Die Toten vom Polizeirevier Dessau - Oury Jalloh

Am 07.01.2005 verbrannte Oury Jalloh gefesselt in Zelle 5 des Polizeireviers Dessau-Roßlau. Ein forensisches Gutachten zeigt einen Schädelbruch, eine gebrochene Nase und gebrochene Rippen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie vor seinem Tod entstanden sind. Bei Betreten des Reviers wenige Stunden vorher war vom Amtsarzt festgehalten worden, dass Jalloh zu dem Zeitpunkt noch unverletzt gewesen war.

Die Aufarbeitung dieses Falls und der dabei aufgedeckten weiteren zwei Todesfälle im Kontext dieses Polizeireviers zeigen das absolute Versagen von Polizei und Judikative in diesem Fall.

Nach Darstellung der Polizei habe sich der an Händen und Füßen gefesselte Jalloh selbst angezündet. Er habe trotz der Fesseln ein Feuerzeug aus seiner Tasche geholt, den feuerhemmenden Überzug der Matratze beschädigt und die Matratze in Brand gesetzt. Es sei also ein Suizid gewesen.

Im Zuge der Ermittlungen wurden zwei weitere ungeklärte Todesfälle im Kontext desselben Polizeireviers aufgedeckt:
Im Dezember 1997 wurde Hans-Jürgen Rose einen Häuserblock vom Polizeirevier entfernt mit schweren inneren Verletzungen aufgefunden, zeitlich kurz nachdem er laut Polizeiangaben aus dem Revier entlassen worden war. Er starb am nächsten Tag an den Verletzungen.
2002 wurde der offenbar betrunkene Obdachlose Mario Bichtemann zur Ausnüchterung in Zelle 5 verbracht. Als die Zellentür später geöffnet wurde, lag er mit einem Schädelbasisbruch tot auf dem Boden.

Als einzige Konsequenz des Todes von Oury Jalloh wurde ein Dienstgruppenleiter wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft Dessau leitete nach Bekanntwerden eines neuen Brandgutachtens ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes ein. Dieses wurde ihr allerdings entzogen und an die Staatsanwaltschaft Halle übergeben, welche die Ermittlungen wegen mangelnden Tatverdachts einstellte.
Das Polizeireviers Dessau-Roßlau war ebenfalls in das Fehlverhalten und die mutmaßliche Vertuschung im Mordfall Li Yangjie verstrickt.

Fünfteiliger Podcast WDR5 Tiefenblick:

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