Der Koalitionsvertrag ist da

Gleich mal nachgeschlagen, was mich am meisten interessiert:

Wir richten unser Erneuerbaren-Ziel auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680-750 TWh im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen. Entsprechend beschleunigen wir den Netzausbau. Die jährlichen Ausschreibungsmengen passen wir dynamisch an.

80% von 700 TWh sind 560 TWh. Ziemlich genau die heutige jährliche Bruttostromerzeugung.

Im Jahr 2019 lieferten die EEs folgende Strommengen:

  • PV → 40 TWh
  • Windkraft → 126 TWh
  • Biomasse → 44 TWh
  • Wasserkraft → 20 TWh

Biomasse und Windkraft sind ausgeschöpft, da ist nicht mehr nennenswertes Steigerungspotential. Also müssten PV und Windkraft innerhalb der nächsten 8 Jahren um ungefähr 320 TWh zulegen. Also 40 TWh pro Jahr. Soviel wie momentan die gesamte Stromproduktion durch PV. Jedes Jahr zusätzlich.

Ein mögliches Szenario wäre jedes Jahr ein PV-Ausbau von 20 GW PV plus nochmal 10 GW Windkraft. Damit käme man ungefähr hin.

Ich sage nicht, dass dies technisch nicht möglich wäre. Aber um Sachen wie Schuldenbremse, Einspruchrechte der Anwohner, Schutz einzelner Wildtierpopulationen, etc. darf man sich dann wirklich null kümmern.

Ich bin wirklich baff, dass sowas zu Papier gebracht wird. Wurde da das Cannabisverbot intern schonmal aufgehoben?

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Du kannst ja mal versuchen Missernten und Flutkatastrophen mit dem Verweis auf unsere Schuldenbremse zu stoppen. :wink:

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Das ist ja schon deutlich mehr als unter Altmeier denkbar war. Da ging man ja tatsächlich davon aus, das wir in Deutschland keinen signifikant höheren Energieverbrauch haben werden bis zum Ende des Jahrzehnt.

Was wäre denn deine Idee um die, unbestritten ambitionierten Ziele zu erreichen?

Ich schätze durchweg deine Beiträge, aber die neue Koalition kann doch zum Stand heute nichts für das klare Versagen der letzten Regierungen und des CDU geführten Wirtschaftsministerium, dass dafür gesorgt hat, dass Wind und PV in den letzten Jahren so massiv ausgebremst wurde.

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Amüsant, da es doch auch im Vertrag heißt: „Die Energiewende werden wir ohne den Abbau von ökologischen Schutzstandards forcieren“ (S. 37 im Koalitionsvertrag von SPD, Grüne und FDP, 2021).

Ehrlich gesagt habe ich nach dem Querlesen keinen wirklichen Schimmer wie das klappen soll. Das muss so schnell hochgefahren werden, dass man da meiner Meinung deutlich konkreter hätte sagen müssen, dass kommt alles weg. So entsteht eher der Eindruck, dass da nun noch einige Zeit in konkrete Verhandlungen gesteckt werden muss und da die Gefahr besteht wieder einige Jahre (hoffentlich keine ganze Legislatur) zu verlieren.

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Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, mit ‚business as usual‘ schlicht unerreichbare Ziele zu formulieren, ohne klar zu sagen, wie man in den dafür notwendigen ‚whatever it takes‘-Modus wechseln will. Ja nichtmal zu sagen, dass man nun völlig anders agieren müsste, um auch nur die Hälfte dessen zu erreichen, was man vorgibt sich vorgenommen zu haben.

Das steht da jetzt als Zielsetzung und zur Mitte der Legislaturperiode wird man so unendlich weit davon entfernt sein, dass es dann auch egal ist, ob man am Ende 80% oder 85% des Ziels nicht erreicht hat. So kriegt man aus meiner Sicht keine Dynamik rein. Stattdessen müsste man einen Pfad formulieren, wie man sich von Stand heute in jährlichen Schritten in Richtung des Ziels hocharbeitet.

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Besser man stoppt die Schuldenbremse, keine Frage.

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Beim Thema Altersvorsorge machen sie mit der „Aktienrente“ jetzt wohl ernst.

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Liest sich für mich als echter Laie nicht so, ich kann mich da aber auch täuschen.
Zumindest sind da viele Punkte aufgeführt die mit „Wir werden“ anfangen, die vor allem PV für den Bürger wieder attraktiv machen können - gegenüber dem Status quo.

Unabhängig davon, wie detailliert sind den üblicherweise die Ziele und die dazu notwendigen Mechanismen um diese zu erreichen, in Koalitionsverträgen ausformuliert?

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PV ist das dünne Brett. Wobei es auch da kein Selbstläufer wird von momentan jährlich 5 GW Zubau auf 20 GW zu kommen.

Das große Problem ist aber die Windkraft (an Land): Die hilft es überhaupt nicht, die Volumen der Ausschreibungen hochzusetzen, denn schon über die letzten Jahre lag die Anzahl der Gebote meist deutlich unter dem Ausschreibungsvolumen. Um hier was zu reißen, müsste man wieder auf das alte Vergütungssystem wechseln, wo jeder, der es schaffte, ein Windrad zu bauen, eine vorher bekannte Vergütung garantiert bekam. Damit haben wird es immerhin für ein paar Jahre geschafft um die 5 GW Windkraft pro Jahr in die Landschaft zu stellen.

Mit dem jetzigen System ist das prinzipbedingt nicht möglich, denn ein Gebotsverfahren setzt ja voraus, dass es eine Vielzahl von Geboten gibt, aus denen Vater Staat dann die besten auswählen kann. Stattdessen herrscht bei der Windkraft aber ein gewaltiger Mangel an realisierbaren Projekten, so dass man eigentlich jedem Investor den roten Teppich ausrollen und alle Hürden beseitigen müsste, weil jedes Windrad, das gebaut werden kann, auch tatsächlich gebraucht wird.

Davon lese ich aber nix. Stattdessen: Die jährlichen Ausschreibungsmengen passen wir dynamisch an.

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Danke für die Erklärung.
Positiv ist aber doch zu erwähnen

Wo bereits Windparks stehen, muss es ohne großen Genehmigungsaufwand möglich sein, alte
Windenergieanlagen durch neue zu ersetzen.

Wenn das kommt, können viele alte Windräder durch neuere leistungsstärkere ersetzt werden.
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, würden unter der jetzigen Regelung viele alte Windräder zeitnah aus der Gesamtkapazität herausfallen, die man wegen der 1000m-Abstandsregel nicht ersetzten dürfte.
Das ist ein wichtiger Schritt von vielen.

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Ich sehe das alles erstmal nicht nur negativ. Ich empfinde es als positiv, dass die Verhandlungen zügig durchgezogen wurden. Außerdem wurde tatsächlich nichts nach außen weitergegeben. Das zeugt von hoher Professionalität und eben auch davon, dass die 3 wirklich was erreichen wollen.

Wenn ich dagegen sehe, dass bei der Union immer die BILD mitverhandelt, ist das schon eine deutliche Verbesserung. Auch werden wir so endlich von 16 Jahren Merkel erlöst, für mich war sie nämlich eine absolut desolate Kanzlerin die sich gern mit fremden Federn schmückte und Fehler immer auf andere schon und sonst nichts tat, wirklich gar nichts.

Auch finde ich die Ministerien gut gelöst. Die Grünen haben mit einem verstärkten Wirtschaftsministerium ein Gegengewicht zum Finanzministerium. Die FDP hat mit Verkehr ein Ressort, dass ein Gegengewicht zum Umwelt- und Landwirtschaftsministerium dar stellt. Ich bin auch froh dass Hubertus Heil weitermachen darf. Er war ein starker Minister gegen die miese Politik von Altmaier und Co.

Ich hoffe einfach die Querdenkertendenzen der FDP durch Schwurbler wie Kubicki werden im Keim erstickt.

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Hier ein schöner Artikel zur geplanten Finanzierung:

https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-11/finanzen-koalitionsvertrag-ampel-klimaneutralitaet

Das liest sich für mich als hätte sogar Lindner begriffen, dass es zusätzlich Geld braucht nach 16 Jahren Missmanagement. Damit er sein Gesicht wahren kann wird die Schuldenbremse eben ausgetrickst. Vielleicht wird die FDP doch vernünftiger ohne den schlechten Einfluss CDU/CSU.

Hier auch eine schöne und wirklich mal nicht populistische Geste aus der CDU durch Laschet:

Man kann in der Niederlage wirklich Größe zeigen und das hat er wirklich getan. Besser jedenfalls als Spahn, Merkel und der Rest der Union, die die Pandemie zum Angriff auf die Koalitionsverhandlungen missbraucht haben. Ich denke da an Merkels Weigerung trotz Mehrheit etwas zu tun, Spahns sinnlose Aufkündigung der epidemischen Notlage und den widerlichen Populismus von Frei und Brinkhaus. Daran sieht man wie wenig Moral in dieser Partei ist und wie egal im Zweifel Menschenleben sind.

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Koalitionsvertrag stimmt mich positiv. Die bleiernen Unions-Jahre sind endlich vorbei. In der FDP ist immer noch der klare Menschenverstand ansprechbar, während die Union im Zweifelsfall in dumpfer Blockade verharrte, vor allem, wenn es um ihren unrechtmässigen Vorteil ging. Wahlalter absenken? Ist doch schlecht für uns, machen wir nicht. Wahrrechtsreform genauso. Eine Nebensache, aber typisch vor allem für die CSU: Da sagte doch MP Söder direkt in die Kameras, er denke nicht daran, die Termine für die Sommerferien mal durchzutauschen mit anderen Bundesländern. Begründung: der August sei doch der schönste Monat. Den gebe man nicht her. Demokratieverständnis und Fairness wie ein Tier …

Freilich, das Klimaprogramm wird lange nicht reichen, aber ich sehe im Ganzen Anpassungsbereitschaft. Sie haben schon die begründete Angst, dass das Ausmass der notwendigen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft die Leute verschrecken würden im Moment. Aber es scheint doch so, dass die neue Regierung wirklich bereit ist, ihre Massnahmen in kürzeren Abständen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und anzupassen. Damit wird die Bevölkerung halt in vielleicht kleinen Schritten in die notwendigen Veränderungen „hineingeleitet“.

Gut finde ich übrigens, dass Verkehr an die FDP fällt. Dass Tempolimit ausgeklammert wurde, war erstens eine Notwendigkeit, die FDP im Boot zu behalten, und zweitens ein kluger Schachzug der Grünen. Denn: das Tempolimit wird kommen, und zwar bald, und ohne dass sich die Grünen den Ärger der sagen wir „leidenschaftlichen“ Autofahrer zuziehen und ohne dass die FDP das Gesicht verliert. Die Deutsche Umwelthilfe wird das Tempolimit vor Gericht erstreiten und alles ist fein.

Dass die Abwägung des winzigen Freiheitsrechts Weniger auf Schnellfahren so viel die Karre hergibt gegenüber dem Recht auf möglichst wenig Umweltschäden Aller und dem Recht auf einfach herzustellenden Unfallschutz sehr Vieler erst jetzt zum Thema wird, ist mir 15 Jahre lang ein Rätsel gewesen - als ob es keine Juristen im Verkehrssektor gäbe.

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Nunja, solange sowas im Koalitionsvertrag drinn steht und Lindner das Finanzministerium bekommt, habe ich was das Große und Ganze und Veränderung in die richtige Richtung angeht wenig Hoffnung:

Auch im Jahr 2022 werden fortwirkende Pandemiefolgen zu bewältigen sein, die weiterhin eine
außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Schuldenregel begründen. Die zusätzlichen
Möglichkeiten werden wir insbesondere für die Überwindung der Coronakrise und Maßnahmen für
eine schnelle wirtschaftliche Erholung nutzen. Ab 2023 werden wir dann die Verschuldung auf den
verfassungsrechtlich von der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränken und die
Vorgaben der Schuldenbremse einhalten.

und

Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen
gewährleisten, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die
Infrastruktur, auch um die deutsche Wirtschaft zukunftsfest und nachhaltig aufzustellen und
Arbeitsplätze zu sichern.

Klingt für mich nach einer Menge Magie oder viel guter Hoffnung

Ich weiß jetzt nicht ob die Materialien oder die Installateure einen Flaschenhals darstellen. Aber mit einer Solarpflicht auf Gebäuden könnte man das erreichen.

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Auf Tagesschau.de habe ich noch folgendes zu dem Punkt gelesen:

Die Solarleistung wollen die Partner unter anderem mit einer Photovoltaik-Pflicht auf Gewerbedächern bis auf 200 Gigawatt mehr als verdreifachen. Beschleunigt wird demnach auch der Windenergie-Ausbau auf hoher See, der 2030 auf 30 Gigawatt klettern soll (bisher 20 GW). Für Windenergie an Land sollen zwei Prozent der Bundesfläche reserviert werden.

Zum Thema Digitalisierung und Staatliche Softwareaufträge steht doch einiges drin, das relativ konkret ist und aus meiner Sicht auch gut:

Seite 15 / 408 Für öffentliche IT-Projekte schreiben wir offene Standards fest. Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht.

Seite 16 / 434 Wir führen ein Recht auf Verschlüsselung, ein wirksames Schwachstellenmanagement, mit dem Ziel Sicherheitslücken zu schließen, und die Vorgaben „security-by-design/default“ ein.

Seite 16 / 439 Darüber hinaus sichern wir die digitale Souveränität, u. a. durch das Recht auf Interoperabilität und Portabilität sowie das Setzen auf offene Standards, Open Source und europäische Ökosysteme,

Seite 18 / 511 Ersatzteile und Softwareupdates für IT-Geräte müssen für die übliche Nutzungsdauer verpflichtend verfügbar sein.

Jetzt kommt es nur noch drauf an was tatsächlich umgesetzt wird.
Ich freu mich schonmal drauf, dass „Public Money - Public Code“ Eingang gefunden hat und auch die E2E Verschlüsselung erlaubt bleiben soll.

Soll nicht heißen, das ich den ganzen Vertrag toll finde ich hab mir erstmal nur diese Stelle herausgepickt.

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Hier hat Tagesschau.de dann aber ein Wort weggelassen. Im Koalitionsvertag steht: „Bei gewerblichen Neubauten
Die Solardachpflicht auf Neubaugebäude wird nicht der große Renner sein. Ich habe dazu das gefunden:

Quelle: Auf Neubaudächern könnte viel mehr Sonnenstrom produziert werden

Das sind in Summe 84622 Haushalte. Es wurden 3000kw/h im Jahr als Stromverbrauch angesetzt. Wenn man hier (grob vereinfacht) davon ausgeht das 1kwp 1000kwh im Jahr produziert sprechen wir hier über eine jährlich neu installierte Leitung von 253866 kwp oder 0,253866 gwp.

Was ich damit damit sagen will: Wir müssen die bestehenden Dächer voll mit Photovoltaik machen und können hier auch nicht darauf warten das die vielleicht irgend wann einmal saniert werden. Dazu müssen die Anlagen aber wieder wirtschaftlich werden. Also im Idealfall Finanzierungskosten runter und Einspeisevergütung rauf.

Der Koalitionsvertrag geht hier in die richtige Richtung:
„Dazu beseitigen wir alle Hemmnisse, u. a. werden wir Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigen, Vergütungssätze anpassen, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel prüfen.“

Interessant wird hier die Ausgestaltung des ganzen sein.

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Übersetzt man das in Strommengen, kann man Pi-mal-Daumen folgendes annehmen:
+142 GW PV → +140 TWh (eher ein bisserl weniger)
+22 GW Windkraft offshore → + 80 TWh (die Umsetzung bis 2030 wird sehr schwer, da die Netzanbdingung auf See lange Vorlaufzeiten hat)

Damit hätte man noch ca. 100 TWh durch Windkraft an Land zu erbringen, was ungefähr +50 GW Windkraft bis 2030 entspricht. Dazu müssten wir sowohl die aktuellen Regularien als auch die Einstellung der Entscheidungsträger bis runter auf die kommunale Ebene um 180° drehen - und das innerhalb der nächsten 12 Monate. Momentan wird jede Windkraftanlage ja als Zumutung angesehen und z. B. Bayern hat sich faktisch aus dem Windkraftausbau verabschiedet.

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So wie ich das verstanden habe soll neu geregelt sein dass eine konkrete Population geschützer Pflanzen oder Tiere nicht mehr z.B. ein Windrad verhindern können soll. Populistisch : Die 10 Eidechsen vor Ort müssen dran glauben, dafür werden 20 Eidechsen 30 Kilometer weiter umfassend geschützt.