Corona + Schulkinder

Ich möchte zuerst sagen, wie gerne ich die Lage höre und wie toll ich den Podcast finde - wirklich top!
Leider muss ich trotzdem etwas ganz doll kritisieren :frowning: !! Und zwar geht es hierbei um das Thema Schulkinder in der Corona Zeit.
Als gebürtige Neuseeländerin (die seit ins gesamt mehr als 12 Jahren in Berlin lebt) gibt es viele Punkte, in denen ich mich zurecht finden muss. Kulturunterschiede, ganz verschiedene Schulsysteme und geschlossene Läden am Sonntag :wink: um ein paar Beispiele zu nennen. Das Thema Schulschließungen in der Corona Zeit macht mich allerdings nach wie vor wirklich wütend. Ich kann in diesem Fall nicht von meiner eigenen Familie sprechen. Mit zwei sehr selbstständigen Kindern (11 und 13 Jahre alt) leben mein Mann und ich wirklich unter privilegierten Umständen. Trotzdem bricht es mir das Herz, wenn ich darüber nachdenke, wie vielen Kindern und Eltern (Familien) es gerade sehr, sehr schlecht geht. Es ist wirklich einfach schlich unmenschlich und auch meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt die Kinder so lange zu Hause zu lassen. Für die Schulkinder ab der 7. Klasse wird nicht mal viel drüber gesprochen, wann sie (in Berlin) wieder in die Schule dürfen!
Unsere Kinder sind auf einem ganz tollen grundständiger Gymnasium in Berlin und ich würde schon so weit gehen und sagen, es geht nicht besser als auf diesem Gymnasium in einer so schwierigen Zeit. Nichtsdestotrotz gibt es wahnsinnig viele Kinder, die mittlerweile unter Depression leiden, ewig keine sozialen Kontakte mehr hatten, nicht mehr positiv in die Zukunft schauen können, weil es für sie wirklich einfach zu düster aussieht.
Leider finde ich eure Einstellung zu diesem Thema auch wirklich einfach daneben. Es gibt so viele Punkte, die ihr nicht beachtet, viel zu einfach wird immer wieder davon gesprochen, dass man die Schulen schon viel früher hätte schließen müssen! Wie könnt ihr so einfach zu so einem Beschluss kommen? Es sollte ALLES andere gemacht werden, bevor man die Schulen schließt. Und genau so müssen jetzt die Schulen zuerst geöffnet werden und erst DANN kann geschaut werden, wo sonst noch Lockerungen stattfinden können.
Jetzt ist es soweit und man kann ab Montag mehrere Personen treffen, Sport in größeren Gruppen machen, die Geschäfte machen auf (Blumenläden, Massagen dürfen wieder angeboten werden, Theater, Museen und Gallerien können besucht werden)!!!
Aber die Kinder sitzen zum größten Teil zu Hause. Was für eine Schande. Leider wieder Deutschland, das Land das sich um die älteren kümmert und die jüngere Generation völlig ignoriert. Wie traurig.
Es ist einfach nicht damit getan ein Kinderbonus auszuzahlen oder allen anzubieten das Jahr zu wiederholen (wie soll das bitte funktionieren)?!
Deutschland sollte einen Blick auf Frankreich schauen. Dort sind die Schulen im zweiten Lockdown nicht nochmal geschlossen wurden, denn nach dem ersten Lockdown war schon klar, was das für riesige und schädliche Auswirkungen auf die Kinder hätte.
Ich hoffe, ihr könnt dieses Thema nochmal aufgreifen und euch ein bisschen schlauer machen als in den letzten paar Monaten in Bezug auf dieses Thema. Die Kinder (und Familien) mögen das alles noch mitmachen und überleben aber zu welchem Preis???

3 „Gefällt mir“

Es sollen (zumindest in BaWü) noch diesen Monat alle SchülerInnen wieder zur Schule gehen. In den meisten anderen Bundesländern ist es ähnlich. Deine Gegenüberstellung stimmt so also nicht ganz.

Abgesehen davon: Die Pandemie hat uns in eine Dilemmasituation gebracht. (Fast) Niemand bestreitet, die negativen Auswirkungen des Lockdowns, die Pandemie hat allerdings auch negative Auswirkungen. Dementsprechend ist jede Entscheidung ein Abwägen zwischen diesen beiden Problemen.

1 „Gefällt mir“

Zuerst einmal fand ich deinen Beitrag wirklich gut und ich fühle mich in meinem Empfinden an vielen Punkten bestätigt. Ich konnte diese unumstößliche Thesen von sehr vielen Mitbürgern wirklich nicht mehr ertragen, dass Schulen einer der schlimmsten Treiber der Pandemie wären und dass ohne Beweise einfach fest steht. Kindern wurde wirklich unwiederbringliche Lebenszeit und Bildung gestohlen, die selbst bei funktionierendem Digitalunterricht nicht ansatzweise ersetzt werden kann. Ich arbeite selbst im IT-Bereich und führen Schulungen Remote durch. Das mag noch gehen, wobei selbst das mit mehr als 5 Teilnehmer schon kommunikativ schwierig sein kann. Außerdem habe ich derzeit eine Weiterbildung in der IHK, die eigentlich Präsenz wäre und nun über Teams stattfindet. Ich kann wirklich nur sagen, dass die Qualität, die Interaktion und der Diskurs selbst bei sehr gut gemachten Terminen über 4 Stunden in dieser Weiterbildung maximal 75% des Wissenstransfers einer Präsenzveranstaltung bieten. Und hierbei rede ich von Veranstaltungen, die tendenziell ehr Vorlesungsniveau haben. Wie schrecklich muss das dann für Schüler sein, wo der Unterricht von der Mitarbeit lebt. Außerdem glaube ich, dass die Disziplin gerade bei jüngeren Schülern sehr stark nachlässt, da die Kontrolle ja quasi nicht mehr da ist. Es fällt ja uns im Kurs zum Teil schon sehr schwer als erwachsene Menschen.

Ich denke weiterhin, dass der Haupttreiber der Pandemie weder die offenen Büros noch die Schulen waren, sondern der öffentliche Nahverkehr. Das unsere Regierung dieses Thema ignoriert hat, ist eine Unverschämtheit für alle betroffenen Schüler, die sich dafür noch nicht einmal an der Wahlurne revanchieren können. Ich war auch in Präsenz mit Maske in meinem IHK Kurs wie viele andere auch mit Dozenten die Arbeiten gehen und andere Kurse haben. Niemand hatte dort eine Infektion. Der einzige echte Unterschied zum normalen Schulbetrieb war die An- und Abreise. Die hat jeder mit dem eigenen PKW durchgeführt und eben nicht im überfüllten ÖPNV.
In Irland wurde der ÖPNV radikal angegangen und komplett auf 25% Belegung runtergefahren, was sehr effektiv war. Der ÖPNV ist nämlich bei uns zu Stoßzeiten die schlimmste Keimschleuder, die es gibt. Wieso werden nicht die Reiseunternehmen, die sowieso zur Zeit kaum etwas tun dürfen, nicht angeworben, um zumindest feste Strecke zu Stoßzeiten abzufahren, z.B. zu Schulen. Wenn dann die Busse nicht mehr so voll sind, sollten auch die Infektionen weniger heftig wachsen. Diese Maßnahme würde vor allen Dingen sofort viele Bereiche beeinflussen und wäre kein allzu gravierender Einschnitt.

1 „Gefällt mir“

Hier ist ein sehr interessanter Artikel darüber:

Wenn der Link nicht funktionieren sollte, googelt einfach " The hard lessons of home schooling", Tim Harford. Man darf das ohne Subscription lesen.

Ich fand vor allem diese Stelle sehr wichtig:

"Anna Vignoles, until recently a professor of education at Cambridge university, points out that there have always been children who start school at a disadvantage and we have generally failed to help them catch up as much as one might think. “It seems ridiculous to say that a year of disruption will last the rest of their life,” she told me. “But given that we fail in normal times, I don’t know how we think we are going to catch up this time.”

But there are plans that could help. Simon Burgess and Hans Sivertsen of the University of Bristol propose one: hire an army of tutors, give them some basic training and put them to work doing small group sessions for an hour a day after school — perhaps for a year or so after the crisis has passed. I suspect there will be no shortage of capable people, eager for a chance to contribute to the recovery."