klimawandel gehört.
Hmm, das ist ein interessanter Aspekt, den ich tatsächlich noch gar nicht auf dem Schirm hatte.
Der Unterhalt eines Gasnetzes ist natürlich auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Je mehr Leute eine Wärmepumpe einbauen und deshalb nicht mehr an der Finanzierung des Gasnetzes teilhaben, desto teurer wird der Unterhalt des Gasnetzes für die verbleibenden Gaskunden, bis hin zum Szenario, dass Gasnetzbetreiber wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit den Netzbetrieb einstellen.
Diese Problematik betrifft auch Menschen, die nun meinen, auf das Pferd „Wasserstoff“ setzen zu können. Da dazu auch das Gasnetz genutzt werden soll, hängen die Netzunterhaltskosten sehr stark davon ab, ob und in welchem Ausmaß sich Wasserstoff durchsetzt. Hier mag es für einige Vertreter der „Technologieoffenheit“ ein böses Erwachen geben. („Aber meine Gasheizung ist doch Wasserstofffähig!!!“)
Mein Mitleid mit den Betroffenen ist jedenfalls begrenzt. Wer noch eine uralte Gasheizung hat, die bis 2035 hält und wegen der Stilllegung des Gasnetzes die Heizung nicht mehr betreiben kann muss natürlich bei Bedürftigkeit entsprechende Förderungen des Staates erhalten, um eine alternative Heizmöglichkeit einbauen zu können - es soll niemand hängen gelassen werden, den keine Schuld trifft. Wer hingegen nach 2022 noch eine Gasheizung hat einbauen lassen, hat das unter Anerkennung aller zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Risiken getan und trägt das Investitionsrisiko für diese (schlechte) Entscheidung. In diesen Fällen darf es meiner Meinung nach keinen Bailout geben.
Die ganze Problematik, eher gesagt die Auswirkungen, werden noch nicht einmal in diesem Artikel berücksichtig.
Herr Brand geht ja offensichtlich davon aus, dass sich die Gasheizung für ihn über 20 Jahre hätte abschreiben können. In seiner Rechnung, muss ihm irgendwie die Entwicklung der CO2 Preisabgabe und der Netzendgelte entgangen sein. Unabhängig von der nächsten Bundestagswahl wird der ETS II kommen. Sogar bei den best anzunehmenden Prognosen (Sicht Herr Brand) wird der Gaspreis sich deutlich erhöhen. Dazu kommt noch das die Netzendgelte stark steigen werden (wie du @Daniel_K )beschreibst.
Damit ist seine Rechnung ohnehin fehlerhaft gewesen.
Damit ist Herr Brand jedoch bestimmt nicht alleine in Deutschland, wie der „Sturm auf Gas und Ölheizungen in 2023“ vermuten lässt.
Hier hilft wirklich nur Parteiunabhängige Aufklärung der Bevölkerung. Was bedeutet, der ETS II, welche Konsequenzen folgen, wenn wenige Nutzer die Gasendgelte bezahlen müssen, was bedeutet das für den Öl-Preis (Heizöl, Benzin, Diesel). Politisch lässt sich damit keine Wahl gewinnen, soviel ist sicher!
Können in solchen Fällen private Vermieter, die so agiert haben, zur Heizungsmodernisierung „gezwungen“ werden, oder haben die Mieter die nun ja nicht selbst entscheiden können, da eine Handhabe? Wäre ja auch ein Aspekt…bei über 50% Mieter in Deutschland
Im Moment ist keine Handhabe gesetzlich beschlossen, nach meinem Wissen.
Die Diskussion ist immer noch wie man überhaupt in dieser „Zwangslage“ vorgehen will. Will man den Vermieter zwingen in die Moderersnisierung seines Eigentums zu investieren, müsste es Ausgleichsmaßnahmen geben, weil sonst die Mieten „explodieren“. Will man keine Ausgleichsmaßnahmen, müsste man einen Mietendeckel einführen, was jedoch wahrscheinlich zu einer Verkaufswelle führen würde, weil sich vermieten dann einfach nicht mehr rentiert.
Der Vorschlag den CO2 Preis 50/50 zwischen Mieter und Vermieter zu spliten ist auch irgendwie schwer umsetzbar, weil man vom Verursacherprinzip abweichen würde…
Eine wirklich gute Lösung ist mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt. Wenn jemand etwas dazu hat, immer raus damit
Ich hätte angenommen, dass man bei einem Heizungsausfall ggf. Die Miete sehrr erheblich mindern darf. Das sollte den Vermieter doch eigentlich motivieren, oder?
Klar, wenn keine Heizung, ist man als Mieter sicherlich argumentativ stark aufgestellt. Da sind üppige Mietminderungen drin.
Aber auf dem Weg dorthin mit CO2-bedingt steigenden Gaspreisen kann es sicher teuer werden, ob diese 50/50 Teilung der Kosten zwischen Mieter und Vermieter da so effektiv sind, wenn ich als Mieter da immer offensiv fordern muss?
Warten wir die Wahlen ab, in Mannheim dann die kommunalen Wahlen, mal schauen ob die Mehrheit das gut findet.
Ich hab auch kein Mitleid mit Menschen, die in den letzten Jahren noch Gasheizungen in Neubauten oder bei großer Sanierung eingebaut haben. Aber im Bestand, auch baulich bedingt (nicht jedes Haus ist ein freistehendes EFH) wird das spannend. Da wird Wunsch auf Realität treffen.
In einem funktionierenden Markt würde der Vermieter gezwungen sein die Kaltmiete aufgrund der extrem gestiegenen Nebenkosten entsprechend anzupassen, damit der Mieter nicht auszieht. In einem nicht funktionierenden Markt wäre durchaus der Gesetzgeber gefragt korrigierend einzugreifen.
Es gibt ja jetzt schon eine Regelung zur Teilung der CO2 Kosten. Das ist abhängig von dem Energiestandard des Hauses. je mehr der Eigentümer in Energieeffizienz investiert hat,umso geringer ist sein Anteil an den CO2 Kosten. Der Vermieter muss aber nie alle Kosten tragen, da der Vermieter über sein Heiz erhalten immer einen Resteinfluss hat. Die Kosten müssen auf der Heizkostenabrechnung aufgeführt sein.
Wenn der Vermieter die BEG Förderung in Anspruch nimmt, dürfen die Kosten nicht auf die Miete umgelegt werden.
Hinzu kommt, dass die jetzt neu eingebauten Gasheizungen ab 2029 anteilig Biogas oder andere klimaneutrale Gase beziehen müssen. Das wird nochmal teurer (ohne jetzt zu wissen wie stark rein fossiles Gas durch CO2 steigen wird).
Sollte in Ihrer Kommune noch keine Entscheidung zur Gebietsausweisung für z.B. ein Wärmenetz die einen kommunalen Wärmeplan vorliegen, dürfen Sie zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 30. Juni 2026 noch eine Heizung einbauen, die mit rein fossilem Öl oder Gas betrieben wird. Die Heizungen müssen jedoch ab 2029 einen steigenden Anteil an Bioenergie oder Wasserstoff nutzen.
Also rausreden, man hätte es nicht gewusst ist nicht möglich. Es gibt einen Heizungsweiser auf der Seite des BMWK wo man sehr einfach feststellen kann, was für die Immobilie gilt.
Soweit ich weiß (korrigiert mich gerne), funktioniert diese Teilung dergestalt, das auf der Nebenkostenabrechnung der CO2 Anteil zwar ausgewiesen wird, der Mieter diesen dann aber bei seinem Vermieter ggf proaktiv einfordern muss.
Hier befürchte ich, das viele Mieter darauf verzichten, um keinen Stress mit dem Vermieter zu bekommen und ggf über das Heizverhalten diskutieren zu müssen.
Aber vielleicht ist das ja so mit einkalkuliert??
Vermieter:innen sind gesetzlich verpflichtet, die CO2-Kosten in der jährlichen Heizkostenabrechnung auszuweisen, die Energieeffizienz des Gebäudes zu bewerten und ihren Anteil selbst von den Heizkosten der Mieter:innen abzuziehen. Die Berechnung und die Verteilung der Kosten erfolgt über die Betriebskostenabrechnung.
Wäre vlt mal was für einen Verbrauchertipp bei der Lage
Ah, Danke, da hatte ich noch eine offenbar falsche Information. Da muss ich als Mieter nur kontrollieren…
Ich hatte das im Ohr:
„In Wohngebäuden, in denen Mieter:innen selbst die Brennstoffe für Heizung und Warmwasser beziehen, können sie den Viermieteranteil an den CO2-Kosten selbst berechnen und sich erstatten lassen. Brennstofflieferant:innen müssen die CO2-Emission ihrer Lieferung angeben, damit Mieter:innen ihre Erstattungsansprüche gegenüber den Vermieter:innen geltend machen können.“
Naja, eine Wohnung ohne Heizung darf nicht mal als Wohnung vermietet werden, weil sie nicht den Grundvoraussetzungen für die Definition als „Wohnraum“ erfüllt. Die könnte dann nur noch als Abstellraum vermietet werden
Für bestehende Mietverträge ist die Rechtsprechung bei fehlender Heizung recht klar: bei vollständig fehlender Heizung sind im Winter 100% zu mindern, in den Sommermonaten und zu den Übergangszeiten u.U. „nur“ 50% (da kommt es sehr auf den Einzelfall an). Deshalb würden die Vermieter beim Ausfall der Gasheizung wegen Stilllegung des Gasnetzes wohl entweder präventiv (sowas wird ja angekündigt; im Beispiel Mannheim schon 10 Jahre vorher…) modernisieren oder im schlimmsten Fall Stromheizungen ranschaffen (was dem Mieter auch wieder einen Grund für eine Mietminderung geben würde, weil die vertraglich zugesicherte Heizungsart gegen eine kosten-ungünstigere ausgetauscht wird…).
Kurzum:
Es gibt zwar keine rechtliche Handhabe, den Vermieter zu zwingen, eine andere Heizung einzubauen, aber der Vermieter tut sich sicherlich finanziell keinen Gefallen, wenn er es nicht tut…
Ich weiß, dass wird jetzt Neoliberal klingen, aber der Markt funktioniert. Das Angebot ist knapp und die Nachfrage hoch, der Preis steigt.
Dazu kommt, dass die Nebenkosten auch steigen, weil der komplette Energiepreis (Erdöl, Erdgas, Strom usw) stark gestiegen ist (inkl. aller Abgaben).
Die Problematik ist doch, dass Investoren (Vermieter) irgendwie eine Rendite auf das Investment erzielen müssen, welches ähnlich hoch ist, wie andere Anlageformen (z.B. ETFs). Da die Baukosten (Grund und Bau) ebenfalls sehr stark gestiegen sind, steigen die Mieten ebenfalls. Das haben wir aber schon in anderen Foren besprochen. Keine Lösung in Sicht…
Da werden Menschen systematisch (natürlich auch politisch getrieben vor allem von der FDP) abgezogen. Selbst wenn es in absehbarer Zeit Wasserstoff in größeren Mengen geben sollte, kann sich Otto-Normalverbraucher ja mal fragen: Wer wird den Wasserstoff bekommen? Ich in meiner Otto-Normalheizung, oder die Stahl- und Chemieindustrie Deutschlands die gigantische Mengen Wasserstoff für ihre grüne Transformation braucht? Keine Deutsche Gasheizung die heute eingebaut wird, da lege ich mich fest, wird in den nächsten 20 Jahren mit Wasserstoff betrieben werden. Vielmehr stellt sich ja eher die Frage, woher die Menschen den zukünftig vorgeschriebenen Anteil an Grünem Gas für ihre Heizung bekommen wollen. So viele (große) Biogasanlagen gibt es in Deutschland am Ende nämlich auch nicht…
Was das angeht, bin ich ein großer Freund von Eigenverantwortung. Wer sich entscheidet den Gewohnheitslügnern von Schwarz-Gelb in Energiefragen zu glauben, obwohl alle Fakten auf dem Tisch liegen, der soll den Mist, den er da (mutmaßlich) ständig wählt wenigstens das eine Mal ungefedert auch bezahlen müssen.
Jedenfalls vermutlich nicht mit Wasserstoff aus marktwirtschaftlicher Erzeugung (also Erzeugung unter marktwirtschaftlichen Bedingungen).
Denkbar ist in der Tat, dass es sich für einige wenige Leute lohnen kann, großflächig Solarpanele auf’s Dach zu klatschen und einen eigenen Elektrolyseur zu betreiben, mit dem dann über den Sommer Wasserstoff für den Eigenbedarf hergestellt und in den kalten Wintermonaten verheizt wird. Aber ob sich das jemals rechnen wird steht in den Sternen, das hängt sehr davon ab, wie sehr die Preise für Solarpanele und Elektrolyseure sich entwickeln und ob der Wirkungsgrad der Wasserstoffherstellung bei Klein-Elektrolyseuren hoch genug ist, um das Ganze wirtschaftlich zu machen. Also sich darauf zu verlassen würde ich niemanden empfehlen, zumal die meisten Leute sich ja für Gas und gegen die Wärmepumpe entscheiden, weil die Investitionskosten bei der Wärmepumpe so hoch sind, gerade die aber bei einem eigenen Elektrolyseur vermutlich noch deutlich höher liegen werden.