Energiewende, Verwaltung, Digitalisierung und Bauen

Liebes Lage-Team und Mitglieder des Lage-Forums,

Ich habe mich gerade neu im Forum angemeldet und lese gerade mehrere Threads zum Thema Klimakrise, Digitalisierung der Verwaltung und Bauen.
Zu diesen Themen möchte ich einen eigenen Beitrag beisteuern.

Seit einem Jahr sind meine Frau und ich Bauherren eines möglichst klimaschonenden Einfamilienhauses im Osten Berlins.
Damit man auch mal einen Einblick bekommt, wie so ein Projekt in Berlin konkret abläuft und wie sehr sich der Staat bei der Energiewende, Digitalisierung und Wohnungsbau selbst im Weg steht, möchte ich so kurz wie möglich schildern, welche Steine uns dabei von den Ämtern und Behörden in den Weg gelegt worden sind:

  • Abriss: Ich hatte das große Glück, ein Grundstück geerbt zu haben. Weil auf dem Grundstück bereits ein abrissreifes Haus stand, bin ich nach dem Zweckentfremdungsgesetz verpflichtet, an der gleichen Stelle neuen Wohnraum zu schaffen. Damit neuer Wohnraum entstehen kann, muss natürlich erst einmal ein Abriss stattfinden. Doch der Abriss darf nach der Bauordnung erst beginnen, wenn eine Baugenehmigung erteilt wurde. Das dauerte in meinem Fall 5 (!) Monate und hat das gesamte Projekt dementsprechend verzögert. Lustiges Detail: Ich musste 208,64€ für eine Gehwegüberfahrtsgenehmigung zahlen, für eine Einfahrt, an der sich gar kein Gehweg befindet.
  • Baugenehmigung: Das Bauamt erreichte man kaum (am besten per Fax!), auf E-Mails wurde so gut wie nie geantwortet (vielleicht auch wegen Corona). Der Antrag blieb im Wesentlichen so lange liegen, kurz bevor die sogenannte “Verwaltungsfiktion” eintrat, d.h. unbearbeitete Anträge gelten nach Nichtrückmeldung nach 2 Monaten automatisch als genehmigt (2 Monate wegen Corona, davor 1 Monat). Mit dem Bauamt gab es dann auch noch ein paar Auseinandersetzungen, z.B. musste ich die Original-PDF-Antragsdateien (was ist bitte ein PDF-Original?) auf eine CD-R gebrannt einreichen (die Älteren unter uns wissen noch, was das ist), gleichzeitig sollten die Dateien aber schreibbar sein - finde den Fehler. Dann habe ich auf die CD versehentlich ein paar Dateien zu viel gebrannt, sich die Beamtin bei mir umgehend beschwerte, wie ich denn überhaupt dazu komme so etwas einzureichen.
  • Vermessungsamt: Für die Finanzierung und die Baugenehmigung benötigt man eine aktuelle Flurkarte. Die Flurkarten kann über das amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) online einsehen. Leider kann man dort keine Links für seine eigene Flurkarte schicken, aber das würde ohnehin weder von der Bank noch vom Bauamt akzeptiert werden und deshalb musste ich zwei beglaubigte Ausdrucke der Flurkarte beantragen, was nochmal 20€ Bearbeitungsgebühr kostet.
  • Heizung: Für das Haus ist eine Wärmepumpe vorgesehen, auf eine Gasheizung haben wir bewusst verzichtet, wäre aber weitaus billiger gewesen! Für Wärmepumpen gibt es mE nach keine staatliche Förderung (mehr).
  • Auf dem Dach ist ursprünglich eine 10,3kW-Photovoltaik-Anlage installiert. Ab 10kW muss ich jedoch wg. EEG-Umlage (die aber gedeckelt wurde) für die Einnahmen ein Gewerbe anmelden und die Einnahmen versteuern. Theoretisch hätten noch mehr Module auf das Dach gepasst und die Wärmepumpe zieht ja alleine schon 7kW Strom. Ein Gewerbe kann man zwar in Berlin sogar online (!) anmelden, allerdings muss ich dann dafür wieder meinen Steuerberater bezahlen für den Rattenschwanz an Papierkram. Darauf hatte ich keine Lust, sodass ich ein Modul weniger installieren ließ, was jetzt die symmetrische Anordnung der Module bricht, dafür aber das fehlende Modul jetzt als Symbol für Solarförderung in Deutschland herhalten kann.
  • Energiespeicher: Zusätzlich zur Photovoltaikanlage will ich im Dezember ich einen 10kW-Speicher installieren lassen. Dafür gibt es Förderung von 300€ pro kW von der IBB (“EnergiespeicherPLUS”). Dafür muss man einen Antrag stellen und einreichen. Ich habe von der beauftragten Firma am 29.6. ein Angebot erhalten, am 5.7. den Antrag bei der IBB eingereicht und am 13.7. die Auftragsbestätigung erhalten. Dann wurde mir gesagt, weil ich ja am 29.6. schon mit dem Vorhaben begonnen habe, sei das “förderschädlich” und der Antrag müsste leider abgelehnt werden. Die Mitarbeiter der Senatsverwaltung (Leitung Ramona Pop, Grüne) sehen das mit der Förderschädlichkeit übrigens ähnlich, weil man kann ja davon ausgehen, wenn ich am 29.6. schon das Angebot unterschrieben habe, dass ich die Finanzierung dann selbst übernehmen möchte und man müsse als Land Berlin ja sparen (vgl. LHO §7).
  • KfW: Als Kredit erhielt ich unter anderem 120.000€ von der KfW für energieeffizientes Bauen. Als Effi-55-Haus erhält man dort einen Tilgungszuschuss von 18.000€. Der Tilgungszuschuss wurde mit dem Klimaschutzpaket infolge der Fridays-for-Future-Proteste erhöht, vorher waren maximal 100.000€ und 5.000€ Tilgungszuschuss in dieser Effizienzklasse möglich. Das insofern erst mal eine gute Nachricht: Demonstrieren wirkt! Den Tilgungszuschuss erhalte ich jedoch nicht als Gutschrift aufs Konto, sondern erst, wenn der Kredit nach x Jahren abbezahlt sein wird.
  • Energieberater: Jedoch muss ich um den KfW-Kredit zu erhalten einen Energieberater beauftragen, der mir die nötigen Gutachten und Zertifikate ausstellen kann. Der Mann kostet mich mindestens 5.000€ und außerdem müssen zusätzliche Baumaßnahmen durchgeführt werden, deren Sinnhaftigkeit nur im KfW-Modell, aber nicht in der Wirklichkeit zu erklären ist (z.B. zusätzlich Dämmung in der Bodenplatte für 3.000€). Mein Architekt baut gerade ein Effi-40Plus-Haus und dafür müssen alleine zusätzlich 10.000€ in die Bodenplatte gesteckt werden, obwohl wie alle wissen, die in Physik gut aufgepasst haben, 98% der Wärme nach oben abgegeben wird und der Rest über die Bodenplatte.
  • Internetanschluss: In meiner Straße kann man bis zu 200MBit bekommen, leider reicht die Verfügbarkeit nur bis zum Nachbargrundstück, bei mir kommen nur 100MBit an. Ein Ausbau sei laut Telekom nicht vorgesehen, ich könne aber gerne für 15.000€ einen Glasfaseranschluss bekommen, für den ich dann aber trotzdem jeden Monat die üblichen Kosten von 100€ zahlen muss.

Das waren meine Erlebnisse mit den Ämtern und der Telekom. Wenn wir das Regulierungsproblem nicht in den Begriff bekommen, können wir die Projekte Energiewende und Digitalisierung aus meiner Sicht ganz vergessen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir eure Kommentare dazu schicken könntet - eure Meinung dazu interessiert mich sehr!

Viele Grüße
Micha

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Erst einmal Willkommen und Danke für den erhellenden Post.

Das kann ich nur bestätigen, das gilt auch bei Firmen. Meine hatte bei der Telekom angefragt, wann und ob man Glasfaser in einem kleinen Straßenbogen, der an einem Industriegebiet angelagert ist, bekomen kann. Antwort sinngemäss: Für 30k€ können wir die ~150m bis zu Ihrer Firma verlegen. Natürlich bezahlt man danach weiterhin den Anschluss. Darauf dann meine Rückfrage ob man das nicht sinnvollerweise für die ca.10 anderen Firmen mit machen könne und den Preis teilen. Das geht natürlich nicht, die Telekom möchte dann natürlich alle getrennt abrechnen.

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Spannende und sehr plausible Behörden-Ehrfahrung! :grin:

Das Thema ist generell nicht neu aber die Vereinfachung gibt es ja erst seit Juni 21.
Hier mal das Schreiben dazu
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2021-06-02-gewinnerzielungsabsicht-bei-kleinen-photovoltaikanlagen-und-vergleichbaren-blockheizkraftwerken.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Und der Antrag

Die entscheidende Formulierung aus meiner Sicht ist:
3. Bei den aufgeführten Photovoltaikanlagen und vergleichbaren BHKW i. S. v. Rn. 1 und 2 ist
auf schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person aus Vereinfachungsgründen ohne
weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit
Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt grundsätzlich eine steuerlich
unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre.

Meine Leseart sagt mir, man kann ja dennoch einen Antrag einreichen wenn man wie du in Reihe 2 fällt, der muss dann aber halt geprüft werden wie es vor Juni 21 üblich war.
So wie du deinen Fall schilderst betreibst du die Anlage genauso ohne Gewinnerzielungsabsichten sondern zur Eigenversorgung.
Ich hab damals direkt mit dem Finanzamt vor dem Antrag Kontakt aufgenommen und dann mit dem Steuerberater die Daten zusammen gestellt.
Vielleicht hilft es dir ja. :wink:

Moin @micha.berlin,

auch von mir danke für den umfangreichen Post. Teilweise echt abenteuerlich, was die so verantstalten. Stichwort: Verwaltungsfiktion.

Aber noch mal zu der Dämmung der Bodenplatte: Wenn du eine Wärmepumpe hast, dann hast du doch sicher auch eine Fußboden-Heizung, oder? Da könnte ich mir vorstellen macht eine Dämmung nach unten schon etwas Sinn.

Und nur mal zur Einschätzung, wie groß ist die Fläche, die du mit 7 kW Wärmepumpe bezeizt. Hier im Forum lass ich nämlich, dass man mit 2 kW schon 200 qm bezeizen kann. Das ist deutlich weniger als ich gedacht hatte.

Mfg
Matder

Du brauchst doch für den mit einer PV-Anlage verbundenen Papierkram keinen Steuerberater. Jedenfalls sicherlich dann nicht, wenn du auf der anderen Seite den Schriftverkehr mit der Genehmigungsbehöde selbst führst, anstatt das deinem Architekten bzw. deiner Baufirma zu überlassen. Wenn du genug Eigenverbrauch hast, was du ja sicherlich anstreben wirst, dann ist die PV auch für die Einkommensteuer irrelevant, da du mit dem Betreiben der Anlage, insbesondere mit Speicher, keinen Gewinn erzielen wirst - also ist das Liebhaberei. (Profitabel ist natürlich der Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms, aber der taucht nicht als Einnahme bei deinem „Unternehmen“ auf.)
Die PV-Anlage als Unternehmer zu betreiben, ermöglicht dir aber die Rückerstattung der Umsatzsteuer für die PV-Anlage. Und wenn du ein schlauer Fuchs bist, dann wird da auch der ein oder andere Handgriff des Dachdeckers, den der beim Neubau sowie tätigen müsste, bei den Kosten der PV-Anlage auftauchen.
Der Papierkram ist echt minmal, keine Sorge.

[quote=„micha.berlin, post:1, topic:10289“]
Energiespeicher: Zusätzlich zur Photovoltaikanlage will ich im Dezember ich einen 10kW-Speicher installieren lassen. Dafür gibt es Förderung von 300€ pro kW von der IBB (“EnergiespeicherPLUS”). Dafür muss man einen Antrag stellen und einreichen. Ich habe von der beauftragten Firma am 29.6. ein Angebot erhalten, am 5.7. den Antrag bei der IBB eingereicht und am 13.7. die Auftragsbestätigung erhalten. Dann wurde mir gesagt, weil ich ja am 29.6. schon mit dem Vorhaben begonnen habe, sei das “förderschädlich” und der Antrag müsste leider abgelehnt werden. Die Mitarbeiter der Senatsverwaltung (Leitung Ramona Pop, Grüne) sehen das mit der Förderschädlichkeit übrigens ähnlich, weil man kann ja davon ausgehen, wenn ich am 29.6. schon das Angebot unterschrieben habe, dass ich die Finanzierung dann selbst übernehmen möchte und man müsse als Land Berlin ja sparen (vgl. LHO §7).[/quote]

Das ist ärgerlich, liegt aber in der Logik jeglicher Förderung begründet. Die Förderung soll ja Investitionen anstoßen, die nicht sowieso schon getätigt werden. Dein Energieberater müsste aber sowas eigentlich im Blick haben, sofern er involviert war. Ein reines Angebot ist aber noch keine Auftragsannahme. Was du eingereicht hast, war also vermutlich eher eine Auftragsbestätigung.
Wenn du aus der Speichergeschichte noch irgendwie rauskommen kannst, dann mach das. Der Speicher verbrennt ohne Förderung nur Geld. Und da du kein Effzienzhaus 40 Puls baust, brauchst du den Speicher ja nicht.

[quote=„micha.berlin, post:1, topic:10289“]
Jedoch muss ich um den KfW-Kredit zu erhalten einen Energieberater beauftragen, der mir die nötigen Gutachten und Zertifikate ausstellen kann. Der Mann kostet mich mindestens 5.000€ …[/quote]

Das ist ein stolzer Preis. Aber wenn dein Energieberater mitmacht, dann schieb doch soviel wie möglich der Kosten auf die „Energetische Baubegleitung“. Diese müsste die KfW zusätzlich fördern. Man muss halt kreativ sein :slight_smile:

[quote=„micha.berlin, post:1, topic:10289“]
… obwohl wie alle wissen, die in Physik gut aufgepasst haben, 98% der Wärme nach oben abgegeben wird und der Rest über die Bodenplatte.[/quote]

Das ist großer Unfug. Beheizte Räume müssen natürlich in alle Richtungen gedämmt sein bei den heutigen Standards. Dein Energieberater kann dir mit seiner Software auch detailliert ausrechnen, wieviel Energie über eine nicht gedämmt Bodenplatte das Haus verlässt. Und was fängt man bei einer ungedämmten Bodenplatte bitte mit den auf der Bodenplatte aufstehenden Wänden an? Bei Holzständerbauweise kein Problem, aber massive Wände würden deinen Wohnraum mit der kalten Bodenplatte „kurzschließen“. Du hättest da vermutlich ein permanentes Schimmelproblem.

[quote=„micha.berlin, post:1, topic:10289“]
Den Tilgungszuschuss erhalte ich jedoch nicht als Gutschrift aufs Konto, sondern erst, wenn der Kredit nach x Jahren abbezahlt sein wird.[/quote]

Der Tilgungszuschuß reduziert nach dem Nachweis der Durchführung der Maßnahme deine Restschuld. Du selbst wirst von dem Geld natürlich nichts sehen (sonst wäre es kein TILGUNGSzuschuss). Aber du kriegst einen Brief von der Bank, dass du ihnen nun X Euro weniger schuldest und entsprechend auch weniger Zinsen zahlst.

Unter dem Heizestrich liegt ja ohnehin eine Dämmung - zumindest beim Neubau. Das Problem sind eher die von der Bodenplatte aufgehenden Bauteile, sprich: Wände. Wenn man das irgendwie löst, dann könnte ein ganz gewitzter Energieberater vielleicht die Bodenplatte aus der Gebäudehülle herausdefinieren.

So aberwitzig teuer können ein paar XPS-Platten unter der Bodenplatte eigentlich nicht sein. Aber es gibt gerade gewaltige Lieferengpässe. Da findet vermutlich ein Wettbieten statt, um das Dämmmaterial überhaupt zur Baustelle zu bekommen.

Bei mir privat soll es im Haus bald Glasfaser geben. Da mein Vertrag mit Vodafone aber erst von November letzten Jahres ist, leider erstmal nicht für mich…

Ja, das Telekombeispiel hatte ich unter anderem auch deswegen drin, um zu zeigen, dass es in der Privatwirtschaft nicht viel besser aussieht bzw. das Privatisieren nicht gegen organisationelle Trägheit hilft.

Ja, genau dieses Schreiben vom Bundesfinanzministerium bin ich mit meiner Steuerberaterin durchgegangen, aber sie meinte, ich müsste da auf jeden Fall ein Gewerbe anmelden. Dass man da auch eine Ausnahme beantragen kann, war mir nicht bekannt, ist vielleicht nur in Thüringen so?
Danke auf jeden Fall für das PDF, werde da beizeiten nochmal nachhaken.

Die 7KW beziehen sich auf die Maximalleistung. Ich habe gut 100m² Fläche, ist kein großes Haus. Eventuell hätte auch eine kleinere Pumpe gereicht, der Energieberater hat jedenfalls nichts dagegen gesagt. Zum Energieberater kann ich noch hinzufügen, dass der im Wesentlichen nur für die KfW-Zertifizierung bezahlt wird und bei Effi55 zählen da weder die Wärmepumpe noch die PV-Anlage dazu. Wenn ich ihn noch für andere Sachen bezahlen würde, würde mich das noch mal Geld kosten.

Die Bodenplatte besteht aus Beton, dann eine Schicht Schwarzanstrich, dann Styropordämmung, darauf dann die Fußbodenheizung und darauf dann der Estrich. Also ist nicht so, dass der darunter der nackte Beton liegt.

Für die Erfüllung der KfW-Kriterien musste ich im Dachstuhl allerdings eine Aufsparrendämmung legen lassen, das waren noch mal zusätzliche Kosten und wegen der Materialknappheit konnte dir erst mit 4 Wochen Verzögerung geliefert werden, wodurch der Zeitplan entsprechend weiter nach hinten verschoben wurde.

Nee einen Steuerberater brauche ich nicht notwendigerweise. Würde aber trotzdem alles in allem zusätzlichen Papierkram bedeuten, auf den ich persönlich einfach keine Zeit und Lust habe.
Frage mich, warum man die Gewinnerzielungsabsicht schon 10kW und nicht bei 30kW unterstellt, erst da fängt es an interessant zu werden. Liebhaberei geht nach Definition des Bundesfinanzministeriums nur bis 10kW, siehe das Schreiben von AlexS oben.
Außerdem ist es dafür jetzt sowieso zu spät, weil ich die PV-Anlage über das angemeldete Gewerbe hätte kaufen müssen und nicht privat.

Was den Energiespeicher angeht, warte ich noch auf eine abschließende Stellungnahme von IBB und Senatsverwaltung. Dass mir die Förderung wegen eines Formfehlers verweigert wird, ist bisher die größte Frechheit. Die Geschichte hatte ja noch einen Vorspiel, nämlich dass ich den Antrag bereits im System angelegt hatte, der dann aber systemseitig gelöscht wurde, nach dem sich ein anderer Auftragnehmer nicht mehr gemeldet hatte, weil ich die entsprechenden Dokumente in der Frist nicht mehr hochladen konnte. Dann habe ich den Antrag für den gleichen Speicher nochmal angereicht, nur halt laut IBB zu spät.
So einen Speicher finde ich prinzipiell schon sinnvoll, weil man ja die Energie, die die PV-Anlage erzeugt, dann auch nachts oder an bedeckten Tagen nutzen kann. Aber ohne die Förderung ist mir der Spaß dann doch etwas zu teuer. Muss ich schauen, ob ich da rauskomme…

Die Bodenplatte ist ja gedämmt und die Dämmung der Bodenplatte ist natürlich prinzipiell sinnvoll. Man muss nur für Effi40Plus noch zusätzlich Dämmmaßnahmen durchführen lassen, die - laut Aussage meines Architekten - nochmal mit Zusatzkosten rechnen. Und dann ist die Frage, wie viel Energie die zusätzliche Dämmung am Ende wirklich einspart, weil die Dämmstoffe müssen ja auch produziert und transportiert werden.

Wenn du nachweisen kannst, keinen Profit zu erzielen, dann kannst du auch eine Fluglinie aus Liebhaberei betreiben :slight_smile:
Unterhalb der 10 kWp Grenze ist zukünftig nichtmal so ein Nachweis erforderlich. Da kann man sich pauschal befreien lassen, auch wenn die Anlage fette Gewinne abwerfen würde (was natürlich bei so kleinen Anlagen gar nicht der Fall sein kann).

Hier kommt es wesentlich darauf an, welche Nutzungszeit man für ein Gebäude bzw. die Dämmung ansetzt. Wenn kein neuer Weltkrieg dazwischen kommt, werden die meisten der heute gebauten Häuser auch in 200 Jahren noch bewohnt sein. Die Dämmung unter der Bodenplatte wird bis dahin nich zu Staub zerfallen oder komplett platt gedrückt sein.

Ich bin kein Steuerberater, aber auch @Guenter bestätigt ja meine Ansicht, das das eben nur für die Antragsgenehmigung ohne Prüfung gilt.
Einen Antrag mit Pürfung spricht aus meiner Sicht nichts im Wege.
Mir hat damals wirklich der Ansprechpartner im Finanzamt geholfen wie man den Antrag grob ausgestalten muss, unseren Steuerberater hab ich nur final nochmal drüber schauen lassen.
Anrufen und da direkt nachfragen kann nicht schaden, auch wenn aus deiner Auflistung schon hervor geht dass du nachvollziehbar wegen Lust auf Ämter hast. :wink:

Zum Antrag, bei uns in Hessen sieht der auch so aus, der Thüringer war nur der erst in der Google-Suche.

Wenn du Interesse hast, schreib mich gerne privat an, dann kann ich dir die Aufstellung für Kosten/Einnahmen für den Antrag raussuchen als Anhaltspunkt

Danke, ich frag die Tage mal beim Finanzamt nach, sofern ich jemanden erreiche. Eins muss ich den Beamter ja lassen: Bisher waren sie immer freundlich am Telefon :slight_smile:

Eine Rückmeldung wäre interessant, vor allem auch für alle anderen die das Thema in Zukunft noch betrifft :+1:

Ich noch mal, ich dachte ich frage mal in die Runde, ob mir jemand weiterhelfen kann.
Ich habe wegen der nichtbewilligten Zuwendung für den Energiespeicher folgende Antwort von der Senatsverwaltung bekommen:
"Die Ausführungen zur Förderfähigkeit geben lediglich die herrschende Meinung in der Rechtsprechung wider, dass die Bewilligung einer Zuwendung wegen des haushalterischen Subsidiaritätsprinzips ausgeschlossen ist, wenn davon auszugehen ist, dass potentielle Zuwendungsempfänger über ausreichende eigene oder von dritter Seite zur Verfügung stehende Finanzmittel verfügen und das Vorhaben vor Bewilligung der Zuwendung begonnen worden ist (vgl. VG Berlin, Urt. v. 08.02.2005 – Az. 20 A 324.01; VG Braunschweig, Urt. v. 15.05.2007 – Az. 6 A 64/06). "

An den Urteilstext vom Urt. v. 08.02.2005 – Az. 20 A 324.01 komme ich nur mit zahlungspflichtigen Zugang bei juris.de heran […]

Das „haushalterische Subsidiaritätsprinzip“ kann man auch laienhaft und lose assoziiert mit „Schuldenbremse“ übersetzen. Wir müssen als so sparen, nur leider sparen wir am falschen Ende. Für die Nichtberliner: Die Senatsverwaltung für Wirtschaft wird von den Grünen geführt.

Und so langsam dämmert mir, warum nichts vorwärtsgeht in diesem Land.
Das Urteil Az. 6 A 64/06 vom VG Braunschweig und andere ähnliche Fälle, die ich noch gefunden habe, sind aber sehr aufschlussreich, aber auch deprimierend:

  • VG Braunschweig Urteil vom 15.05.2007 - 6 A 64/06 (openJur): Zuwendung über 81.000 € für den Bau einer Schulmensa, abgelehnt.
  • VG Ansbach, Urteil v. 15.02.2019 – AN 4 K 18.00800 (https://www.gesetze-bayern.de/Content/Pdf/Y-300-Z-BECKRS-B-2019-N-55078?all=False), Klage gegen Rücknahme einer Zuwendung über 200.000€ für den Bau eines medizinischen Versorgungszentrums im ländlichen Raum, Klage abgewiesen.
  • VG München, Urteil v. 02.06.2016 – M 15 K 13.5005 (https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2016-N-110283) Rücknahme des Zuwendungsbescheids über eine maximale Fördersumme von 200.000€ für ein Biomasseheizkraftwerk ist rechtmäßig.
  • VG des Saarlandes, Urteil vom 24.01.2011 - 1 K 358/10 (openJur): Keine Zuwendung über 1.000€ für eine PV-Anlage, aufgrund von vorzeitigem Maßnahmenbeginn.
  • Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.12.2020 - 22 ZB 19.1645 https://openjur.de/u/2311233.html: Rücknahme einer Zuwendung über 11.000€ für ein Niedrigenergiehaus ist rechtmäßig.
  • VG Augsburg, Urteil vom 02.10.2020 - Au 8 K 19.1340, https://openjur.de/u/2308547.html: Rücknahme einer Zuwendung über 9.000€ für ein Niedrigenergiehaus, Klage abgewiesen.

Ich empfände die Urteile dann als gerecht, wenn es nicht gleichzeitig klimaschädliche Subventionen oder staatliche Bezuschussung für Milliardäre wie Musk gäbe.
Diese gängige Rechtspraxis bremst meiner Meinung nach soziale Projekte und die Energiewende aus. Hat die GFF schon eine Zweigstelle für Verwaltungsgerichtsbarkeiten, @vieuxrenard :slight_smile: ?

Die Lerngeschichte lautet aber vorerst leider: Erst der Antrag, dann der Auftrag, dann die Fördergelder.

Hi Micha,
bin auch Frischling hier und stehe in Lübeck vor der Herausforderung einen Altbau (BJ 1969) energetisch zu Modernisieren. Werde hier mal meine Erfahrungen berichten.

Zu Deiner Erfahrung bzgl.:

Richtig klasse finde ich die finanziell und stresseitig nicht zu unterschätzenden Initiativen vieler Energieversorger in schlecht ausgebauten Gebieten selbst Glasfaser zu verlegen.
Dort zahlt man oft in der Erschließungsphase nichts für einen Hausanschluss (für den Dienst natürlich dann schon, je nach Bandbreitenprodukt). Nach fertigem Ausbau ist ein Hausanschluss aber oft auch nicht teurer als 1.000€.

Hintergrund ist ja, dass Telekom & Co. aus wirtschaftlichen Gründen hier nicht ausbauen. Es gibt aber oft auch Gebiete, die dann von einem Stadtwerk verglasfasert werden und die Telekom dann (auf einmal) doch mit einem Angebot (oft vectoring Produkte) um die Ecke kommt und hier in massive Konkurrenz tritt. Nicht Gentlemen Style.

Ich wünsche Dir, dass es bald auch bei Dir einen Glasfaserausbau zu erschwinglichen Preisen mit einem seriösen und nachhaltigen Partner gibt. Damit fühlt sich das Internet gleich viel besser an.

Liebe Grüße
Metti

Du verrennst dich da in was. „Haushalterische Subsidirität“ meint in diesem Zusammenhang: Wenn du genug Geld hast bzw. mobilisieren kannst, um den Speicher auch ohne Förderung zu kaufen, dann darfst du gar keine Förderung bekommen. Die öffentliche Hand ist nämlich nicht befugt, dir einfach so Geld zu schenken. Stattdessen sollst du zu einer Investition angereizt werden, die du ohne diese Förderung gar nicht tätigen würdest.

Das ist einfach dumm gelaufen, dass du an das Unternehmen einen Auftrag erteilt hast, bevor du den Förderbescheid erhalten hast. Dass du in diesem Fall keine Förderung erhälst, ist aber kein böser Wille irgendwelcher Sesselpupser, sondern gehört zum Kleinen Einmaleins dieser ganzen Förderprogramme.

In der Tat lerne ich gerade das 1x1 der Förderprogramme. War mir als Normalo ohne Studium der Verwaltungswissenschaften nicht klar. Und ich akzeptiere natürlich die Gerichtsurteile, empfinde Sie aber trotzdem als ungerecht. Ich sehe das als eher grundsätzliches Problem.
Und wenn jemand ein Einfamilienhaus baut mit einem Kredit und entsprechendem Eigenkapital, sagen wir zusammen 500.000€, wer hat dann bitte eine Förderbedürftigkeit für nochmal 3.000€ für einen Stromspeicher? Dann ist dann ganze Förderprogramm für die Katz.

Ich schreibe gerade eine Mail an die Senatsverwaltung, um da nochmal nachzuhaken.
LHO §7 (1) Berlin sagt: „Bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.“

„Leider haben Sie meine Frage nicht beantwortet, wie der Verwaltungsaufwand dieser
Richtlinie mit §7 LHO in Einklang zu bringen ist. Und damit bestätigen Sie meine Vermutung in meiner vorherigen Mail, dass es nicht um die Förderung von Klimaschutz als solches, sondern vornehmlich um das Einhalten von Richtlinien und Schaffung von Verwaltungsarbeit geht.
Diese Vermutung kann ich auch durch konkrete Zahlen belegen.
Dazu möchte ich Ihren Monitoring-Bericht des Masterplan SolarCity 2020 zitieren:
“Zum 2019 gestarteten Programm EnergiespeicherPLUS wurden von Januar bis September 2020 rund 550 Anträge auf Förderung eines Stromspeichers gestellt. Bis Oktober 2020 wurden davon 198 Anträge bereits bewilligt. Im Rahmen des Förderprogramms wird damit eine Solarkapazität in Höhe von 1.676 kWp realisiert.”
Laut Richtlinie wird ja jedes Kilowatt mit 300€ bezuschusst. Bei einer im Rahmen des Förderprogramms realisierten Kapazität von 1.676kWp reden wir hier über ein Investitionsvolumen von ca. 480.000€. Für Bearbeitung gibt es eine feste Mitarbeiterin in der Senatsverwaltung, ich schätze vielleicht 5 Vollmitarbeiter beim IBT, die sich um die Bearbeitung der Anträge kümmern. Dann sind wir bei einem Bruttojahresgehalt der Mitarbeiter von 50.000€, dann sind wir bei 6 Vollzeitmitarbeitern schon bei 300.000€ laufenden Kosten.
Dazu kommen noch die Kosten für die Erarbeitung der Richtlinien, die Öffentlichkeitsarbeit, das elektronische Antragssystem und weitere Betriebsausgaben. Das ganze Programm kann also für 2020 unmöglich kostendeckend gewesen sein.“