Druck auf Politik durch freiwilliges Tempolimit?

Bei vielen Themen diskutiere ich mit meinem Umfeld: Bei welchen Themen muss die Politik Regeln vorgeben? In welchen Bereichen ist jede/r selbst gefordert?
In der Regel bin ich für eine Mischung aus beidem.

Beim Tempolimit sehe ich die Politik gefordert. Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass Teile der Gesellschaft das gerne mittragen wollen.
Daher zwei Vorschläge.

An die Bevölkerung: Wenn sich große Teile der Gesellschaft zu einem riesigen Flashmob zusammenschließen und ein Woche lang ein freiwilliges Tempolimit umsetzen, ganz ohne Vorgabe der Politik, und beispielsweise auf der Autobahn 120 oder 100 km/h, auf der Landstraße 80 km/h fahren, ist das nicht ein eindeutiges Signal an die Politik? [Anmerkung: Ich fahre momentan auf der Landstraße 80 km/h, solange ich damit niemanden behindere und sehe den geringen Spritverbrauch deutlich]

An die Politik: Wenn wir ein Tempolimit von 140 einführen würden, sagen doch die meisten „Juckt mich nicht, ich fahre sowieso nicht (viel) schneller“; eine weitere Reduktion ist dann auch nicht mehr so schlimm [Anmerkung: Diese einfache Vorgehensweise hatte ich vor dem Ukraine-Krieg im Kopf, mir ist klar, dass 140 immer noch deutlich mehr CO2-Ausstoß verursacht als 100 km/h)

Bitte: Ich habe hier nichts mit Belegen belegt und das jetzt einfach einmal hier abgeladen.

Die Synode der Evangelischen Kirchen in Deutschland hat beschlossen, dass ein freiwilliges Tempolimit den Mitarbeitern empfohlen werden soll.

Dazu Christian Lindner:
https://twitter.com/c_lindner/status/1590723274652418048?ref_src=twsrc^tfw

Wenn Organisationen wie die #EKD sich für ein #Tempolimit entscheiden, dann mögen sie das tun. Wir leben in einem freien Land. Für die Bundesregierung gibt es jedenfalls keine Veranlassung, etwas an ihrer Haltung zu verändern. Ich halte ein Tempolimit nicht für erforderlich. CL

Unsere Präses:

Auch wenn wir wissen, dass wir mit unserem individuellen Verhalten nicht die Welt retten werden, ist dieser Haltungswechsel extrem wichtig

Das Sonntagsblatt titelte: „Nicht Aufgabe der Kirche“

Die Selbstverpflichtung der evangelischen Kirche zu einem Tempolimit sei ein Fehler, sagt der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl. »Solche Vorschriften sind nicht die Aufgabe der Kirche.« Die Kirche dürfe nicht in erster Linie als Moralinstitution wahrgenommen werden, die bevormundet. »Da reagieren die Menschen zunehmend al­lergisch«, unterstrich Gohl.

Im Artikel war es aber der einzige Landesbischof, der sich offen gegen die Empfehlung stellte.
Habe den Artikel hier gefunden, etwas umformuliert und ohne der reißerischen Überschrift.

Da wäre ich voll dabei, wobei ich das seit März 2022 ohnehin schon tue (Autobahn 90-100km/h, Landstraße 80km/h).

Ich muss mich immer wundern, warum so viele angeblich für ein verpflichtendes Tempolimit sind, sich aber nicht von selbst daran halten können. Können wir in Deutschland denn nur korrekt handeln wenn es ein Gesetz dafür gibt?

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Klimaaktivisti haben gerade Schilder für die Aufhebung von Tempolimits abgeschraubt und vor dem Verkehrsministerium abgelegt.
Genauso lustig wie effektiv

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Ja und nein.

Für die Eingangsfrage:

Wird leider nicht so ganz funktionieren, da eine solches „kollektives Tempolimit“ entweder gegen das Rechtsfahrgebot verstößt oder aber Anzeigen wegen Nötigung nach sich ziehen kann.

Damit sind wir bei deiner Frage: Die Diskussion um das Tempolimit zeigt, dass unterschiedliche Geschwindigkeiten präferiert werden.
Dadurch ergibt sich für dich dann auch die Wahrnehmung, dass sich niemand freiwillig daran hält.

Sagen wir nach deinen Angaben, dass du ein Vertreter der Tempo 100 Fraktion bist, ergibt sich daraus, dass du niemals einen anderen Vertreter dieser Fraktion erleben wirst, denn die bewegen sich in einigen Abstand zu dir mit genau derselben Geschwindigkeit.
Wohingegen du immer wieder von den Vertretern 120 oder 130 überholt wirst.

Was am Ende bei dir den Eindruck erweckt niemand würde sich freiwillig an ein Tempolimit halten obwohl ziemlich viele das bereits tun.

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Nur wenn man gegen das Rechtsfahrverbot verstößt. Wer aber mit 100 einen LKW überholt, der 90 fährt, verstößt gegen keine Gesetze.

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Interessanter Gedanke, @Olaf.K. Das Argument höre ich häufiger und so schlau es klingt, es ist halt trotzdem nicht valide.

Du hast natürlich recht, dass jeder eine eigene Präferenzgeschwindigkeit hat. Dabei dürften Extreme erfahrungsgemäß eher weniger stark vertreten sein. Üblicherweise können Variablen wie die Verteilung der Präferenzgeschwindigkeiten durch eine verkürzte Normal- oder eine Poisson-Verteilung beschrieben werden, so wie diese (x: Geschwindigkeit in km/h, y: Anteil von Personen in dieser Geschwindigkeitsklasse).

Das bedeutet nun, dass wenn man nah am Modalwert der Verteilung ist, man von ähnlich vielen Autos mit höherer Geschwindigkeit überholt werden müsste, wie man auch selbst überholt.

Wenn man aktuell mit Tempo 90-100 km/h auf der Autobahn fährt, dann stellt man aber fest, dass man fast niemanden überholt - deswegen fährt es sich ja auch so entspannt -, von etlichen anderen aber überholt wird.

Daher kann dein Argument so nicht zutreffen. Der Modalwert ist weit weg von den anvisierten 100 km/h auf deutschen Autobahnen.

Warum nicht? Du bestätigst es doch sogar.

Natürlich wirst du bei Tempo 100 von allen überholt, nämlich auch von jenen die für ein Tempolimit 110 oder 120 sind und sich bereits daran halten plus natürlich allen die gegen ein Tempolimit sind.

Das ist zwar korrekt macht aber eher weniger politischen Druck. Den würde es geben, wenn auf allen Spuren das gleiche Tempolimit gefahren werden würde, dann bist du aber raus aus dem Überholvorgang und müsstest wieder rechts fahren, womit sich die Gegner eines Tempolimits bei dir für die freie Spur bedanken.

Ich bin uneingeschränkt für ein gesetzliches Tempolimit, weil es die bekannten Vorteile bringt.

Ein freiwilliges Tempolimit sehe ich eher kritisch.
Aus meiner Erfahrung heraus, entstanden die gefährlichsten Momente die ich selbst erlebt habe, durch hohe Geschwindigkeitsunterschiede verschiedener Fahrzeuge.
Wenn jeder fährt wie er gerade Lust hat, halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass Unfälle zunehmen könnten.
Das betrifft natürlich vor allem die Autobahn, auf Land- und Bundesstraße ist das Geschwindigkeitsfenster i.d.R. enger gefasst.

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Ich bin gegen ein generelles Tempolimit, fahre aber fast nie mehr als 130km/h auf der Autobahn. Aber wenn diese leer ist und ich bin in Zeitnot, möchte ich trotzdem die Möglichkeit haben, mal schneller zu fahren.
Für die paar Male, bei denen ich auf der Autobahn bin, ist mir aber aufgefallen, dass nicht mehr so schnell gefahren wird wie vor 3/4 Jahren.

Tempo 80 auf der Landstraße geht gar nicht. Mag daran liegen, dass ich fast nur Landstraße fahre und sich meine Fahrtzeit um 15 Minuten verlängern würde.

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Da musst du aber eine ganz schöne Strecke regelmäßig fahren und das auch noch ziemlich mit dir alleine, dass du das so genau festlegen kannst.

Ich kann dir zumindest aus meiner Erfahrung sagen, dass bei meinem Arbeitsweg von 10km ein Tempounterschied von 20 km/h keinen wirklich merkbaren Zeitverlust verursacht.

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Diese Diskussion lenkt von den wichtigen Punkten völlig ab: Für das Klima ist es völlig irrelevant, ob auf deutschen Landstraßen 80 oder 120 gefahren wird. Eine Diskussion darüber bindet unnötig Energie.

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Die kann man einsparen, indem die Regierung einfach ein Tempolimit umsetzt.

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Das wird nicht passieren - das wissen wir beide.

Das ist gerade die Frage - immerhin wird ein Tempolimit von einer klaren Mehrheit der Bevölkerung unterstützt, und selbst die FDP könnte durchaus zustimmen, wenn sie sich das abhandeln ließe. Beispielsweise wäre ein denkbarer Deal: echte Aktienrente gegen Tempolimit. Mal schauen, ob das noch kommt.

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Das Recht, auf Teilen der deutschen Autobahn so schnell fahren zu dürfen, wie die Karre es hergibt, ist das deutsche Pendant zum zweiten Verfassungszusatz der USA. Ich glaube, dass nicht gerade wenige in der FDP (und auch in deren Wählerschaft) es als Gesichtsverlust betrachten würden, wenn diese (sicherlich etwas irrationale) Freiheit in einer FDP-beteiligten Regierung abgeschafft werden würde - rein emotional bietet das Tempolimit einfach deutlich mehr Angriffsfläche als das eher kühle, mathematisch-theoretische Feld der Aktienrente.

Lustig, wenn ausgerechnet diese „Partei der Vernunft“ den Grünen dann „ideologisch gesteuerte Politik“ vorwirft.

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Wie rechnest du da? Heisst irrelevant gleich Null?

Äußerst unwahrscheinlich

Hier in Frankreich gilt 80 auf Landstraßen/130 aufder Autobahn und es ist super.
Wo ist das Problem?