Covid19-Strategie und die Rolle der Wissenschaft. Gibt es einen Corona-Revisionismus in Medien, Politik und Gesellschaft?

Ich versuche es jetzt noch ein letztes Mal. Im Ursprung des Threads ging es darum, dass Medien und Wissenschaftler bewusst oder unbewusst ein fatales Spiel gespielt haben.

Ich bin überzeugt davon, dass ALLE seriösen Wissenschaftler, heißen sie Drosten, Kekule, Priesemann, Brinkmann, Streeck, Schmid-Chanasit, Wiesenfänger, Meyer-Hermann oder Brockmann, das gleiche wollten, nämlich Schaden von der Bevölkerung abzuwenden.

Völlig unterschiedliche Personen bedingen aber auch unterschiedliche Strategien und Sichtweisen darauf. Der eine sieht die oberste Direktive im Schutz vor dem Virus insgesamt, andere optimieren verschiedene Zielgrößen wie Lebensjahrverluste durch die Erkrankung, Bildungsverluste, individuell zu verlangende Verantwortung, Schaden für den gesellschaftlichen Zusammenhalt usw… Und dann gab es natürlich noch solche, die dachten, man könne Delta und Omikron durch kurze Lockdowns eindämmen und dann weitgehend frei leben, obwohl das immer sehr ambitioniert war.

Gerade das selbst ernannte Team Vorsicht ging meiner Wahrnehmung nach oft ad Hominem, stets natürlich ohne Namen explizit zu nennen und ging kaum auf die Argumente von Team Freiheit ein. Besser wäre gewesen zu sagen „Spannende Idee. Hier sehe ich noch ein Problem. Lass uns mal zusammensetzen und überlegen, wie wir das umsetzen können.“. Stattdessen schoss man lieber scharf über Twitter, worüber sich Journalisten natürlich freudig die Hände rieben.

Das Ergebnis sehen wir heute. Noch immer sind viele Deutsche der Meinung #SterbenMitStreeck wäre eine tolle Nummer gewesen, während die andere Seite sich noch immer nicht ernst in ihren Anliegen genommen sieht.

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Dann frag doch nächstes Mal nicht nach meinen Begründungen, wenn du sie gar nicht hören willst, oder Hinweise auf aus meiner Sicht fragwürdige Formulierungen direkt als versuchte Unterdrückung von Interpretationen umdeuten möchtest.

Muss man jedes Mal dazu sagen: „Ich sehe das anders, aber natürlich ist es vollkommen okay, dass du deine Position vertrittst“?

Ich möchte zu dem Thema einen Podcast empfehlen.
In Folge 81 von „das Klima“ wird von Claudia Frick eine Studie vorgestellt zum Thema: wie sollen sich Forschung, Medien und Bürger in einer Krise verhalten?

Hier sollte man aber betonen: Die hier beschriebenen Unterschiede in der Transmissionswahrscheinlichkeit sind derart gering, dass sie in der Realität beinnahe unbedeutend sind. Zumal die zitierte Studie aufgrund der hochgradig vorselektierten Probanden (amerikanische Gefängnisinsassen) noch weiter an Relevanz einbüßen dürfte.

Natürlich ist man im Nachhinein immer klüger. Als psychiatrisch Tätiger kann ich aber (leider) feststellen, dass die Maßnahmen ab einem gewissen Zeitpunkt viele psychiatrische Kollateralschäden verursacht haben. Wir haben - gefühlsmäßig - überzufällig viele Verschlechterungen in vielen depressiven, schizophrenen und angstbezogenen Störungsbildern festgestellt. Mir ist bewusst, dass die statistische Auswertung keine konkrete Suizidhäufung festgestellt hat.

Aber zwischen erfolgtem Suizid und subtileren psychopathologischen Verschlechterungen klafft eben das große Problem der Psychiatrie (in vielen, nicht quantifizierbaren Graustufen): Dass man derartige Veränderungen nicht einfach durch bloße Prozentwerte ausdrücken kann.

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Hat sie das nicht? Also für Kinder hat das Ärzteblatt über eine solche Studie berichtet.

In Deutschland ist es während des zweiten COVID-19-bedingten Lockdowns zu einer fast 3-fachen Zunahme der Sui­zidversuche bei Jugendlichen im Alter von im Alter von 12 bis 17 Jahren gekommen im Vergleich zu den Jahren 2017 bis 2019. Zu diesem Schluss kamen Forschende des Universitätsklinikums Essen anhand der Daten von einem Fünftel der deutschen Kinderintensivstationen.

Insgesamt zeigte auch eine Reviewstudie des RKI enorme psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen während der Pandemie.

Ich denke diese Kolleteralschäden sind für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen eindeutig belegt. Bei den Erwachsenen sieht es aber tatsächlich anders aus.

Danke @der_Matti, das höre ich mir gern Mal an.

Ich hatte im Hinterkopf, dass sich die Lage bei den Kindern und Jugendlichen anders darstellt, dass es aber einen derartigen Unterschied (und auch Anstieg) gibt, hatte ich ehrlich gesagt nicht erwartet.

Ich glaube, man kann angesichts solcher Daten festhalten, dass man mit der Corona-Politik einen immensen Schaden bei Heranwachsenden angerichtet hat, nicht nur was die Bildung, sondern auch die psychische Gesund angeht. Viele benachteiligte Kinder dürfte man ihrer ohnehin geringen Chancen auf Anschluss und Aufstieg beraubt haben.

Ich hatte auch lange die Corona-Maßnahmen verteidigt, inzwischen muss ich da vieles revidieren.

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Das hat mich auch sehr geschockt. Die Zahlen der tatsächlichen Suizide sind jedoch weniger extrem (Suizide in Deutschland - Statistisches Bundesamt ; 0-15 Jahre; wobei ich die früheren Werte aus der Wayback-Maschine geholt habe.)

2017: 27
2018: 13
2019: 22
2020: 25
2021: 27