COV und " Systemrelevanz" oder wie Personalmangel und Pandemie sich gegenseitig verschlimmern

Hey allerseits,

in der letzten Zeit ist mir nochmal wichtig geworden darauf hinzuweisen was Personalmangel in den „systemrelevanten“ Berufen bewirkt.
Quasi die COV - Cost of Vacancy, aber nicht (nur) finanziell betrachtet.

Besonders bei folgenden Positionen ist dies aus meiner Sicht besonders kritisch:

  • Pflege:
    • Intensivpflege, Normalpflege und Altenpflege.
  • Pädagogen:
    • Lehrer und Erzieher
  • öffentlicher Gesundheitsdienst:
    • Gesundheitsamt und Ärzte für öffentliche Gesundheit

Warum gerade diese?

Weil der Mangel in diesen Berufen besonders den Verlauf der Pandemie in Deutschland (und weltweit) beeinflußt.

Durch den Personalmangel bei der Pflege im Krankenhaus:

  • (Intensiv)Betten können nicht betrieben werden
  • Patienten nicht so gut wie möglich/nötig versorgt werden
  • es wirkt sich negativ auf den Gesundheitszustand der Patienten sowohl während des Aufenthalts als auch bei Entlassung bzw. das Sterben im Krankenhaus aus.
  • Die Belastungen für die Pflegekräfte die im Einsatz sind sind enorm und wirken sich stark negativ auf deren physische und psychische Gesundheit aus.
  • Auch Angehörige leiden darunter: Informationen fließen nur langsam, Besuche sind nicht oder kaum möglich (keine Kapazität für Einweisung in Schutzkleidung, Schnell-Testabnahme etc) und auch der Kontakt mit den Patienten ist eingeschränkt (Wenig Zeit/Kapazität ein Tablet/Handy mit Video Anruf zu begleiten)
  • Müssen trotz Krankheit/Infektion arbeiten um Station aufrecht zu erhalten.

Durch Personalmangel bei der Altenpflege:

  • Umgang mit Bewohnern / zu Pflegenden ist stressbedingt ruppiger
  • Körperhygiene kommt zu kurz
  • Unterhaltung und Austausch eingeschränkt
  • Krankheiten / Infektionen werden ggf. verspätet erkannt
  • Infektionsschutz mangelhaft durch
    • keine regelmäßige Testung von Personal und Bewohnern
    • Aufsicht/Überwachung der Zimmerquarantäne schwierig
    • keine/wenig Kapazität zur Testung und Einweisung von Besuchern
    • fehlende Kapazität um Hygiene-Konzept stringent umzusetzen

Durch Personalmangel bei Lehrern:

  • Unterrichtsausfall
  • (Hygiene) Aufsicht kommt zu kurz
  • angemessene Betreuung aller Schüler erschwert
  • Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Hygiene-Konzepten
  • Fehlende Kapazität/Zeit für Fortbildungen für digitale Lehre
  • Aufteilung von Klassen zum Infektionsschutz nicht möglich
  • Lehrer müssen Klassen- / Kohortenübergreifend agieren
  • Fehlende Zeit/Kapazität digitale Strukturen aufzubauen

Durch Personalmangel bei Erziehern:

  • Aufsichtsmöglichkeiten eingeschränkt
  • Gruppen- / Kohortenbildung eingeschränkt
  • häufgierer Betreungsausfall
  • Hygieneerziehung/-aufsicht erschwert

Durch Personalmangel im Gesundheitsamt:

  • Fokussierung auf Pandemie-Aufgaben und Vernachlässigung anderer Aufgaben
  • Eingeschränkte Kapazität für Kontaktnachverfolgung und Kontaktierung
  • Eingeschränkte Kapazität zur systematischen Untersuchung von Infektionsübertragungen
  • Folglich mangelhafte Daten dazu wer sich wann und wo infiziert hat
  • Teils starke Verzögerungen bei der Mitteilung von Quarantäne-Bestimmungen
  • Keine Möglichkeit Quarantäne zu überwachen und nachzuhalten
  • Verzögerung und Fehler bei der Übermittlung der Testzahlen an das RKI

Dies schränkt offensichtlich die Fähigkeiten und Kapazitäten in der Pandemie Bekämpfung ein und wird aber auch durch eben diese und die Mehrbelastungen die daraus entstehen befeuert.
So sind gerade in der Pflege, aber auch bei Lehrern, viele Mitarbeiter in der Krise ausgeschieden, teils durch Krankheit (Burn-out etc.), teils durch Kündigung (aus Überbelastung) und teils leider auch durch Tod.

All diese Mängel und viele der Folgen sind nicht neu oder erst durch Corona entstanden, jedoch fehlt es bisher an effektiven Maßnahmen und an entscheidenden Stellen an Bewusstsein für diese Problematik.

Offensichtlich ist auch, dass diese Probleme nicht nur in der Corona Pandemie ernsthafte folgen haben, gerade wer an die alternde Gesellschaft denkt, dürfte realisieren, dass der Bedarf an Pflege sowohl im Krankenhaus als auch ambulant oder stationär in der Altenpflege in den kommenden Jahren rapide zunehmen wird. Personalaufbau ist eine träge und langwierige Angelegenheit, besonders wenn der Bedarf groß und das Angebot klein ist.

Dies steht in meiner Betrachtung in massiver Diskrepanz zu dem Begriff / der Eigenschaft „Systemrelevant“ die u.a. diese Berufe in der Krise erhalten haben.

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