Corona und Beherbergungsverbote - LdN208

Ich schreibe als Betroffener (Bremen). Wenn man plötzlich selbst eine Maßnahme erdulden muss, ist die Sicht doch schnell noch einmal eine andere, und ich habe mich schon gehörig aufgeregt über das Beherberungsverbot. Am Mittwoch nachmittag wurde es verkündet, Samstag sollte es nach Schleswig Holstein in eine Ferienwohnung gehen. Meine Freundin, in Niedersachsen wohnhaft, war fein raus - ich bin am Donnerstag eine halbe Std vor Öffnung vor der Praxis meines Hausarztes gewesen, konnte einen Test machen (Rachenabstrich und Nasenlöcher; Rachen fand ich pers. unangenehmer). Fr morgen noch kein Ergebnis, das Zittern ging weiter. Fr nachmittag dann stand ich in der Praxis, vor mir wurde einer weggeschickt, dessen Testergebnis nicht eingegangen war: „Sie haben Glück, Ihr Ergebnis ist da.“ Wenn nein, hätte ich bis Montag warten müssen, da Praxis am Samstag zu und kein direkter Kontakt zum Labor möglich - auch keine TAN o.Ä. Beim Gang aus der Praxis ist mir erst aufgefallen, was für ein unglaublicher Druck auf mir lag, ich war plötzlich völlig erleichtert und wie befreit, diesen blöden Wisch in den Händen halten zu können und schreibe diese Zeilen nun aus dem Urlaub - den ich nach dem Stress von Mi abend bis Fr nachmittag auch so oder so gebraucht hätte.

Mir ist klar, dass eine solche Maßnahme immer „Kollateralschäden“ mit sich zieht. Ich arbeite zB außerhalb von Bremen, verbringe also viel mehr Zeit in Niedersachsen als in Bremen, aber es git halt das Wohnortprinzip - Pech gehabt. Aufgeregt habe ich mich aber nicht nur, weil ich selbst betroffen war. Folgende Punkte sind mir einfach unverständlich:

    1. Welle / Anstieg zum Herbst war lange vorhergesagt. Diese Maßnahme aber wirkt wie hektisch beschlossen, ohne wirklich durchdacht zu sein. Warum? Warum lag das als Option nicht in der Schublade? Und wieso schaffen es die Bundesländer bei solchen Fragen einfach nicht, eine einheitliche Linie zu fahren?
  • ich konnte bspw. 2 Tage lang keinerlei Infos dazu finden, wer eigentlich zahlt, wenn mein Testergebnis (übrigens Extrakosten von 75 Euro - bei einer vierköpfigen Familie wären es mal eben 300 Euro gewesen!) nicht rechtzeitig eingetroffen wäre, oder wenn ein Test gar nicht machbar gewesen wäre. Meine Buchung war ohne Storno-Option. Der Anbieter? Bleibe ich auf den Kosten sitzen? Einer Kollegin wurde von ihrem Hotel (Sachsen-Anhalt) genau das gesagt: „Storno nicht möglich, Sie könnten ja einen Test machen“
  • auch die Frage, was eigtl ist, wenn man eine Reise mit mehreren Übernachtungsorten plant. Hotel 2 oder 3 kann ich einen max 48h alten negativen Test gar nicht mehr vorlegen. Es steht zwar etwas von „Einreise“, aber wie soll ich Hotel 3 belegen, dass ich schon vor mehreren Tagen ins Bundesland eingereist bin? Nirgendwo beschrieben.
  • Zeiträume Test allg: Ich wurde Do morgen getestst. Wenn das Ergebnis erst Montag vorgelegen hätte und ich Mittwoch eingereist wäre, wäre der Test fast eine Woche alt gewesen. Komplett unaussagekräftig, wie ihr ja auch schon bemerkt.
  • Kapazitäten: offenbar schwierig, personell oder aus welchen Gründen auch immer, hier ausreichend zur Verfügung zu stellen. Mit 30h hatte ich offenbar vor Ort Glück. Am Donnerstag nachmittag wurde bereits in den Lokalmedien berichtet, dass in Bremen keine Kapazität für freiwillige Urlaubstests besteht. Ich war wohl schlicht schnell genug.
  • Warum sind Privatübernachtungen erlaubt, wo man viel eher mit Dritten in Kontakt kommt? Warum Tagesausflüge? Schwierig
  • warum ist eigentlich ausgerechnet 50/100.000 ein Wert, der hier von Belang sein soll? Wer berücksichtigt die lokale Verteilung?
  • Einpendler in Hotspots wären doch eigtl. auch Risikogruppen, sind aber wahrscheinlich schlicht schlecht zu erfassen. Auspendler wie ich haben Pech… Es ist halt eine „Hau drauf“-Maßnahme.
  • Testing beim Hausarzt. Ich muss mich in ein Wartezimmer voller Kranker begeben, ohne Beschwerden und gänzlich gesund. Bescheuert. Auch, dass ich das Ergebnis nur über den Hausarzt kriegen kann, direkt vor dem Wochenende. Warum wurde das nicht anders vorbereitet mit zentralen Tests für diese Fälle - zumindest als Plan in der Schublade? Die Pandemie läuft seit 8 Monaten!

Ich weiß nicht. Ich habe bisher wirklich alles mitgetragen, einiges finde ich schwierig, anderes einleuchtend, klar ist auch, dass man nie alle Ausnahmen „mitdenken“ kann und jede*r mal „ungerecht“ Pech gehabt hat. Verstehe ich alles. Auch, wenn die Labore auch nach 8 Monaten teilw. nicht hinterher kommen - wenn es zB am Personal liegt, ist das ja sicher nicht so leicht zu beheben. Bei mir hinterlässt diese ganze Nummer aber ein sehr ungutes Gefühl, nämlich, dass die Politik zumindest zum Teil panisch reagiert (nach 8 Monaten und erwartbarer Entwicklung!) und keine wirklich durchdachten Konzepte parat hat für den Fall der Fälle - inkl. guter Kommunikation dazu. Schade!

So, genug von meiner Seite… Danke an euch für eure Einschätzung und eure generell gute Arbeit!

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Nur wird hier nicht Reisetätigkeit in Hotspots eingegrenzt, sonder aus Hotspots. Die Frage ist eben, wie „hot“ ist das tatsächlich. Denn die Grenze 50 pro 100.000 in 7 Tagen ist ein Limit das wegen der Nachverfolgung durch die Gesundheitsämter eingeführt wurde, nicht weil generell die Gegend jetzt total durchverseucht wäre.

Mir scheint dass der Knoten beim Einpflegen der Ergebnisse ins System besteht und genau dort wäre es möglich kurzfristig Abhilfe zu schaffen.

Blockquote Mallorca in den Sommermonaten hat gut gezeigt wo das hinführt.
dem muß ich Wiedersprechen. Ich war im Sommer auf Mallorca und habe eine Disziplin erlebt da kann sich Deutschland eine Scheibe abschneiden. Auch fand ich die „umgesetzten“ Schutzmaßnahmen weitgehender als bei uns.
Wobei in der Risikobewertung (Einwohner von Malle ähnlich wie München) mit zweierlei Maß gemessen wurde um die Reisen nach Mallorca abzuwürgen.
Dieses allgemeine Bashing von Regionen oder Länder ist unangemessen.

Ergänzend dazu ein Interview zur Laborperspektive: gmp068 Corona (Warn-App) und die Digitalisierung der Labore — Gesundheit.Macht.Politik — Overcast

Nach dem hier nun schon soviel über das Beherbergungsverbot diskutiert wurde, zu dem mir tiefergehendes Wissen fehlt, will ich nur einen sehr subjektiven Eindruck zur Umsetzung von Corona-Maßnahmen beisteuern. Ich wohne im Südosten Berlins, arbeite im Friedrichshain. Da ich viel Fahrrad fahre, kommt jetzt nichts zu Masken im ÖPNV. Mir ist nur aufgefallen, dass die zur Kontaktverfolgung nötigen Daten in den gastronomischen Einrichtungen, die ich so aufsuchte, selten bis gar nicht erhoben wurden. Ich war jetzt logischerweise nicht so oft wie sonst in Kneipen und Restaurants, aber ich glaube, in Berlin habe ich drei-viermal meine Kontaktdaten aufschreiben müssen, während ich im Juni bei einem 5tägigen Münchenbesuch bei jedem Restaurantbesuch danach gefragt wurde. Die hatten zum Teil schon Möglichkeiten mittels QR-Codes sich auf einer Webseite einzutragen. Nach meinem Empfinden, wie gesagt, sehr subjektiv mit extrem geringer Datenmenge, scheint die Kontrolle in Berlin so lax zu sein, dass niemand Angst davor hat, erwischt zu werden. Das ist ja wohl keine Aufgabe des zu viel gescholtenen Gesundheitsamtes, sondern eine des Ordnungsamtes. Dort, wo ich arbeite, sah ich im Sommer häufig OAler Parkraumbewirtschaftung betreiben. Aber nicht einmal einen von den 4-6 Leuten die Restaurants, die da ihr Mittagsgeschäft betreiben und gut mit Abstand gefüllt waren. Einzig, in einem mehr Imbiss als Restaurant musste ich einen Zettel ausfüllen. Alle anderen haben da nichts
In meinem Heimatbezirk nicht anders. Arbeitskollegen meinten, in Mitte sei das anders, da würden stets die Daten erfasst. Aber wenn mein Eindruck nicht so sehr trügt, wird es natürlich schwierig, irgendwelche Ketten zurückzuverfolgen.

Ich hatte das tatsächlich auch so wie Henriette verstanden und jetzt noch eknmal in die Folge reingehört.
Ihr sprecht von den positiv Getesteten sowie deren Kontaktpersonen. Mit den Kontaktpersonen erwischt man sicher einen Teil der Dunkelziffer, aber nicht alle.

Ich glaube, das ist auch vollkommen willkürlich, aber durchaus sinnvoll…

Es geht darum, den Austausch zwischen verschiedenen Regionen einzuschränken. Wo man die Grenze zieht ist da letztlich vermutlich egal.
Da erstmal die internationalen Grenzen zu nehmen, finde ich durchaus legitim. Damit richtet man tendenziell weniger Schaden an, als bei Grenzen zwischen Bundesländern.

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Hallo,
da hab ich eben anders lautende in den Sommermonaten vernommen. Aber ich hatte vielleicht nicht Mallorca verallgemeinern sollen. Ich rede da spezifisch von den einschlägigen Partymeilen. Da wo eben viel Alkohol fließt sind Regeln schwer bis garnicht einzuhalten, ob nun Corona oder allgemeine Regeln des respektvollen Miteinanders.
Mir ist bewusst das das nur ein Bruchteil des Tourismus ist der auf Mallorca stattfindet, das hätte ich deutlicher machen müssen. Nur dieser kleine Bruchteil sorgt leider für die meisten Infektionen.

Als wir Anfang August auf Mallorca waren, da war der Ballermann und die Partymeile dicht.
Die Bilder die im Juli durch die Presse gingen waren vom vergangenen Jahr. Die Mallorciner haben sich noch über die Journalisten lustig gemacht, die verzweifelt versucht haben Gäste dazu zu bringen vor der Kamera herum zu albern.

Moin,

einmal Rückmeldung zu den Maßnahmen in Hamburg, wenn man in Hamburg wohnt und die Stadt kennt ist es eigentlich sehr leicht sich sie Orte mit Maskenpflicht zu merken, weil es genau die Orte sind wo abends und am Wochenende immer super viel los ist und der Mindestabstand nicht einzuhalten ist.
Aber hab im ersten Moment auch erstmal 5 Minuten lachend vorm PC gesessen ^^

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Hallo allerseits,
Ich möchte als aktuell Neu-Betroffener auch hier meinem Ärger und Frust Luft machen:

Ich wohne mit meiner Frau in Dortmund und wir hatten eigentlich geplant morgen nach Schleswig-Holstein in den Urlaub zu fahren. Nun ist Dortmund ab heute Risikogebiet und tendenziell wird sich das nicht in den nächsten Tagen ändern.
Die Möglichkeit „schnell“ einen Test zu machen haben wir erwogen, allerdings kostet das uns etwa 200€ (100€ pro Person), etwa die hälfte der Kosten des Urlaubs ansich und das ohne Sicherheit ob wir rechtzeitig zum Reiseantritt ein Ergebnis hätten, das kann auch schon mal 24-48 Stunden dauern und das vor dem Wochenende wo die Praxis zu hat. Bei unserem Hausarzt wäre heute der Abstrich, morgen die Abholung ins Labor und Ergebnis wer weiß wann. Unsere einzige Chance wäre gewesen den Abstrich selbst ins Labor zu bringen und um schnelle Auswertung zu bitten.

Zu unserem Glück hat sich die Ferienwohnungsvermietung kulant gezeigt und gibt uns zumindest einen Gutschein in Höhe der Buchung.
Das ist schon der zweite Gutschein dieses Jahr, der erste ist aus einer Ferienanlage aus der wir Anfang des Jahres leider kurz nach Beginn des Urlaubs ausreisen mussten da diese schließen musste.
Wir haben nun fast 700€ in Gutscheinen bis mindestens ins nächste Frühjahr gebunden… Ja das Geld ist nicht verloren, aber auch nicht verfügbar für einen Ersatzurlaub.

Das ist doch Irrsinnig, allein die Kosten dürften viele abschrecken sich auf eigene Kosten testen zu lassen und dann muss man noch hoffen ein Testergebnis innerhalb der 48 Stunden abzüglich Reise- und Vorbereitungszeit zu erhalten. Was eine nervliche Belastung!

Jetzt kippen in einigen Bundesländern Gerichte die Regelung, gut so wie ich finde, leider vergrößert das ja nochmal die Unsicherheit. Man weiß nicht, wenn man z.B. in der nächsten Woche verreisen möchte:
ist der Wohnort plötzlich Risikogebiet?
Braucht man dann einen negativen Test oder fällt die Regelung vielleicht vorher?
Wann sollte man sich Testen lassen damit der Test aktuell genug ist und rechtzeitig das Ergebnis verfügbar ist?

Ich hab sehr genau zugehört. Ihr sagt, dass von den allermeisten keine Gefahr ausgehe. Ja, aber ein paar ungetestete Infizierte gibt es eben doch und diese sollten ihre Viren nicht weiter verbreiten. Wir wollen doch alle, dass der Mist so schnell wie möglich endet.