EEG-Reform: Akzeptanz, Weitergabe d grünen Eigenschaft & neue Normalität

Hi Philip, hallo Ulf,
als fleißiger Lagehörer weiß ich, dass ihr gerade zum Thema EEG-Reform recherchiert. Ich arbeite einem Institut das sich aus rechtswissenschaftlicher Sicht mit dem EEG beschäftigt. Unsere Jurist:innen kennen sich gut mit dem EEG aus, wir haben auch schon mehrere Studien dazu gemacht, weshalb ich gerne einige Anmerkungen zur Reform mit der LdN teilen würde.

Thema Akzeptanz
Um die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu steigern, war im Referentenentwurf zur EEG-Novelle eine verpflichtende Zahlung an die Standortkommune vorgesehen. Aufgrund – letztlich unbegründeter – finanzverfassungsrechtliche Bedenken ist im Regierungsentwurf nun lediglich von einer freiwilligen Zahlung die Rede. Die würde den Anlagenbetreibern erheblichen Verhandlungsspielraum gewähren, ob sie tatsächlich zu Zahlungen bereit wären, ist aus meiner Sicht fraglich. Durch die freiwillige Variante droht der Beteiligungsaspekt zu einem Papiertiger zu verkommen. Alle rechtlichen Konstrukte, freiwillige wie verpflichtende Varianten, sind mit Risiken verbunden, deshalb sollte man sich am Ende für das Konstrukt entscheiden, das am ehesten dazu führt, dass die Kommunen etwas von den Windenergieanlagen abgekommen. Damit fallen alle freiwilligen Varianten raus. Das hat auch in eine Studie im Auftrag des BMWi festgestellt.

Weitergabe der grünen Eigenschaft
Bislang gibt es keine Möglichkeit, grünen Strom über den Erwerb von Herkunftsnachweisen oder Zertifikaten in der Wertschöpfungskette auszuweisen. Grüner Strom ist noch kein „Produkt“ mit eigenen Qualitäten, man kann lediglich grauen Strom kaufen und anschließend grün machen, zu Vermarktungszwecken. Das ist nah dran am green washing. Ein Transfer der grünen Eigenschaft (CO2-Freiheit) in andere Sektoren (zum Beispiel Wärme oder Mobilität) ist nicht möglich.

Das hemmt natürlich den Ausbau von erneuerbaren Energien und macht sie noch abhängiger von der EEG-Förderung. Wenn man es aber schaffen könnte, grünen Strom zu einem eigenständigen Produkt zu machen, könnten EE-Anlagen auch ohne, bzw. nachdem sie aus der EEG-Förderung fallen, wirtschaftlich sein. Der Bestand würde gesichert und der Ausbau beschleunigt.

Durch die Reform des EEG könnte man diesen Umstand ändern, indem man die Weitergabe der grünen Eigenschaft durch ein Marktentwicklungsmodell ermöglicht. Man könnte im EEG eine neue Form der sonstigen Direktvermarktung schaffen, zur Weitergabe der grünen Eigenschaft der erneuerbaren Energie - ohne finanzielle Förderung. Dadurch würde könnte sich grüner Strom vom grauen Strom abheben und einen Mehrwert erhalten. Mehr dazu in dieser Studie.

Die Erneuerbaren sind die neue Normalität
Als es im Jahre 2000 verabschiedet wurde, enthielt das EEG lediglich 12 Paragrafen. Die aktuelle Fassung des EEG umfasst 177 Vorschriften und vier Anlagen und ist über 100 Seiten lang! Auch die aktuelle Reform wir da keine Abhilfe schaffen. Es gibt natürlich auch nicht nur das EEG, sondern auch noch eine Vielzahl weiterer Gesetze und Vorschriften, zum Beispiel die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG), das Bundesbedarfsplanungsgesetz (BBPIG), das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) und das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG).

Die Zunahme von Komplexität ist an dieser Stelle gar nicht das Problem. Was die Energiewende wirklich hemmt, ist die zunehmende Diskrepanz zwischen der inhärenten Logik des Energierechts und der Energiewirklichkeit: Die grundlegende Systematik des Energierechts ist in der „alten“ Zeit entstanden, in der die Stromproduktion in großen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken die Norm war. Dann kamen die erneuerbaren Energien hinzu, und von Reform zu Reform wurden mehr Regelungen eingeführt, Deutschland verlor sich im Kleinklein des Energierechts, wodurch eine undurchsichtige Gesetzeslandschaft geschaffen wurde, die immer häufiger zum Hemmschuh für Innovationen und Investitionen wurde. Heute sind die Erneuerbaren nicht mehr die Ausnahmen, sondern die Regel, unser Energierecht bildet diese Realität aber noch nicht ab.

Das waren meine zwei Cent zu dem Thema, vielleicht ist das ja interessant für euch.

Liebe Grüße
Adrian