Einmalzahlung und Verwaltungsdigitisierung

Ich komme bei der aktuellen Folge wieder nicht umhin, mich zu fragen, ob bei der Einmalzahlung nicht genau das gemacht wurde, was ihr in einer der Digitalisierungsfolgen letztes Jahr empfohlen habt. Ja, es war keine richtige Zweifaktor-Authentifizierung, aber ihr sagt ja selbst, dass die für diesen Anwendungsfall auch nicht zwingend war. Ist es nicht vielmehr so, dass die Gelegenheit genutzt wurde, die Studierenden (quasi als Pilot-Gruppe) zur Nutzung der Bund-ID für die Zukunft zu bewegen? Wenn ich mich richtig erinnere, habt ihr damals vorgeschlagen, die Bund-ID für BAFöG verpflichtend zu machen.

Vor diesem Hintergrund erschließt sich mir eure aktuelle Kritik nicht ganz, vielleicht habe ich einen Denkfehler?

natürlich sind wir dafür, Pilotprojekte als Zugpferde der Digitalisierung zu nutzen - das haben wir auch nicht kritisiert … wir haben kritisiert, dass bei diesem wichtigen Modellprojekt die Server auf gleich drei Ebenen der Reihe nach die Grätsche machen und außerdem die Rechtsgrundlage für den Zwang zur Nutzung der BundID zumindest wackelig ist.

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Ich stelle in der Zusammenarbeit mit Behörden, öffentlichen Trägern und Institutionen oft fest, das ein Hemmschuh der Digitalisierung darin liegt, das analoge oder teildigitale Arbeitsweisen oft zum Selbstzweck mutiert sind und vielen subjektiv dem Arbeitsplatzerhalt dienen, da eine erfolgreiche und Prozesse vereinfachende digitale Verwaltung Arbeitsplätze obsolet machen würde.
Beispiel: in meinem Arbeitsbereich waren vor wenigen Jahren noch 6 Kollegen:innen in Vollzeit tätig. Vor 4 Jahren hab ich mit einer jungen pfiffigen und motivierten Kollegim alle Arbeitsprozesse soweit möglich digitalisiert und vereinfacht, heute sind wir noch 4 Kollegen:innen, davon 2 in Teilzeit. Prinzipiell würden 1 Vollzeit- und 1 Teilzeitstelle reichen, wenn man Urlaubs- und Krankheitszeiten außer Acht lässt.
Diese Entwicklung sehen besonders ältere Kollegen:innen sehr kritisch, die mangels Flexibilität und Veränderungsbereitschaft Angst haben, vor der Rente wegrationalisiert zu werden. Diese stehen einer Digitalisierung nachvollziehbar bremsend gegenüber.

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Du beschreibst meine Realität, vielen Dank!

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Ich würde den Akzent hier ganz anders setzen. Eure Begeisterung für die (ja notwendige) Digitalisierung in Ehren. Ich finde es ein Unding, dass die Studentenschaft hier als Pilotgruppe für eine nur digital mögliche Einmalzahlung mit (vom Ansatz her) verpflichtender Bund-ID ausgenutzt wurde. Keine Mensch darf doch als Mittel zum Zweck (Verbreitung der Bund-ID o. ä.) benutzt werden, oder?
Es wäre dann völlig in Ordnung und auch wünschenswert, wenn das ob und das wie des Verfahrens die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht verletzen würde. Man hat sich hier wohl gezielt eine junge Gesellschaftsgruppe ausgesucht, von der man annimmt, dass sie durch und durch digitalaffin sei. Dies mag sein (wobei es sicher auch Ausnahmen gibt), ändert jedoch nichts daran, dass auch die Mitglieder dieser Gruppe Träger von Grundrechten sind. Ihr habt in nur einem Satz angedeutet, dass die Datenschutzbehörde bewusst und abgesprochen die Füße stillhält… Wow, das ist doch total unethisch, wenn eine staatliche Stelle, die zum Schutz von Grundrechten seiner Bürger tätig werden soll, das wissentlich nicht macht, aus einem übergeordneten Interesse??? Das nicht das Interesse der Betroffenen ist??? Wer braucht den so eine Stelle? Und was für ein Vorbild an digitaler Kompetenz und Kritikfähigkeit für die junge Generation! Ich bin davon überzeugt, dass wir Digitalisierung (der Verwaltung) nur mit dem Recht hinkriegen, nicht gegen oder ohne das Recht. Das wird nicht funktionieren, weil es nicht nachhaltig ist; ich meine: wie lange wird wohl die Datenschutzbehörde wegschauen- auf ewig? In der Pandemie haben die Datenschutzbehörden der Länder in gleicher Weise bewusst weggeschaut (weiß ich von intern), als es um die Persönlichkeitsrechte von Schülerinnen und Schülern im Zusammenhang mit dem „digitalen Lernen“ ging. Dies wurde noch nicht einmal angesprochen; wurde einfach unter den Teppich gekehrt. Daran finde ich besonders verwerflich, dass es auf Kosten von Minderjährigen ging, die nicht selbst auf ihre Rechte pochen können sondern dafür auf die Erwachsenen angewiesen wären, die sie einfach im Stich gelassen haben (der Zweck heiligte die Mittel); der Lernfortschritt durch digitalen „Unterricht“ war dann ja ohnehin mehr als fragwürdig. Die SchülerInnen waren einfach doppelt und dreifach im Stich gelassen. Grundrechte stehen auch denen zu, die mangels Reife und Kraft nicht selbst auf sie pochen können… Das sollte in einem Rechtsstaat eine Selbsverständlichkeit sein. Mit Kindern / Studierenden? kann man es ja machen… Frage: Wäre es denn so schwierig, das ganze im Einklang mit den Rechten der Betroffenen zu bewerkstelligen? Das interessiert mich bei diesem Thema am meisten. Danke!!!

Ich fand die Argumentation auch ein wenig an der Realität vorbei. Ich kenne nicht ein neues System das auf Anhieb einem Ansturm standgehalten hat. Ja ist schade, aber so darauf rumzureiten fand ich…schwierig.

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Danke für das Nachhaken und dran bleiben!

Warteschlangen sind bei Systemen, die sich für kurze Stoßzeiten extremen Belastungen ausgesetzt sehen, ein völlig übliches Vorgehen. Fand ich ein wenig unnötig, sich darüber lustig zu machen.

Auch wäre es schön, nicht immer von unverzeihlichen Fehlern zu sprechen. Gerade wenn man insgesamt das Projekt für recht erfolgreich hält. Ist jemand gestorben? Sind vertrauliche Gesundheitsdaten geleakt worden? Nein. Sind die Fehler dann wirklich unverzeihlich? Wenn ja, würde ich mir als Behörde/Beamter/Minister die Frage stellen, ob ich ein solches Risiko zukünftig noch eingehen will.

Wie es um unsere Fehlerkultur steht, sieht man am Besten, wenn etwas nicht klappt. Viel besser als alle Reden über „ausprobieren“, „mal was wagen“, „einfach mal machen“.

Auch wäre es schön gewesen, wenn es nicht erneut dieses Geraune vor der illegalen Bund.ID-Nutzung gegeben hätte. MWn muss jedes Land eine EPPSG Durchführungsverordnung erlassen, in Berlin findet sich da dann der §7: Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank

Wenn das eurer Meinung nach nicht genügt, dann wäre das interessant zu erfahren, wieso. Und ein totaler Skandal bzw. vielleicht ein Fall für eine Klage. Aber dieses Geraune, gerade in rechtlichen Dingen, hätte ich nicht von euch erwartet.

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Dem kann ich nur zu stimmen.

Ich sehe auch nicht was daran wesentlich besser sein soll, die Beantragung zu strecken. Denn wenn man seinen Slot verpasst hätte, dann müsste man nochmal - sagen wir z.B. eine Woche - warten, bis man wieder dran wäre? Das kann es ja auch nicht sein. Ich vermute, dass es dann genauso hämische Kommentare gegeben hätte.

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