Digitales Bundesgesetzblatt

Hallo Philip und Ulf
Ich habe diesen Beitrag zur den Kosten der neuen Internetplattform zur Veröffentlichung von Gesetzestexten auf Netzpolitik.org gelesen.
[Digitales Bundesgesetzblatt: Wie teuer darf ein staatlicher PDF-Reader sein?]
Das ist doch eigentlich genau ein Thema in dem ihr euch euch auskennt. Vielleicht könnt ihr euch das ja mal ansehen und darüber sprechen. Ich würde gern mehr darüber erfahren. Ist die Kritik berechtigt oder überzogen.
Dazu auch noch einer Frage. Warum sind Gesetzestexte eigentlich Urhebergeschützt. Ich dachte die Erzeugung ist durch steuergelter bereits bezahlt und wie kann man sie zitieren, wenn man sie nicht benutzen darf. Ober hab ich das falsch verstanden, was für Rechte der Verlag an den Druckerzeugnissen hatte?

Vielen Dank im Voraus.
LageN

Fassen wir den Netzpolitik-Beitrag zusammen:

  1. Die Plattform für die Verkündung neuer Gesetze und Verordnungen hat 1,2 Mio Euro gekostet, der CCC sagt, das hätte man auch für einen vierstelligen Betrag bekommen können.

  2. Die zuvor einzige Veröffentlichungsmöglichkeit von neuen Gesetzen und Verordnungen war der Bundesanzeiger-Verlag, bei dem übrigens auch Unternehmen ihre Bilanzen veröffentlichen müssen. Dieser ehemals staatliche Verlag wurde 1998 teil- und 2006 voll privatisiert.

Aus 1) ergibt sie die Frage, inwiefern die hohen Kosten vertretbar sind. Damit soll sich mMn der Bundesrechnungshof gerne befassen, aber eine große Priorität messe ich dem nicht bei, weil es hier wirklich um Peanuts geht. Leider ist es in der Tat so, dass der Staat für solche an und für sich sehr günstig zu machenden Dinge stets Unsummen bezahlt. Das ist kein Problem dieser spezifischen Plattform, sondern ein generelles Problem unserer Verwaltungseffizienz, auf dem der FDP-Populismus von „Privat vor Staat“ auch beruht. Auch um diesen Populismus zu bekämpfen muss hier in der Tat einiges optimiert werden, aber wie gesagt: Das ist ein gaaaaanz allgemeines Thema und hat wenig mit dem spezifischen Thema „Digitales Bundesgesetzblatt“ zu tun, das Thema könnten wir auch an einer Million anderer Beispiele diskutieren.

Zu 2) stellt sich die Frage, inwiefern es überhaupt sinnvoll war, den Bundesanzeiger-Verlag zu privatisieren und inwiefern es legal sein sollte, staatlich finanzierte Erzeugnisse an ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit rechtlicher Monopolstellung zu übertragen und diesem Unternehmen ein wirtschaftliches Verwertungsrecht an diesen Erzeugnissen einzuräumen.

Grundsätzlich bin ich - wie wohl fast jeder eher progressiv eingestellte Mensch - dafür, dass alles, was maßgeblich staatlich finanziert wurde, kostenfrei der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollte. In den USA ist das tatsächlich die Rechtslage, in Deutschland leider nicht. Das betrifft vor allem den Bereich der Forschung, wo sich Wissenschaftsverlage dumm und dämlich daran verdienen, mit öffentlichen Mitteln finanzierte Forschung zu veröffentlichen und hinter sehr hohen Paywalls zu verstecken. Das ist also auch ein bereichsübergreifendes Thema.

Sind sie nicht. Siehe § 5 UrhG.

Daraus:

Darum geht es tatsächlich bei der Bundesanzeiger-Sache nicht. Der Bundesanzeiger hat - ebenso wie Verlage, die Gesetzestextsammlungen herausgeben allerdings ein Urheberrecht an der Zusammenstellung der Werke.

Daher:
Das Bundesgesetzblatt hat eine gewisse Struktur, in der die Zusammenfassung der Veröffentlichungen erfolgt. Diese Struktur kann urheberrechtlich geschützt werden.

Der Beck-Verlag, der sowohl die großen roten Backsteine alá Sartorius und Habersack (ehemals Schönfelder) als auch die kleinen Sammlbände herausgibt, hat ein Urheberrecht an der Zusammenfassung und Ordnung diverser Gesetzestext.

Die Gesetzestexte selbst sind öffentliches Gut, müssen sie für ihre Wirksamkeit sogar sein. Wie könnten wir auch von unseren Bürgern erwarten, sich an das Gesetz zu halten, wenn wir das Gesetz selbst hinter einer Paywall verstecken würden :wink:

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Klar, das sagen die… für einen vierstelligen Betrag wurde in so einem Projekt vielleicht gerade einmal ein Kick-off-Meeting veranstaltet. Geschweige denn eine sinnvolle Anforderungserhebung oder einem Sicherheitskonzept.

CCC ist auch viel Populismus, fürchte ich.

Mit den gesamten Sicherheitsanforderungen und was auch immer noch wichtig sein mag, gehen locker 20-30k allein für die Initiale Anforderungsaufnahme drauf - vermutlich sogar mehr. Dann wird sich der Kunde (in dem Fall der Staat) sicherlich auch während des Projekts mit kurzfristigen Änderungswünschen einbringen. Auch wenn ich dieses Projekt nicht kenne, für die Eskalation von Kosten ähnlicher Projekte ist meist ein unzureichend aufgestellter Kunde verantwortlich (wechselnde Wünsche, keine Bereitschaft gewisse Anforderungen fallen zu lassen, mangelnder Beitrag mit eigener Expertise etc.). Auch schlechte Platform- oder Technologie-Entscheidungen können hohe Kosten auslösen.
Von außen geschaut, sollte sich eine solche Platform vermutlich günstiger bauen lassen - aber niemals für einen vierstelligen Betrag.

*Ähnliche Projekte sind mein täglich Brot.

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