Corona Warn-App: warum nicht obligatorisch?

Vielen Dank für die vielen Antworten, aus denen ich entnehme, dass, obgleich es fundierte rechtliche Bedenken gibt oder nicht, der Widerstand in der Bevölkerung gegen eine Aufgezwungene App zu groß wäre.

Was würdet ihr denn dann davon halten, wenn die Regierung stattdessen die Menschen für das Nutzen der App bezahlen würde?

Z.B. 5€ pro aktiven Monat? Das wären bei 80 Millionen Bürgern/innen 400 M€ im Monat: viel weniger als die Kosten eines Lockdowns. Die Maßnahme würde sicherlich besser akzeptiert werden. Allerdings man müsste sich dann aber gut überlegen, wie man es schafft, dass das Gesetz nicht richterlich gekippt wird, wegen Diskriminierung jener, die kein Smartphone haben… Vielleicht hat hier ja jemand eine Idee?

@heinrichsgeist: Vielen Dank für die interessanten Hinweise.

Allerdings bin ich nicht sicher zu verstehen: die Corona WarnApp benutzt ja keine Geolokalisation, nur Bluetooth und müsste dementsprechend und müsste dementsprechend keinen Einfluss darauf haben, ob Google (Play Services) meine Geolokalisationsdaten benutzt oder nicht, oder?
Ist deine Behauptung,

  1. dass Google Play Services selber Geolokalisationsdaten benutzt und an Google weiterleitet (was hieße, dass man auf Androids die WarnApp nicht benutzen könnte ohne diesen unerwünschten Nebeneffekt, da die App dort nur über Google Play Services herunterladen kann)? Wenn dem so wäre, und der Nutzer das nicht verbieten könnte, dann wäre das doch illegal und vor Gericht anfechtbar, oder?
  2. und/oder dass man ja nicht weiß, ob Google Play Services evtl. illegal Geolokalisationsdaten benutzt, weil der Code nicht open-source ist. Und da die WarnApp nur über Google Play Services installiert werden kann, kann man nicht dem System App + Google Play Services vertrauen?

Unabhängig davon stimme ich dir aber völlig zu, dass die Regierung (oder eher die EU) das Monopol der Google Play Services und des Apple App Stores endlich beseitigen sollte.

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Vermutlich nicht… (es sei denn man könnte ein Zwangsupdate erwirken). Technische herbeigeführte Alterung durch das Einstellen von Software Updates ist ein eigenes Problemthema.

Hier würde ich als Argument entgegenhalten: Viele Nutzer aktivieren wegen der CWA erst dauerhaftes Bluetooth und Geolokalisierung. Es dürfen also (vom gutgläubigen Nuzer genehmigt) deutlich mehr Daten erhoben werden und können über die Play Services an Google gesendet werden - ist also in der Sache datenschutzrechlich sehr erheblich.
Manch wenig gutgläubiger Nutzer lässt sich vielleicht wegen der erforderlichen dauerhaften Geolokalisierung von der CWA Nutzung abhalten.

Die Fokussierung auf CWA-App und Datenschutz ggü Exekutive lenkt ab vom Gesamtsystemdenken und Datenschutz ggü. Google.

Aus meiner Sicht sollten Regierungen (vom Souverän bestellt!) nicht vor großen Konzernen einknicken und zunächt sollte versucht werden, die Konzerne in Haft zu nehmen (die schließlich auf Marktzugang angewiesen sind für ihre Milliardenumsätze). Dass keine SW-Updates eingespielt werden, dass Play Services mit Zwangsgeolokalisierung die technische Lösung der Wahl sein sollen, und auch nur für neuere Telefone - das sind alles keine naturgegebenen unveränderlichen Randbedingungen. Schließlich ist Google in der Lage die Informationen der Welt zu ordnen, da wird es sein eigenes Betriebssystem wohl anders im Griff haben. Ich vermute hier mangelt es nicht am Können sondern am Willen - das was herausgekommen ist passt einfach zu gut ins Geschäftsmodell.

Etwas anders: Zur Nutzung der CWA müssen Android Nutzer die Geolokalisation selbst aktivieren und die Funkzentrale (Google Play Services) installiert haben. Es wäre unplausibel anzunehmen, dass die Geolokalisationsdaten nicht an Google übermittelt und für andere Zwecke (targeted advertising) verwendet werden, da genau das der Kern von Googles Geschäftmodell ist. Viele CWA Nutzer sind sich dessen nicht bewusst, schließlich wird von vielen vertrauenswürdigen Seiten die Nutzung der App mit Hinblick auf Datenschutz-Unbedenklichkeit nahegelegt.

Damit wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung weiter untergraben zum Zwecke des berechtigten allgemeinen Interesses an körperlicher Unversehrtheit. Dieser Interessenskonflikt kann technisch aufgelöst werden durch Designänderungen in Android. Auch Versorgung älterer Telefone mit neueren Android Versionen ist technisch möglich (siehe z.B. LineageOS Projekt). Daher sollte die Regierung Druck auf die Konzerne ausüben.

Dieses Bild hat große Schnittmenge mit Pressemeldung Landesdatenschutz Baden-Württemberg vom 24.09.2020. Vielleicht könnte LdN Stefan Brink einladen und diskutieren, welche konkreten Maßnahmen der Bundesregierung adäquat wären.

Gute Nachrichten! Versuchs nochmal mit der App! Ich schreibe diesen Text von einem lineage handy mit dem aktuellen microg und einer (soweit ich das beurteilen kann) funktionierenden corona warn app.

Gedanken zum Thema

  1. wie soll das mit den alten Geräten funktionieren. In meiner Altersklasse verwendet man etwas bis es kaputt ist.

  2. Viele Leute in meinem Alter haben noch nie in die Einstellungen ihres Smartphones geschaut geschweige denn eine Einstellung vorgenommen.

  3. Ich müsste das Ding ständig mit mir führen. Wie sieht es mit Berufsgruppen aus bei denen das untersagt oder einfach nicht möglich ist?

Die Lösung schlechthin wäre wohl ein Gesundheitstrojaner (Ironie):sunglasses:

Hi,

hier einige technische Hintergründe:

Bluetooth gibt es schon seit Ewigkeiten aber die Implementierung auf den Geräten ist auch heutzutage noch an eine Hersteller-Firmware gebunden.
Sehr lange haben die Chips dem Betriebssystem gar keine Signalstärke zur Verfügung gestellt, manche liefern auch konstant einen standard Wert aus oder sind sehr ungenau/fehlerhaft.
Viele Hersteller haben die Smartphones auch so stark verändert (begrenzt) das Google/Apple ohne deren Mitarbeit und neue Firmware + OS-Version gar nichs tun können.
Auch lässt sich bei iOS und Android die API technisch erst ab einer gewissen Version einbauen (davor müssten Kernel, Module und weiteres erst auf eine neue Version gehoben werden).

Ich bin ziemlich sicher das Google/Apple fast nur Phones ausschließen, die auch wirklich unter der technischen oder softwareseitigen Grenze des machbaren sind. Immerhin gehen fast alle Geräte die neuer als 4-5 Jahre sind (dem 7 Jahre altes Galaxy S4 bei meinen Eltern läuft CWA mit etwas Mühe auch).


zum Google Play Service:
Wer die nukleare Option wahrnehmen möchte und keinen Play Service+Store will: microG bietet in neueren Versionen auch die ExposureNotification API und die Corona-Warn-App kann ohne Google auf Android genutzt werden.

Google hat sich aber auch selber verbessert: in meinen Android 11 Gerät kann die Standortermittlung wieder komplett abgeschaltet werden und die CWA braucht dieses Recht auch nicht mehr.

vg
Xyne

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Danke @erg und @Xyne

Mit microG und Android 11 gibt es demnach nun zwei technische Lösungen, wie sich die CWA ohne Google-Zwangsgeolokalisation betreiben lässt (auf Geräten, die hardwareseitig dazu fähig sein). Nun könnten die großen Smartphone-Hersteller technische Kompatibilität mit ihren Modellen der letzten X Jahre prüfen und Betriebssystemupdates zusammenschnüren. Da das natürlich aufwändig ist und grundsätzlich gegen Geschäftsinteressen (typisch: möglichst viele Geräte verkaufen, Nutzungszeit auf Gewährleistungsfrist hin optimieren) gerichtet ist, müssten sie durch Regierung/Gesetzgeber dazu „ermuntert“ werden. Angesichts einer Notstandslage, in der den Bürgern (=Souverän) viele Grundrechtseinschränkungen zugemutet werden, wäre das meines Erachtens angemessen.

Damit würde die technische Reichweite der CWA maximiert, die Akzeptanz zur Nutzung vergrößert (manch einer lässt sich durch Geolokalisation abhalten) und eine prima Basis geschaffen um das Thema Obsoleszenz durch ausbleibende SW Updates zu diskutieren.

Für Android Betriebssystemupdates gibt es eine eingebaute Funktion, ausgehend von einer Benachrichtigung wird der Nutzer geführt. Dauert ein paar Minuten und erfordert Neustart.

Ich bin Besitzer eines IOS Gerätes Iphone 6