(ein wenig) Verständnis für die SPD

Hallo an alle,

der Ukrainekrieg lässt uns weiter nicht los und die Kritik der Lage an der SPD reißt nicht ab.
Das ist sehr gut nachzuvollziehen, aber ich denke der Vorwurf der Kurzsichtigkeit ist angesichts der trüben Wetterlage doch leicht daneben und ich möchte hier noch einmal für (ein wenig) Verständnis für die Genossen werben.

Natürlich ist es eine Frechheit, dass DE bei der Lieferung angefragter Waffen hinter den Versprechen zurückbleibt. Das geht gar nicht. Darüber hinaus dürften die Versprechungen gerne auch etwas gewagter ausfallen, wenn es nach mir ginge.

Aber dass man eisern von Olaf Scholz verlangt, dass er den Sieg der Ukraine fordert und damit die Wiederherstellung der Grenzen vor 2014 meint, halte ich nicht für umsichtig. Die Forderung geht davon aus, dass die Ukraine mit ein paar Panzern dieses Ziel erreichen kann. Aber, ohne Experte zu sein, scheint dass doch ziemlich ausgeschlossen. Die Ukraine ist 5-1 unterlegen im Osten, müsste für eine Offensive aber - wir erinnern uns als im März noch etliche Militärs zu Wort kamen - 3-1 überlegen sein. Sie hat also 15mal weniger Truppen als benötigt. Da dürften auch Panzer nicht helfen. Russland hat bislang über 2000 Stück verloren. Die scheinen zwar dilettantisch ohne Ende, aber die Vorstellung dass die Ukrainer mit deutlich weniger viel mehr erreichen, ist doch sehr gewagt. Erst recht im offenen Donbass gegenüber weit überlegener Menge an Artillerie. Vielleicht sollte man noch einmal mit einem Militärexperten reden (über links bin ich dankbar).

Meine Konsequenz ist, dass nur ein NATO Einsatz die Rückeroberung ermöglichen würde. So scheint man auch bei der SPD zu denken und die wollen nun einmal nicht in den Krieg. Olaf Scholz lässt sich deshalb auf die Forderung nicht ein. Man muss das natürlich nicht teilen. Die Mehrheit der Deutschen (mich nicht eingeschlossen) steht aber einem Einsatz ablehnend gegenüber.

Ich denke das sollte man bei aller berechtigten Kritik an der SPD berücksichtigen.

LG

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Hallo @lu279,

ich bein in soweit bei dir, dass die SPD bzw. Olaf Scholz nicht die alleinige Schuld für das Verhalten Deutschlands trifft. Es gibt viele Stakeholder in Deutschland die Angst vor den russischen Wirtschaftssanktionen gegen uns haben (Öl- und Gas-Embargo).

Aber du mischt hier auch 2 Sachen durcheinander, nämlich einmal Waffenlieferungen und dann den Einsatz von Nato-Truppen an sich. Die Lieferung schwerer Waffen ist aber nicht nur für die Rückeroberung der besetzten Gebiete wichtig, sondern auch für Verhandlungsdruck auf Putin.
Bei der Rückeroberung der Krim gebe ich dir Recht, das wird schwierig ohne direkte NATO-Unterstützung.

Aber Russland hätte schon ein wichtiges Kriegsziel verpasst, wenn es den Landkorridor im Süden zwischen dem Donbass und der Krim nicht halten kann. Dieser ist sehr wichtig für die Versorgung der Krim, den andernfalls wäre die Krim, die ja hauptsächlich ein russischer Marinestützpunkt ist, nur sehr aufwendig und teuer zu versorgen und außerdem strategisch weit verwundbarer als mit einem Landkorridor.

Und die Rückeroberung der südlichen ukrainischen Gebiete ist durchaus nicht unrealistisch dort gibt es auch aktuell immer wieder angriffe der Ukrainer. Ich würde mich auch gar nicht wundern, wenn die deutschen und niederländischen Panzerhaubitzen eher dort als im Donbass genutzt werden.

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Danke! Auch nur noch einmal zur Klarstellung. Ich habe kein Verständnis für ausbleibende und zurückhaltende Lieferungen. Ich habe nur Verständnis dafür dass Scholz die Formulierung „Die Ukraine muss gewinnen“ verweigert. Denn dann müsste er in letzter Konsequenz auch der Forderung nach einem aktiven Truppeneinsatz zustimmen und das will er (wohl mit Rückendeckung der Bevölkerung) nicht.

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Dafür habe ich ehrlich gesagt kein Verständnis. Aus mehreren Gründen:

  1. Warum soll die Ukraine nicht gewinnen? Sie wurde 2022 völkerrechtswidrig angegriffen, 2014 wurde ihr Staatsgebiet teilweise völkerrechtsmäßig annektiert und ein anderer Landesteil wurde von Russland gestützt in einen Bürgerkrieg verwickelt. Das sind alles Völkerrechtsbrüche, die selbst verständlich rückgängig gemacht werden müssen.
  2. Aus der Forderung folgen ja keine konkreten Schritte. Es ist erst mal nur eine Aussage.
  3. Gerade weil es formal nur eine Forderung ist, ist es umso verwunderlicher, dass Scholz diese Aussage nicht treffen will. Und der einzige, mir persönlich logisch erscheinende Grund dafür ist: Scholz will Russland nicht verärgern. Und das aus wirtschaftlichen Gründen. Ist ja seinem außenpolitischen Berater vor kurzem auch rausgesrutscht.
    Es geht der Bundesregierung also mMn vorrangig darum, dass sich nach dem baldigen Waffenstillstand mit russischen Gebietsgewinnen die Preise für Gas und Benzin schnellstmöglich normalisieren.

Wie gesagt, es ist nicht die SPD oder Scholz allein, der sich da gegen alle anderen in Detuschland stellt, sondern es begrüßen genug andere Menschen in D diesen Kurs, da bin ich sicher. Inklusive der CDU natürlich, die pocht ja nur auf Waffenlieferungen, weil deutsche Rüstungsschmieden daran gut verdienen würden.

Aber Scholz ist nun mal der Kanzler, deswegen muss er für die Regierungsarbeit eben Kritik einstecken.

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2 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: Lieferung schwerer Waffen - was ist daraus geworden

llu279 -diesen Beitrag würde ich in einen der allgemeinen Threads zu Waffenlieferungen verschieben. Was meinst Du?

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Dazu müsste man erstmal klären, was „gewinnen“ bedeutet.
Ich würde behaupten, dass ein Krieg erst gewonnen ist, wenn tatsächlich Frieden herrscht. Leider gehören zu einem Friedensschluss zwei Parteien, d.h. damit die Ukraine gewinnt muss Russland akzeptieren, dass es verloren hat.
Ist bekannt, wann Russland seine Niederlage eingestehen wird? Wenn sie auf die Grenzen von Anfang des Jahres zurück geworfen wurden? Oder wenn sie Sevastopol verloren haben?
Die Ukraine hat die Rückeroberung Sevastopols zu ihrem Kriegsziel erklärt. Mit der Aussage „Die Ukraine soll gewinnen“ würde sich Scholz und mit ihm unsere Regierung diesem Ziel anschließen, und müsste jede Möglichkeit für ein Ende des Konflikts ausschlagen, die dieses Ziel nicht erfüllt. Ist dieses Kriegsziel überhaupt realistisch? Jeder Versuch, diese Stadt zu erobern war bisher mit mehrmonatigen Kesselschlachten und sechstelligen Opferzahlen verbunden. Könnte die Ukraine das leisten? Und was, wenn Russland die Kämpfe danach nicht einstellt? Unterstützen wir die Ukraine dann, bis Moskau gefallen ist? Oder Petersburg, falls Russland wieder mal seine Hauptstadt opfert?

Ich finde diese Fokusierung auf eine genaue Begriffsklärung an dieser Stelle total seltsam.

Bei dem Spruch „Nazis raus“ fragt doch auch niemand:
Wo genau sollen die raus? Was ist, wenn die Nazis nicht freiwillig gehen wollen? Und können die Nazis wieder rein, wenn sie gelernt haben sich tolerant zu verhalten? Wie wird später unser Verhältnis zu den Nazis sein?

Es geht darum die Situation für die Ukraine in diesem Krieg so gut es geht zu verbessern. Wo man da am Ende landet, weiß natürlich niemand, aber man kann doch erst mal anfangen.

Die einzige echte Festlegung, die man hier machen sollte, ist dass die Ukraine nicht auf russisches Territorium vorrückt. Wurde bei der Raketenartellerie ja auch als Bedingung genannt und das halte ich auch für sinnvoll.

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Ich finde das gar nicht so seltsam eigentlich. Neben den notwendigen Taten wird vom Bundeskanzler ein entsprechendes Bekenntnis verlangt, fair enough das kann man schon erwarten.
Aber es ist doch durchaus relevant wozu genau er sich denn überhaupt bekennen soll. Man kann wohl guten Gewissens davon ausgehen, dass auf der Pro-Ukraine-Seite nicht alle das gleiche wollen. Und dann ändert sich daran auch noch mal was.

Ganz ehrlich: Ich finde es schon ziemlich fraglich, das Beenden von Völkerrechtsbrüchen als „gewinnen“ zu bezeichnen. Die Ukraine hat hier nichts zu gewinnen. (Aber das wird nicht der Grund sein, wieso die SPD sich dieser Formulierung verweigert.)
Ein typisches Beispiel von „moving the goal post“.

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Und genau so ein Bekenntnis fehlt bisher von Scholz.

Als 1989 die Mauer aufging, da wusste niemand wirklich wie es mit Ost- und West-Deutschland weitergehen würde. Und trotzdem waren die meisten Deutschen recht schnell von der Idee einer Wiedervereinigung überzeugt.

Da hat ja auch niemand gesagt: „Was genau bedeutet eigentlich Wiedervereint?“ und verlangt, dass der Kohl die Soli-Sätze für die nächsten 20 Jahre festlegt bevor auch nur ein Hunderter Begrüßungsgeld gezahlt wird.

Für mich ist dieses Beharren auf Details eine Verzögerungstaktik, tut mir leid wenn ich das so direkt sagen muss.

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Ich habe kein Verständis für die Kommunikationsunfähigkeit von Herrn Scholz: https://twitter.com/shortymatic/status/1541771725318356993

Das ist also die öffentlich verlautbarte Position der Bundesrepublik Deutschland bezüglich der Frage von Sicherheitsgarantien nach einem Ende des Krieges. Erschütternd.

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Während ich volles Verständnis für die grundsätzliche Vielschichtigkeit der Situation habe, stimmt mich das Verhalten von Hrn. Scholz und des Kanzleramtes als Solches sorgenvoll.

Wie in der aktuellen „Lage“ schön herausgearbeitet wird, befindet sich das Kanzleramt zzt. in selbst-auferlegter Isolation. Niemand weiß so recht, was vor sich geht und selbst Experten zu dem Thema werden weder gehört noch empfangen. Diese Entwicklung empfinde ich im höchsten Maße beunruhigend. Während man natürlich nur spekulieren kann, was die Gründe dafür sind, komme ich nicht umhin, dass das gesamte Kanzleramt sich die Ohren zu hält und „Lalala“ singt. Das würde bedeuten, dass sich dort auf eine Strategie geeinigt wurde, die man durchzuziehen beabsichtigt - egal was die „Außenwelt“ davon hält.

Ein weiterer für mich beunruhigender Aspekt daran ist übrigens, dass die „Lage“ ebenfalls dargelegt hat, dass die im Kanzleramt vorhandenen Berater mindestens veraltete, wenn nicht gar „pro-russische“ Agendas vertreten. Meinungsvielfalt und Diskussionskultur scheint jedenfalls nicht zu herrschen. Gerade das macht mMn einen demokratischen Staat jedoch aus.

Unseriös und aus einem Agententhriller geklaut ist der Gedanke, dass der Kreml einen Fürsprecher im Kanzleramt haben könnte, der hier durch Isolation des Amtes eine Meinungshoheit beim Kanzler erreichen will. Gehabt hab ich ihn trotzdem. Ob er realistisch ist und überhaupt funktionieren würde? Keine Ahnung.

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Naja wenn er wollte könnte Herr Scholz das ganze ja sehr einfach auflösen.

„… In einem Krieg wie diesem gibt es kein Gewinner, deshalb finde ich die Formulierung nicht angemessen … stehen zur Ukraine mit allen Mitteln. Habe heute morgen alles in die Wege geleitet damit jetzt sofort alle versprochenen Waffen so schnell wie logistisch möglich in der Ukraine ankommen … Das Ziel muss die Ukraine als angegriffenes Land vorgeben, das ist nicht unsere Rolle. Unser Ziel ist die Ukraine in Ihrer Verteidigung so gut zu Unterstützen wie es möglich ist. Solange die russischen Grenzen von 2013 nicht überschritten werden stehen wir Bedingungslos zur Ukraine und tun alles was wir können.“

Und Punkt. Was ich meine: es gibt keine Notwendigkeit sich auf diese „Gewinner“-Frage festnageln zu lassen, wenn man als Kanzler auch auf anderen Wegen klar kommuniziert was man will und vor allem wenn die Taten und die Worte kongruent sind. Niemand würde sich über solche Formulierungen Gedanken machen wenn aus den Taten klar würde wofür Deutschland steht.

Aber Kommunikation haben wir ja bei Herrn Scholz nicht bestellt…

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Aus meiner Sicht sind Gedanken wie diese die Konsequenz der Kommunikationsstrategie von Olaf Scholz. Er erklärt sich nicht ausreichend, also beginnt man automatisch, sich Erklärungen selbst zu schaffen. Dabei kommen dann auch agententhrillerartige Konstruktionen oder allgemein Verschwörungstheorien heraus. Das Problem ist dann nicht zwangsläufig das was real geschieht und geplant wird, sondern das Zerrbild, dass sich aufgrund mangelnder Kommunikation im Kopf des Bürgers festsetzt.

Der von @Guenter geteilte Link geht ebenfalls in diese Richtung. Klar kann Scholz mal einen Scherz machen und Humor ist bekanntlich sehr verschieden. Aber das Ausbleiben einer Erläuterung, warum er das jetzt nicht macht, ist symptomatisch. So bildet sich in meinem Kopf schnell der Eindruck, dass Scholz einfach arrogant ist, auch wenn die Realität völlig anders sein kann (z.B. Absprachen mit Alliierten, dass noch keine Details über Sicherheitsgarantien genannt werden, und ein fragwürdiger Kommunikationsstil kombiniert mit einem Humor, den ich zumindest nicht immer lustig finde).

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Dass Scholz schlecht kommuniziert ist im Grunde Fakt, das ist in meinen Augen keinen Thread mehr wert. Siehe der Beitrag von @Guenter, da fällt einem ja nichts mehr ein. Hier geht’s ja eher darum, weshalb er das tut und ob man nicht in irgendetwas dafür Verständnis finden kann.
Einen Versuch dafür habe ich im nicht zitierten Teil meines Posts gegeben. Die Kriegsziele sind nicht durchweg identisch, und sie verändern sich womöglich noch. Liefert jetzt Scholz die gewünschte rhetorische Solidarität legt er sich evtl. auf einen Kurs fest, den er nur begrenzt kontrollieren kann. Und wird später natürlich auch darauf festgenagelt. Nicht sehr attraktiv für Politiker. Obendrein belastet es halt auch die Beziehung zu Russland, auf dessen Gas wir aktuell leider noch angewiesen sind. Die im Winter kommende Krise wird er wohl mit Grauen erwarten.
Kann das als Ausrede herhalten um derart unterirdisch aufzutreten? Ne. Schadet es ihm mehr, als ihm sein so gewonnener Spielraum nutzt? Wahrscheinlich.

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Das ist kein guter Vergleich. Diese Frage konnte man grob beantworten: die und die Grenzen, wahrscheinlich Mitglied von den und den internationalen Organisationen, welche Gesetze mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter gelten, zukünftige Staatsform, usw. Da waren nur Details unklar. Vergleichbare Forderungen für die Ukraine wären „Wiederherstellung in den Grenzen von 2021“ oder „…von 2013“.

Hier mal wieder ein schönes Beispiel für den „Humor“ von Olaf Scholz. Wer hat den gewählt?

Ach du je… Das ist so dermaßen schlecht. Ich habe fast den (zugegebenermaßen etwas Verschwörungs-theoretischen) Eindruck, der Scholz macht das mit Absicht, damit „die Zivilgesellschaft“ sich bewusst darüber aufregt, eventuell ausreichend Druck macht und er dann doch irgendwas „machen muss“.

Anders kann ich mir so ein kommunikatives Versagen kaum erklären. Ich meine, der muss doch wissen dass solche Fragen kommen und sollte doch Leute haben, die ihm da wenigstens halbwegs staatsmännische Herum-Labber-Antworten zurecht legen, wie damals bei Merkel:
„Wir müssen in der Ukraine eine gemeinsame Lösung finden.“ oder so was.

Was ist denn da los?

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Dann kann man das ja auch genau so sagen. Den Journalisten ist das vielleicht klar. Den Zuhörern nicht unbedingt.

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