Das Problem mit Klimaschutzpolitik, die sich auf Senken verlässt

Liebes Lageteam,

ihr habt jetzt in mehreren der letzten Folgen darüber gesprochen, dass es doch eigentlich eine tolle Sache sei, wenn Staaten mehr Anreize haben, ihre Kohlenstoff-Senken auszubauen, zum Beispiel Wälder oder Moore. Natürlich bin ich auch sonst nicht immer eurer Meinung, aber an dieser Stelle möchte ich einmal definitiv widersprechen.

Zum einen kann ich den Gedanken, Senkenpolitik sei etwas Neues, überhaupt nicht nachvollziehen. In der EU-Landwirtschafts-Klimapolitik spielen Kohlenstoff-Senken seit Jahren eine hervorgehobene Rolle. Das zeigt sich zum Beispiel in der ‚4 per 1000‘-Initiative, die Frankreich 2015 im Rahmen der COP21 vorangetrieben hat. In diesem Politikfeld gereicht der Ausbau von Senken als Argument, um an keinem der Faktoren, die zu Treibhausgasausstoß führen, etwas zu ändern – die Argumentation funktioniert so à la: ‚Die Wälder nehmen doch CO2 auf, da müssen wir doch nicht dafür sorgen, dass es weniger Kühe gibt, die die Luft vollpupsen, oder dass weniger klimaschädlicher Dünger ausgebracht wird.‘

Das Problem an dieser Argumentation: Kohlenstoff-Senken sind endlich. Irgendwann erreichen sie eine natürliche Sättigung und können kein oder nur noch sehr wenig CO2 aufnehmen. Sie können also nicht ewig unser Puffer für gleichbleibende oder nur wenig sinkende Treibhausgasemissionen sein. Sie sind außerdem nicht permanent: CO2 kann wieder entweichen, wenn sich die Landnutzung ändert, zum Beispiel wenn der Wald gerodet oder die Wiese zum Acker umfunktioniert wird. Wer auf Senken setzt, verschiebt also auch an dieser Stelle die Aufgabe, tatsächlichen Klimaschutz im Sinne einer Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes zu betreiben, auf zukünftige Generationen. Wer auf Technologien setzt, die in Zukunft noch entwickelt werden sollen und die dann den Job übernehmen sollen, begeht meines Erachtens denselben Fehler – ein Fehler, der noch verstärkt wird dadurch, dass die möglicherweise heilbringende Technik noch gar nicht existiert, dass also niemand garantieren kann, dass sie wirklich entwickelt wird und genutzt werden kann. Überdies hatten leider alle bisherigen ‚technischen Lösungen‘ für zu hohen Treibhausgasausstoß das Problem, dass sie einen sogenannten Rebound-Effekt ausgelöst haben, der sämtliche Einsparungen wieder zunichte gemacht hat.

Senken sind ein politisch einsetzbares Instrument, um Klimabilanzen schönzurechnen, keine kurz-, mittel- oder langfristig sinnvolle Strategie für effektiven Klimaschutz.

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Eine sehr naive Idee in Sachen Senken die ich mal in den Raum stellen /Fragen wollte.

Wir machen ja in Deutschland eh schon viel Holzwirtschaft, und meinem Verständnis nach wird mit schnell wachsenden Pflanzen kurzfristig schneller CO2 gebunden als mit langsam wachenden Holz.

Wenn wir also schnell wachsende Bäume anbauen und wieder fällen haben wir erstmal kurzfristig CO2 gebunden.
Jetzt müsste man mit dem gefällten Holz irgendwas machen. Naja, hier in NRW haben wir ein paar riesige Löcher in der Landschaft wo Jahrzehntelang Braunkohle ausgebuddelt wurde. Im moment ist da der Plan da Seen draus zu machen.
Füllmenge Tagebau Garzweiler (laut wikipedia) 2 Milliarden Kubikmeter Wasser. Ein Kubikmeter Holz speichert ca 1 t CO2…

Natürlich ist das völlig absurd (und umso absurder ist es das wir immer noch Kohle da ausbuddeln) und natürlich ist eine Holzwirtschaft zur reinen CO2 Einfangung vermutlich wieder eine ekelhafte Monokultursache wo man Sauvorsichtig mit sein sollte aber gibt es noch ein praktisches Problem das ich da übersehe?

Dazu, sehr interessant:

https://talk.lagedernation.org/t/re-senken-regeneration-des-bodens/7946?u=trq

Das einrechnen der Natürlichen Senken ist eine Milchmädchenrechnung.
Für mein Verständnis muss man das getrennt betrachten.

  1. gibt es eine natürlichen CO2 Kreislauf mit den so genannten „natürlichen Senken“, Holzwirtschaft usw. Auf der einen Seite wollen wir hier zusätzliche Senken schaffen, auf der anderen Seite brandroden wir immer noch Urwälder. Sicher ist auf jeden Fall dass eine CO2 Bindung an dieser Stelle lange Zeit in Anspruch nimmt.

  2. gibt es die unnatürliche Freisetzung von CO2 durch den Menschen der das Problem der Klimaveränderungen ist.

Die schnellste und einfachste Möglichkeit ist Punkt 2 runter zu fahren. Allerdings sehe ich da das Problem dass Kräfte der Wirtschaft (Industrie) und ein Großteil der Bevölkerung gegen einschneidende Veränderungen sind.
Viele glauben immer noch mit ein bisschen nachjustieren an dieser und jener Stellschraube bekommen wir das ohne Einbußen hin.
Ohne ein grundsätzliches umdenken in fast allen Bereichen werden wir das 1,5‘ Ziel verfehlen.
Denn es sind nur noch 29 Jahre bis 2050 und mit der jetzigen Geschwindigkeit und den angedachten Maßnahmen ist der CO2 Bremsweg viel zu lange.

hey,

danke für Dein Antwort.
Meine Frage wäre aber: Den Tagebau Garzweiler mit dafür angebauten Holzvorräten vollzupumpen wäre ja keine „natürliche Senke“ sondern eine sehr künstliche, oder?

Und natürlich löst uns das nicht das Problem was in anderen Teilen der Welt passsiert, was mit den Rohstoffen passiert die wir importieren, was mit den Ausstößen passiert die wir haben etc. etc. Muss überall dran gearbeitet werden und gegenrechenen kann man meinentwegen jetzt gerade auch gerade sein lassen.

Ich weiß nicht ob das im Moment der richtige Zeitpunkt ist, das würde den Mangel noch verstärken.