Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Arbeit und auch der Flutkatastrophe ist mir folgender Punkt aufgefallen (dieser ist bitte wirklich nicht als Neid zu verstehen):
Soweit ich informiert bin erhielten/erhalten die Opfer der Flutkatastrophe 2021 umfangreiche Hilfe vom Staat. So (jedenfalls lt. Tagesschausendungen von damals) sollten die Betroffenen („Nicht-Versicherten“) tlw. bis zu 100% ihres Schadens ersetzt erhalten. Die Betroffenen, welche zuvor eine Versicherung abgeschlossen haben („Versicherten“), erhalten dagegen (soweit ich weiß) nichts ersetzt - hier zahlt die Versicherung (sie soll dies zumindest, was ggf. aber auch schwierig sein kann). Nun fällt beim zweiten Blick auf, dass die Versicherten zuvor aber natürlich entsprechende Versicherungsbeiträge gezahlt haben, um damit solche Schäden abzusichern. Die Nicht-Versicherten dagegen haben keine Beiträge gezahlt und damit Geld gespart. Nun erscheint es aber nicht ganz fair, wenn derjenige, der selbst vorsorgt und sich damit einschränkt, besser gestellt wird als derjenige, welcher nicht vorsorgen wollte (manche konnten natürlich auch nicht - das ist aber eine andere Frage). Hier müsste mE doch eine Kompensation der Nicht-Versicherten entsprechend gekürzt werden oder die Versicherten auch die zuvor gezahlten Beiträge (jdf. tlw.) auch ersetz erhalten. Das der Gesetzgeber natürlich auch bei Hilfeleistungen einen Einschätzungsspielraum hat und unterscheidet, verstehe ich natürlich auch. Meiner Meinung nach ist es aber schon auffällig, dass der Vorsichtige am Ende der Dumme ist (wenn die Katastrophe bloß groß genug ist).
Vielleicht könnte man diesem Punkt ja aufgreifen bei der Betrachtung, wie es um die aktuelle Situation in den Flut-Katastrophe-Gebieten bestellt ist (beim traurigen Jahrestag?).
Die Gewinne (Prämien an die Versicherungsunternehmen) wurden privatisiert - und die Verluste (Auszahlung im Schadensfall) sozialisiert. Ein verheerendes Zeichen der Politik an alle, die sich gegen große Schäden versichern wollen - und gegebenenfalls nach der Flutkatastrophe im Ahrtal ihre Versicherung kündigen.
Solang es nur genug WählerInnen gibt, die zu schaden kommen, springt immer der Staat ein.
Wenn nur dein Haus abbrennt ist es dein Pech- wenn aber die ganze Stadt abfackelt baut der Staat die Stadt neu auf.
Diese Abkehr von der No-Bailout-Regel führt genau zu dem risikoreichen Verhalten, die Banken und Hedgefond-Managern immer (zurecht) vorgeworfen wird. Wir müssen als Gesellschaft irgendwie wieder zurück kommen auf einen Pfad der Verantwortung.
Ich halte das für eine sehr entscheidende Frage in dem Kontext.
Ansonsten - was folgt daraus? Zieht man dem ein „Pech gehabt, seht zu wo ihr bleibt“ vor?
Befürchtest du, dass Leute Versicherungen nicht abschließen oder kündigen, weil der Staat im Zweifel schon regeln wird? Ist das klug und realistisch?
Noch handelt es sich ja um eine ziemliche Ausnahme, in Zukunft müssen wir uns aber wohl überlegen, wie wir mit den Folgen der Klimakatastrophe umgehen. Verhindern wollten und können wir sie nicht, verhindern, dass Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren sollten wir soweit möglich wahrscheinlich trotzdem.
Mit immer mehr und immer schneller aufeinanderfolgenden Katastrophen wird aber unausweichlich irgendwann der Moment kommen, an dem der Staat nur noch in sehr geringen Maß finanzielle Hilfe für Privatpersonen leisten kann. Die Versicherten sind dann zumindest noch einigermaßen gut ,versichert,.
Und genau dies ist ja das große Dilemma: noch können sich Bund und Länder die Kosten solcher Katastrophen leisten. Aber nach Finanzkrise, Corona und Angriffskrieg Russland, plus dem Festhalten an der schwarzen Null, wir damit irgendwann Ende sein. Und dann landet man als unversicherter, hart gesagt, auf der Straße.
Da sich der Staat immer weniger an eine Budgetrestriktion gebunden fühlt ist das eine unberechtigte Hoffnung. Die MMT ist auch in der deutschen Politik schon sehr weit angenommen- mit allen inflationären Nebenwirkungen.
Wenn wirkliche Katastrophen kommen, dann sind die privaten Versicherer auch sofort pleite oder zahlen halt nicht, weil die in ihren Modellen solche Extremsituationen nicht drin haben. Hat man ja bei Corona und den Gastwirten gesehen:
Echte Risiko-Vergesellschaftung, die auch Krisensicher ist, kann eben nur der Staat leisten.
Solange es im Grundgesetz, wie auch Landesgesetzen, die schwarze Null gibt, gibt es aber eine Obergrenze. Dann müssten sich v.a. FDP, CDU und CSU so ehrlich machen, und unser Grundgesetz an die MMT anpassen.
Leider könnte der Thread-Titel allgemein das Motto unserer Gesellschaft sein. Die angesprochene Handhabung der Wiederaufbauhilfen im Ahrtal reiht sich da ja bloß perfekt ein, ob es nun um die Finanzkrise ging, wo jede Menge Leute sich mit „risikoreichen“ Zockerpapieren eingedeckt haben, aber wenn dieses besagte Risiko sich dann manifestiert hat, springt die Allgemeinheit ein und „rettet“ ihnen das Geld. Wer stattdessen konservativ gespart hat, war der Dumme und durfte anteilig bezahlen. „Gewinne privatisieren – Verluste sozialisieren“ trifft es recht gut.
Jetzt bei Corona ja genau dasselbe, (bevor mittlerweile sowieso alles egal wurde.) Jede Menge vernünftige Leute schränkten privat ihre Kontakte und Freizeitaktivitäten ein, in sehr vielen Fällen sogar deutlich mehr als von der Regierung vorgeschrieben, und sobald dadurch dann die Inzidenzen oder der R-Wert, oder was gerade angesagt war, gefallen sind, kamen irgendwelche Wahlkampfpolitiker und haben Lockerungen für die Unvernünftigen beschlossen.
Vom Klimaschutz wollen wir gar nicht erst anfangen. Wer sich einschränkt, um seinen CO2-Footprint zu verringern, ist der Dumme, denn die anderen tun es halt nicht.
Apropos Ahrtal. Allgemein kann man den Umgang in Deutschland mit Hochwasser auch unter dem Thread-Titel gut zusammenfassen. Norddeutsche Bundesländer investieren z.B. jede Menge Ressourcen in Hochwasserschutz, und deswegen war die letzte Katastrophe meines Wissens 1962. Im Osten, Westen oder Süden scheint es so etwas aber nicht zu geben. Da werden dann munter bekannte Überflutungszonen als Bauland ausgewiesen, wo aus guten Gründen niemand die Häuser versichern mag, und wenn dann nach ein paar Jahren alles wegschwimmt, steht man beim Wirtschaftsministerium auf der Matte und hält die Hand auf.
Die „Schuldenbremse“ hat übrigens lustigerweise eine Ausnahmeklausel für Katastrophenfälle, aber nicht für Investitionen in die Prävention von Katastrophen. m)
Ein gesundes Haushalten ist ja erstmal etwas Gutes und nicht verwerflich. Im Fall von Deutschland gibt es folgende Besonderheiten:
Deutschland haftet/ muss einspringen, wenn andere Staaten mit der gleichen Währung zu hohe Schulden haben. Es bringt nichts zu sparen, während alle anderen Euro Länder beliebig Schulden machen
Sind Schulden im Prinzip nichts schlechtes, wenn das Geld gut angelegt wird. Wenn wir also das Geld investieren (Bildungssystem, Infrastruktur) ist das etwas gutes. Da alle Parteien (die einen mehr, die anderen weniger) dazu neigen zusätzliches Geld in Konsum (Rente, Energiewende…) zu stecken, ist das kontraproduktiv. Um die Parteien daran zu hindern, ist eine schwarze Null sinnvoll
Falls du damit auf die Staatsschuldenkrise z.B. der Griechen ansprichst. Das war eigentlich eine Bankenkrise. Privatbanken (und leider auch staatliche) hatten den Griechen völlig unvernünftig hohe Kredite eingeräumt und diese Banken mussten dann von uns gerettet werden.
Hätte man damals die verantwortlichen Banken einfach Pleite gehen lassen, dann könnten sich Staaten heute gar nicht mehr über Gebühr verschulden, weil die Banken wüssten, dass sie daran Pleite gehen können.
Sry, falls du etwas anderes im Sinn hattest, aber das Argument wollte ich nicht so stehen lassen.
Wenn ein Unternehmen sein Diesel-Lieferfahrzeug durch ein Elektro-Lieferfahrzeug ersetzt, hat es zur Verkehrs- und Energiewende beigetragen. Es hat aber keine Investition getätigt, da es mit dem Elektro-Fahrzeug genauso produktiv ist wie mit dem Diesel-Fahrzeug.
Analog wäre ein Neubau von erneuerbaren Energie-Anlagen nur eine Investition und kein Konsum, wenn nicht eine andere Anlage abgeschaltet wird.
Wenn ein Haus abgerissen und an dieselbe Stellt für dieselbe Menge an Personen ein Haus neugebaut wird, dann ist das auch Konsum – der möglicherweise zur Energiewende beiträgt.
Absolut falsch. Wenn der Neuwagen geringere laufende Kosten verursacht und zusätzlich im Marketing zur Imageförderung rangezogen wird, ist es absolut eine Investition. Dasselbe gilt für Windkraftanlagen die weniger laufende Kosten verursachen als Kohle und Atom.
Wenn das Diesel-Lieferfahrzeug einen kleinen Teil dazu beiträgt, dass der Klimawandel die Schäden durch Naturkatastrophen in den nächsten 50 Jahren massiv in die Höhe treibt und somit Billionen an Euro kostet, dann ist ein Elektro-Lieferfahrzeug, das einen kleinen Teil dazu beiträgt, diese Schäden zu verringern, eine Investition.
Alles, was die Nutzungsdauer verlängert, dazu gehört auch ein altes Haus durch ein neues Haus zu ersetzen, ist eine Investition.
Aber wie du schreibst, kann man alles umdefinieren.
Und Definitionen der eigenen Interpretation anzupassen ist natürlich gerade in Krisenzeiten eine wichtige Tugend.
Beide Argumente entfernen sich ein bisschen vom Kapitalismus und von der BWL/VWL Definition von Investition.
Im Kapitalismus muss eine Investition dem investierenden einen monetären Mehrwert bringen. Bessere Umwelt/Marketing sind dort nicht eingepreist.
Es sollte aber eingepreist werden, aber der Druck auf die Politik ist nicht groß genug.
Eine hermeneutisch wohlwollende Investitionspolitik aufseiten der Unternehmen (auch ESG genannt) wird zwar immer propagiert- aber das große Geld (und somit Macht) geht da noch nicht hin.
Im übrigen wird das Dieselfahrzeug nie wieder so billig wie heute und das Elektrofahrzeug nie wieder so teuer wie heute. Bei steigenden CO2-Preisen stoße ich doch lieber heute mein CO2 aus als morgen. Ein politischer Designfehler?
Doch sind sie. Ich habe gerade erst meinen Abschluss gemacht und das wird überall eingepreist. Und Firmen, die sich der Klimawende verweigern werden immer mehr von Konsumenten gemieden. Dann nutzt es der Firma nichts mehr, wenn Sie billig und ignorant die Umwelt versaut, weil niemand mehr deren Produkte kaufen wird.
Sieht man ganz gut daran, dass es eigentliche kaum noch eine Branche gibt, wo dies mittels Greenwashing versucht wird dies zu verhindern.
Allein was bei Produktverpackungen investiert wird, nur um den Anschein eines nachhaltigen Produkts zu suggerieren ist absurd, antatt das Produkt zu verbessern.
Da hast du natürlich recht, aber ich denke auch das wird sich ändern, da die Kosten für Greenwashing bald höher sind, als tatsächlich nachhaltig zu sein.