Enteignung von Mooren möglich?

Hallo,

vielen Dank für eure tolle Arbeit.

Zu meiner Frage: Angesichts des Ernsts der Klimalage habe ich mich gefragt, was einer Enteignung der Landwirte welche die ehemaligen Moore bewirtschaften entgegensteht. Ich habe keine Ahnung von Jura aber Grundsätzlich sieht das GG in Art. 14 und das Bundesnaturschutzgesetz in § 68 eine Enteignung vor. Ich finde das Angebot für Subventionen an Landwirte zu wenig, wenn die Bewirtschaftung von ehemaligen Moore wirklich für 7% (!!!) des gesamtdeutschen CO2 Ausstoßes verantwortlich ist. Das wäre ja ein gigantisches Potential! Bei einem relativ kleinen Preis. Es wird für Autobahnen und für den Braunkohletagebau enteignet. Ich finde das sollte auch für den Klimaschutz drin sein. Wäre es möglich die Machbarkeit dieser Idee in einer der nächsten Sendungen zu diskutieren. Der juristische Sachsverstand ist ja vorhanden. :slight_smile:

Liebe Grüße

Quellen:

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html
https://dejure.org/gesetze/BNatSchG/68.html

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Ich verstehe die generelle Begeisterung hinter Enteignungen nicht. Wahrscheinlich wäre es juristisch sogar möglich. Aber wo soll das hinführen? Da könnte ich Gründe finden 100% von jedem Eigentum in Deutschland zu enteignen.

Aus meiner Sicht, gibt es keine einzige Person in diesem Land, die schlechter mit Eigentum und Geld umgehen kann als der Staat. Nur ein kommunistischer Staat könnte noch schlechter mit Ressourcen umgehen.

Die Landwirtschaft könnte in viel stärkerem Masse im Sinne einer naturschonenden Wirtschaft subventioniert werden. Der Wahnsinn der Weltmarkorientierung ist in allen denkbaren Richtungen schädlich für Alles und Jeden auf lange Sicht. Der Staat bezahl für eine unrentable Pflege der Natur im besten Eigeninteresse. Die Herstellung von gesunden Lebensmitteln sollte soweit nicht einkommenssichernd ebenfalls subventioniert werden. Jeder Vollerwerbslandwirt sollte einen guten, Lebensunterhalt zugesichert bekommen, selbstverständlich unter genauer Einhaltung von Auflagen. Ich habe selbst eine kleine Landwirtschaft betrieben und die Bauern in der Nachbarschaft sind nicht wirklich froh, eher noch die Biobauern. Das kann der Staat leisten, vor allem angesichts der ich glaube 80 Mrd. Schäden an der Natur jährlich, wie kürzlich eine Berechnung eines Instituts (weiss die Quelle leider nicht mehr) ergeben hat (erscheint mir zwar extrem hoch).

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hey super Idee. Ich brauche jetzt nur noch einen Vorschlag, wie wir mit Lebensmitteln aus dem Ausland umgehen. Soll Nahrung aus dem Ausland dann komplett verboten werden, weil wir hier ja keine Kontrolle haben und dazu kommt ein Transport, der über die halbe welt geht.
Dazu brauche ich auch noch ein Konzept, wie wir die Weltbevölkerung ernähren wollen, wenn wir alles nach „bio“ herstellen.

Man kann, ähnlich wie für schmutzigen Stahl angedacht, Grenzsteuern auf schmutzige Lebensmittel erheben - EU-weit, was natürlich nicht einfach ist.

Das ist das Schreck-Märchen der Agrar-Industrie. Rechne einfach mal nach: Fleischproduktion ist 10 mal flächenintensiver als z.B. Getreide. 1 Siebtel der Weltbevölkerung konsumiert exzessiv Fleisch. 1 Drittel der Lebensmittel wird weggeworfen.

Gute Bio-Wirtschaft hat nur 25% weniger Flächenertrag als konventionelle Landwirtschaft. Konventionelle Landwirtschaft ist nicht nachhaltig. Die Böden verarmen und versteppen, die „Pflanzenschutzmittel“ verlieren ihre Wirkung und müssen durch im Zweifel noch schädlichere Mittel ersetzt werden. Ähnlich wie bei der Nutzung von fossilen Energien oder der Atomkraft ist der Nutzen wenigen Generationen vorbehalten. Danach kommt der ganz grosse Katzenjammer. Eine Bedingung des westlichen Lebensstils ist, nicht über die Zukunft nachzudenken, wie ein Junkie eben.

Stell dir vor, die „grüne Revolution“ hätte vor 200 Jahren stattgefunden. Du würdest die Leute von damals verfluchen!

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Indem man nicht über jedes vernünftige Maß konsumiert oder Lebensmittel in rauen Mengen weg wirft vielleicht? Man muss auch nicht jeden Tag Fleisch essen. Wenn wir grundsätzlich mal unsere Essgewohnheiten wieder normalisieren haben wir auch weniger Probleme. Und man sollte vielleicht nicht mehr mit Lebensmitteln spekulieren dürfen, das fördert den Welthunger auch enorm.

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Haha, die 90er haben angerufen. Sie wollen ihre Ideologie zurück. :crazy_face:

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Und genau deshalb müssen bei Enteignungen immer Abwägungen getroffen werden, ob der Zweck das Mittel rechtfertigt. So lange diese Abwägungen sinnvoll ausgeübt werden, daher der Zweck nicht über- und das Mittel nicht unterbewertet wird, ist das ganze relativ unproblematisch.

Voraussetzung für eine Enteignung ist u.a., dass es dem Allgemeinwohl dient, dass ein besonderer und verhältnismäßiger Grund vorliegt und eine angemessene Entschädigung gegeben wurde. Das alles lässt sich bei der Enteignung von Moorflächen zwecks Renaturalisierung / Wiederbefeuchtung absolut rechtfertigen, ohne dabei Tür und Tor für alle möglichen Enteignungen zu öffnen. (soviel zu „wo soll das hinführen“).

Die wirtschaftsliberale Logik („Privat vor Staat“), die dem innewohnt, teile ich zwar nicht, kann sie aber im Normalfall durchaus nachvollziehen - wenn es jetzt um die Frage ginge, ob ein privatwirtschaftlicher Träger das Land besser im Sinne der profitorientierten Landwirtschaft bewirten könne als ein staatlicher Träger.

Aber exakt darum geht es hier eben nicht. Sie verkennen hier, dass die Enteignung gerade deshalb als Möglichkeit in Betracht gezogen wird, weil der Staat im Beispiel der Enteignung von Mooren schlicht ein ganz anderes Ziel verfolgt als der Landwirt. Der Landwirt will - nein, muss - sein Land im Rahmen unserer sozialen Marktwirtschaft profitorientiert nutzen, für ihn ist der Umweltschutz wenn überhaupt sekundär. Ein Landwirt, der ein Moor trockengelegt hat, um auf dieser Fläche nun etwas anzubauen, hat daher keinerlei Interesse daran, das Moor wieder zu befeuchten und damit landwirtschaftlich nutzlos zu machen. Der Staat hingegen hat hier ein Interesse, da er die Fläche als Co2-Speicher verwenden will.

Nun könnte man natürlich argumentieren, der Staat könne ja den Landwirt subventionieren, wenn er das Moor wiederherstellt. Aber dann stellt sich halt wirklich die Frage, wer ein Moor sinnvoller wiederherstellen und schützen kann - ein Landwirt, der auf diesem Gebiet keine wirkliche Expertise hat - oder der Staat, der das Ganze von Experten aus den Ministerien und Universitäten erledigen lassen würde. Die Logik von „Privat vor Staat“ gilt daher - wenn man sie überhaupt unterstützen möchte - allenfalls, wenn beide die Zielrichtung „Profitmaximierung“ verfolgen, denn diese Logik besagt ja gerade, dass der Private ein Unternehmen deshalb effizierter führt, weil er direkter davon profitiert, wenn es effizient geführt wird, während der Staatsbedienstete eher indirekt bis gar nicht profitiert und deshalb weniger Anreiz zu Effizienzmaximierung hat.

In diesem Sinne halte ich Ihr Argument für nicht tragfähig, da das Argument nicht logisch kohärent ist.

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oh ich dachte das wären mehr. Wir haben bis jetzt ja nur ca. 10% der Weltbevölkerung der hungern. Dann machen die weiteren 2Mrd. durch 25% weniger Ertrag ja nicht so viel aus. (Sarkasmus)

@rlinner das ist schön, dass du du die ganzen Probleme auszählst. Jeder kennt die Probleme und die sollten aus meiner Sicht umgehend behoben werden. Ich verstehe nur nicht, dass immer wieder Ziele in den Raum gestellt werden, wo man stark bezweifeln kann, dass es dafür Mehrheiten gibt. Und wie das erreicht werden soll wird auch nie angegeben.

Du Denkst an Verbote?

Ich denke an Vernunft, denn wir konsumieren ohne Vernunft und werfen viel zu viel weg. Und wenn der Preis für Fleisch plötzlich steigen würde, weil endlich mal mit etwas Tierwohl produziert würde. Der Konsum würde doch automatisch normaler werden. Und die junge Generation die auch Fridays for Future hervor gebracht hat scheint wesentlich mehr Gewissen bei dem Thema zu haben als viele andere Menschen.

Wieso wird bei sowas immer direkt Verbot geschrien. Ich denke wirklich mal an vernünftige Preise wegen vernünftiger Produktion.

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HIer etwas genauer:


https://www.umweltstiftung.com/projekte/landwirtschaft-konkret/9-hunger-durch-zu-hohen-fleischkonsum

Ich glaube, das zeigt die Grössenordnungen. Verbote braucht es nicht. Ein ehrlicher Preis (Ressourcenverbrauch + Umweltschäden, also reine Marktwirtschaft) würde das Problem ziemlich lösen, denke ich.

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Ich habe mal gehört man darf den Ölwechsel des Autos nicht am Bach machen (Sarkasmus). Obwohl das eine Mehrheit vielleicht gerne tun würde. Lässt sich prima Geld sparen damit. (Mehr Sarkasmus)
Warum by the hell sollte man die übermäßige Emission von CO2 nicht unter Strafe stellen?

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„Bei einem relativ kleinen Preis.“ Bei dieser Formulierung wäre ich vorsichtig. Enteignen bedeutet nicht entschädigungslos enteignen. Ich denke als erstes müsste die Bundesrepublik den Landwirten ein realistisches Kaufangebot für ihr Land machen.
Laut Nabu gibt es allein in Niedersachsen 3800km² Moore von denen werden 70% landwirtschaftlich genutzt. Also reden wir hier von 2660 km² oder 266.000 ha (also etwa die dreifache größe Berlins).
Ein Hektar Ackerland kostet etwa 38.182 Euro.
In Summe reden wir also über 266000 ha x 38.182€ = 10.156.412.000 €.
Das ist nicht gerade billig und wird sicherlich ein ganz kleines bisschen Wiederstand hervorrufen wenn der Bund versucht 5,6% der Landesfläche Niedersachsens zu enteignen.

Okay, dann können wir 25% weniger produzieren, wenn jeder seine Ernährung umstellt. Offensichtlich geht der weltweite Trend aber in eine ganz andere Richtung. Wie soll man hier vorgehen? Möchtest du da alle Produkte pauschal aus dem Ausland besteuern?

Wo kommt diese Zahl her? Bei uns kostet der m2 10-12€. Damit wäre der Preis 3-4 mal hoher als die genannte Menge.
(Eingerechnet ist dabei nicht, dass der Preis enorm steigen würde, wenn ein Käufer so große Mengen aufkaufen würde.)

Die Quellezu den Bodenpreisen:

Wobei die Preise regional sehr stark schwanken. Da gebe ich dir recht.

Richtig, genau das sollte passieren. Wenn Produkte aus dem Ausland nicht nach unserem Standard produziert werden, bekommen Sie eine Ökosteuer um es auszugleichen. Das soll ja schon bei schmutzigem Stahl etc. passieren und kann man beliebig ausweiten.

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Entschädigung bedeutet aber auch nicht gleich Marktpreis. Ich fang dann mal mit dem folgenden Gegenangebot an: Wer zukünftig auf alle staatlichen Agrarsubventionen verzichtet, darf sein Moor behalten.^^

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Da habe ich mal eine Gegenfrage. Wenn der Staat dir für den Rest deines Lebens eine Steuer von 80% auf dein Brutto aufdrückt, deinen Nachbarn aber nicht. Würdest du dann in Deutschland bleiben?

Ich zitiere dazu mal §95 I BauGB

§ 95 Entschädigung für den Rechtsverlust

(1) Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust bemisst sich nach dem Verkehrswert (§194) des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstands der Enteignung. Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet.

Und ja, Verkehrswert heißt Martkwert, dazu §194 BauGB:

§ 194 Verkehrswert

Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

Kurzum:
Natürlich sollte der Staat erst versuchen, die Grundstücke von den Landwirten zu kaufen. Lehnen die Landwirte das ab oder verlangen absurde Kaufpreise, dann kann enteignet werden. „Enteignung“ bedeutet aber in diesem Fall halt nur, dass der Verkauf zum Marktpreis erzwungen wird.

Debatten zu der Frage, ob die Entschädigung bei der Enteignung angemessen ist, tauchen übrigens immer wieder auf. Häufig aber eher in der Konstellation, dass das Land nach der Enteignung, z.B. wegen eines neuen Bebauungsplans, deutlich an Wert gewinnt (der Quadratmeter Wohnbaugebiet ist halt deutlich mehr wert als der Quadratmeter Land- oder Forstwirtschaftsfläche), aber natürlich nur in Höhe des aktuellen Wertes vor dieser Änderung enteignet wird. Im Fall von Mooren wäre aber das Gegenteil der Fall - der Wert des Grundstückes sinkt nach der Enteignung, daher wären hier keine Probleme zu Ungunsten des Enteigneten zu erwarten.

Ich sehe hier nicht den Zusammenhang. Wir haben hier keine Gleichbehandlungsproblematik.

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Was hat das Baugesetzbuch damit zu tun, wenn man Moore aus Umweltschutzgründen enteignet?

Ich zitiere dazu mal § 85 (2) BauGB: :wink:

(2) Unberührt bleiben

  1. die Vorschriften über die Enteignung zu anderen als den in Absatz 1 genannten Zwecken,

Deswegen könnte man ja z.B. ein Gesetz beschließen, das in diesem Fall den Wert danach zugrunde legt. Ist immer noch vorteilhafter für den Landwirt, als ihn bspw. nicht zu enteignen und stattdessen gesetzlich zu verpflichten sein Moor auf eigene Kosten zu renaturieren.

Und ich sage jetzt nicht, dass ich das genau so politisch fordere. Ich habe dazu noch keine feste Meinung. Bloß dass die Gleichsetzung Enteignung = Entschädigung = Marktpreis so nicht im Grundgesetz steht, sondern was von „gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“.