Demonstrationen gegen Rechtsextremismus

Ich war übrigens gestern auf der Demo „Hamburg steht auf“ - mit 50-80.000 Teilnehmern die bislang größte in Deutschland.

Abgesehen davon, dass die Organisatoren, die Stadt und die Polizei von der Masse an Teilnehmer völlig überrascht und unvorbereitet war (was z.T. zu Massen-Situationen geführt, die ich als brenzlich empfand), …. [/NebenBemerkungAus]

… war es schon geil, Teil einer Stadtgemeinschaft zu sein, die jetzt in solchen Scharen gegen die AfD Flagge zeigt. Das zeigte sich schon in der völlig überlaufenen U-Bahn-Station und U-Bahn, wo alle sich größte Mühe gaben, dass möglichst viele noch mitkommen. Auf dem Rückweg hat man mit völlig Fremden darüber gesprochen, wie unglaublich es war, wie viele dazu gekommen sind.

Das macht Hoffnung!
In der Haut eines AfD-Funktionär in Hamburg möchte ich gestern nicht gesteckt haben!

Ich bin sehr gespannt, ob das noch zunehmt, wenigstens anhält oder doch relativ schnell verpufft.

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Ich finde es richtig, dass gegen Rechts demonstriert wird.

Ich habe mir auch die die Reportage in der ARD „Wir waren in der AfD“ angeschaut. Dokumentation & Reportage: Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten | ARD Mediathek

Dort wurde die zunehmende Radikalisierung der AfD meines Erachtens sehr gut dargestellt. Auch die Kräfte die innerhalb der Partei wirken und wie es persönlich dazu kommt dass Mitglieder „gefangen“ sind.

Wie höchstwahrscheinlich jeder habe ich in meinem Umfeld auch Personen die stark der AfD zugeneigt sind. Ein großer Teil dieser Bekannten würde ich nicht als rechtsradikal einschätzen. Jedoch sind sie massiv vom Politikbetrieb frustriert, verstehen nicht warum unsere Politiker so viel Geld aus Deutschland heraustragend und in an andere Länder geben wenn im eigenen Land gespart werden muss und die Infrastruktur verrottet.

In Bezug auf das Parteiverbot werden diese Aktivitäten einzig als Mittel zum Machterhalt gesehen. Die Kritik der Gesellschaft sammelt sich in der AfD. Diese versammelt 20-30% der Wähler. Anstatt sich ernsthaft um die Probleme zu kümmern und die arbeitende Bevölkerung ernst zu nehmen, wie es die AfD machen würde. Würden die etablierten Parteien nun versuchen die absehbaren Erfolge der Partei die dem Bürger nah steht zu verhindern.

Aus diesem Blickpunkt halte ich ein AfD Parteiverbot aktuell für brand gefährlich.

Ich denke der Zeitpunkt für ein Parteiverbot wurde verpasst und so lange die Partei und nicht nur einzelne nicht ganz klar verfassungswidrige Positionen vertritt, ist ein Verbot schwer zu rechtfertigen.

Ich fühle mich auch nicht in der Lage hier gegenüber anderen klar für ein Parteiverbot zu argumentieren. Wogegen mir es leicht fällt, diese Leute davon zu überzeugen, dass Höcke niemals ein Politisches Amt bekleiden darf.

Das die Demos den Punkt mit der schweigenden Mehrheit am Wochenende für die AFD widerlegt hätte sehe ich leider nicht. Ja es waren gefühlt viele auf der Straße, aber aus meiner Beobachtung nur Leute die eh schon politisch interessiert sind.

Hamburg 50.000 Menschen bei 1,8 Millionen Einwohner. Das sind 2,8%. Allein ~10% der Wähler in Hamburg wählen links. Und wer das vergleichen will mit rechten Demos. Also das am Wochenende war sehr leicht teilzunehmen ohne in Diskussionen zu kommen oder Ressentiments zu befürchten. Ich war demonstrieren aber es fühlte sich nicht an als hätte man ein Zeichen gesetzt. Und die Redner waren furchtbar und haben es teilweise als Wahlkampfbühne verwendet. Keine Aufbruchstimmung, keine starke Emotionen…0815 bla bla bla. Und schlecht organisiert. Keine passenden Lautsprecher, viel zu wenig Busse die dann teilweise liegengeblieben sind usw.

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Vielleicht hattest du Pech…

Die riesigen Demos sind ein deutliches Zeichen, auch wenn man sie klein rechnen kann. Die Wirkung geht ins ganze Land und auch ins Ausland. Überall - von New York Times bis zu Le Monde wird berichtet.

Stell dir einfach mal vor, wie sich ein AfD-Wähler, der nicht stramm rechtsextrem ist, dabei fühlt. Ich glaube nicht, dass er stur sagen wird : „Jetzt erst recht“. Ich glaube, er wird ins Nachdenken kommen, keine Rechtfertigung vor sich und anderen mehr finden (denn jetzt wird deutlich, dass die AfD doch keine demokratiefreundliche Partei ist) und sich hoffentlich sogar schämen.

Und auch wenn es mehr Linke gibt als auf der Straße waren: Das waren gar nicht nur Linke auf der Straße. Der Aufbruch geht quer durch die Gesellschaft. Die leise Mehrheit ist eben meist leise, geht nicht gern bei Eiseskälte raus, um sich stundenlang - laut deiner Angabe - schlecht organisierte Reden über schlechte Lautsprecher anzuhören. Die leise Mehrheit - egal welcher politischen Richtung - bleibt doch lieber auf dem Sofa sitzen oder ist einfach mit ihrem anstrengenden Leben beschäftigt.

Normalerweise geben Demonstrationen ein Gefühl der eigenen Wirkmächtigkeit zurück. Das Zauberwort ist Selbstwirksamkeit. Alle, die gerade auf die Straßen gehen - auch du bei deiner missglückten Demo - wirken. Sie senden ein Signal hinaus in die Welt. Und für die Demonstranten selbst: Die Wahrnehmung, dass andere so denken, wie man selbst. Dass es Menschen gibt, mit denen man sich vernetzen kann, mit denen man gemeinsam für die Demokratie kämpfen kann, ist ungemein wichtig.
Geh einfach nächstes Mal zu einer anderen Demo. Gibt ja genug :wink:

Die Grenze kann man m. E. nicht nach klaren, rechtlichen Maßstäben treffen, es ist eine persönliche Entscheidung, die dann von der Gesellschaft im Diskurs bewertet wird. In etwa so wie bei der Letzten Generation. Die sehen sich an diesem Punkt, andere reden das weg und die Jurist_innen tun sich schwer in der Einordnung.

Ich hoffe, dass die Demos der letzten Woche helfen, Menschen wachrütteln und den

davor bewahren, sich Bernd und seiner Bande anzuschließen (Anmerkung Mod: Gemeint ist wohl die AfD und Björn Höcke). Dazu wäre es gut, wenn das weitergeht.

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Mich hat Euer Beitrag zu den vielen Demonstrierenden gegen rechts erstaunt.
Wieso sagt ihr, dass die klare politische Forderung in den Demonstrationen fehlt?
Auf den Demos die ich gesehen bzw. an denen ich teilgenommen habe, gab es ein sehr deutliches Ziel: Die Aufforderung an die Regierung ein Verbotsverfahren der #NoAfD anzustreben!

Das könnte nicht das Ziel der Bewegung sein, das IST das erklärte Ziel!

Schön, dass ihr dieses Verfahren anschließend noch durchsprecht. Aber die Abhandlung zu den Demos war „unterkomplex“ (:wink:).

Wie sich herausstellt, war die Zahl 50.000 eine krasse Falschmeldung von Seiten der Polizei. (Die vermutlich auch Einfluss auf die später von den Veranstaltern kommunizierte Zahl von 80.000 Teilnehmenden genommen hat.)

In Wahrheit waren es anscheinend um die 180.000 Menschen, also etwa um den Faktor 3,6 mehr als von der Polizei behauptet. Da fragt man sich schon, ob die Polizei einfach komplett unfähig ist Menschenmengen zu schätzen, oder ob da vielleicht ein Bias im Spiel war und wer auch immer sich die Zahlen ausgedacht hat, diese gerne möglichst niedrig sehen wollte. Wie auch immer, Polizeiangaben sollte man in Zukunft einfach noch weniger trauen als ohnehin schon. Wäre spannend, das mal in anderen Städten ebenfalls zu checken.

3 Menschen pro Quadratmeter auf der Gesamten Fläche finde ich aber auch schwierig als Annahme. Also für die Demo wo ich war galt das sicher nicht. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen…

Nee, tut sie nicht. Egal auf welcher Demo du irgendwann mal gewesen bist, 3 Menschen pro Quadratmeter sind nicht die maximale Dichte, wie Personen zusammenstehen können. Die liegt z.B. im Fußballstadion (Stehplatzbereich) locker bei 4-5 P./m², und auf Konzerten vor der Bühne auch schonmal geschätzt bei 6-8 P./m². Bei besagter Kundgebung am 19.1. – keiner Laufdemo – wurde berichtet, dass Leute kollabiert sind und Rettungswagen nicht mehr durch kamen. Ich kann das bestätigen. Ein Kollege von mir, den ich treffen wollte, war frühzeitig da und hat eine halbe Stunde gebraucht, um aus dem Pulk wieder herauszukommen. Das alles spricht für den Kernbereich für eine Personendichte deutlich über 3 P./m², eher wie bei einem Rockkonzert. Bei 3 P./m² ist es easy möglich sich hindurch zu bewegen oder auch eine Rettungsgasse zu bilden. Selbst wenn in den Randbereichen also nur 2 oder gar teilweise nur 1 Person auf dem Quadratmeter stand, ist 3 als Durchschnitt eine realistische Annahme.

Die Hypothese, eine Aussage, die ad hoc vor Ort in ein Pressemikrofon gesagt wurde, und eine, die Wochen später nach genauer Analyse von Luftbildaunahmen getätigt wurde, wären irgendwie gleich seriös und am Ende würde die Wahrheit daher wohl in der Mitte liegen, ist auch absurd, insbesondere weil gerade Innenbehörden ja eigentlich nicht in dem Ruf stehen, gerne die ihnen unterstellten Dienststellen als Verbreiter von Falschinformationen bloßzustellen. Die werden sich die Aufnahmen im Gegenteil sehr genau angesehen und im Zweifelsfall auch jetzt noch die Personendichte eher konservativ eingeschätzt haben.

Ich kann das auch bestätigen. Wer sich in Hamburg auskennt: Ich stand mit meiner Frau am Jungfernstieg auf Höhe des Alterhauses, ca. 30 Meter von dessen Eingang entfernt. Dort war es so eng, dass meine Frau und ich getrennt wurden. Wir hatten keine Chance, wieder zueinanderzukommen. Und ich hatte keine Chance, bis zum Eingang zu gelangen - was ich gerne getan hätte, weil ich in dem Gedränge langsam Panik bekam … Letztlich habe ich gefühlt 90 Min. gebraucht, um mich mit der Masse aus dem Geschehen schieben zu lassen und dann doch im U-Bahnhof Stephansplatz in die U-Bahn zu steigen.