In der BPK des Bundeswirtschaftsministerium kam die Frage nach den Voraussetzungen für die Gasumlage hoch: Tilo Jung fragt, ob eine drohende Insolvenz Voraussetzung wäre. Das wurde verneint, Energie-Unternehmen sollten sogar Gewinne machen dürfen. (https://bit.ly/3wv1Oaj) Das führte zur Diskussion, ob die Verbraucher mit der Umlage um Erhöhung um 2.4 ct nun also die Gewinne der Energieunternehmen finanzieren.
Allerdings scheint der Blick ins Gesetz etwas anderes auszusagen: in §29 EnSiG steht, dass Unternehmen, die Kritische Energieinfrastruktur betreiben, Stabilisierungsmaßnahmen beantragen können und dass diese „Maßnahmen zur Sicherung oder Wiederherstellung einer positiven Fortbestehensprognose nach § 19InsO“ dienen. Eine positive Fortbestehensprognose braucht es nach § 19 II InsO, wenn ein Unternehmen überschuldet ist und es keinen Insolvenzantrag stellen will. Dann kann es mit Hilfe der pFP nachweisen, dass es ausreichend für mindestens 12 Monate durchfinanziert = liquide = zahlungsfähig ist.
Was soll also der Bezug und Zweck zur Wiederherstellung (!) der Zahlungsfähigkeit / Beseitigung der Überschuldung nach § 19 Insolvenzordnung, wenn es aber in der BPK heißt, eine „drohende Insolvenz“ sein nicht nötig für die Stabilisierungsmaßnahmen.
Das widerspricht sich. Es wär großartig, wenn Ihr evtl über Kontakte ins BMWK das klarstellen lassen könntet.
Eine „drohende Insolvenz“ ist scheinbar tatsächlich nicht nötig für die Maßnahme, ansonsten macht folgende Aussage von Habeck keinen Sinn:
„Nach dem erklärten Verzicht des Energiekonzerns RWE auf eine Erstattung aus der Gasumlage hat Wirtschaftsminister Robert Habeck auch anderen Unternehmen zu einem Verzicht geraten. „Es wäre auch vernünftig, wenn Unternehmen, die gute Gewinne machen, das tun“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Gelsenkirchen am Rande einer Werksbesichtigung.“
Natürlich nicht. Es geht doch darum, den Markt für Erdgas möglichst ohne katastrophale Verwerfungen durch den Schock der Ausbleibenden russischen Gaslieferungen zu bringen. Die Rettung einzelner von Zahlungsunfähigkeit gefährdeter Importeure ist lediglich ein Nebeneffekt.
Man kann ja mal kurz durchdenken, was ohne dieses Instrument passiert: Da werden die Importeure, die nun kein russisches Gas mehr zum zuvor vereinbarten Preis erhalten, natürlich nicht bis ans Ende der eigenen Zahlungsunfähigkeit versuchen, am Markt Ersatz zu beschaffen, sondern sie werden ihren Kunden im Inland mit dem Argument „höhere Gewalt“ ebenfalls kein Gas mehr liefern (oder nur zum aktuellen Marktpreis für die Ersatzbeschaffung). Diese Unternehmen sind juristisch nicht verpflichtet, sich zum Wohl ihrer Kunden zu „opfern“.
Anstatt einer Handvoll von Gasimporteuren haben dann zig tausende ihrer Kunden ein existenzielles Problem, um das sich die Politik kümmern müsste. Wer derzeit auf dem Spotmarkt einkaufen muss, der zahlt bis zu 30 ct/kWh. Das ist das Zehnfache des durchschnittlichen Preisniveaus der vergangenen Jahre.
Da ist die Umlage, die die Zusatzkosten für die Ersatzbeschaffung (die die Importeure nie und nimmer selbst tragen werden) auf alle Gaskunden verteilt, die einfachste und sauberste Lösung.
Ich sag’ auch nicht, dass man die Unternehmen pleite gehen lassen soll. Das würde tatsächlich zu viel größeren Problemen führen.
Nur mit dieser Aussage stimme ich nicht überein:
Es ist eben nicht die einfachste und sauberste Lösung, weil eben auch Unternehmen von der Umlage profitieren, die es eigentlich nicht brauchen. Jetzt bekommen solche Unternehmen Geld aus der Gasumlage und der Plan ist diesen dann durch eine Übergewinnsteuer wieder Geld zu entziehen. Das ist weder sauber noch einfach.
Warum rettet man die Gasimporteure nicht so wie die Lufthansa oder auch Banken in der Finanzkrise 2008, da gab es auch keine Umlage an alle Bankenkunden.
Darüber hinaus werden in einer Zeit der extrem hohen Belastung der Gaskund*innen nun noch mehr in die Höhe getrieben (345 € für ein Pärchen, Verbrauch: 12.000 kWh auf 100qm), für alle gleich (d.h. auf Kosten derer mit wenig Einkommen) und das ohne einen Plan zur Entlastung.
Es war ein Schnellschuss, der nicht bis zum Ende durchgedacht war. Das sieht man schon an der Kritik, die nicht nur aus der Opposition kommt:
PS.: Bei dieser Aussage von Habeck muss ich immer an @vieuxrenard Aussagen denke, dass Unternehmen eben nicht moralisch handeln, sondern immer deren Anteilseigner und Gewinnsteigerung im Blick haben
„Es sei „sicherlich nicht moralisch richtig, dass Unternehmen, die – lassen Sie mich das mal plattdeutsch sagen – ein Schweinegeld verdient haben, dann auch noch sagen: Ja, und für die paar Einnahmeausfälle, die wir haben, da bitten wir die Bevölkerung um Hilfe, die soll uns auch noch Geld geben“, sagte Habeck.“ (Quelle)