Die übliche Trickserei im Bundeshaushalt 2025

Alles richtig. Die FDP weiß vermutlich vieles, hat aber andere Interessen. Also hätten SPD und Grüne eine Minderheitsregierung wagen sollen?

Die FDP verhält sich wie ein Mehrheitsbeschaffer. Und die Personen deren Posten davon abhängen, können nichts dagegen machen. Der Deal ist: Alle machen, was die FDP will und können dafür im Amt bleiben. Am deutlichsten sichtbar ist das wohl am Kanzler.
Insofern kann man der FDP am wenigsten Vorwürfe machen. Inhaltlich sicherlich, aber nicht politisch. Da machen die alles richtig.

Hätte ich zur Halbzeit der Koalition durchaus interessant gefunden. Hinterher ist man natürlich immer schlauer, aber ich glaube Rückblickend gäbe es da zumindest bei den Grünen größere Sympathien für.

Das Problem mit dem Haushalt würde aber weiter bestehen. Denn der muss vom Bundestag verabschiedet werden und dafür hätte man bei der Union keine größeren Sympathien gehabt als bei der FDP.

Die FDP steht konstant bei 5% in den Umfragen (nach 11,5% bei der letzten Wahl) und muss sich bei der nächsten Wahl Sorgen um den Einzug in den Bundestag machen. Für mich gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass sie „politisch alles richtig“ macht. Das einzige, was da einigermaßen effektiv läuft, ist die Bedienung von extrem engen Klientelinteressen.

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Das ist wahr. Bedauerlicherweise kommen nur alle drei beschädigt aus dieser Sache heraus und lassen den Eindruck entstehen, dass sie als Parteien lösungsunfähig sind. Immerhin verbleiben sie in der Konstellation freiwillig und akzeptieren die Resultate.

So oder so - die Beschädigung entsteht, die (guten) von dir vorgebrachten Argumente ändern das ja leider nicht.

Übrigens sehe ich kein Problem mit einer rechten Opposition. In einer funktionierenden Demokratie muss es ein Spiel der Kräfte geben. Auch wenn ich eine CDU nicht schätze, ist ihre Existenz dennoch unverzichtbar. Wenn sie nicht wäre, würde eine andere ihre Stelle einnehmen - was ja unglückseligerweise zum Teil passiert ist.

Erst wenn das Spiel der Kräfte nicht mehr funktioniert, ist eine Demokratie ja gefährdet.

Ich finde es komisch hier von Trickserei zu sprechen, um dann gleichzeitig andere „Tricksereien“ vorzuschlagen. Das eien ist nichts anderes als das andere. Alle versuchen an der Schuldenbremse vorbei Wege zu finden, den Haushalt aufzustellen.

Man hat sich eben die Arme auf dem Rücken zusammen gebunden und versucht jetzt mit langen Fingern und angezogenen Beinen im Sitzen doch an die Schnürsenkel zu kommen. Der eien verrenkt sich eben linksrum, der andere rechtsrum.

Schönes Bild.
Auf nicht abgerufen Mittel zu hoffen ist für mich schon eine Trickserei wohingegen Reformen der Schuldenbremse oder das korrekte Nutzen der in der Bremse zugelassenen Spielräume für mich keine Tricksereien sondern politisches Können sind.
Von mir aus kann die Schuldenbremse auch weg, aber das ist aktuell eben keine politisch durchsetzbare Option, wegen CDU Blockade. Reformbarkeit wäre aber eben auch ohne CDU gegeben, um sich mehr Spielräume zu lassen.

Das sehe ich auch so. Aber durch den starken Druck aus der Opposition und die FDP selbst in der Regierung gibt es aktuell wenig linke Gegenmeinung, was ja auch deutlich wird durch die ganzen Punkte, die man jetzt zmb. Beim Asyl verändert hat.
Eine CDU, die so wie aktuell agiert, fernab von Fakten, populistisch, hetzerisch, AFD Positionen übernehmend, fossilen Lobbyismus als Wirtschaftskompetenz verkaufend finde ich dagegen nicht hilfreich. Weder für das Land noch für die politische Kultur

jun Wirtschaftsbriefing 15.7.24 mit Analyse des Haushalts vor allem klimatechnisch

Nun, ist es nicht ein Mythos, dass die CDU Wirtschaftskompetenz besitzt? Das hat sich mal irgendwann aus dem Adenauer/Erhard-„Wirtschaftswunder“ (das in ganz Europa parallel ebenso passierte und außerdem extern vom Marshallplan geboostet wurde) so ergeben, aber danach hat die CDU in den 80ern munter die Schuldenspirale gedreht und so kluge Entscheidungen getroffen wie Kupfer statt Glasfaser zu verlegen (OK, das lag daran, dass der Postminister zufällig eine Firma, die dann seine Frau… aber lassen wir das).
Dann hat die CDU das Asylrecht verschärft, als die Republikaner vor den Toren standen. Und Merkel hat sich dann gesellschaftspolitisch nach links bewegt, ja, aber ansonsten? Die Digitalisierungslücken entstanden ja genau in dieser Ära.

Deshalb sehe ich das vielleicht nicht so dramatisch, die CDU ist sich auf eine Art immer treu geblieben, nur die Personen an der Spitze sind halt mal mehr oder weniger unsympathisch. Immerhin weiß man bei Mr Blackrock, was man bekommt.

Positiv formuliert: Du könntest auch sagen, sie sind erfrischend pragmatisch und moralneutral, ohne radikal zu sein. Ist doch schon was in dieser Zeit… :sweat_smile:
Im Verhältnis zu den Republikanern in den USA sollten wir vielleicht dankbar sein, es geht immer noch schlimmer. Insofern gebe ich mal die optimistischere Sicht von dir in einem früheren Post an dich zurück, @longfellow. Danke für die schöne Diskussion!

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Man könnte es aber auch so deuten: die FDP hat halt nicht mehr eigenes Stammwählerpotential als um die 5%, konnte aber die Stimmen der Fridays for Future Jugendlichen einmal gewinnen um damit nochmal viele Minderheiteninteressen festzuschreiben und die Klima und Verkehrswende nochmal maximal rauszuschieben.
Dass die klimaorientierten Gelb-Wähler darauf nicht zweimal hereinfallen,wäre somit erwartbar.

Das stimmt schon, aber ich bleibe dabei: Eine Partei die droht an der 5% Hürde zu scheitern macht nicht „politisch alles richtig“. Um politisch erfolgreich zu sein muss man repräsentiert sein. Und da ist die Bilanz der FDP verheerend. Seit der Bundestagswahl 2021 ist sie

  • In Berlin aus dem Landtag geflogen
  • In Bayern aus dem Landtag geflogen
  • In Schleswig-Hollstein aus der Regierungskoalition geflogen (nach starken Verlusten), CDU und Grüne machen alleine weiter
  • In NRW aus der Regierungskoalition geflogen (nach starken Verlusten), die CDU koaliert dort jetzt mit den Grünen
  • In Niedersachsen aus dem Landtag geflogen

Die FDP ist jetzt noch an zwei Landesregierungen beteiligt, in RLP und SA. In beiden dieser Länder genauso wie in allen anderen anstehenden Landtagswahlen muss die FDP um den Wiedereinzug bangen. Wir könnten also nach der Bundestagswahl durchaus vor der Situation stehen, dass die FDP an keiner einzigen Landesregierung beteiligt und im Bundestag gar nicht mehr vertreten ist.

Wenn das kein politisches Vollversagen ist, dann weiß ich es auch nicht. Da hilft es dann auch wenig, wenn Lindner und Wissing als Dank für ihre knallharte Lobbypolitik gut bezahlte Jobs als Aufsichtsräte bekommen. Selbst das libertärste FDP-Mitglied wird es als schlechten Deal verstehen, wenn man als Preis für die mögliche Legalisierung der E-Fuels die Partei für immer in der Bedeutungslosigkeit versinken lässt.

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Die Frage ist doch, wie potenzielle FDP-Wählende ticken.

Gemeinwohlorientiert? - Nein.
Klimaschutzaffin? - Wohl kaum.

Ich verweise hierzu auf die letzte Mitte-Studie (Zick et al. 2023):

Und das sind noch die, die im Erhebungszeitraum weiterhin der FDP ihre Stimme gegeben hätten.

Die FDP-Wählenden sind überwiegend nach rechts abgewandert:


Somit ist klar, dass die FDP nur dann in größerem Umfang Wählende zurückgewinnen könnte, wenn sie ebenfalls rechts fischt.

Das hieße aber noch mehr innerkoalitionäre Opposition, insbesondere bei der Schuldenbremse und der Austerität.

Der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums geht davon aus, dass der Haushalt 2025 möglicherweise nicht verfassungskonform sei.

Würde mich interessieren ob das eine korrekte, mögliche Analyse oder eine fragwürdige Mindermeinung ist.

Die einen sagen so, die andern sagen so:

Eine interessante Tabelle vom Finanzministerium zeigt die Entwicklung (hier)

Es heißt doch, Zinsen sind so billig wie nie. Würden wir soviel Zinsen zahlen wie 2021, wären 34 Mrd mehr im Topf.

Wer sagt das denn? Zinsen sind dank EZB Geldpolitik so hoch wie lange nicht. Wer hat diese Geldpolitik begrüsst? Unsere Regierung.

Das mit den Schulden ist kompliziert, denn Deutschland schließt ja einen Vertrag über die Laufzeit ab. Es gilt also der Zinssatz bei Abschluss.
Wurden Darlehen vor 2021 aufgenommen, gilt also auch in 2021 der höhere Zinssatz.
Im Übrigen ist Geld seit 2021 auch 15% weniger wert.
Es kann also durchaus sein, dass es in manchen Bereichen die bessere Entscheidung war, es jetzt zu investieren und nicht schon in 2021.