Neben dem „5-Punkte-Plan“ will die CDU heute auch einen zweiten Entschließungsantrag (mit den Stimmen der AfD) durchbringen, indem 27 Maßnahmen vorgesehen sind. Darunter der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit für straffällige Doppelstaatler.
Bislang ist der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit für Doppelstaatler auf extreme Ausnahmefälle beschränkt (z.B. bei konkreter Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland). Durch den Vorschlag würde die deutsche Staatsangehörigkeit von Menschen, die noch eine weitere Staatsangehörigkeit haben, abgewertet. Begeht ein deutscher Staatsbürger, der keine weitere Staatsangehörigkeit hat, eine (schwere) Straftat, wird er ausschließlich nach dem Strafrecht sanktioniert. Er bleibt aber deutscher Staatsbürger, da nach Art. 16 GG niemand entgegen seinem Willen in die Staatenlosigkeit entlassen werden darf. Begeht beispielsweise ein Deutsch-Iraner die gleiche Straftat, wird ihm zusätzlich zur strafrechtlichen Sanktionierung die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Abgesehen davon, ob der Vorschlag verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist (Art. 16 GG iVm Art. 3 GG) halte ich diesen Vorschlag für geschichtsvergessen und schädlich für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie.
In Deutschland leben schätzungsweise 2,6 - 4,3 Millionen Deutsche, die noch eine weitere Staatsangehörigkeit haben. Diesen Menschen würde vermittelt, dass sie nur deutsch sind, solange sie keine (schwere) Straftat begehen. Sie wären durch den Vorschlag also ihr Leben lang nur Deutsche „auf Probe“. Das ist fatal und entspricht ohnehin schon dem, was viele Menschen mit Migrationsgeschichte hier von der Gesellschaft gespiegelt bekommen. Nämlich dass sie hier niemals „richtig“ dazugehören. Man muss auch schon die Frage stellen, welches Verständnis von „deutsch“-sein die CDU da eigentlich zum Ausdruck bringt. So weit weg von einer Unterscheidung zwischen „Blutsdeutschen“ (was es natürlich nicht gibt’s da irrationales Konzept) und „Passdeutschen“ ist es jedenfalls nicht.
Dieser Vorschlag wird (genauso wie die meisten anderen Vorschläge der CDU in den 27 Sofortmaßnahmen und dem 5-Punkte-Plan) mMn Deutschland kein bisschen sicherer machen, aber dafür unsere Gesellschaft noch weiter spalten und im Endeffekt der AfD mittelfristig zur Macht verhelfen.
Wenn es wenigstens eine Wahl gebe für manche Mitbürger. Aber nein die haben sie nicht, da andere Staaten ihre Bürger nicht aus der Staatsangehörigkeit entlassen.
Sie würden dann zu Bürgern 2. Klasse werden. Es zeigt halt auch welchen Geistes Kind die Union dort ist.
Was mich an dem menschenverachtenden Vorschlag zudem noch stört: Es gibt Faschisten ein Mittel in die Hand um unliebsame Menschen loszuwerden. Du hast einen Kollegen oder Nachbarn den du (möglicherweise aus rassistischen Gründen) nicht leiden kannst? Dann provoziere ihn einfach so lange, bis er sich körperlich wehrt und zeige ihn an. Vielleicht reichen irgendwann ja auch einfache Ordnungswidrigkeiten aus, dann geht’s noch einfacher.
Die aktuelle Entwicklung bereitet mir größte Sorge und führt dazu, dass ich (kein Doppelstaatler) mich in meinem eigenen Land entfremdet fühle.
Ich finde diese … Argumentation immer wenig überzeugend.
Der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft bei Doppelstaatlern, die sich schwerster Straftaten schuldig gemacht haben, wird genauso wenig dazu führen, dass man schon bei „einfachen Ordnungswidrigkeiten“ wie Müll falsch getrennt abgeschoben wird, wie eine Erhöhung der Vermögenssteuer und eine Mehreinbindung von Milliardären nicht der erste Schritt in den Kommunismus ist.
Die Argumentation der GFF finde ich da schon überzeugender. Frage: Gab es eine Klage beim Verfassungsgericht, als entschieden wurde, dass Kämpfer des IS ausgebürgert werden können?
Das Grundgesetz unterscheidet in Art. 16 Abs. 1 GG zwischen Menschen mit nur einer und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, indem es festlegt, dass die Staatsangehörigkeit nur entzogen werden darf, wenn die Menschen dadurch nicht staatenlos werden. In der Praxis bedeutet das vermutlich, dass vor allem Menschen, die später die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, diese aberkannt werden kann, aber es kann theoretisch ebenso genutzt werden, um deutschen Staatsbürgern, die eine zweite Staatsbürgerschaft annehmen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn es ein entsprechendes Gesetz dafür gibt (was glaube ich aktuell noch nicht der Fall ist).
In Art. 16 Abs.1 S. 2 GG steht wörtlich:“Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.“
Das heißt, die deutsche Staatsangehörigkeit von Doppelstaatlern kann grundsätzlich aufgrund eines Gesetzes entzogen werden, ja.
Diese Möglichkeit ist aktuell aber wie bereits in meinem vorigen Beitrag dargelegt, auf folgende, sehr seltene Ausnahmefälle begrenzt (§ 17 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz)
Diese in § 17 Abs. 1 StAG genannten Fälle sind extreme Ausnahmefälle, in denen klar zum Ausdruck kommt, dass der betreffende Doppelstaatler sich aktiv von der Bundesrepublik Deutschland abgewendet hat.
Was Merz vorschlägt, ist eine völlig neue Dimension. Ausbürgerung droht Doppelstaatlern sobald eine schwere Straftat (unbestimmt) oder eine Straftat begangen wird, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richtet (ebenfalls unbestimmt). Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass bei schwere Straftat „Mord“ umfasst wäre, würde das dazu führen, dass wenn ein Doppelstaatler mordet, er danach nicht mehr deutsch sein soll? Warum? Warum sollte ein deutscher Mörder, der (zufällig) noch eine andere Staatsbürgerschaft hat, danach kein Deutscher mehr sein? Warum sollte bei einem Doppelstaatler die Sanktionierung nach dem Strafrecht nicht ausreichen? Bei einem Deutschen ohne weitere Staatsbürgerschaft käme niemand auf die Idee, ihm die Staatsangehörigkeit zu entziehen (und zwar unabhängig davon, dass Art. 16 GG das ohnehin verbietet). Warum? Ich schätze wir haben unsere Geschichte als Gesellschaft nicht so gut aufgearbeitet wie gemeinhin angenommen und sollten uns ganz, ganz dringend mit unseren verinnerlichten rassistischen Denkmustern beschäftigen.
Das mit „Blutdeutsch“ stimmt ja auch nur so halb. Mein Sohn ist deutsch, sobald wir ihm jetzt zusätzlich die Staatsbürgerschaft seines Papas beantragen ist er Staatsbürger zweiter Klasse. Wir wollen ihm aber natürlich auch seine portugiesische Kultur näher bringen. Mir macht das Angst …
In Ungarn wird es jetzt auch beschlossen.