In Bezug auf Rechtsextreme erweist sich das traditionell linke Narrativ, dass das Sein das Bewusstsein bestimme (vgl. Karl Marx) und alle irgendwie ständig Opfer widriger Umstände wären, als fatal.
Denn es suspendiert von jeglicher Verantwortung.
So werden dann AfD-Wähler und andere Rechtsextreme prinzipiell entlastet und entschuldigt, weil sie ja schließlich Opfer wären und sich nur nicht anders zu helfen wissen als Rechtsextreme in die Parlamente zu wählen.
Das fängt bei den existenziell übermäßig unter Druck stehen sollenden Jungwählern an und hört bei den Rentnern, die Opfer einer Veränderung des Straßenbildes (mehr People of Color) wären, noch lange nicht auf.
Von - und ich benutze jetzt mal das böse Wort - Eigenverantwortung keine Spur!
Selbst in die Popkultur sind solche Erzählungen eingesickert. Die Ärzte sangen einst - allerdings ironisch:
Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe […],
Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.
Du hast nie gelernt, Dich zu artikulieren,
und Deine Eltern hatten niemals für Dich Zeit.[…]
Weil Du Probleme hast, die keinen interessieren,
weil Du Schiß vorm Schmusen hast, bist Du ein Faschist.
Du mußt deinen Selbsthass, nicht auf andere projizieren,
damit keiner merkt, was für ein lieber Kerl Du bist.
Offenbar ist im Bewusstsein vieler nur das hängen geblieben, aber nicht das A-Wort:
Nach den drei Wahlen in ostdeutschen Bundesländern und zuvor schon bei der Europawahl wurde immer wieder gefragt, was denn die Wähler der rechtsextremen AfD zu Opfern macht - Opfer widriger durch die Politik (arglistig) herbeigeführter Umstände.
Opfernarrative noch und nöcher wurden aufgeboten, um vom Eigentlichen abzulenken, nämlich, dass sich der AfD-Erfolg im Wesentlichen aus Rassismus speist.
Es kann ja nicht sein, was offensichtlich ist, dass Leute schlicht und ergreifend gruppenbezogen menschenfeindlich sind.
Von der Verantwortung ‚der Politik‘ ist immer die Rede, von der Verantwortung der Bürger, keine Faschisten zu wählen, dagegen so gut wie nie.
Wirklich erschreckend ist, dass diese Opfernarrative, die AfDler gerieren sich ja auch ständig als Opfer, inzwischen omnipräsent sind - ganz gleich, ob man nach links, in die Mitte oder nach moderat rechts schaut.
Vom Prinzip Verantwortung (hier in einem anderen Sinne verwendet als von Hans Jonas) hat sich diese Gesellschaft offensichtlich losgesagt.
Hier noch die Ansichten der AfD-Wähler über die Partei:
Soziale Sicherheit als Hauptgrund für die Wahl der rechtsextremen AfD läuft unter ferner liefen.
Die Daten zeigen, dass die AfD primär aufgrund rassistischer Ressentiments gewählt wird.