Elon Musk kauft Twitter

Hallo zusammen,

Wie ihr wahrscheinlich bereits mitbekommen habt, wird Elon Musk aller Wahrscheinlichkeit nach Twitter kaufen.

Was haltet ihr davon? Wo seht ihr dabei Risiken, wo seht ihr Chancen?

Ich finde vor allem Musks Ankündigung, den Twitter „Algorithmus“ open source zu machen spannend. Ansonsten scheint er eine Art versteckte Klarnamenspflicht einführen zu wollen (jeder Nutzer soll sich authentifizieren müssen).

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Ich sehe da vor allem die Chance (oder das Risiko, je nach Sichtweise), dass Musk sich nach mehreren hochriskanten Finanzmanövern mit vollem Einsatz, die bislang entgegen jeder Wahrscheinlichkeit immer finanziell gesehen extrem glücklich für Musk geendet haben, sich nun letztendlich doch „verhoben“ haben könnte.

Der große kreditfinanzierte Teil des Kaufs kostet heftig Zinsen - mehr, als Twitter überhaupt einbrachte, das ist also bis auf Weiteres ein Zuschussgeschäft für Musk. Außerdem musste er das Geld mit Tesla-Aktien besichern; laut dem obigen Thread wird ein Verkauf erzwungen, wenn TSLA um 40% fällt. Zuletzt ist das vor wenigen Wochen geschehen, und angesichts der aktuellen Unsicherheiten an der Börse kann eine solche Schwankung schon bei temporär schlechtem Newsflow durchaus mal vorkommen.

Der Wert von Twitter für dort populäre Leute (wie Musk) ist enorm - Twitter ist bedingt dadurch, dass Journalisten reihenweise diesen Kanal als Quelle nutzen und die Reichweite von Twitter extrem über die Userbase des Dienstes hinaus aufblähen, ein gigantisches Megaphon, und wie wir bei Trump gesehen haben, ist dieses Megaphon nicht so einfach durch ein beliebiges anderes ersetzbar, was im Umkehrschluss bedeutet, dass dieser Wert als „Meinungsverstärker“ tatsächlich inhärent in Twitter steckt, und nicht allein in der Prominenz der Personen, die das Megaphon benutzen. Wenn Musk Twitter kauft, kauft er also diesen Wert. Das Problem damit ist nur, dass nur ein sehr kleiner Kreis an Personen - eben die Twitter-Prominenz - diesen Wert erschließen kann, was schon seit jeher das Monetarisierungsproblem von Twitter begründet, und dieses Problem geht beim Kauf durch Musk ja nicht weg. Mir ist daher schleierhaft, wie sich die finanzielle Seite dieses Deals sinnvoll darstellen lassen soll, also auf welchem neuen Wege Musk aus dem unzweifelhaft vorhandenen Wert von Twitter für gewisse Menschen einen Cashflow machen möchte.

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Die Tagesschau (Link) sagt einmal zu Musks finanziellem Risiko:

In der Tech-Welt schlägt dem 50-Jährigen, dessen Vermögen auf fast 270 Milliarden Dollar geschätzt wird, eine generelle Bewunderung entgegen.

Und zum Geschäftsmodel:

Auch das werbefinanzierte Geschäftsmodell von Twitter sieht er kritisch. Im vergangenen Jahr erzielte Twitter 90 Prozent seiner Einnahmen durch Werbung. Stattdessen könne er sich ein Abo-Modell vorstellen, so wie der Twitter-Zusatzdienst „Blue“, der monatlich 2,99 Dollar kostet und Premium-Funktionen wie einen „Tweet rückgängig machen“ anbietet.

Mal sehen was das wird.

Tja, was wird der Twitter-Kauf letztlich verändern?

Die grundsätzliche Idee, Twitter im Hinblick auf die Meinungsvielfalt möglichst offen zu halten, dafür aber eine Authentifizierung einzuführen, ist schon mal gut. Eine funktionierende Authentifizierung ist wirksam sowohl gegen strafrechtlich relevante Inhalte als auch gegen Botting - und gerade letzteres ist eine große Gefahr. Mehr Transparenz bezüglich der Algorithmen ist hingegen etwas naiv - der Grund, warum solche Algorithmen als Betriebsgeheimnis eingestuft werden, ist schlicht, weil ein transparenter Algorithmus sich extrem leicht missbrauchen lässt. So gewinnen dann diejenigen Nutzer die größte Reichweite, die den Algorithmus verstehen und ausnutzen. Halt Suchmaschinenoptimierung 2.0. Ich bin skeptisch, ob das die Sache besser macht. Letztlich hat es klare Vor- und Nachteile und was überwiegt wird man dann sehen.

Grundsätzlich scheint Musk bei Twitter bereit zu sein, accessibility für Qualität zu opfern. Das wird sowohl durch die Authentifizierungsidee als auch durch die in Erwägung gezogenen Subscription-Modelle deutlich. Die Frage ist halt, ob die Twitter-Community das mitmacht oder ob diese Änderung Platz für einen neuen Anbieter schafft, Twitter vom Thron der Kurznachrichtendienste zu stoßen. Das wäre wohl die Konsequenz, wenn Musk es übertreibt.

Es wird jedenfalls spannend sein, zu sehen, wie sich Musk verhalten wird, wenn es wieder zu Trump’schen Zwischenfällen kommt. Wo wird er die Grenze des Erlaubten ziehen? Und eines ist klar: Wenn er diese Grenze zu lasch zieht, werden verschiedene Gesetzgeber rote Linien ziehen - denn das Thema der Kontrolle von Social Media beschäftigt sowohl die EU als auch die US-Legislatur ja schon länger…

Das sagt der SPD-nahe Verein D64 dazu:

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Ich halte das auch für ein leeres Versprechen. Nicht nur wegen des Grundes, den du hier nennst, sondern auch weil so ein Algorithmus ja auch keine triviale Sache ist. Es hat ja seinen Grund, warum nicht jeder Lust hat Programmierer zu sein.
Vielleicht würden dann irgendwelche Buden Twitter-Optimierung gegen Geld anbieten, wenn sie eine Software haben, die die Twitter-Algorithmen ausnutzen und so Aufmerksamkeit erzeugen.
Aber dieses Geschäft würde Twitter auch sicher gerne selbst machen und damit spricht auch dieser Grund gegen eine Veröffentlichung der Twitter-Algorithmen.

Hier eine sehr schöne Analyse:

Hi, wer überprüft dann die Authentifizierung der User? Mit der endgültigen Übernahme von Twitter durch E. Musk Ende des Jahres wird wahrscheinlich auch der DSA (Digital Services Act) der EU greifen.

Das mit der Finanzierung ist ja interessant, wenn Tesla mal wieder ne Talfahrt macht wird’s ja wirklich kritisch.

Zum Thema Meinungsfreiheit scheint Musk übrigens die Linie zu fahren, dass der Diskurs wenn nur durch Gesetze eingeschränkt werden darf:

Bleibt natürlich abzuwarten, wie das in der Umsetzung aussieht. Aus einer prinzipiellen Perspektive sehe ich es aber genauso: nicht die Unternehmen sollen entscheiden was gesagt werden darf, sondern der demokratisch legitimierte Gesetzgeber.

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s. dazu such

Tja da scheinst du wohl ins Schwarze getroffen zu haben, so es jetzt gerade aussieht.
Das Argument, dass Twitter zuviele Bots hat erscheint auch vorgeschoben, besonders wenn man so was liest:

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Musk scheint das Ganze tatsächlich zu teuer zu werden:

Aber Twitter scheint noch dagegen klagen zu können, sodass nicht nur Schadensersatz rausspringt, sondern sie können Musk wohl laut Vertrag tatsächlich zu dem Deal zwingen:

Fragt sich, ob Musk das von Anfang an so geplant hat. Wenn nicht, wirkt er dadurch auf mich wesentlich weniger smart, als ich ihn eigentlich gehalten habe. Wobei smart nur im kapitalistischen Sinn gemeint ist.

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Der Typ hält sich für unfehlbar. Unter der Prämisse ist jegliche Art von Rückabsicherung für den Fall, dass man sich bei seiner Entscheidung geirrt haben könnte, verschenktes Geld und eine dumme Idee, denn es ist völlig unmöglich, dass dieser Fall eintritt, also wozu dafür vorsorgen?

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Es gibt ein Interview wo Musk gefragt wird, ob er die Sorgen nachvollziehen kann, dass seine neue Fabrik in Brandenburg die Grundwasserstände beeinflussen könnte.
Wer den Mann für smart hält, dem kann ich seine Antwort darauf wirklich nur ans Herz legen.