In meiner Kleinstadt bzw. meinem Dorf läuft gerade ein Energiewende - Projekt, das perfekt aufzeigt warum die Energiewende an den verschiedenen Interessenskonflikten und Hindernissen scheitert:
Ausgangssituation:
kommunales Energienetz ist überlastet, erlaubt keine Einspeisung von privaten PV Anlagen mehr
Stadt ist hochverschuldet, kann sich kein neues Umspannwerk / Netzertüchtigung leisten
selbst wenn das kommunale Energienetz stabiler wäre: Anbindung zum nächsten großen Netzanbieter ist auch ausgelastet, dieser will das erst in 7-10 Jahren (!) erweitern, wegen Baukapazitäten / Wirtschaftlichkeit
Energiewende-Plan:
CSU-geführte (!) Stadt will Energiewende vorantreiben, plant PV Anlagen und Wasserstoff Standort
Deutsche Bahn bietet an, direkt in ihr Netz einzuspeisen, um Nadelöhre zu umgehen
Kommune möchte Windpark auf städtischem Grund bauen: nicht möglich / verschoben da die Nistplätze des roten Milans auch nach den Gesetzesänderungen besonderen Schutz genießen
Großteil der Stadtfläche ist Landschaftsschutzgebiet. Naturschutzbehörde verbietet jegliche Bebauung zur Energiegewinnung.
Freiflächen-PV:
Bleiben nur noch landwirtschaftliche Flächen. Die Bauern mit idealen Flächen von geringem landwirtschaftlichem Wert weigern sich, die Flächen für PV / Wind zu verpachten
die Kommune bietet das dreifache der üblichen Pacht, überzeugt ein paar Bauern ihre Flächen zu verpachten. Flächen haben relativ hohen landwirtschaftlichen Wert und sind ein Flickenteppich, zudem nahe an Ortschaften
Schweinebauern etc. laufen Sturm, da die Flächen essenziell für die Selbstversorgung des Landes mit Lebensmitteln sein werden
Bauern mit Biogas - Anlagen laufen Sturm, weil die Flächen für Biomasse genutzt werden könnten, das wegen der Flexibilität viel wichtiger zur Stromversorgung sei als PV / Wind
Ortsanwohner laufen Sturm, weil PV unangenehm nahe am Ort geplant ist
Kommune hat Probleme, das Projekt überhaupt zu finanzieren. Bürgergenossenschaft kann vermutlich nicht genug Mittel aufbringen
Investoren sehen PV Potential, bieten noch höhere Pacht für private Anlagen von denen die Kommune 0 Vorteile hat (nicht mal Gewerbesteuer da Abschreibungen, Verkaufstricks etc.)
alle Bauern haben Probleme durch gestiegene Pachtkosten, Landwirtschaft zur Lebensmittelerzeugung wird nicht mehr wirtschaftlich
Am Beispiel dieser Mengenlage sieht man meiner Meinung nach, dass die Energiewende so wie sie momentan angestrebt wird, zwischen den verschiedenen Interessen zerrieben wird und wenig Chance auf Erfolg hat.
Die einzigen, die hier erfolgreich sind, sind Großbetriebe und reiche Kommunen, die sich die hohen Kosten leisten können und die nötige nutzbare Fläche bereits besitzen.
Die Mehrzahl der ärmeren Kommunen hat keine Chance und wird abgehängt.
Schönes Beispiel welches die Komplexität aufzeigt. Alleine deswegen hat die kleine Kommune nicht den Hauch einer Chance. Da fehlt hinten und vorne die Kompetenz, bei allem guten Willen. In der Verwaltung und dem Gemeinderat. Und wenn zufällig die richtigen Richtung andiskutiert wird, dann fehlt das Geld für gescheite Beratung. So wird es nix.
Das höre ich zum ersten Mal. Was stört denn die Anwohner an PV Anlagen. Kein Lärm, kein Schattenkegel, kaum EInfluss auf die Umwelt…
Ich hatte in einem anderen Thread schon berichtet, dass in meinem Heimatdorf ähnliche Probleme mit der Finanzierung mit dem Wärmenetz geschieht.
Hier liegt meines Erachtens das Hauptproblem in der Umsetzung, wie sollen Kommunale Stadtwerke diese Investitionen finanzieren?
Private Investoren könnten das relativ einfach, aber dann bleibt nichts für die Kommunen an Einnahmen übrig und der Bürger Vor Ort hat null Anreiz diese Projekte zu unterstützen.
Oh, ich habe auch schon erlebt, wie sich dagegen aufgelehnt wird.
Wie sieht denn das aus?
Wie wir doch so gerne hier spazieren gehen, jetzt sollen die letzten Wiesen auch noch zugepflastert werden.
Und wenn sich die Sonne darin spiegelt. Hast du eine Ahnung, wie das blendet?
Das höre ich zum ersten Mal. Was stört denn die Anwohner an PV Anlagen. Kein Lärm, kein Schattenkegel, kaum EInfluss auf die Umwelt…
Hmm ja dann willkommen in Bayern. Hier nahe meiner Minikleinstadt exisitert auch eine große Fläche, welche relativ nahe an einem Neubaugebiet ist. Relativ, weil es nur 400 m sind, aber man die Fläche an den aller wenigsten Stellen von den Häusern aus direkt sehen kann (Topografie, kleines Wäldchen dazischen). Das ist aber völlig egal, da das die schöne Strecke zum Joggen und spazieren mit den Hunden ist. Da is es natürlich unzumutbar, dass dort jetzt PC Anlagen stehen, statt wie bisher Spargel und Maisfelder. Beides die Bilderbuchbeispiele für nicht schöne Felderlandschaft. entweder so hoch das man nix sieht und bei Spargel zu 80% der Zeit einfach nur ein brauner Acker, weil alles unterirdisch passiert.
Einfach nur ermüdend und traurig.
Ich sehe Finanzierung auch als das Hauptproblem: die örtliche Kommune ist finanziell am Limit, es gibt aber erste Zusammenschlüsse von Kommunen im Kreis bzw. Bezirk um zusammen solche Projekte zu stemmen. Das soll einen Teil übernehmen, der Rest dann eine Genossenschaft bzw. Bürgerbeteiligung.
Die Frage ist was dann überhaupt noch an Ertrag für die Stadt übrig bleibt, nachdem die anderen Beteiligten ihre Rendite erhalten haben.
Zur Kritik der Anwohner: „Das sieht hässlich aus“ bzw. „das wird spiegeln“. DIe Leute sind seit jeher einen idyllischen Blick auf Kuhweide, Wiesen und Äcker gewohnt. Das ist schon eine Umstellung, und Veränderung ist natürlich schlecht /s