Guter Ansatz eigentlich.
Ich wollte auch mal ein so eine grobe Idee davon haben, wie viel Speicherkapazität und Speicherleistung wir so gebraucht hätten, wenn wir 2021 Deutschland komplett aus erneuerbaren Energien (Wind, PV, Biomasse, Wasserkraft & sonstige EE) hätten betreiben können.
Das Ganze ist natürlich nur eine grobe Überschlagsrechnung und voller Vereinfachungen.
Ich habe mir daher auch mal die Daten zur EE-Stromerzeugung und zum Gesamtverbraucht¹ in 15 Minuten-Einheiten für 2021 von www.smard.de (also Bundesnetzagentur) geholt und etwas rum gerechnet.
2021 betrug das Verhältnis von EE-Stromerzeugung zu dem Gesamtverbrauch¹ ca. 42,3 %. Um die, übers Jahr gemittelte, EE-Erzeugung also exakt auf 100 % des Gesamtverbrauches¹ zu kriegen, muss man ihn also mit 1/0,423 ~= 2,36 multiplizieren.
Das entspräche in der Realität, also einem Ausbau der erneuerbaren Energien auf das 2,36-fache der Leistung.
Diese rechnerische Vervielfachung nenne ich im folgenden „optimale Erneuerbare Energieerzeugung“ oder kurz „opt. EE-Erzeugung“. Das gilt alles natürlich nur für 2021.
Durch diese „Optimierung“ stimmen also EE-Erzeugung und Gesamtverbrauch¹ von ca. 505 TWh (lt. smard.de) für 2021 überein. Aber die gemittelten Werte reichen natürlich nicht, denn EE-Erzeugung und der Gesamtverbrauch¹ schwanken ja unabhängig von einander die ganze Zeit, sodass man hier auf Speicher zurückgreifen muss.
Hier sind zur (hoffentlich) besseren Verständlichkeit mal alle 3 Größen für einen Tag, den 01.01.2021, dargestellt (Quelle: smard.de, eigene Darstellung):
Wie gesagt, der grüne Verlauf ist die reale EE-Erzeugung mit 2,36 multipliziert.
Im Sommer sieht das Verhältnis von EE-Erzeugung zum Gesamtverbrauch¹ dagegen beispielsweise so aus (31.07.2021):
Hier erkennt man, das schon der 2021 tatsächlich vorhandene Strom aus EE-Quellen zeitweise den Gesamtverbrauch¹ gedeckt hat.
Mit dem opt. Ausbau auf das 2,36-fache wäre hier sogar eine enorme Überproduktion entstanden, nämlich zusammengerechnet 944 GWh, die an einem einzigen Tag gespeichert und in schlechteren Zeiten hätte verbraucht werden können.
Zum Vergleich: Für diese Energiemenge braucht ein Kraftwerk mit 1,5 GW Leistung ca. 26 Tage unter permanenter Volllast.
Wenn man jetzt, basierend auf dem optimierten Ausbau auf 2,36-fache EE-Erzeugung in 2021, aufsummiert, wie viel Energie man theoretisch über das Jahr hätte speichern müssen, damit man Erzeugungs- und Verbrauchsschwankungen ausgleichen kann, dann landet man bei diesem Verlauf:
Man brächte also einen Energiespeicher, der min. 22 TWh fasst. Das ist schon eine gewaltige Menge Energie. Zum Vergleich:
- Alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke kamen 2010 auf ca. 0,04 TWh.
- die ca. 10 Millionen E-Autos auf der Welt kämen bei 100 kWh Batterie pro Auto nur auf 1 TWh
Allerdings:
Die deutschen Gas-Reservespeicher fassen (Quelle) Gas mit einem Arbeits-Energiewert von 228,3 TWh, also dem 10-fachen der benötigten Energiemenge.
Jetzt zum Thema Dunkelflaue: Ja die gibt es offensichtlich.
Ich würde mal sagen, man kann jeden etwas größeren Einbruch in der 3. Grafik mit der gespeicherten Energie als Dunkelflaute bezeichnen. Aber ich finde man sieht auch sehr deutlich:
Die Dunkelflauten sind vernachlässigbar gegen die saisonalen Schwankungen, also dem Sommer-Winter-Unterschied.
Es reicht also nicht, das wir die Erneuerbaren Energien soweit ausbauen, dass sie uns im Jahresschnitt ausreichend Strom-Energie liefern, sondern man muss eine gewisse Überkapazität aufbauen.
Dann hätte man auch, insbesondere im Frühjahr, eine gewisse Überproduktion an Strom, die man entweder runter regeln müsste, also Windrad-Flügel längs stellen usw.,
oder man sieht diesen gewaltigen Stromüberschuss z.B. als internationalen Wettbewerbsvorteil um Energie-intensive Industrien nach Deutschland zu holen.
Alles in allem erscheint mir das Speicherproblem, insbesondere angesichts der schon heute vorhandenen Gasspeicher, als keinesfalls problematisch für die Energiewende.
Anhang:
¹ Die Daten zum Gesamtstromverbrauch, die von smard.de zur Verfügung gestellt werden sind nicht ganz vollständig. Unter anderem fehlt der komplette Stromverbrauch der deutschen Bahn, immerhin 10 TWh im Jahr. Näheres dazu hier: SMARD Benutzerhandbuch
² „opt. EE-Erzeugung“ meint die reale EE-Erzeugung in 2021 multipliziert mit 2,36, sodass im Jahresmittel die EE-Erzeugung den Gesamtstromverbauch¹ exakt deckt.