Dresscodes durch Sportweltverbände

Dass sich Sportweltverbände Dresscodes geben und diese auch durchgesetzt werden ist mitnichten etwas Neues.
Der FIFA vorzuwerfen dass sie ihren Trikot-/Dresscode (wie auch bei der WM 2018 im ebenfalls nicht gerade queerfreundlichen Russland) durchsetzen, greift zu kurz.
Selbst bei der Formel 1 werden Piercings verboten.
Es ist also mitnichten ein FIFA-Problem, geschweige denn Fußball-Problem.
Wenn man sich auf Regeln einigt dann gelten diese auch. Der DFB hat diesen FIFA-Regeln bezüglich Dresscodes übrigens immer zugestimmt- jedes Jahr.

Die Kritik sollte sich also nicht an die FIFA richten, sondern an den DFB. Konsequenterweise tritt voraussichtlich Dänemark aus- dort haben die JournalistInnen das richtige Ziel avisiert. Mit eurer Mafia-Behauptung stärkt ihr nur diesen Züricher Verein.

Das leuchtet mir nicht ein, denn es war doch die FIFA, die die Binde verboten hat …

Abgesehen davon richtete sich unsere Kritik ja primär gegen die sieben Verbände, die sich von der FIFA haben erpressen lassen.

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Grundsätzlich gebe ich dir dahingehend Recht, dass Dresscodes in vielen anderen Sportarten auch kritisiert werden sollten (z.B. sexistische Dresscodes im Beachvolleyball oder Tennis, wenngleich beides die letzten Jahre zumindest etwas gelockert wurde).

Aber das ganze ist halt ein typischer Whataboutism. Ja, es gibt ähnliche Probleme auch in anderen Bereichen. Aber aktuell steht eben die WM im Mittelpunkt der Debatte, darum wird auch das Problem dort kritisiert (und nicht bei der Formel 1…).

Hier gibt es noch das Problem, dass die FIFA und andere Spitzenverbände in aller Regel nicht demokratisch organisiert sind, daher keine „Einigung auf Regeln aus der Mitte heraus“ vorliegt, sondern ein „Diktat von Regeln von Oben“. Und in den meisten Sportarten ist es den einzelnen Landesverbänden nicht möglich, einfach einem anderen Spitzenverband beizutreten. Die FIFA z.B. ist eben der mit großem Abstand dominante Spitzenverband im Fußball, ein Austritt aus der FIFA heißt eben keine EM-Teilnahme, keine WM-Teilnahme, keine Champions-League-Teilnahme (weil die UEFA ein Kontinentalverband der FIFA ist) usw…

Die FIFA hat - das haben die ganzen Enthüllungsdokumentationen hinreichend vorgeführt - eben keine demokratischen Strukturen, sondern mafiöse Strukturen, in denen Geld und Einfluss einzelner Akteure und Staaten über das Verbandsgeschehen bestimmen. Ähnliches gilt übrigens auch für das Olympische Komitee und vermutlich den Großteil aller Sport-Spitzenverbände.

Deine Kritik wäre daher passend, wenn die längst überfällige vollständige Demokratisierung dieser Verbände endlich mal umgesetzt würde. So lange das nicht der Fall ist, basieren Regeln nicht auf einer Einigung, sondern auf einem Diktat.

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Die FIFA setzt nur die vorher von den Verbandsmitgliedern festgelegten politischen Strömungen konsequent um. Die FIFA ist ein kapitalistischer Verband, der auf die Maximierung von Fußball als Sport und seiner Vermarktung ausgerichtet ist. Etwas anderes von ihm zu erwarten ist ebenso falsch wie von der FIA zu erwarten Lewis Hamilton keine 25.000€ Strafe für das Tragen eines Piercings zu verhängen.
Es geht nicht darum ob es politische Botschaften sind, sondern darum, dass vorher im Verband getroffene gemeinsam beschlossene Regeln umgesetzt werden.
Auch die Sportler sind da die falschen Ansprechpartner. Die Sportler haben ein Fenster von 2 bis 3 WMs die sie spielen können. Eine WM aus politischen Gründen sportlich dezimiert anzutreten (zB durch eine gelbe Karte für den Captain) würde nicht nur die eigene Karriere stören (welcher Fußballklub will einen aktivistischen Spieler anheuern?) sondern ist vielleicht auch nicht der Wunsch aller Spieler.
Alles ist politisch- aber nicht jede:r möchte öffentlich politisch agieren. Die Freiheit auch eine unpolitische Haltung zu haben sollte jedem- auch jedem Fußballer auf Weltniveau- garantiert werden.
Wem die Vergabe in illiberale Länder wie Russland 2018 oder Katar 2022 oder Argentinien 1978 oder Deutschland 1936 nicht gefällt solle sich an demokratische Institutionen wie das Innenministerium wenden. Aber doch nicht an Weltvermarkterverbände. Kapitalistische Unternehmen tuen, was kapitalistische Unternehmen am besten tuen. Die Leitplanken hierzu sind Aufgabe der Politik- und diese sollte von euch adressiert werden.

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Seltsamste und zu gleich deutscheste fifa verteidigung über relativierung die ich seit langem gehört habe.

Aber in Lage threads scheint stets zu gelten kein Thread ohne Person die nicht darauf verweist das man sich auf regeln geeinigt hat und sich dann gefälligst auch an diese halten muss ^^

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Wenn man schon so argumentiert: Weder die Fußballregeln, noch die Wettbewerbsbestimmungen der Fifa geben es her, das Tragen einer nicht von der Fifa bereitgestellten Kapitänsbinde mit einer gelben Karte zu bestrafen.

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Aus 4.3 der FIFA Equipment regulation:

Zur Frage was bei „non-compliance“ passiert geht das Regelwerk sehr weit:

Dass direkt eine ganze Mannschaft vom Turnier ausgeschlossen wird, nur weil eine Person eine solche nicht durch die FIFA zugelassene (weil politisches Statement beinhaltende) Kapitänsbinde trägt, kann ich mir nicht vorstellen. Daher vermute ich eben eine mildere Sanktion - wobei die FIFA das Recht hätte bei bestehender Weigerung auch den Member wie hier den DFB direkt auszuschliessen. Ob die Fifa das dann präventiv tuen würde darf bezweifelt werden.
Eine spannende Frage bleibt dann: Was passiert, wenn ein Team (z.B. Costa Rica) gegen Deutschland antritt und dann aufgrund einer politischen Armbinde auf deutscher Seite entweder nicht spielt (weil Regularien verletzt wurden) oder nach einem verlorenen Spiel das Ergebnis anficht?

Wenn rein auf Profitmaximierung ausgerichtete Unternehmen den Versuch unternehmen, ihr Produkt mittels politischem/gesellschaftlichen Beiwerk aufzuwerten (wie von Philip und Ulf dargestellt) und diesen selbst formulierten Anspruch dann bei erster Gelegenheit ignorieren, dann kann die Kundschaft selbstverständlich ihren Unmut kund tun.

Es ist für das „Produkt Fußball“ sowohl Fluch als auch Segen, eine Bedeutung beigemessen zu bekommen und damit Erwatungen zu wecken, auf die z. B. bei einer ebenfalls Stadien füllenden Welttournee der Rolling Stones niemand kommen würde. Die Fußball-WM ist daher in der öffentlichen Wahrnehmung (in Deutschland) nicht nur eine durchkommerzialisierte, auf maximalen Unterhaltungswert optimierte Sause, sondern zugleich auch eine Art säkularer Gottesdienst oder ein Staatsakt. Und von letzterem erwartet man sich nicht nur Party, sondern auch Würde, Orientierung, Moral, etc.

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Schön und gut. Aber gelbe Karten werden von Referees verhängt, nicht vom Disziplinarkomittee der Fifa. Dass dieses andere Maßnahmen bei der Hand hätte ist ja unbestritten, allerdings wurde (a) explizit auch mit gelben Karten gedroht und kann (b) die Fifa erst nach dem Spiel tätig werden.

Auf dem Spielfeld entscheiden die Schiedsrichter:innen, was zum Spiel zugelassen wird und was nicht. Diese sind durch das Regelwerk angehalten, bei offensichtlich beleidigenden, anstößigen, etc. Botschaften tätig zu werden, politische Botschaften generell sollen sie gerade nicht sanktionieren, sondern lediglich vermerken. Die Fifa will aber ja gerade nicht behaupten, es handle sich um eine beleidigende, anstößige, etc. Botschaft und beruft sich deshalb auf technische Details der Ausrüstungsvorschriften. Sie könnte die Referees natürlich anweisen, eine gelbe Karte zu verhängen - dies wäre dann aber weder von den Regeln gedeckt, noch wären die Referees verpflichtet, dieser Anweisung nachzukommen. Entweder also ist die gelbe Karte eine leere Drohung oder die Fifa würde die Schiedsrichter:innen anweisen, gegen das Regelwerk zu handeln.

Zur Frage, was der DFB im Vorfeld wusste: Laut DFB-Präsident Bernd Neuendorf habe sich die Fifa auf den Antrag zum Tragen der One Love-Binde lange nicht geäußert, am Tag des Japan-Spiels habe dann ein offizielles Schriftstück der Fifa vorgelegen, das mit der gelben Karte als „Mindestsanktion“ drohte und schärfere Strafen nicht ausgeschlossen habe.

Wer von der FIFA/DFB u.ä. eines von diesen drei Dingen erwartet hat die letzten Dekaden keine Zeitung gelesen.
Bei jeder PR-Aktion im Sinne von „Diversity!“ von einem dieser Vereine dachte ich zumindest immer nur an substanzloses Virtue-Signaling. Sollte jemand das wirklich geglaubt haben muss die Frage erlaubt sein: Nach Jahrzehnten solcher Aussagen und keinem echten Progress - warum wird den Aussagen immer noch geglaubt?

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