Könntet ihr bei den Berichten über die Wärmeversorgung mal explizit auf Mehrfamilienhäuser mit Eigentümergemeinschaften eingehen? In unserem städtischen Umfeld ist das ein großes Thema, da sowohl die Umstellung auf Fernwärme (vermutlich großer Platzbedarf bei der Übergabestelle) oder Wärmepumpe auf dem Dach (geringere Ausgangs-Temperatur) die Wohnungseigentümer vor Probleme stellen.
Zum Thema Übergabestelle. Wir haben mal in einem 16 Parteienhaus gewohnt. Die Wärme kam per Contracting aus dem Nachbarhaus. Nachdem man sich mit dem Anbieter nicht auf einen fairen Preis einigen konnte, hat die WEG eine Gasheizung eingebaut, das passte problemlos in den gleichen Keller, in dem vorher die Übergabestelle war. Es ist also möglich.
Hier wäre eine rechtliche und praktische Perspektive sehr spannend. Denn soweit ich es verstehe, können einzelne Eigentümer Pläne z.B. zur Umrüstung auf WP verhindern.
Für Mieter auch ein spannendes Thema….
Spannend ist hier auch die Frage der Umrüstung von Gasetagenheizungen auf ein zentrales System, wie zB Wärmepump oder Palletheizung.
Die Kosten aufgrund der Umrüstung auf ein zentrales System sind horrend und dezentrale Lösungen noch nicht ausgereift.
Da werden sich viele Mieter dann über massive Umlagen wundern…
Davon ausgehend, das etwas mehr als 50% der Deutschen zur Miete wohnen, bedeutet das im Umkehrschluss, das nur die (vermögendere?) Hälfte der Deutschen direkten Einfluss auf die Energieversorgung von Wohngebäuden (und gewerblichen Immobilien) hat.
Als Mieter bleibt dann aktuell nur den Status Quo an Energieversorgung und die damit verbundenen Kosten erstmal hinzunehmen (und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten Energie zu sparen).
Je nach Zustand der Gebäudedämmung kann man sich ggf. als Mieter trauen, den Vermieter anteilig zu Kasse zu bitten, was aber sich beim angespannten Wohnungsmarkt nicht jeder trauen wird.
Möchte der Vermieter im Sinne des Klimaschutzes seine Gebäude modernisieren, stellt sich wie hier schon angemerkt die Kostenfrage der Investition und ggf die schrittweise Weitergabe an die Mieter.
Also kein so einfaches No-Brainer Thema für viele Vermieter und Mieter in Deutschland.
Ich wohne in einer Anlage mit 9 Häusern mit jeweils 12 Parteien. Die ganze Anlage wird mit einem Blockheizkraftwerk beheizt. Bei der letzten Eigentümerversammlung hieß es, in ca. 5 Jahren müsste die Heizung erneuert werden. Auf die Nachfrage, ob man die ganze Anlage erneuerbar machen könnte, wurde mir gesagt, eine Wärmepumpe eignet sich nicht für eine so große Wohnanlage. Es bleibt also nur eine neue Gasheizung. Also doch irgendwann mit Wasserstoff?
Geothermie könnte sich bei einer solchen Anlage eventuel rechnen? Siehe: LdN425 Geothermie - #6 von longfellow
Ist das denn so eine fundierte Aussage die verifiziert werden kann oder mal wieder nur das übliche Gerede?
In meinem Umfeld raten teils Heizungsbauer ab obwohl das baugleiche Gebäude nebendran seit Jahren mit WP erfolgreich läuft.
Naja, so pauschal würde ich das auf keinen Fall unterschreiben.
Wärmepumpen können auch sehr große Objekte versorgen, das ist definitiv kein Problem.
Was ein Problem bzw. teuer sein kann, ist die Umstellung von Bestandsanlagen auf WPs.
Dafür fehlen mir natürlich Infos zu der Anlage, besonders wie die WWB (Warmwasser-Bereitung) gerade realisiert ist.
WPs können keine 70/50 °C (ca. Vorlauf / Rücklauf eines BHKW) fahren, sondern eher maximal 55/45 °C (niedriger wäre besser → effizienter was die Stromkosten angeht).
Das führt bei einer Bestandsanlage im Falle einer Umstellung meist zu folgenden Problemen, die es zu lösen gilt:
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Die vorhandenen Heizflächen (v.a. bei Heizkörpern) sind nicht groß genug für diese niedrigeren Systemtemperaturen. Deswegen passen Fußbodenheizungen so gut zu WPs → viel Übertragungsfläche. Längere und/oder tiefere Heizkörper sind aber auch technisch einsetzbar.
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Wie sieht die WWB aus? Ist die zentral in den einzelnen Häusern im Keller? Das funktioniert nicht wirklich mit 55/45 °C oder noch niedriger. Da bräuchte man eher dezentrale Wohnungsstationen und kein Warmwassernetz (sonst mögliche Legionellenbildung → 60°C nötig bei zentralen Systemen).
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Der Volumenstrom (Liter / Stunde) im Heizungsnetz erhöht sich durch die niedrigere Spreizung zwischen Vor- und Rücklauf. Sprich, wenn die Spreizung zwischen Vor- und Rücklauf von 20 K auf 10 K sinkt, verdoppelt sich der benötigte Volumenstrom in den Rohrleitungen (-> also entweder wird das Heizungswasser verdammt schnell in der Anlage (mögliche Fließgeräusche) oder man muss größere Rohr-Dimensionen verwenden).
Fazit:
Meiner Einschätzung nach wäre eine Hybrid-Lösung sinnvoll:
Den relativ sicher vorhandenen zusätzlichen Gas-Brennwertkessel weiter verwenden und nur die BHWKs durch WPs ersetzen. Die WPs machen die meiste Arbeit und der Gas-Brennwertkessel dient nur zur flexiblen Leistungssteigerung bzw. Temperaturanhebung.
Oder ein Anschluss an ein Fernwärmenetz, falls vorhanden versteht sich.
Pelletheizungen wären auch eine Option … aber nicht wirklich eine sinnvolle bei dieser Anlage.
(Rußbildung, trockene und relativ große Lagerstätte für die Pellets benötigt, regelmäßige Lieferung per LKW → eher für einzelne Häuser in ländlicheren Regionen geeignet)
TL;DR: Kann man technisch auf jeden Fall machen, ist aber komplex und erstmal eine stattliche Investition. Auf lange Sicht aber natürlich absolut sinnvoll!
(steigende CO2-Preise sind nicht zu unterschätzen v.a. ab 2027 → diese betreffen auch Vermieter! Je nachdem wie schlecht das Haus energetisch ist, steigt die prozentuale Beteiligung des Vermieters an diesen Kosten).
Aber ja, bei so einer großen Anlage ist das nicht nur mal eben ein Tausch des Wärmeerzeugers.
Das ist gerade bei älteren Gebäuden klar. Aber eben auch kein „eine Wärmepumpe eignet sich nicht für eine so große Wohnanlage“, sondern in einzelnen Fällen wäre es nicht wirtschaftlich oder läuft eben auf eine Hybridlösung hinaus.
In meiner Heimatstadt bekomme ich aber eben auch mit, dass es von den 4 lokalen Heizungsbauern nur zwei gibt die Wärmepumpen aktiv anbieten und die anderen zwei bauen zwar ein wenn der Kunde es unbedingt will, raten aber insgesamt davon ab. Selbst wenn das Haus schon heute über eine Fußbodenheizung im EG verfügt und lediglich Heizköper in den warmen Räumen des OG getauscht werden müssten, es für die neue Gasheizung aber einen neuen Außenkamin bräuchte, weshalb inkl. Förderung Gasheizung und WP ähnlich teuer wären, wird zur Gasheizung geraten.
Selbst bei Neubau wird noch Gas angeboten oder eben Pellet etc.
Ein Freund der zuletzt eine WP installiert hat und diese im Winter schon erfolgreich betrieben hat berichtet über die gleichen Probleme bei der Beratung 20 km weiter. Nur hat der seine Diplomarbeit mit Thermodynamik gemacht und konnte über vieles was ihm von Heizungsbauern erzählt wurde nur lachen und hat die Auslegung ohnehin selbst übernommen und die Fachfirma hat nur den Einbau gemacht und die Berechnung gegengeprüft.
Was u.a. so möglich ist:
Energiemodule | Daikin
Vorgefertigt anliefern lassen und „umstöpseln“.
Hab mich heute auch nochmal bei uns in der Abteilung Bestandssanierung umgehört und wurde auf was ähnliches verwiesen. Mir waren solche Anlagen bis jetzt noch nicht bekannt (plane selber nur Neubau), aber ja eine WP-Kaskade erlaubt auch 70/50 °C und wäre tatsächlich „plug & play“.
Allerdings muss einem dann auch klar sein, dass man sich diese „Einfachheit“ über erhöhte Betriebskosten bzw. Stromverbrauch erkauft (Die Effizienz der WP leidet). Es kommt halt immer drauf an wie viel man auf einmal sanieren will bzw. wie viel Budget zur Verfügung steht, aber vor allem wie die Bestandsanlage insgesamt aufgebaut ist.
Die eine Antwort wird sich hier schwierig finden lassen, dafür ist in diesem Fall zu viel unbekannt.
Also bezogen auf: Wirtschaftlichkeit vs. technische Effizienz (leider nicht immer die besten Freunde).
Ich kann mir sowas auch nicht mehr wirklich erklären. Höchstens im Sinne von:
„Haben wir schon immer so gemacht und das funktioniert“
→ technisch sicherlich richtig, klammert das Thema CO2 aber halt komplett aus.
Oder es ist das beste Beispiel dafür, wie viel Schaden Bild und Co. mit ihrem ganzen „Heiz-Hammer“-Nonsens angerichtet haben. Wenn sogar Fachleute sich aus reiner Ideologie offensichtlichem Fortschritt versperren.
Könnte aber auch einfach fehlendes Know-How sein.
Technisch ist die Wärmepumpe immer effizienter als die Stromdirektheizung. Ob die Wärmepumpe wirtschaftlicher als die Stromdirektheizung und -Warmwasser ist, hängt stark von den Annahmen ab, die man trifft. Hauptsächlich der Heiz- und Warmwasserbedarf des Gebäudes.
Der wirtschaftliche vergleich Wärmepumpe gegen eine fossile Heizung (auch Hybridheizungen sind fossil) ist meiner Ansicht nach kaum möglich bis sinnlos. Der Preis für CO2 ist kaum vorhersehbar und kann jederzeit auch politisch gesteuert werden. In beide Richtungen.
Wer errechnet denn die „Wirtschaftlichkeit“ einer günstigen Fossilheizung gegen eine Klimaerhitzung auf?
Ich schließe mich dem Themenwunsch an. Die Presselandschaft, inklusive der Lage, betrachtet fast immer nur EFH und wie gut oder weniger gut da die Förderung funktioniert.
Das wahre Problem aber sind die Millionen an Wohnungen mit Gasetagenheizungen und Gas-Durchlauferhitzern. Viele davon in WEGs mit „heterogener“ Eigentümerstruktur, die zu keinen größeren Entscheidungen fähig ist. Wie soll da die Wärmewende ablaufen?
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Umrüstung auf eine Zentralheizung wäre extrem aufwändig und teuer, würde nicht zusätzlichen Raum im Gemeinschaftseigentum erfordern und wird sich innerhalb der WEG nicht durchsetzen lassen. Viele Eigentümer sind Generation 70+ und wollen eigentlich keine Veränderung. Mal ganz abgesehen davon, dass sie oft auch die Investitionen nicht stemmen können.
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Etagenweise „jeder für sich“ auf WP oder Split-Klima umsteigen scheidet ebenso aus, da für beides Außengeräte und somit eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums/Fassade erforderlich sind. Dafür bekommt man in 80 Prozent der WEGs niemals eine Mehrheit. Selbst wenn die Politik hier Sonderregeln schafft, funktioniert das in der Praxis nur schlecht. Beispiel Balkonkraftwerke: Der Gesetzgeber hat hier dafür gesorgt, dass es ein „Recht auf BKW“ gibt und die WEG das nicht mehr pauschal untersagen kann. In der Praxis werden die Interessenten aber nun derart mit Auflagen überhäuft, das es faktisch unmöglich oder völlig unrentabel ist und sich zeitlich zieht.
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Selbst wenn die WEG mitspielen sollte – die Elektroinstallation tut es oft immer noch nicht. So war es lange übliche Praxis, jede Wohnung mit nur einer Phase anzuschließen. Eine WP oder ein Elektro-DLE lassen sich so nicht betreiben. Die Änderung der Elektroinstallation wäre wiederum extrem aufwändig: Neue Steigleitungen, die gesamte Hausanlage müsste auf den aktuellen Stand gebraucht werden, … und all das im Gemeinschaftseigentum. Dafür bekommt man in 80 Prozent der WEGs keine Mehrheit.
Im Ergebnis werden Millionen an Mietwohnungen – und hier vor allem noch einmal die im niederpreisigen Segement – schlicht beim Gas bleiben. Ich sehe aktuell null politisches Momentum, da massiv gegen zu steuern. Im osteuropäischen Ausland sowie Östereich und Italien dürfte das Problem mindestens genauso groß sein. Hier sind bereits flächendeckend populistische Regierungen am Ruder.
Die Warmmieten vom Millionen an Mitbürgern wird also erwartbar wegen der CO2-Bepreisung über den Zertifikatehandel nochmal um 20-30 Prozent ansteigen.
Ulf betont ja (geradezu mantrahaft) immer wieder, das Gas durch den Zertifikatehandel ab 2027 richtig, richtig teuer wird. Ich kann mir hingegen nicht so recht vorstellen, dass die Politik (sowohl national wie europäisch) das durchhält.
Eine Alternative zu diesen Außengeräten stellt PVT dar. Dabei ist der Wärmetauscher (=Aussengerät) in bzw. unter PV-Modulen integriert und nutzt die großflächige Umgebungswärme auf dem Dach. Optisch kein Problem und wenn die Fläche groß genug ist / der Wärmebedarf nicht zu hoch ist, wäre das die Lösung. Verursacht zudem keine Geräuschemissionen, was gerade in dicht bebauten Gebieten von Vorteil ist
Pvt sind aber doch auch Außengeräte und auf dem Dach ist nur eine Option für den der ganz oben wohnt.
PS: Gerade mal gegoogelt und Solarthermie als Heizungsersatz ist scheinbar vom Wirkungsgrad her auch nicht möglich sinnvoll aufzubauen. Erst Recht nicht mit einer Fläche einer herkömmlichen Wohnungsfassade.
Das bedürfte genauso einer Genehmigung durch die WEG. Und an der Stelle scheitert in Deutschland sehr, sehr vieles.
Wie geschrieben: Schon BKW sind da ein Riesenthema und da hat der Gesetzgeber sogar explizit ein Recht verbrieft.
Wie gesagt, auch ein spannendes zukünftiges Thema für die über 50% Mieter in Deutschland…und was das für Vermieter bedeutet, auch bei der Weitergabe von Investitionskosten an die Mieter.