Der Fall Maja T - Bundesverfassungsgericht missachtet, Rechtstaat unterlaufen,

Ich möchte hier, zugegebenermaßen ohne alles gelesen zu haben auf die neueste Folge des Podcast „Die JustizreporterInnen“ hinweisen.

Alle Abläufe, sowie Einordnungen werden in einem der Lage ähnlichen Format vorgetragen.

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Da ist es sehr lohnend, den gerade genannten Podcast anzuhören.
So waren demnach die Behörden bereits am Morgen des 27. informiert, dass die Abschiebung möglich sein wird, Majas Rechtsanwalt aber erst am Abend.
Es gab nachts noch ein Gespräch zwischen LKA, Maja und Majas Anwalt. Der Anwalt behauptet, er habe da den Eilantrag angekündigt, das LKA hingegen sagt aus, er habe angekündigt, sich beschweren zu wollen. In beiden Fällen hätte die Generalstaatsanwalt hellhörig werden müssen. Der Experte in dem podcast sagt, wenn ein Anwalt nachts sich auf den Weg macht, dann nicht, weil er sich „beschweren“ wolle. Die Ausrede mit den Störaktionen linker Gruppen lässt er auch nicht gelten. Die Auslieferung per Hubschrauber hätten sie auch am nächsten Tag oder in drei Tagen nicht verhindern können.
Es wird der Verdacht geäußert, dass ein Rechtsmittel, das den Bürgern zur Verfügung steht, gezielt ausgehebelt werden soll und das ist schlicht Rechtsbeugung.

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Und wo steht geschrieben, dass die Ankündigung eines Antrages eine aufschiebende Wirkung hat? Eine Ankündigung ist unverbindlich.

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Sicher. Nur muss der Staat jetzt das Recht wieder herstellen. Wie soll er das machen?

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Wenn das Einlegen eines Rechtsmittel oder eben auch einer Verfassungsbeschwerde angekündigt ist, gebietet es das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutzes aber eben, dass die Behörden nicht gezielt versuchen, „Tatsachen zu schaffen“, um dem Einlegen des Rechtsmittels zuvor zu kommen.

Stell dir einfach vor wir hätten die Todesstrafe und der reguläre Rechtsweg ist erschöpft, aber der Verurteilte kündigt an, vor das BVerfG ziehen zu wollen. Nun setzt die Justiz alles in Bewegung, um den Verurteilten so schnell wie möglich in einer Nacht- und Nebelaktion hinzurichten, bevor sein Anwalt am nächsten Morgen die Verfassungsbeschwerde beim BVerfG einlegen könnte, gerade um damit nicht rückgängig zu machende Tatsachen zu schaffen, die die Verfassungsbeschwerde gegenstandslos machen. Es ist doch nun wirklich offensichtlich, dass das ein Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz wäre…

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Also bisher hat das BVG noch nicht abschließend entschieden. Darum muss auch nichts wiederhergestellt werden. Zumindest habe ich es so dieser Diskussion entnommen.

[die Generalstaatsanwaltschaft] wird angewiesen, durch geeignete Maßnahmen eine Übergabe des Antragstellers an die ungarischen Behörden zu verhindern und seine Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken.
Bundesverfassungsgericht - Entscheidungen - Erfolgreicher Eilantrag eines deutschen Staatsangehörigen gegen seine Auslieferung nach Ungarn

So lautet die Entscheidung des Eilverfahrens.

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Leider bezog sich das wohl nur auf den Zeitraum, den Maja T. in Österreich war. Die Staatsanwaltschaft hatte wohl beim BVerfG nachgefragt, ob sich das auch auf Ungarn bezieht, das hat das BVerfG wohl verneint. Das kann man natürlich politisch für problematisch halten, aber das Problem ist natürlich, dass wir da auch einfach keinen Hebel haben, weil die ungarische Justiz natürlich jetzt sagt: „Es gab einen Haftbefehl, sie wurde hier hin ausgeliefert, jetzt sind wir zuständig. Was da in euren Verfahren schief gelaufen ist geht uns nichts an!“ - und aus Ungarns Sicht ist das natürlich wahr, es gibt keine Verpflichtung für Ungarn, in dieser Hinsicht mit Deutschland zu kooperieren - und in Anbetracht des politischen Klimas und eines Möchtegern-Autokraten wie Orban ist wohl auch nicht davon auszugehen, dass Ungarn gerade in diesem sehr politisierten Fall freiwillig kooperiert.

Und wie oft haben Anwälte solche Ankündigungen als „kreative“ Verteidigungsstrategie benutzt?
Da vertraue ich doch lieber einem Gericht.

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Was ist daran „kreativ“?
Für normale Rechtsmittel gilt alles oben gesagte ohnehin schon: Handeln dürfen die Behörden erst, wenn das Urteil rechtskräftig ist, also die Frist zur Einlegung von Rechtsmitteln abgelaufen ist. Da es bei Verfassungsbeschwerden theoretisch keine Frist zur Einlegung gibt kann es natürlich nicht sein, dass ein Anwalt immer nur ankündigt, eine Verfassungsbeschwerde einzulegen und so das Verfahren hinauszögert - also ich würde es nicht kritisieren, wenn die Staatsanwaltschaft hier sagen würde, dass die Verfassungsbeschwerde unverzüglich (dh. z.B. binnen eines Werktages) eingelegt werden muss (die Begründung kann beim BVerfG nachgereicht werden!), aber zu handeln, bevor selbst eine unverzügliche Verfassungsbeschwerde die Chance hat, wirken zu können, ist einfach ein blatantes Aushebeln des oben genannten Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz.

Um also auf die Frage zurück zu kommen:
Da es nur um Verfassungsbeschwerden geht und nur gefordert wird, für Verfassungsbeschwerden zumindest die Chance zu lassen, sie einzulegen, bevor die Behörden handeln, ist die Zahl der tatsächlichen Anwendungsfälle extrem niedrig. Wenn man hier ein unverzügliches Einlegen fordert, ist auch kein Schaden ersichtlich. Also nein, dieses Argument ist einfach nicht schlüssig.

Dieser Satz ist unangemessen. Es geht gerade darum, dass hier eine verfassungsgerichtliche Entscheidung durch eine Nacht-und-Nebel-Aktion der Behörden vermutlich bewusst und gezielt (anders kann man sich diese sehr unübliche Eile in diesem Fall nicht erklären!) verhindert wurde. Also nein, du vertraust hier den Behörden, nicht den Gerichten.

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Ich dachte, gelesen zu haben, dass es ein Gerichtsurteil gibt.

Anbei erneut ähnliche Vorgehen in Sachsen. Abschiebung um jeden Preis. Trotz Gerichtsbeschluss ausgeflogen: Abschiebung um jeden Preis - taz.de

Mir scheint das ganze hat System.

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Weitere neue Beiträge und Entwicklungen zu diesem Fall. Maja ist weiterhin in Budapest in Haft, Hanna hatte in Nürnberg ihren 100. Tag in Haft. Keine Aussicht auf „In Dubio pro reo“ oder Verhältnismäßigkeit:

Wie die Zeit berichtet, sind noch weitere Personen auf der Flucht.

Sie würden sich stellen, wenn Deutschland die Fälle an sich ziehen würde.
Statt dessen sind sie nun seit zweieinhalb Jahren auf der Flucht, weil sie zweifeln in Ungarn ein faires Verfahren zu bekommen.

Kann hier bitte jemand zumachen?
Einfache Regelung: wenn sich jemand in einem Land einer Tat schuldig gemacht haben könnte, bitte Auslieferungsanträge annehmen und ausliefern, damit sie vor Ort vor Gericht gestellt werden können! Fertig.

Nein, so leicht ist das eben nicht.

Wenn es erhebliche Vorbehalte im Hinblick auf die Rechtstaatlichkeit gibt, was in Ungarn der Fall ist, und zudem eine aktive Negativbehandlung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen dort usus ist, wie es in Ungarn in Bezug auf die LGBTQI-Bewegung der Fall ist, kann man eben nicht einfach ausliefern, genau darum geht es doch in diesem Thread.

Oder wärst du auch dafür, Menschen, die von Russland beschuldigt werden, eine Straftat begangen zu haben (z.B. den Ukraine-Einsatz Krieg genannt zu haben - oder in Russland vor der Flucht an Demonstrationen teilgenommen zu haben), einfach direkt auszuliefern, nur weil Russland eine Tat behauptet und einen Auslieferungsantrag gestellt hat?!?

Gerade das Ausliefern eigener Staatsbürger ist grundsätzlich die Ausnahme und nur wegen entsprechender EU-Regelungen möglich. Wenn Ungarn sich aber immer weiter von den Grundfesten der EU entfernt, durch welche diese EU-Regelungen vertretbar werden, muss man eben hinterfragen, ob eine Auslieferung noch möglich sein sollte. Denn die Regelungen zur Auslieferung innerhalb der EU basieren gerade auf dem Gedanken, dass die Rechtstaatlichkeit überall in der EU gewährleistet ist, was in Ungarn aus gutem Grund bezweifelt werden kann.

Es gibt eine EU-Regelung? Ab dafür!

Du solltest meinen Beitrag zu Ende lesen.

Gerade wenn du so rechtspositivistisch argumentierst solltest du auch akzeptieren, dass das BVerfG die Auslieferung wegen der rechtstaatlichen Bedenken abgelehnt hat.

Ja gut, dann kann sich die andere Person ja jetzt stellen.
Ich verstehe nicht, warum ihr so vehement versucht, verdächtige Terroristen oder eines anderen Verbrechens Beschuldigte zu verteidigen.

Dazu wurde schon alles gesagt:

Verstehst du (@ffiene) wirklich nicht, dass es hier um rechtstaatliche Bedenken gegenüber Ungarn geht?!?

Ginge es um irgendwelche Hooligans, die in Frankreich einen Polizisten halb tot geschlagen haben, würde man - mit Recht - keine Sekunde zögern, sie auszuliefern, weil es keine Anhaltspunkte für rechtsstatliche Defizite in Frankreich gibt. Aber hier geht es um Menschen, die von einer Regierung verfolgt werden, die offiziell aus Sicht der EU zahlreiche rechtstaatliche Probleme hat und der dafür auch schon massive EU-Gelder vorenthalten wurden. Ist das wirklich so schwer zu verstehen?!?