Der überteuerte Strom

Danke für die Darlegung der Zahlen. Allerdings ging ich davon aus, dass wir hier primär über Stromkosten reden, nicht über Gas. Mir ist klar, dass der Strompreis mit dem Gaspreis zusammenhängt, aber es ist nun mal nicht ein- und dasselbe, und man sollte es meines Erachtens in Diskussionen nicht einfach kommentarlos in denselben Topf werfen. Denn die Empfänger von Zahlungen für teures, am Spotmarkt eingekauftes Gas sind völlig andere Firmen und Personen als die Empfänger des für teuren am Spotmarkt eingekauften Strom bezahltes Geld.

Auch funktionieren die jeweiligen Märkte völlig unterschiedlich - „Merit Order“, also der hauptsächliche Diskussionsgegenstand dieses Threads, ist meines Wissens am Gasmarkt kein Thema.

In Sachen Gas erwarte ich bereits Mehrkosten, mindestens durch die Umlage, wahrscheinlich auch durch anstehende Erhöhungen. Ich habe lediglich bei Strom das Glück, einen Vertrag mit derzeit noch stabilen „alten“ Konditionen zu haben. Noch ein Grund, diese Themen nicht unnötig zu verquicken - die Kundensituation bei Strom und Gas ist in der Regel nicht identisch, nicht wenige Menschen sind gar nicht direkt Gasverbraucher, sondern nur Stromkunden.

Das war auch gar nicht meine Aussage. Ich bezog mich auf Stromverträge, und da ist die Situation anders: es ist kein Stromproduzent, der 50% der Verbraucher versorgt hat, weggefallen. Es gibt auch bei Strom keine „Stromumlage“. Die Aussage, dass das hochpreisige Spotmarkt-Volumen aufgrund derartiger Ausfälle gerade extrem hoch ist und diese Preise somit gegenüber früheren Situationen übermäßiges Gewicht haben, dürfte daher nicht direkt vom Gasimport- auf den Strommarkt übertragbar sein.

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Da der Gaspreis den Strompreis hochzieht, kommen die höheren Einnahmen der nicht auf Erdgas angewiesenen Stromerzeuger zu dem von mir dargelegten „Umverteilungsvolumen“ des Gasmartkes noch hinzu. Das ist sozusagen ein Kollateralschaden.

Was mindestens auf dem Spotmarket für Strom landet, das ist der komplette EEG-Strom. Also schonmal >40% der Jahreserzeugung. Und auch alle Stromkunden, die momentan neue langfristige Verträge abschließen wollen, müssen mit dem aktuellen Preisniveau klarkommen und werden dieses nolens volens weiterreichen.

Gilt dies auch für Strom der unzähligen Kleinanlagen, der per garantierter Einspeisevergütung (irgendwas bei 8 Cent pro kWh, meine ich) den Weg ins Netz findet? Wer kassiert in diesem Fall den enormen Unterschied zwischen Spotmarktpreis und der ausgezahlten Einspeisevergütung?

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Ja.

Zunießer ist das EEG-Konto. Wäre die EEG-Umlage nicht kürzlich abgeschafft worden, hätte sie sich demnächst eigentlich in eine Ausschüttung verwandeln müssen, da die garantierte Vergütung inzwischen niedriger ist als der Erlös am Markt.

(Bei den Großanlagen gehe ich davon aus, dass inzwischen jeder, für den dies möglich ist, die Direktvermarktung nutzt.)

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Ein aufschlussreiches Interview mit einem Stromhändler:

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Danke für den Link, das war tatsächlich interessant. Wenn auch der für mich interessanteste Aspekt eigentlich diese Seitenanmerkung bezüglich des Gaspreises war:

Und der Gaspreis ist zuletzt auch dadurch getrieben worden, dass die Trading Hub Europe, der Gasmarktverantwortliche in Deutschland, im Auftrag der Bundesregierung für bis zu 15 Milliarden Euro Gas einkauft, um die Speicher zu füllen. Das hat durchaus Auswirkungen. Das kommt meiner Meinung nach zu kurz in der Diskussion.

Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht, aber an und für sich ist die Logik plausibel: Gas, das eingelagert wird, kann nicht mehr jetzt und heute verbraucht werden, ergo steigen die Preise für das aktuell zum Verbrauch benötigte Gas, und durch die derzeit permanent stattfindende Gasverstromung in Konsequenz die Strompreise.

Das gibt den inzwischen beinahe täglich veröffentlichten Erfolgsmeldungen bezüglich der viel schneller als gesetzlich vorgesehenen Füllung der Gasspeicher ein gewisses „Gschmäckle“. Man könnte die kritische Frage stellen, ob hier aus Angst vor einer Notlage im Winter gerade die Speicherbefüllung mittels viel Kapitaleinsatz über das notwendige Maß hinaus beschleunigt wird, wodurch man sich mit dem Strompreis-Spike einen Kollateralschaden selbst schafft. Wenn dem so sein sollte, müsste der Gaspreis und in Folge dann der Strompreis eigentlich sichtbar sinken, wenn die Speicherbefüllung sich bereits vor Einsetzen der Heizperiode und dem damit verbundenen höheren Verbrauch den 100% nähert.

Wäre ein nettes Beispiel dafür, wie der Weg in die Hölle immer mit guten Absichten gepflastert ist :wink:

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Ich fand Folgendes sehr bedenkenswert:

Merit Order ist eigentlich das richtige System. Es gilt ja auch in Rohstoffmärkten. Und funktioniert. Das spanische System kann funktionieren, um den Strom billiger zu machen. Aber dann gibt es eine Nachfrage, wie jetzt, aus Frankreich – und der staatlich subventionierte Strom geht nach Frankreich. Das ist dann auch ein Problem.

Es zeigt, dass das Gesamtsystem sehr komplex ist. In Zukunft wird es durch immer mehr Player noch komplexer.
Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass im Moment nur direkte, finanzielle Hilfen an diejenigen helfen, die es brauchen. Wenn man jetzt am komplexen System „mal eben“ rumschraubt, kann es zu noch größeren Verwerfungen führen , da es noch nicht zu Ende gedacht wurde (die Gasumlage bestätigt mich).

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Alles gut beschrieben. Jedoch fehlt beim Strommarkt noch ein Faktor. Nämlich die negative Reserve. D.h. wenn zu viel Strom in das Netz eingespeist wird, dann müssen Kapazitäten reduziert werden. Das geschieht oft durch Gaskraftwerke. Dieser negative Strom muss ebenfalls bezahlt werden, weil an den meisten Gaskraftwerken auch eine Wärmespeisung (Fern- oder Prozesswärme) direkt angeschlossen ist, muss dieser negative Einfluss ebenfalls mit in die Bezahlung aufgenommen werden.

Einfaches Beispiel: Eine Chemieanlage produziert ein Produkt A mit Wärme (Dampf) und Strom. Dafür hat es ein Gas-Kraftwerk gebaut. Der überschüssige Strom wird ins Netz eingespeist. Wenn nun das Netz ausreichend Strom hat, so muss das Gas-Kraftwerk in der Stromproduktion reduziert werden, was auch Einfluss auf die Dampfproduktion hat. Das kann durch Hilfsdampfkessel ausgeglichen werden, ist aber kostenintensiver.

Darum schließen Firmen mit den Netzbetreibern Verträge ab, um diese negativen Kapazitäten zu verkaufen.
Das ist ebenfalls ein sehr lukratives Geschäft für die Firmen.

März ihat kritisiert, dass Habeck Gas mit Steuermitteln kauft und gefragt, wo denn das Geld herkommen solle. Merz bedient mitr seinen Narrativen immer auch seine alte Klientel bei Blackrock.

Deutschland kann in diesem Winter mittels der Gaseinkäufe Geld verdienen. Denn Gas, das Habeck für 15 Mrd jetzt einkauft. verflüchtigt sich ja nicht. Im Winter könnte es bzw. der Strom daraus das 10fache einbringen. Einfach Spekulation - damit kenne ich mich als neogrüner Investor aus :wink:

Wenn der Staat final in die Energiemärkte eingreift, braucht es dafür ja auch wieder Cash, das könnte man sich so in großem Stil holen…

Aber es macht in der letztlich eingekauften Menge keinen Unterschied, ob er diese Einkäufe einige Wochen früher oder später beendet. Wenn die Speicher voll sind, ist Ende mit Einkauf, egal wie schnell dieser stattfindet. Wenn also schneller als nötig eingekauft wird, dann erzeugt man sich selbst eine Preisspitze, kauft teurer ein, erhöht die Preise für alle anderen ebenfalls und hat am Ende aber auch nicht mehr Gas, da die Größe der Speicher die Menge bestimmt.

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Weil es in populistischen Kreisen öfter zu hören war, dass wir zu viel Gas verstromen um Frankreich Strom zu liefern, das sieht nun nicht so aus…

aber dann doch…

Am Ende gewinnt halt doch das Geld …

https://www.smard.de/page/home/topic-article/444/208548

zur Entkopplung der Märkte
https://www.onvista.de/news/2022/09-01-roundup-3-energie-experten-keine-einfache-loesung-bei-strommarktreform-10-26035054

Weil manche ja meinen „DIE GRÜNEN“ wären an allem schuld, manchmal hab ich das Gefühl manche von genau denen sind die einzigen die noch klar sahen/sehen:

Würde ich auch so unterschreiben:

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Das Thema wird sicher ein Dauerbrenner - hier im Forum ist das Thema aktuell erschöpft und ich möchte es heute nach 12:00 schließen. Neue Infos und Aspekte dazu bitte gerne in einem neuen Threrad.