Einschätzung zu zivilem Ungehorsam

Anlässlich der bevorstehenden Proteste zum G7-Gipfel wird der Münchner Polizeisprecher im Vorfeld wie folgt zitiert:

Doch nicht nur Gewalttätern will die Münchner Polizei konsequent entgegentreten, sondern auch Versuchen zu sogenanntem „zivilen Ungehorsam“. Das sei ein „erfundener Rechtsbegriff“, stellt Münchens zweithöchster Polizist die Position der Sicherheitsbehörden klar - wer damit argumentiere, verharmlose Straftaten. Straßenblockaden oder Störaktionen wie im September im Umfeld der Autoschau IAA würden deshalb keinesfalls toleriert und begangene Rechtsverstöße konsequent angezeigt. „Legitimer Protest endet dort, wo strafbares Verhalten beginnt“, so der Polizeivizepräsident.

Wie ist denn die aktuelle Rechtssprechung dazu? Wie schätzt ihr friedliche Blockaden (z.B: auch von der Letzten Generation, die gerade regelmäßig den Berufsverkehr blockiert) ein? Welche Erfolge haben Protestbewegungen in den letzten Jahrzehnten mit zivilem Ungehorsam erreicht?

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Friedlich ist grundsätzlich ja gut. Mir stellt sich aber oft die Frage bei solchen Aktionen, was soll erreicht werden und treffe ich im konkreten Fall die richtigen Personen damit?
Wenn ich den Berufsverkehr blockiere, hindere ich primär Berufspendler und Berufskraftverkehr daran, ihrer bezahlten Arbeit nachzugehen. Die meisten befinden sich ja nicht unbedingt freiwillig oder aus Spaß im Auto/LKW auf der Strasse. Was will ich als Protestler also diesen Menschen mitteilen durch eine Blockade? Kann ich wirklich erwarten, dass Berufspendler sagen „Klasse Idee, hab ich gar nicht dran gedacht, das ich gar nicht mit dem Auto fahren muß“?
Ich finde da aufklärende, durchaus kreative Aktionen, gerne auch einen zum Nachdenken anregenden Flashmob oder künstlerische Events nachhaltiger, weil ich den Zielgruppen eine gewisse Freiwilligkeit lasse, sich mit einem Thema zu beschäftigen, als mit erhobenen Zeigefinger sehr negativ ein Thema verbreiten zu wollen.
Andererseits ist das mediale Interesse bei derartigem zivilen Ungehorsam oft größer, da es außerhalb der Norm liegt. Doch ist die entsprechende Berichterstattung oft eher negativ angehaucht.
Aber eine Interessante Fragestellung.

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Wenn ich mir diese Reaktionen ansehe, dann würde ich sagen: Ja

Der Polizeivizepräsident verwechselt natürlich völlig bewusst die Wörter „legal“ und „legitim“. Ob ein Protest legal ist, regelt das Gesetz, ob er legitim ist, liegt im Auge des Betrachters, und auch illegaler Protest kann in den Augen weiter Teile der Bevölkerung, oder sogar der Mehrheit, legitim sein.

Ziviler Ungehorsam ist bloß die Bezeichnung für eine Protestform, unabhängig vom Inhalt, die an sich nicht von Vornherein „gut“ oder „schlecht“ ist. Selbst der reaktionärste deutsche Polizeigewerkschaftsfunktionär wird vermutlich die Montagsdemonstrationen 1989 in der DDR als gerechtfertigt ansehen, während man auf der anderen Seite die wiederholten, bewussten Holocaustleugnungen einer Ursula Haverbeck formal sicherlich auch als zivilen Ungehorsam bezeichnen könnte, die aber eben völlig zu Recht praktisch einhellig nicht als legitim angesehen werden.

Womit der Herr Polizeivizepräsident aber natürlich prinzipiell Recht hat, ist dass ziviler Ungehorsam in aller Regel gegen Gesetze verstößt – wobei es sich durchaus auch bloß um Ordnungswidrigkeiten handeln kann, also nicht unbedingt um Straftaten, wie er behauptet. Die Gesetzesübertretung ist aber geradezu das entscheidende Kriterium, neben der grundsätzlichen Friedfertigkeit (zivil = Gegensatz zu militant), was einen Protest erst zum zivilen Ungehorsam macht. Angemeldete Demonstrationen, die auch den Verkehr behindern, sind also bspw. kein ziviler Ungehorsam.

(Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Bspw. kann es sein, dass Menschen sich im Wege zivilen Ungehorsams Anordnungen/Maßnahmen der Polizei widersetzen, die sich im Nachhinein als rechtswidrig herausstellen. Dann wäre z.B. eine Widerstandshandlung nicht strafbar gewesen, aber zum Zeitpunkt der Aktion wäre das vermutlich unklar gewesen.)

Allgemein gilt aber: Wer zivilen Ungehorsam ausübt sollte sich im Klaren sein, dass er eine Gesetzesübertretung begeht, für die er vom Rechtsstaat belangt werden kann, wenn er identifiziert wird. Ziviler Ungehorsam ist also vor dem Gesetz kein Rechtfertigungsgrund, der zu Straffreiheit führt, und man kann das mit etwas gutem Willen so interpretieren, dass der Herr Polizist das meinte, als er sagte es wäre ein „erfundener Rechtsbegriff“.

Auf der anderen Seite existieren in unserem Rechtsstaat allerdings auch für die staatlichen Organe Grenzen bei der Beseitigung rechtswidriger Zustände und der Verfolgung von Gesetzesübertretungen wie Sitzblockaden, was u.a. unter den Begriff Verhältnismäßigkeit gefasst wird.

So darf die Polizei z.B. ein falsch geparktes Auto nicht einfach in die Luft sprengen, um diesen Zustand zu beenden, sondern muss selbst bei einer notwendigen Umsetzung sorgfältig darauf achten, dass das Fahrzeug nach Möglichkeit unbeschädigt bleibt, zumindest solange keine schwerwiegende anderweitige Gefahr droht, bspw. weil das Auto die Feuerwehrzufahrt zu einem brennenden Haus blockiert. Oder es gibt sogar gar keinen ausreichenden Grund, das Auto zu entfernen und sie darf zwar ein Bußgeld verhängen aber muss den rechtswidrigen Zustand ansonsten einstweilen dulden.

Verschiedene Polizeibehörden sehen sich bei Einsätzen gegen zivilen Ungehorsam aber leider nicht in einer vergleichbaren Pflicht zur Schadensminimierung oder temporären Duldung, sondern sehen das Motiv insbesondere „linksgerichteter“ Protestierer eher noch als extra Motivation, es diesen mal so richtig zu zeigen und bei der Räumung möglichst viel Kollateralschaden zu erzeugen. Das können sie tun, denn sie haben ja nichts zu befürchten. Entsprechende Strafverfahren werden routinemäßig eingestellt, Verwaltungsgerichtsurteile zur Rechtswidrigkeit von Maßnahmen haben keine praktischen Folgen, und wenn im Extremfall doch mal ein Schmerzensgeld gezahlt werden muss, übernimmt das sowieso der Steuerzahler.

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Also ich sage im Gegensatz zu @sebs303: Nein

Die Sache ist doch, dass man durch zivilen Ungehorsam zum einen Aufmerksamkeit erzeugen will, aber auch die Politik unter Druck zu setzen möchte, damit sich etwas ändert.

Der erste Punkt funktioniert damit sehr gut. Ob die Aufmerksamkeit positiv oder negativ ist und um was es genau (z.B. Lebensmittelverschwendung oder Klima) geht aber oft bisschen unter. Dennoch generieren diese Aktionen sehr viel Aufmerksamkeit.

Den zweiten Punkt hingegen sehe ich aber bei Protesten, wie „sich auf die Straße kleben“ in keiner Weise gegeben. Was interessiert es die Politik, wenn es dadurch Staus gibt? Hier wird doch kein Druck auf dieselben aufgebaut.
Was es dagegen macht ist, dass man Leute, die man eigentlich als Unterstützer bräuchte, im Prinzip vergrault und nervt.

Mal zwei ganz praktische Beispiele:

Umweltaktivisten besetzen ein Waldstück, das für den Braunkohleabbau abgeholzt werden soll. Man hindert so den Konzern an der Abholzung, begleitet vom entsprechenden Medieninteresse.
Vor Ort wird der Konzern eher genervt sein, weil der Zeitverzug ihm Geld kostet. Die Arbeiter vor Ort werden das je nach Vertrag (Geld fließt oder nicht in der zeit) evt gelassen sehen.
Durch das Medieninteresse gewinnt das Thema (Schutz der Wälder) ein eher positives Interesse, das inhaltliche Ziel wird erreicht und in den Medien auch eher positiv kommentiert.
Rechtlich könnte da Landfriedensbruch oder ähnliches ein Thema sein, was aber in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Aufmerksamkeit erregen wird. Diese Art ziviler Ungehorsam wird wohl gesellschaftlich eher akzeptiert und hat ein positives Echo.

Beispiel 2: „Autogegner“ besetzen in der Rushhour eine Hauptverkehrsstrasse und legen den Verkehr lahm und klettern mit Plakaten auf die stehenden Autos. Ziel soll sein auf die übermäßige Anzahl von Autos in Innenstädten hinzuweisen. Hier erzeugt man aber um einen genervte Autofahrer, die im Grunde nur nach Hause wollen und ggf gar nicht anders können als das Auto zu benutzen. Dazu werden ggf Autos beschädigt, auf den Kosten dafür bleibt der Autobesitzer ggf sitzen. Das Medieninteresse ist ebenfalls groß, aber eher negativ. Obwohl die Aktivisten genauso friedlich auftreten wie die im Wald. Hier wird das inhaltliche Ziel eher nicht erreicht, das die Gesellschaft sich eher mit den Autofahrern identifiziert (weil man die Situation selbst gut kennt). Hier ist der zivile Ungehorsam wohl eher kontraproduktiv.

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Meine persönliche Meinung: Entscheidend ist ob die Bürger sich in die Rolle des Geschädigten hinein versetzen können oder denken es treffe die Richtigen.

Auto fährt fast jeder und kennt das nervige Phänomen Stau aus eigener Erfahrung. Daher sind die Sympathien klar verteilt.

Beim ersten Beispiel hingegen geht es ja gegen einen Konzern und für die Umwelt. Dass (unter Umständen) Menschen von der Abholzung abhängig sind (Mitarbeiter, Energiesicherheit) wird da gern ignoriert.

Liegt es daran, dass die Bürger sich in diesem Fall unbetroffen fühlen? Auf großer Skala gibt es eine Analogie zu weltweiten Krisen. Ein Krieg im fernen Afrika interessiert viele Deutsche kaum bis gar nicht. Ein Krieg in der nahen Ukraine hingegen lässt uns eine Zeitenwende ausrufen. Schließlich sind die Ukrainer uns (gefühlt relativ) nahe und ähnlich und damit können wir uns gut hinein versetzen.

Gegen mutwillige Beschädigung gibt es ja die Maßnahme der Notwehr.
Das könnte für die Demonstranten übel ausgehen.

Oder „Greenpeace“ fliegt mit einem Motorgleitschirm in ein vollbesetztes Stadion.
Herzlichen Glückwunsch zu der Aktion! Genau wie für die andere Seite mit den „Spaziergängern“ wünscht man sich manchmal die Prügelstrafe zurück.

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Es gibt in Deutschland seit Jahren Proteste von FFF friedlich in Städten. Ergebnis: „Die Politik“ tut „nichts“. Die Aktivisten haben auch bereits vor Ministerien protestiert. Ergebnis wiederum, dass sich „nichts“ tut. Die Politiker haben immer noch mehr Angst vor imaginären Gelbwestenprotesten, als vor Umweltaktivisten. Das ist die Ausgangslage vieler Aktivisten.
Vor diesem Hintergrund kann man durchaus sagen, dass „die Autofahrer“ die nächste Zielgruppe sind. Diese verursachen erheblichen Umweltschaden und da ist es auch gerechtfertigt, diese darauf hinzuweisen. Dass diese gar nicht anders können, als das Auto zu benutzen ist ja ein Teil des Problems. Wir sind so fixiert auf das Auto, dass uns gar nicht bewußt ist, dass wir alle Menschen, die nicht Auto fahren können, von der Mobilität ausschließen. Darum fährt der 80-jährige immer noch und eine 16-jährige steigt bei dubiosen Typen ins Auto, weil sie anders nachts von der Party nicht nach Hause kommt.
Welche Alternativen haben die Umweltaktivisten denn noch, die nicht bereits ausgeschöpft wurden? Und aus meiner Sicht ist es auch nicht so, dass diese Blockaden besonders viel bewirken würden. Das bringt mich dazu, dass ich mir echt schwer tue solche Aktionen einzuordnen. Selbst das Zerstechen von SUV-Reifen. Einerseits ist es ganz klar Sachbeschädigung und nicht OK, andererseits frage ich mich aber auch, was sollen sie sonst noch machen? Die Aktivisten haben ja ganz klar einen Punkt. Die Fakten sind auf ihrer Seite und es geht um ihre Zukunft. Und die Folgen des Klimawandels sind dramatisch.

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Stimme da absolut zu. Aber meist treffen diese Aktionen die falschen Adressaten. Klar kann ich einen Autofahrer einige Stunden festsetzen und ihm deutlich machen, das er eine Dreckschleuder bewegt und damit den Klimawandel befeuert. Nur wird er dewegen ja nicht unbedingt auf das Auto verzichten können, obwohl er/sie den Aktivisten inhaltlich wahrscheinlich absolut zustimmt. Nun wählt der Autofahrer evt schon Parteien, die den Klimaschutz forcieren, und verzichtet auf unnötige Fahrten. Aber er/sie muss halt zur Arbeit, und das geht nur mit dem Auto. Da trifft man irgendwie die Falschen.
Da sollten die Aktivisten, die sich ja mit Masse vernünftigen Themen zuwenden, primär versuchen, Menschen zu aktivieren mit informativen und aufklärenden Aktionen und sich damit direkt an die Politik wenden. Politik bewegt sich primär, wenn es um Wählerstimmen geht.
Wenn mich junge Menschen in der Stadt an einem Stand ansprechen und mich mit belegbaren Informationen versorgen und zur sachlichen Diskussion bereit sind, oder im Feierabendstau ggf Info-Zettel an die Autofahrer verteilen mit Kerninformationen zum Klimawandel, das sitzt m.E. eher.
Problematisch sind meist diese Aktionen, wo Menschen mit Druck oder Gewalt belehrt werden sollen. Das erzeugt eher Widerstand als EInsicht.

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Ich finde, dass die Zielgruppe da schon sehr passt. Dass da ein Großteil der Autofahrer die klimafreundlich wählen ist aus meiner Sicht nicht glaubwürdig. Der Anteil an klimafreundlich-Wählern ist bei Autofahrern geringer als bei Nicht-Autofahrern. Wenn man sich dann das Ergebnis der letzten Wahlen ansieht, ist es so, dass das eine kleine Minderheit ist. Noch dazu eine, die vermutlich dafür sogar Verständnis hat. Diese als Gegenargument für solche Demos anzuführen halte ich nicht für stichhaltig.

Aus meiner Sicht gilt dies nicht für Klimathemen.

Das glaube ich nicht. Die Trefferquote ist hier sehr schlecht. An so einem Infostand bleiben nur die Leute stehen, die ein Interesse an dem Thema haben. Einen überzeugten SUV-Fahrer wird man da nicht überzeugen. Wenn der dagegen 1h aufgehalten wird, hinterlässt das einen bleibenden Eindruck. Da regt der sich auch noch Tage später drüber auf. Dadurch wird er nachhaltig auf das Problem aufmerksam gemacht. Das ist kein nettes Vorgehen, kein positiver Eindruck, aber es erzeugt Aufmerksamkeit sehr fokussiert bei der richtigen Zielgruppe.

Wie groß ist denn der Anteil der Leute, die tatsächlich das Auto nehmen müssen? Aus meiner Sicht gibt es eine ganze Menge an Menschen, die das denken, weil wir nur in der Kategorie „Auto“ denken. Die Durchschnittliche Pendlerstrecke beträgt 17km (meine ich). Da können sehr viele Pendler statt dem Auto das Fahrrad nehmen, z. B.

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Auch eine Meinung. Vielleicht noch kurz zur Erläuterung: Ja, sicher, die Zielgruppen passen ja schon, aber erreicht man diese dann auch im Sinne des Umdenkens?
Das ein Großteil der Autofahrer klimafreundlich ist, habe ich ja auch nicht behauptet, es ging hier um ein Einzelbeispiel. Ich kenne auch genug Menschen, die mit dem 2 Tonnen SUV die 500 Meter zum Bäcker fahren. Aber die werden diese Bequemlichkeit nicht so einfach ablegen. Doch es gibt auch genug Autofahrer, die nicht einfach umsteigen können oder sich Alternativen leisten können. Mit denen trifft man die Falschen.
Zudem sind auch Klimathemen für Politiker relevant. Vielleicht nicht in dem Maße, wie man es gerne hätte oder es nötig wäre. Dazu gibt es zu viele divergierende Interessen in der Politik und Gesellschaft.
Mit Infostand habe ich sicher ein schlechtes Beispiel erwischt. Luftballons verteilen zieht heute nicht mehr. Aber speziell unsere jüngere Generation hat da sicher viele kreative und zielführende Ideen, die rechts- und gesellschaftkonform sind.
Wenn ich die Zahl der Pendler richtig im Kopf habe, sind es rund 40% mit mehr als 35 km einfache Strecke. Wenn jemand genaue Zahlen hat, lasse ich mich gern berichtigen.
Ich würde die 45 km einfache Strecke jeden Morgen auch gerne mit dem Fahrrad fahren, aber schaffe die 100 Km/h auf der Autobahn nicht. :slight_smile:
Der 25jährige Dachdecker oder die 35 jährige Bürokauffrau können da sicher mit dem Fahrrad fahren, die 55jährige Krankenschwester im Schichtdienst oder der 30jährige Bankkaufmann ohne Dusche im Büro wird zumindest überlegen. Aber ich stimme dir zu, viel könnten Alternativen nutzen. Nur überzeuge ich die nicht mit Druck, sondern eher durch Überzeugung. Ein daurhaftes 9-Euroticket, Bike-Leasing und tolle Radwege bringen da sicher mehr für die Veränderungsbereitschaft.
Als Kind der 70er ist mir sicher noch das Extrembeispiel der Roten-Armee-Fraktion in Kopf, wo politischer Aktivismus in Terrorismus gegen den Staat mündete. Daher sehe ich „zivilen Ungehorsam“ immer mit einem unguten Gefühl. Ich möchte aber ausdrücklich die heutigen Aktivisten nicht mit der RAF in einen Topf werfen!

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Ich würde es anders sehen. Die FFF Proteste haben die gesamte Klimathematik komplett in den „Mainstream“ geschoben und haben bei sehr vielen Leuten die (Achtung neudeutsch) Awareness bzgl. der Klimakrise erhöht.

Diese massive Aufmerksamkeit hat aber auch dazu geführt, dass man etwas überschätzt, wie viel Einfluss das Klima auf die Wahlentscheidung hat. Siehe hier:

oder hier

Es scheint so, dass zwar viel protestiert wurde, man die meisten Menschen nicht erreicht.
Jetzt meine These: Die erreicht man aber auch sicherlich nicht durch zivilen Ungehorsam, in dem man sich auf die Straße klebt. Das verhärtet in meinen Augen nur die Fronten. Hanz im Gegensatz zu den friedlichen Protesten von FFF, die u.a. für den Grünen-Höhenflug mitverantwortlich sind!

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Mir persönlich würde als erstes zu genau solcher Aktion spontan einfallen: den ÖPNV bevorzugen, den PKW Verkehr blockieren.

Dann trifft es nämlich mehrheitlich „die Richtigen“

Tja, das ist die große Frage, auf die es vermutlich keine einfache Antwort gibt. Du hast auf jeden Fall einen Punkt, denn Zwang ist schlechter, als Freiwilligkeit. Wie man das erreicht, ist die große Frage. Was bei mir funktioniert, ist vormachen und wenn man dann ins Gespräch kommt, Autofahrern die Vorteile das Fahrrads vor Augen zu führen (also ich steh hier direkt vor der Tür und musste keinen Parkplatz suchen). Das leitet aus meiner Sicht oft den Start eines Umdenkens ein, denn die Vorteile sind so offensichtlich, dass alle die gut finden. Fahrradfahren tun sie deshalb aber noch lange nicht.

Bequemlichkeit ist ein Punkt, aber eine bessere Beschreibung ist aus meiner Sicht „Gehirnwäsche“. Hört sich erstmal hart an, aber der Begriff passt aus meiner Sicht und Erfahrung gut. Denn an vielen Stellen habe ich nicht bei meinen Entscheidungen für ein Verkehrsmittel das Auto immer unfair bevorzugt (zum Teil auch zu meinem eigenen Nachteil). Ein Beispiel hierfür ist, z. B.:

Ich habe immer die Autostrecke für den Vergleich mit dem Fahrrad zu Grunde gelegt. Bei meiner letzten Arbeitsstätte waren es z. B. 30 km Autofahrt, mit dem Fahrrad aber nur 18 km.

Das ist völlig richtig, daher habe ich auch „nichts“ geschrieben. Es tut sich was, das ist völlig richtig. Aber es ist immer noch ein großer Teil Awarness und ich habe nicht den Eindruck, dass sich jetzt massiv was ändert in Bezug auf das Klima. Siehe Tempolimit, Tankrabatt, Abstandsregeln für Windräder,… Als Aktivist wäre ich von der Politik nicht überzeugt.

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Laut Google Maps sind es mit dem Auto 45 km in 45 min, mit dem Fahrrad 46 km und 2h 47 min. Einfache Strecke. Ich bin ja wirklich nicht bequem, aber fast 5,5 h Fahrradfahren für 8h Arbeit? Mit ÖPNV dauert es knapp 3h, und komme ca. 45 min zu Spät, weil der erste Bus erst um 5:30 Uhr fährt.
Also ganz so einfach ist es nicht immer, mal nur an meinem Beispiel besehen.
Aber ja, viele kann man sicher überzeugen, aber nicht mit Gewalt, sondern eher mit attraktiven Angeboten zum Umstieg.

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Welche Gewalt ist denn das blockieren von Straßen? Ich denke du nutzt unfreiwillig oder absichtlich ein Frame für ‚Person versperrt den Arbeitsweg‘. Körperlich übergriffig sind mir bisher nur die Autofahrer aufgefallen. Mag sein das es mit ein paar 20 jährigen machbar ist jemanden einfach so anzufassen und aus dem weg zu heben, aber die Leute mit denen ich hin und wieder so auf der Matte stand fasst du nicht so an. Schon allein weil deren Physis den 0815 ‚Ich nehm mal das Gesetz in die Hand‘ Dude abschreckt. Und vielleicht auch, weil 90-110 Kilo trainiertes Fleisch auch passiv so viel Aufwand benötigen, dass es dann schon grenzwertig wird.

Was will ich damit sagen: Es quatscht sich immer alles so leicht, wenn es gegen Leute geht, die als ‚weniger stark‘, ‚weniger mächtig‘ angenommen werden. Je breiter der gesellschaftliche Support wird, desto weniger werden die Protestler die Vorurteile vom ‚Öko Jugendlichen‘ erfüllen.

Es hat sich in dieser Legislatur so ca. gar nichts wirklich getan. Willenserklärungen und wie beim Tankrabatt genau die falsche Richtung. Wir haben extremes Glück, dass die aktuelle Generation an Jugendlichen nicht so drauf ist wie meine (BJ 76) oder die der Eltern (Generation RAF).

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So negativ sehe ich das nicht ganz, es tut sich einiges, aber das dauert noch Jahre den Stillstand wieder aufzuholen, Klima/Wirtschaft ist genau richtig wichtig zusammen, aber kaum war man im Amt, ging die Ukraine Ablenkung los, es dauert, so ein Land und Transformationen und weltweite Umbauten im Bereich Energiesysteme das dauert, und die Ergebnisse sind auch nicht sofort sichtbar.

Es redet sich z.b. leicht EE solle man hochfahren… Die Dimensionen sind unglaublich groß, so einfach geht es nicht… bevor wir irgendwas von der jetzigen Regierung sehen/spüren werden noch ein/zwei hoffentlich nicht zu strenge Winter vergehen.

Der Tankrabat vom Lindner, ist halt auch so ein Ablenkungsaufhänger von denen, um die Blödel ruhig zu stellen, die an nix anders Denken wie mit ihrem xxx PS Verbrenner SUV gas zu geben…

Diese Regierung muss ganz vorsichtig agieren, weil wenn nach 4 Jahren schluss wäre, da ist noch gar nicht viel erreicht, die brauchen mindestens 4 * 2 oder sogar auch 4*4 Jahre um den alten Schmoder erstmal aufzuarbeiten.

Alleine die ganzen Beamten in den Ministerien zu identifizieren die alles blockieren/behindern, das wird noch lange lange dauern… manche gehen aber jetzt in Pension :innocent: :grinning: :stuck_out_tongue:

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Nochmal zurück zum Thema: Was bedeutet eigentlich ziviler Ungehorsam? In meinem Verständnis setzt man sich zur Verbreitung oder Durchsetzung bestimmter Ansichten oder Meinungen über Normen oder ggf geltendes Recht hinweg.
Was in Folge ja bedeutet, das ich damit möglicherweise in den Rechtsbereich anderer Menschen eingreife zu deren Nachteil.
Im Grunde also versucht man/frau, andere Menschen schon sehr nachdrücklich von den eigenen Ansichten zu überzeugen. Dazu sind u.U. nicht mal Argumente notwendig, sondern ggf nur eine kurze Aussage worum es geht.
Ich habe da immer noch Zweifel, ob man so nachhaltig Menschen überzeugen kann. Zudem gleitet das oft in ein belehrendes Verhalten ab, das sehr von oben herab ankommt.
Am Beispiel Autofahrer:" Du Autofahrer bist eine Drecksau, weil du ein Verbrenner-Auto benutzt, und darum behindere ich dich jetzt, bis Du Dein Auto stehen lässt und nur noch zu Fuß gehst oder Rad fährst. Und ob das für dich überhaupt möglich ist, ist mir egal!"
Sehr überspitzt formuliert, aber die Kernaussage kommt so möglicherweise an beim Autofahrer. Erreiche ich als Aktivist so mein Ziel?

Wahrscheinlich nur bei wenigen, aber was ist die Alternative?

Versuch doch mal als Flexitarier einen Fleischesser zu weniger Fleischkonsum zu bewegen.

Du wirst erstaunt sein, wie schnell du zum militanten Veganer gestempelt wirst.