Ich weiß nicht, inwieweit es noch sinnvoll ist, diese Debatte jetzt immer noch zu führen. Meinem Gefühl nach sind die „Fronten“ (so man sie denn identifizieren kann) seit über einem Jahr dieselben und keiner ändert mehr zu dem Thema substantiell seine Meinung.
Zudem gehen wir, laut Drosten, gerade auf die „lange Zielgerade“ zu und als geimpfter Mensch, besonders ohne Kinder, ist man aktuell ohnehin wenig eingeschränkt - selbst bei sich verschlechternder Lage rechne ich damit, dass man dank 2 oder 3G-Regelungen nicht mehr großartig Nachteile zu erleiden haben wird. Will heißen - für viele Menschen (mich inklusive) ist dieses Thema langsam etwas lästig, da es zu viel unnötigem Streit führt und man jetzt eigentlich persönlich, wenn man geimpft ist, nicht mehr so viel bewirken kann.
Man kann sich aber vielleicht mal fragen, auf welche Art und Weise man sich „Wissen“ über eine komplexe Faktenlage verschaffen will.
Der Blog, den du verlinkst, kommt mit einigen Argumenten daher, die sicher auf den ersten Blick plausibel scheinen. Nun gibt es aber für vermutlich alle dieser Argumente auch ebenso plausible Gegenargumente, bzw. würde ich mich wundern, wenn die nicht alle schon im Drosten-Podcast aufgegriffen worden wären (bei einigen ist das auf jeden Fall der Fall).
Es stellt sich die Frage, ob es jetzt wirklich sein muss, dass absolute Laien ohne fundierte Faktenkenntnisse Argumente nach Plausibilität überprüfen sollen, oder ob wir nicht doch ein bisschen Grundvertrauen in wissenschaftliche Einrichtungen haben sollten und in die Sauberkeit ihrer Arbeitsweise. Ich kann natürlich beim besten Willen nicht aus eigener Forschung ausschließen, dass der Impfstoff uns allen einen Chip einpflanzt, genau so wenig wie ich jemals selber gesehen habe, dass die Welt keine Scheibe ist, oder ich nicht ausschließen kann, dass Autos spontan explodieren, wenn man den Motor startet.
Beispielsweise ist mir nicht klar, wieso ich weder der DIVI noch befreundeten Krankenpflegern glauben soll, wenn sie von der Situation auf den Intensivstationen berichten, aber stattdessen irgendeinem Blogpost.
Am Ende ist das finde ich überhaupt keine Diskussion mehr über ein Virus, sondern eine über Vertrauen, und hier muss man feststellen, dass es eine ganze Reihe an Menschen gibt, die - vielleicht sogar aus nachvollziehbaren Gründen - extrem wenig Vertrauen in Medien, öffentliche Einrichtungen etc. haben. Auf so einer Grundlage ist es aber extrem schwer, noch irgendeine funktionierende Gemeinschaft zu haben.
Allen Leuten, die also wirklich denken, dass in dieser Pandemie der gesamten Gesellschaft (noch dazu in fast allen Ländern dieser Welt) ein riesiger Bär aufgebunden wurde, würde ich mal nahelegen, sich zu fragen, wie denn RKI, Charité, DIVI, Helmholtz-Institut, Leopoldina, usw. noch hätten auftreten sollen, damit man ihnen Glauben schenkt, oder ob es am Ende einfach darum geht, dass man nicht glaubt, weil man nicht glauben will.
(NB: Es geht hier nicht drum, die konkrete Corona-Politik bis ins letzte zu verteidigen. Welche konkreten Maßnahmen getroffen werden, war schon immer eine politische Abwägung und hier wurden auf alle Fälle auch Fehler gemacht.)