In E392 wurde das Thema Erbschaftssteuer diskutiert, u.a. auch das Phänomen, dass es keinen nennenswerten Diskurs dazu und keine Akzeptanz in der breiten Bevölkerung gibt, die bei einer Erbschaftssteuer auf große Vermögenswerte unbetroffen wäre bzw. davon profitieren würde.
Leider ging es dabei nur um eine Erhöhung der Erbschaftssteuer (20% für besonders große Vermögen) - der Gedanke der Umverteilung wurde nicht zuende gedacht.
Was ich nicht verstehe ist, warum nicht gleichzeitig über einen hohen Erbschaftssteuerfreibetrag pro Person (z.B. eine Million Euro) gesprochen wird, und nach diesem Freibetrag eine wesentlich höhere Erbschaftssteuer (z.B. >40% ähnlich wie der Spitzensatz der Einkommenssteuer, oder noch höher) diskutiert wird.
Die meisten Menschen würden damit eine Entlastung erfahren und müßsten hier klar mehrheitlich zustimmen. Die wenigen betroffenen hätten einen Anreitz, ihre Erben auf Eigenständigkeit hin zu erziehen.
Ich bin selbst großer Fan von einer Erweiterung der Erbschaftssteuer. Ich glaube hier lässt man bisher viel Potenzial liegen, swi es schlicht für Einnahmen wie auch für Umverteilung.
Gibt es in der Welt schon positive Erfahrungen damit?
Ich fürchte, in dieser Höhe wurden das die wenigsten mitmachen. Ich jedenfalls nicht
Widerstände gegen eine höhere Erbschaftssteuer entstehen nicht aus rationalen Überlegungen der Wähler:innen, denn dann würde die meisten Menschen schnell feststellen, dass höhere Erbschaftssteuern für sie ausschließlich Vorteile hätten egal ab welcher Vermögenshöhe sie greifen.
Die Mehrheit der Deutschen besitzt überhaupt kein Netto-Vermögen, entsprechend wird die ganz überwiegende Mehrheit auch nichts erben, was über die sowieso schon großzügigen Freibeträge hinausgeht.
Eine Erhöhung der Erbschaftssteuer wird also nicht aus rationalen Erwägungen zu der eigenen Lage abgelehnt, sondern aufgrund erfolgreicher Propaganda. Und diese Propaganda kommt in Deutschland maßgeblich von den „Familienunternehmen“, dem „Unternehmerischen Mittelstand“ und den extrem reichen Menschen.
Diese Propaganda muss man entkräften und ihm ein anderes Narrativ entgegensetzen, wenn man den öffentlichen Diskurs anstoßen und gewinnen will.
Dieses andere Narrativ sollte meiner Ansicht nach nicht „höhere Freibeträge“ sein, weil man damit ja gerade die Propaganda bestätigt, die behauptet eine höhere Erbschaftssteuer würde irgendwie alle treffen. Dann führen wir schon wieder einen Diskurs darüber, dass alle möglichst keine Steuern zahlen sollten, was ja objektiv betrachtet gesellschaftlicher Selbstmord ist.
Das Narrativ sollte vielmehr die absolute Absurdität der aktuellen steuerlichen Regelungen betonen, die ja auch im Interview klar wurden: Wer mehr erbt, zahlt weniger – und zwar meist sowohl relativ, als auch absolut. Wer extrem viel erbt, zahlt gar nichts. Das ist fundamental ungerecht und das dürfte auch jedem einleuchten.