E-Rezept - Einführung am 01.01.2022 geplant trotz katastrophaler Pilotphase

Hallo,

ich wollte mal auf das Thema E-Rezept hinweisen, das medial etwas unter dem Radar läuft, obwohl Ärzte, Apotheker, etc. dagegen gerade wild protestieren.

Die Einführung ist laut §360 Sozialgesetzbuch V immer noch für den 01.01.2022, also in wenigen Wochen geplant.

Während der Pilotphase war das (bereits klein gesteckte) Ziel 1000 E-Rezepte in Umlauf zu bringen, real waren 42 E-Rezepte im Praxistest, in Kliniken übrigens kein einziges!

Die Gematik versucht das schönzureden und spricht von synthetischen Test, in der Realität scheiterten manche E-Rezepte schon am enormen Tintenverbrauch in der Arztpraxis.
So etwas bundesweit skalieren zu lassen ist einfach (und bei ausgelastetem Gesundheitssystem doppelt) keine gute Idee.

Wäre schön, falls Ihr dieses Thema aufgreifen wolltet, da es mir gerade aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit in den Medien einfach zu wenig beleuchtet wird.

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Richtig, das ist ein sehr wichtiges Thema. Wir bekommen auch immer mal wieder Berichte von Mediziner:innen, wie furchtbar das alles nicht funktioniert, aber leider wollte bisher niemand, dass wir mal in die Praxis kommen … und der Aufwand, um sich da reinzufuchsen, ist leider auch nicht ohne. Ich bin nicht sicher, ob wir das gerade stemmen können.

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Man muss auch aufpassen, sich hier nicht vor den Karren einer Interessenvertretung spannen zu lassen. Die KBV hat zum Beispiel allen Ernstes ein “Digitalisierungsmoratorium” von mindestens einem halben, besser einem ganzen Jahr gefordert. Was sie nicht gefordert haben: den Rückstand Deutschlands im Bereich Digitalisierung aufzuholen, dafür zu sorgen, dass der Nutzen digitaler Technologien allen Ärzten zugute kommt, dass es besser funktioniert, etc.

Zur Einordnung mal die Sicht der gematik:

Sowas liest sich ja total spektakulär, aber wie das bei einem einseitigen S/w-Dokument passieren soll, ist mir schleierhaft. Ich würde mal die Frage stellen, wie der Drucker konfiguriert ist.

Kann mir mal einer der näher dran ist, warum man für ein elektronisches Rezept einen Drucker und Papier braucht?

Drucker und Papier sagt doch dann: nicht mehr elektronisch.

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Braucht man nicht. Ist die Übergangslösung bis alle Smartphones und NFC-fähige eGKs haben.

Also dank Smartphone-Verweigerer: ewiger Übergang ^^

Und was ist ein NFC fähiges eGKs???

Ein System was dem Bürger vorschreibt welche Form eines Endgeräts er nutzt ist von vornherein eine Fehlgeburt, schließt es doch alle aus die ein solches Endgerät nicht nutzen wollen/können und benötigt daher ein dauerhaftes Parallelsystem.

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Ich bin sicher der Letzte der den Rückstand, den wir in Sachen Digitalisierung haben nicht aufholen will und sicher, da stimme ich zu, die Spitzenverbände haben auch Ihre Agenda.
Dennoch sind berechtigte Fragen im Raum und leider keine Antworten darauf. Die Gematik (mal abgesehen von der „seltsam“ anmutenden Spahn - Leyck Dieken Entscheidung) ist eben komplett intransparent.
Da wird von erfolgreichen Test gesprochen, aber konkrete technische Einzelheiten werden nicht bekanntgegeben. Es gibt immer noch Probleme bei der TI-Infrastruktur, die E-Rezept App ist programmiert, da kann man nur mit dem Kopf schütteln, Probleme bei den Datamatrix-Codes, etc.

Insgesamt ist mir eine Interessensvertretung, die Probleme öffentlich macht (wie die KVB mit der Anzahl der Rezepte in diesem Fall), lieber als eine in sich komplett intransparent und abschottende Agentur (die nebenbei einen öffentlichen Auftrag ausführt, aber das ist sicher auch ein Grundsatzproblem solcher „Agentur-Konstruktionen“).

Zum Tintenverbrauch: Das ist in der Praxis leider wirklich ein Problem, da (bei Tintenstrahldruckern) der Verbrauch aufgrund der vielen QR Codes (harmloses Beispiel hier: KVMV | Elektronisches Rezept verpflichtend ab 2022) enorm nach oben geht. Sollte aber auch zeigen, das computersimulierte Tests (so gut sie auch gemeint sein mögen) die Probleme in der Realität oftmals nicht aufdecken.

Letztendlich müssen wir uns Doch die Frage stellen, ob eine schnelle Digitalisierung, die vermutlich zu erheblichen Problemen führen wird, besser ist, als eine gut durchdachte Digitalisierung (andere Länder zeigen, das letzteres durchaus möglich ist!).

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Das sind die neuen elektronischen Gesundheitskarten - die die Kassen allerdings nach meiner Wahrnehmung nicht sehr proaktiv ausrollen. Möglicherweise aus Kostengründen -die alten tun es ja noch…

Dann wird es wahrscheinlich bald eine eigene EBM-Ziffer dafür geben, wie ja aktuell auch für den Postversand von Rezepten…

Hm, welche Geräte würden Ihnen denn vorschweben? Und das „Parallelsystem“ heißt einfach „Papier“…

Überblicks-/Einführungsvideo:

Dieses Video erklärt das Zusammenspiel der eRezept-App und der neuen eGK (sowie, was ohne die neue eGK geht):

Ganz einfach: gar keine ^^

Hier in Schweden schreibt der Arzt mein Rezept in den Computer vor seiner Nase, danach gehe ich in die Apotheke meiner Wahl und halte dem Apotheker meinen Führerschein unter die Nase und erkläre ihm das ich brauche was der Doktor mir verordnet hat.

Fertig.

Ich brauche weder ein Stück Papier vom Arzt, noch einen wie auch immer gearteten Datenträger.

Ich habe zwar ein Smartphone und auch von meiner Apotheke eine App, mit der ich auf mein Rezept schauen kann und auch sehe wie oft ich noch was abholen kann bevor ich wieder zum Arzt muss, aber das ist nicht zwingend, ich kann auch den Apotheker bei der Abholung fragen ob ich noch eine Ausgabe habe oder nicht (meine Rezepte gelten ein Jahr und alle drei Monate kann ich Nachschub abholen).

Ist aber natürlich in Deutschland undenkbar, weil es einen zentralen Server gibt auf dem alle arbeiten und eher trinkt der Teufel freiwillig Weihwasser bevor irgendjemand sich in Dtl. für so ein zentrales System einsetzt.

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Klar, das wäre noch besser.

Ja, dass das eRezept eigentlich in der Telematikinfrastruktur liegt (und der Datamatrix-Code nur darauf verweist) wurde auch kritisiert.
Und die Idee, alle staatlichen Dienste über eine ID zu bekommen, ist vielen auch suspekt….

Aber da ist Bewegung drin. Die SteuerID bekommt jeder ab Geburt, die TI 2.0 wird SSO über eIDs ermöglichen
https://www.gematik.de/telematikinfrastruktur

Mal sehen, wo die Reise hingeht…

Da möchte ich noch ein Problem ergänzen, das dazu führt, dass viele Arztpraxen dem E-Rezept im Speziellen und der Digitalisierung im Allgemeinen nicht sonderlich wohlgesonnen gegenüber stehen: Es bezahlt ihnen schlicht niemand ausreichend. Jede Änderung am bestehenden System kostet richtig Geld, weil Updates/Zusatzmodule der Praxisverwaltungssoftware gekauft werden müssen. Das lassen sich die Hersteller gut bezahlen. Diesen Investitionsaufwand erstattet aber eben keiner - was dazu führt, dass ihn letztlich die selbstständigen Ärzte aus eigener Tasche zahlen müssen, und das verpflichtend. Je „unausgegorener“ dann Neueinführungen von E-Rezept&Co, desto mehr kostenpflichtige Updates werden nötig. Daher dürfte ein Gutteil der Abwehrhaltung rühren…

Edit: Rechtschreibfehler korrigiert.

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Ich finde NFC-Smartphones als Vorraussetzung sehr betrüblich da günstige Smartphones älterer Bau-Art öfter am notwendigen Chip gespart haben.
Das schließt nur wieder unnötig Leute vom Gebrauch aus und sorgt dafür dass ich dennoch wieder durch die halbe Stadt fahren muss nur um neue Rezepte zu besorgen.
Absoluter Konstruktionsfehler.
Reicht es nich meine Karte wie beim Arzt in der Apotheke vorzuweisen, wozu wieder QR Code Gedöns und eine App?

Ich habe mir das nicht ausgedacht. Aber der QR-Code kann auch ohne NFC entweder auf Papier eingelöst oder per Scan in die App geladen werden.

Aus Patientensicht möchte ich aber auch gerne sehen können, was auf dem Rezept steht. Nur mit der Karte „wedeln“ würde diese Anforderung allerdings nicht abdecken.

Das stimmt ja so nicht ganz. Die Praxen bekommen diverse Vergütungen für Komponenten und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der TI.

Ja, die Praxen bekommen dafür auch Förderungen, richtig. Diese beinhalten aber eben nicht die teuren Updates der Praxisverwaltungssoftware, sondern lediglich Zuschüsse zur Hardwarebeschaffung und -Einrichtung. Letztlich bleibt die Einführung des e-Rezeptes (und weiterer Bestandteile der Telematikanwendungen wie die elektronische Patientenakte, etc.) ein Verlustgeschäft für die Arztpraxen. Je häufiger Updates notwendig werden, weil bei Einführung noch nicht alles optimal läuft, desto teurer. Deswegen sträuben sich viele Vertragsärzte und deren Interessenvertretungen teils dagegen.